Rede von
Dr.
Otto Heinrich
Greve
- Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede:
(SPD)
- Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)
Meine sehr geehrten Damen und Herren! Die Art und Weise, wie der Herr Bundesminister des Innern für die Bundesregierung, die Interpellation meiner Fraktion beantwortet hat, ist nicht nur beschämend für den Herrn Bundesminister,
sondern auch für die Bundesregierung in ihrer Gesamtheit. Man kann mit einer großen Gruppe dieses Hauses nicht einfach so umspringen!
— Es ist nicht unsere Sache, Herr Kollege Hilbert! Wenn wir diese Interpellation eingereicht haben, war es Sache der Bundesregierung, zu erforschen, was der Herr Bundesminister der Justiz gesagt hat, der ja kein Neuling auf diesem Gebiet ist
und sonst bei allen möglichen Gelegenheiten in der Gegend umherredet!
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Es ist ja auch nicht so, daß der Herr Bundesminister der Justiz nur in Uslar etwas Derartiges gesagt hat. Wir konnten ihn bei seinen Wahlreden in Niedersachsen von Ort zu Ort verfolgen. Wenn hier schon von einer schweren Erschütterung der demokratischen 'Rechtsordnung die Rede ist, so ist das Auftreten des Herrn Bundesministers der Justiz eine fortgesetzte Handlung im Hinblick auf eine schwere Erschütterung der demokratischen Rechtsordnung und nichts anderes, meine Damen und Herren!
Denn jedesmal, wenn der Herr Bundesminister der Justiz eine Rede hält, tut er irgend etwas, was mit dem, was ein Mitglied der Bundesregierung der Bundesrepublik Deutschland verantworten sollte, wirklich nicht zu vereinbaren ist. Mein Parteifreund Arndt hat zum Ausdruck gebracht, daß der Herr Bundesminister der Justiz als ein Totengräber der deutschen Justiz anzusehen ist. Ich will das, selbst auf die Gefahr hin, mir dabei auch einen Antrag auf Aufhebung meiner Immunität zuzuziehen, an dieser Stelle wiederholen.
Man kann einfach nicht eine Organisation wie die Gewerkschaften und man kann auch nicht eine Mehrheit dieses Bundestages in Zusammenhang mit dem Zuchthaus und in Zusammenhang mit der Unterbringung in einem Zuchthaus bringen.
Meine verehrten Anwesenden! Der Herr Bundesjustizminister hat dadurch, daß er zugegeben hat, was in unserer Interpellation zum Ausdruck gebracht ist, sich ein weiteres Mal in gleicher Weise erklärt. Zu der Frage „Machtpolitik aus Übermut" kann ich nur sagen: ich weiß nicht, bei wem der Übermut größer ist, bei Herrn Dr. Dehler, Reden dieser Art zu halten, oder bei den Gewerkschaften, sich in irgendeiner Art und Weise für die arbeitenden Menschen einzusetzen, wie sie es in der Frage des Mitbestimmungsrechts getan haben.
Ich will an dieser Stelle nur noch eines sagen: Die Bundesregierung hätte die Pflicht gehabt, den Herrn Bundesminister der Justiz in seiner Eigenschaft als Mitglied der Regierung zu veranlassen, sich zu erklären, was er in Uslar gesagt hat. Herr Bundesinnenminister, Sie können uns nicht damit abspeisen, daß Sie sagen, diese Rede in Uslar sei teilweise unrichtig und teilweise entstellt wiedergegeben. Wir haben den Anspruch darauf, von Ihnen zu erfahren, was nach den Feststellungen, die Sie hätten treffen müssen, der Herr Bundesjustizminister gesagt hat und wie die Bundesregierung sich dazu stellt, ob Herr Dr. Dehler das Recht hatte, sich so zu äußern, und ob die Bundesregierung in ihrer Gesamtheit diese Äußerungen des Herrn Bundesministers der Justiz inhaltlich billigt. Wir bitten Sie und ersuchen Sie dringend, das, was Sie heute verabsäumt haben, nachzuholen!