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Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich darf die Interpellation und zugleich auch die Anfrage der Bayernpartei wie folgt beantworten: -
Der Zentralbankrat hat in seinen Sitzungen vom 28. Februar und 1. März 1951 beschlossen, das gesamte Volumen der kurzfristigen Kredite um eine Milliarde DM unter den Stand vom 31. Januar zurückzuführen. Der damalige Stand war 14 Milliarden. Die Zurückführung sollte also etwa einen Betrag von 7 % ausmachen. Diese als vorübergehende Maßnahme gedachte Einengung der Kreditversorgung wurde vorgenommen, um die übersteigerte Nachfrage nach in- und ausländischen Gütern auf ein erträgliches Maß herabzusetzen und damit insbesondere auch auf einen Ausgleich unserer Zahlungsbilanz hinzuwirken. In der Zeit vom Juni 1950 bis Februar 1951 war das Kreditvolumen von etwa 11,6 auf 14,3 Milliarden DM, also um ca. 25 % angestiegen. Von diesem Anstieg um 25 % sollte also nur ein Betrag von 7 % rückgängig gemacht werden.
Ich habe den Ausführungen des Herrn Abgeordneten Dr. Orth entnommen, daß er im Grundsatz hiergegen keine Bedenken erhoben hat. Bei dem Beschluß des Zentralbankrats ist, wie sich aus diesen Zahlen ergibt, berücksichtigt worden, daß die gesteigerte Erzeugung und die Erhöhung der Umsätze eine gewisse Ausweitung des Kreditvolumens erforderlich machen, an deren Rückgängigmachung nicht gedacht worden ist. Nach der Verlautbarung der Bank deutscher Länder im Bundesanzeiger vom 3. März soll die Rückführung volkswirtschaftlich gerechtfertigte Finanzierungen nicht verhindern und, soweit es sich um Außenhandelsgeschäfte handelt, auch nicht die devisenpolitisch unbedenklichen Finanzierungen. Bei der Aufteilung der für die einzelnen Landeszentralbankbezirke festgesetzten Beträge soll von den Landeszentralbanken nicht schematisch verfahren werden. Der auf die einzelnen Kreditinstitute entfallende Rückführungsbetrag ist unter Berücksichtigung ihres Status und der Besonderheit ihrer Kreditentwicklung zu bestimmen.
Infolge einer nicht unerheblichen erneuten Kreditausweitung im Monat Februar ist das Kreditvolumen im März und April gegenüber dem Stande vom 31. Januar nicht voll in dem geplanten Umfange zurückgeführt worden. Daher haben die Landeszentralbanken die Kreditinstitute erneut auf die Notwendigkeit hingewiesen, die ihnen auferlegten Rückführungsbeträge einzuhalten. Die Bank deutscher Länder hat andererseits gemäß den Wünschen der Bundesregierung auf eine Reihe von volkswirtschaftlichen Bereichen besondere Rücksicht genommen. Es soll u. a. sichergestellt werden, daß die Restriktionsmaßnahmen den Export nicht beeinträchtigen. Auch den besonderen Belangen der Vertriebenen und Flüchtlinge sowie der Notstands- und Grenzlandgebiete soll Rechnung getragen und für Düngemittel und Gräserkredite eine Sonderrate eingeräumt werden.
Die von den Interpellanten befürchtete Zunahme von Moratorien und Vergleichsverfahren ist bisher nicht festzustellen.
Dagegen lag die Indexziffer der industriellen Produktion im März mit 127 — bei einem Stande von 100 im Jahre 1936 — wieder um drei Punkte höher als im Februar und nur noch um drei Punkte niedriger als bei ihrem bisher höchsten Stand im November des vorigen Jahres. Die Arbeitslosigkeit hat von 1 820 000 im Januar auf 1 510 000 per 15. April 1951 abgenommen, und die Kohlenförderung ist weiter gestiegen. Im ganzen ergibt sich auch auf
dem Gebiet der Zahlungsbilanz der Eindruck einer größeren Beruhigung und Konsolidierung der Verhältnisse. Die Bereitstellung von Mitteln aus dem ERP-Fonds, die ja nun in Kürze in größerem Umfange freigegeben werden sollen, und aus dem zu bildenden Selbsthilfefonds der Wirtschaft wird die Voraussetzungen für eine weitere nachhaltige Steigerung des Sozialprodukts schaffen.
In der Interpellation wird betont, daß einzelne Projekte, die von den Banken kreditmäßig garantiert waren, infolge Einstellung der Kreditgewährungen in einem halbfertigen Stadium hätten abgebrochen werden müssen. Hierbei kann es sich aber nicht um Erscheinungen handeln, die mit der Rückführung des Volumens der kurzfristigen Kredite zusammenhängen, da diese Restriktionen sich nicht auf Investitionskredite, sondern nur auf Kredite bis zu sechs Monaten beziehen.
Die in der Interpellation gestellten beiden Fragen werden daher wie folgt beantwortet.
Zu 1: Die vom Zentralbankrat angeordnete Rückführung des Volumens der kurzfristigen Kredite um 1 Milliarde DM steht den allgemeinen wirtschaftspolitischen Zielsetzungen der Bundesregierung nicht entgegen. Mit Rücksicht auf die Verhandlungen mit der EZU in Paris und wegen der Auswirkungen auf die Zahlungsbilanz hat sich die Bundesregierung diesen Maßnahmen nicht widersetzt.
Zu 2: Das Ziel der Rückführung des Kreditvolumens, die übersteigerte Nachfrage nach in- und ausländischen Gütern einzudämmen, ist nicht zu erreichen, wenn sich die Restriktionsmaßnahmen ausschließlich auf Fälle spekulativer Warenhortung, spekulativen Mißbrauchs und Fälle der zeitlichen
und sachlichen Zweckentfremdung des Kredits be- schränken. Die Bank deutscher Länder wird jedoch ihre Maßnahmen in dem Maße lockern und abbauen, wie sich der angestrebte Erfolg auf dem Preis- und Lohngebiet abzeichnet. Bei den getroffenen Maßnahmen ist — ich erwähnte das schon — auf Anregung der Bundesregierung ausdrücklich darauf hingewiesen worden, daß sie nicht schematisch, sondern individuell durchgeführt werden sollen und daß es Aufgabe der Kreditinstitute ist, den volkswirtschaftlichen Gesichtspunkten Rechnung zu tragen, insbesondere hinsichtlich des Exports, der Vertriebenen und der Grenzgebiete.
Ich komme damit auf den Antrag der Bayernpartei, der besonders die Krediteinschränkungen in der Grenzlandwirtschaft betrifft, und möchte hinzufügen, daß der Zentralbankrat in seiner Sitzung vom 12. April die Frage der Durchführung der Kreditrestriktionen in Grenzland- und Notstandsgebieten allgemein erörtert hat und dabei zu der Auffassung gekommen ist, daß die zuständigen Landeszentralbanken bei der Durchführung der Beschlüsse der besonderen Lage der Notstandsgebiete Rechnung tragen sollen.
Der Herr Bundesfinanzminister wird Gelegenheit nehmen, in der nächsten Sitzung des Zentralbankrates noch einmal auf die Notwendigkeit der Berücksichtigung der wirtschaftlichen Erfordernisse im Sinne der Ausführungen der beiden Antragsteller hinzuweisen.