Rede von
Dr.
Anton
Besold
- Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede:
(BP)
- Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CSU)
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Als mein Parteifreund Dr. Etzel diesen Antrag der Deutschen Partei las, sagte er: „Es tut mir in der Seele weh, wenn ich diesen Antrag seh'". Sein konsequent-föderalistisches Herz war verletzt, um so mehr als dieser Antrag von der Deutschen Partei gestellt war. Der heutige Sprecher der Deut-
schen Partei hat in seinen Ausführungen darauf hingewiesen, daß auch durch ein solches Gesetz die föderalistischen Grundsätze, insbesondere also hier die Länderrechte, gewahrt werden sollten. Wir möchten aber doch darauf aufmerksam machen, daß dieser Antrag gefährlich ist. Denn wir wissen, wenn der Bundestag über solche Dinge zu rechten hat, dann sind es weniger der wirkliche Inhalt des Grundgesetzes als vielmehr die Mehrheitsentscheidungen, die oft sehr gefährlich werden können.
Wir wissen, daß bereits seit über Jahresfrist über ein Bundesrundfunkgesetz verhandelt wird. Leider war der Öffentlichkeit bisher nicht die Möglichkeit gegeben, bei der Behandlung dieses wichtigen Problems mitzuwirken, weil ihr all diese Verhandlungen vorenthalten werden. In dem Augenblick, in dem die völlige Souveränität auf diesem Gebiet wiederhergestellt ist, können in der Frage der Zuständigkeit allein und ausschließlich nur Wortlaut und Sinn des Grundgesetzes maßgebend sein. Wir sehen keinen Grund, daß etwa der Bundestag irgendwelche Zuständigkeit auf diesem Gebiet an sich reißen könnte. Wir sehen nicht ein, welchen Sinn und Zweck es hätte sund welche Notwendigkeit bestehen sollte, dieses ureigenste Zuständigkeitsgebiet und Reservatrecht der Länder hier zu usurpieren.
Wir möchten darauf hinweisen, daß nie ein „Reichsgesetz" für die Regelung von Rundfunkfragen bestanden hat. Sogar der Weimarer Zentralismus hat darauf verzichtet. Nach dem Zusammenbruch wurde das Gebiet des Rundfunks lediglich zonenweise gesetzmäßig erfaßt, teilweise durch die Ländergesetzgebung wie z. B. in Bayern.
Wenn eben ein Zwischenruf gemacht worden ist, daß das Grundgesetz die Zuständigkeit gäbe, so möchte ich darauf hinweisen, daß im gesamten Grundgesetz das Wort „Rundfunk" nur ein einziges Mal erscheint, und zwar im Art. 5, wo das Grundrecht der Freiheit der Berichterstattung im Rundfunk niedergelegt ist.
— Das Fernmeldewesen ist im Art. 73 Ziffer 7 aufgeführt. Das hat aber mit dem Rundfunk auch begrifflich gar nichts zu tun.
Denn wenn hier im Grundgesetz eine Zuständigkeit hätte begründet werden sollen, dann hätte das Wort Rundfunk, das ja auch im Art. 5 des Grundgesetzes genannt ist, auch in den Zuständigkeitsbestimmungen nochmals eigens erwähnt werden müssen.
Im übrigen steht der Begriff des Rundfunks mit dem des Fernmeldewesens bei der Entscheidung dieser Frage in keiner Weise mehr im Zusammenhang. Höchstens noch kann die historische Entwicklung des Rundfunks mit dem Fernmeldewesen in Zusammenhang gebracht werden.
— Ich werde darauf zurückkommen. Die Protokolle kenne ich, und ich werde sogar einen Satz des Protokolls zitieren. Die Technik des Rundfunks ist ein Kind der drahtlosen Telegraphie; der Rundfunk selbst aber ist über das Fernmeldewesen hinausgewachsen, ist etwas völlig anderes geworden. Fernmeldewesen und Rundfunk gehören zwei verschiedenen Bezirken an, und jedes hat seine eigenen Gesetzmäßigkeiten, seine eigenen Formen und Ziele
und bedarf der eigenen wesensmäßigen Behandlung.
Ich möchte das einmal an einem Beispiel demonstrieren. Der Unterschied wird deutlich bei dem Vergleich von Rundfunk und Presse. Obwohl die Druckereimaschine eine unentbehrliche Voraussetzung der Presse ist, wird niemand die Presse dem Druckereigewerbe zurechnen. Nicht anders ist es bei dem Verhältnis von Rundfunk und Fernmeldewesen.
