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  • tocInhaltsverzeichnis
    Deutscher Bundestag — 140. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 9. Mai 1951 5559 140. Sitzung Bonn, Mittwoch, den 9. Mai 1951. Geschäftliche Mitteilungen 5560D, 5580B, 5598C Gedenkworte des Präsidenten Dr. Ehlers für den verstorbenen Staatspräsidenten von Portugal Marschall Antonio Oscar de Fracoso Carmona 5561A Richtigstellung eines Zitats des Abg Dr. Koch aus dem Bundesgesetzblatt in der 137. Sitzung 5561B Zur Tagesordnung 5561C, 5567B Zurückziehung des von der Fraktion der DP eingebrachten .Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung der Wahlgesetze zum ersten Bundestag und zur ersten Bundesversammlung der Bundesrepublik Deutschland (Nr. 2178 der Drucksachen) 5561C Beschlußfassung des Deutschen Bundesrats zu den Gesetzen zur Änderung des Gesetzes für Sicherungsmaßnahmen auf einzelnen Gebieten der gewerblichen Wirtschaft — Änderungsgesetz — 5561C zur Regelung der Rechtsverhältnisse der unter Art. 131 des Grundgesetzes fallenden Personen 5561C über die Rechtsstellung der in den ersten Deutschen Bundestag gewählten Angehörigen des öffentlichen Dienstes . . 5561C zur Änderung des Gesetzes über die Behandlung wiederkehrender Leistungen bei der Zwangsvollstreckung in das unbewegliche Vermögen 5561D über den Sitz des Bundesverfassungsgerichts 5561D betr. Zweites Gesetz über die Neugliederung in den Ländern Baden, Württemberg-Baden und Württemberg-Hohenzollern 5561D zur Änderung von Vorschriften über das Schiffsregister 5561D zur Regelung der Wiedergutmachung nationalsozialistischen Unrechts für Angehörige des öffentlichen Dienstes . 5561D Anfrage Nr. 143 der Fraktion der KPD betr. deutsche Auslandsschulden (Nrn. 1644, 2218 der Drucksachen) 5561D Anfrage Nr. 177 der Abg. Frau Dr. Probst u. Gen. betr. Bundesversorgungsgesetz (Nrn. 2142, 2219 der Drucksachen) . . 5561D Anfrage Nr. 178 der Fraktion der BP betr. Milchpreis (Nrn. 2165, 2220 der Drucksachen) 5561D Bericht des Bundesministers für Arbeit über die Bekämpfung der Schwarzarbeit (Nrn. 2221 der Drucksachen) 5562A Bericht des Bundesministers für das Post- und Fernmeldewesen über die Befreiung von Rundfunkgebühren für Erwerbslose (Nr. 2224 der Drucksachen) 5562A Beratung des Antrags der Fraktion der DP betr. Vorlage eines Bundesrundfunkgesetzes (Nr. 2006 der Drucksachen) in Verbindung mit der Beratung des Mündlichen Berichts des Ausschusses für Post- und ',Fernmeldewesen (28. Ausschuß) über den Antrag der Fraktion der BP betr. Neue Wellenlänge für Radio München (Nrn. 2016, 1137 der Drucksachen) 5562A Matthes (DP), Antragsteller . . . 5562B Dr. Dr. h. c. Lehr, Bundesminister des Innern 5565A Stücklen (CSU), Berichterstatter . 5566C Marx (SPD) 5567C Dr. Besold (BP) 5568D Dr. Decker (BP) 5570B Brunner (SPD) 5570C Brookmann (CDU) 5572C Dr. Mende (FDP) 5573D Dr. Jaeger (CSU) 5576A Müller (Frankfurt) (KPD) 5577D Dr. Seelos (BP) 5578B Frau Dr. Ilk (FDP) 5578D Dr. von Merkatz (DP) 5579A Ausschußüberweisung 5580A Beschlußfassung 5580B Wiedergenesung der Abg. Graf von Spreti und Etzel (Duisburg) 5580B Beratung der Interpellation der Fraktionen der CDU/CSU, FDP und DP betr. Bezahlung von Handwerkerrechnungen (Nr. 2050 der Drucksachen) 5580B Günther (CDU), Interpellant . . . 5580C Hartmann, Staatssekretär im Bundesministerium der Finanzen . . . . 5582B Beratung der Interpellation der Abgeordneten Dr. Orth u. Gen. betr. Kredit-Restriktionen (Nr. 2146 der Drucksachen) in Verbindung mit der Beratung des Antrags der Fraktion der BP betr. Krediteinschränkungen in der Grenzlandwirtschaft (Nr. 2169 der Drucksachen) 5561C, 5583B Dr. Orth (CDU), Interpellant . . . . 5583B Dr. Etzel (Bamberg) (BP), Antragsteller 5584C Hartmann, Staatssekretär im Bundesministerium der Finanzen . . . . 5585B Dr. Preusker (FDP) (zur Geschäftsordnung)) 5586C Beschlußfassung 5586C Beratung der Interpellation der Fraktion der SPD betr. Äußerungen des Herrn Bundesministers der Justiz Dr. Dehler zum Mitbestimmungsrecht (Nr. 2168 der Drucksachen) 5586C Wönner (SPD), Interpellant 5586D, 5594B Dr. Dr. h. c. Lehr, Bundesminister des Innern 5588B Dr. Arndt (SPD) Zur Sache 5588C Zur Geschäftsordnung 5591C Dr. Greve (SPD) 5588C, 5592D Dr. Schröder (Düsseldorf) (CDU) . . 5589B Dr. Dehler, Bundesminister der Justiz 5590A Harig (KPD) 5591A Euler (FDP) 5592A Ewers (DP) 5593C Dr. Krone (CDU) 5594A Böhm (SPD) 5594C von Thadden (DRP) 5595B Erste Beratung des von der Fraktion des Zentrums eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung der Notarordnung für das Land Rheinland-Pfalz (Nr. 2171 der Drucksachen) 5595C Dr. Reismann (Z), Antragsteller . 5595D Ausschußüberweisung 5596B Zweite und dritte Beratung des Entwurfs O eines Gesetzes zur Vermeidung von Härten in der knappschaftlichen Rentenversicherung bei langer bergmännischer Tätigkeit (Nr. 2058 der Drucksachen); Mündlicher Bericht des Ausschusses für Sozialpolitik (21. Ausschuß) (Nr. 2175 der Drucksachen) 5596B Dannebom (SPD), Berichterstatter 5596C Beschlußfassung . . . . 5596D Beratung des Mündlichen Berichts des Ausschusses für Sozialpolitik (21. Ausschuß) über den Antrag der Fraktion der BP betr. Gleichstellung der Kriegsgeschädigten (Nrn. 2177, 124 der Drucksachen) 5597A Zur Geschäftsordnung: Reitzner (SPD) 5597A Strauß (CSU) 5597B Dr. Reismann (Z) 5597B Dr. Fink (BP) 5597C Ausschußüberweisung 5597C Beratung des Antrags der Fraktion der BP betr. Anrechnung von Besatzungskohle auf die Exportquote (Nr. 2170 der Drucksachen) 5597C Dr. Seelos (BP) 5597D Ausschußüberweisung 5597D Beratung des Antrags der Abg. Dr. Etzel (Bamberg), Dr. Horlacher u. Gen. betr. Übergangsregelung für die Einfuhr von Gemüse und Obst (Nr. 2179 der Drucksachen) . . 5598A Ausschußüberweisung 5598C Beratung der Übersichten Nr. 26 und Nr. 27 über Anträge von Ausschüssen des Deutschen Bundestages über Petitionen (Umdruck Nrn. 156, 163) 5598A, C Ausschußüberweisung 5598C Nächste Sitzung 5598C Die Sitzung wird um 13 Uhr 32 Minuten durch den Präsidenten Dr. Ehlers eröffnet.
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    Rede von Franz Marx


