Rede von
Dr.
Bernhard
Reismann
- Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede:
(FU)
- Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (FU)
Diese Trennung zwischen Notariat und Anwaltschaft ist im linksrheinischen Gebiet seit der napoleonischen Zeit Sitte. Dagegen wendet sich auch niemand. Das ist eine eingeführte berufsständische Teilung, die sich dort bewährt hat. Im rechtsrheinischen Gebiet des Landes Rheinland-Pfalz dagegen ist diese Regelung, die durch Landesgesetz partikuläres Bundesrecht geworden ist und deswegen der Gesetzgebungsgewalt des Bundestages untersteht, sehr schwer zu ertragen. Diese Trennung der beiden Berufsstände hat nicht nur für die Angehörigen dieser Stände unangenehme Folgen. Aber das allein würde schon Grund genug sein. Es ist so, daß die Anwälte, die sich dort niedergelassen haben, darauf rechnen konnten, nach Ablauf einer gewissen Zeit auch das Notariat zu bekommen. Wenn
man ihnen diese Anwartschaft nimmt, so verlieren sie damit einen wesentlichen Teil ihrer Existenzgrundlage. Sie haben sich nun einmal dort niedergelassen, haben sich dort eingerichtet, und nun soll ihnen, was sie vorher nicht erwarten konnten, diese Aussicht entfallen. Daraus ergeben sich schwere Notstände für die davon betroffenen, nämlich für die Rechtsanwälte, die sich dort niedergelassen haben und noch nicht Notar geworden sind.. Auf der andern Seite aber sind dort die Amtsgerichtsbezirke, für welche der einzelne Nur-Notar zugelassen werden sollte, nicht groß, nicht volkreich genug, um einen Nur-Notar zu tragen. Daraus ergibt sich die Konsequenz, daß dort entweder gar keine Notare oder nur solche, die nicht existenzfähig sind, die nicht ordentlich leben können, bleiben werden.
Die Unzuträglichkeiten haben sich jetzt schon gezeigt. Es liegen Beschwerden von der Industrie- und Handelskammer des Bezirks Montabaur vor, also aus dem rechtsrheinischen Gebiet des Landes Rheinland-Pfalz, die im einzelnen darauf hinweisen, daß es so nicht weitergehen kann und daß sich die Wirtschaft sehr benachteiligt fühlt. In zwei Amtsgerichtsbezirken, Nastätten und St. Goarshausen, ist z. B: nur ein Notar, und umgekehrt ist im Amtsgerichtsbezirk Nastätten überhaupt kein Anwalt, in St. Goarshausen ist nur einer, der in Nassau wohnt, mehrere Bezirke betreuen muß, der das aber nur deswegen kann, weil er ein pensionierter Beamter ist.
Die Regelung, die durch die Notarordnung für das Land Rheinland-Pfalz eingeführt wurde, erscheint danach also schlecht erträglich sowohl für die Angehörigen der beiden beteiligten Berufsstände als auch für die Bevölkerung, der letzten Endes das Notariat dienen soll, als auch für die Rechtspflege. Denn es ist wirklich nicht erfreulich, wenn Notariatsakte, die schnell erledigt werden müssen — ich erinnere an Testamente oder Erbverträge, die gemacht werden müssen, oder Erklärungen, die binnen bestimmter Fristen abgegeben werden müssen —, nicht ausgeführt werden können, weil der nächste Notar zu weit weg ist. Es geht nicht an, daß ein Notar deswegen im ganzen Amtsgerichtsbezirk nicht vorhanden ist, weil er von der Praxis als Notar allein nicht leben kann, und umgekehrt ein Rechtanwalt nicht vorhanden ist, weil er von der Anwaltspraxis allein nicht leben könnte, während beides zusammen ausreichen würde.
Wir bitten deswegen, diese Notarordnung für das Land Rheinland-Pfalz bezüglich der rechtsrheinischen Gebiete abzuändern. Ich bitte, den Antrag dem Rechtsausschuß zu überweisen, damit er dort einer genauen Prüfung unterzogen wird.