— Weil Sie vorhin auf die Ausschußverhandlungen verwiesen haben, möchte ich Ihnen ein Zitat bringen. Mit Recht ist in den Ausschußvethandlungen als Beispiel angeführt worden, daß die Übertragung einer Beethoven-Symphonie — —
— Einen Augenblick!
Ich habe es schon!
— Ich möchte ja zitieren;
der Herr Präsident wird es gestatten. – Damals ist das Beispiel angeführt worden, daß die Übertragung einer Beethoven-Symphonie so wenig als Fernmeldewesen betrachtet werden kann wie ein Konzert als Angelegenheit des Geigenbauergewerbes. Dieser Vergleich, der damals im Parlamentarischen Rat, bei der Behandlung der Frage nach Sinn, Zweck und Begriff des Rundfunks und des Fernmeldewesens gezogen wurde, ist so drastisch, daß er die völlige Wesensungleichheit von Rundfunk und Fernmeldewesen deutlich dartut.
Ich möchte nochmals darauf hinweisen, daß auch das Grundgesetz die beiden Begriffe unterscheidet. In Art. 5 erwähnt es den Rundfunk; in den Bestimmungen über die Zuständigkeit — weder im Art. 73 noch bei den Bestimmungen über die konkurrierende Gesetzgebung noch in irgendeiner anderen Bestimmung des Grundgesetzes — ist vom Rundfunk nicht die Rede.
Daraus ergibt sich klar und eindeutig – und es ist auch gut so —, daß der Rundfunk in die Zuständigkeit, und zwar in die ausschließliche Zuständigkeit der Länder fällt. Das ergibt sich nicht nur aus dem Wortlaut und aus der Auslegung des Grundgesetzes, sondern auch daraus, daß der Rundfunk eben eine rein kulturelle Angelegenheit ist. Er darf nicht mehr zu einem politischen Propagandainstrument werden. Wir haben ja heute hier gehört, wie man schon die Befürchtung hegt — und damit wird über eine solche Sache nach einem ganz falschen Gesichtspunkt verhandelt —, daß die eine oder die andere Partei mehr Einfluß hat. Das politische Moment wird also in den Vordergrund gerückt, während doch — wie das in einzelnen Ländergesetzen schon niedergelegt ist — der Rundfunk, eben damit er möglichst weite Kreise anspricht, das modernste und vornehmste Kulturinstitut sein soll.
Wir wissen, daß, wenn der Bundestag darüber zu entscheiden hat, hier wiederum in die Rechte der Länder eingegriffen wird. Ich erinnere nur an den massiven Angriff seitens der SPD, nämlich durch Herrn Carlo Schmid, der erst kürzlich den „Kulturföderalismus" angeprangert hat. Die große Ge-
fahr besteht darin, daß hier wieder etwas sehr Wertvolles in der vielfältigen Entwicklung durch einen völlig unangebrachten Zentralismus abgeschnürt wird. Zu dem Angriff von Herrn Carlo Schmid auf den „Kulturföderalismus" möchte ich zitieren, was ein bedeutender Mann über die Zustände in Frankreich geschrieben hat — wenn der Herr Präsident die Erlaubnis erteilt -:
Ein geistreicher Franzose hat eine Karte über den Kulturzustand Frankreichs entworfen und die größere oder geringere Aufklärung der verschiedenen Departements mit helleren oder dunkleren Farben zur Anschauung gebracht. Da finden sich nun besonders in südlichen, weit von der Residenz entlegenen Provinzen einzelne Departements, die in ganz schwarzer Farbe daliegen, als Zeichen einer dort herrschenden Finsternis. Würde das aber wohl sein, wenn das schöne Frankreich statt des einen großen Mittelpunktes zehn Mittelpunkte hätte, von denen Licht und Leben ausginge?
Das wird dann auf Deutschland übertragen, meine Damen und Herren — leider ist Herr Carlo Schmid nicht da —, und es wird gesagt:
Wodurch ist Deutschland groß als durch eine bewundernswürdige Volkskultur, die alle Teile des Reichs gleichmäßig durchdrungen hat? ... Gesetzt, wir hätten in Deutschland seit Jahrhunderten nur die beiden Residenzstädte Wien und Berlin oder gar nur eine, da möchte ich doch sehen, wie es um die deutsche Kultur stände, ja auch um einen überall verbreiteten Wohlstand, der mit der Kultur Hand in Hand geht!
Das könnte ein Bayernparteiler geschrieben haben; das ist nämlich unsere Auffassung über die Grundlage eines konsequenten Föderalismus. Wissen Sie, wer es geschrieben hat?! Das hat der große Kosmopolit Goethe geschrieben.
Handeln Sie bei der Beratung dieser Vorlage nach den Erkenntnissen dieses Mannes!