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)

    Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die Erklärungen und Mitteilungen des Herrn Bundesinnenministers waren hinsichtlich der künftigen Unabhängigkeit der deutschen Rundfunkgesellschaften derart alarmierend, daß die größten Bedenken geltend gemacht werden müssen. Anläßlich der Debatte über den Südweststaat ist hier in einer ganzen Anzahl von Reden die Vorzugswürdigkeit des Föderalismus gegenüber dem Zentralismus vertreten worden, wenn auch, wie ich glaube, in einer dafür wenig geeigneten Sache. Nun steht heute ein Antrag zur Debatte, bei dem die Ernsthaftigkeit der Vertreter des Föderalismus hinsichtlich der Treue zu ihren Prinzipien geprüft werden kann, d. h. hier ist wieder einmal an einem Beispiel zu prüfen, für wen der Föderalismus ein Prinzip und für wen er ein taktisches Mittel ist.
    Der Antrag will, wenn er überhaupt einen Sinn haben soll, die Priorität des Bundes in Rundfunkfragen durch Erlaß eines Bundesrundfunkgesetzes sicherstellen. Es soll demnach eine öffentliche Einrichtung mit weit überwiegend kulturpolitischem Gehalt, die wie kaum eine andere geeignet ist, die Eigenarten und das Gedankengut der Länder zum Ausdruck zu bringen, einer zentralen Regelung unterworfen werden. Da scheint mir nun die Feststellung erlaubt, daß es wirklich erstaunlich ist, daß dieser Antrag von der Deutschen Partei gestellt wird, von einer Partei also, die zumindest von sich behauptet, eine föderalistische Partei zu sein;

    (Sehr richtig! bei der SPD)

    aber möglicherweise ist das weniger erstaunlich als verdächtig.

    (Sehr wahr! bei der SPD.)

    Denn wenn .man die methodische Irreführung der öffentlichen Meinung durch die Informationsquellen der Deutschen Partei beobachtet, dann nimmt die Richtigkeit der Meinung an Wahrscheinlichkeit zu, daß mit diesem Antrag etwas ganz anderes beabsichtigt wird, als das, von dem gesprochen wird.

    (Zustimmung bei der SPD.)

    Da empfehle ich beispielsweise die Lektüre der der Deutschen Partei nahestehenden Zeitung „Niederdeutsche Stimme". In der Nummer 8 dieser Zeitung heißt es u. a. — Sie gestatten, Herr Präsident, daß ich das zitiere —:
    Man fragt in Bonn bis heute vergeblich nach den Hintergründen, die die Vorlage dieses wichtigen Gesetzes immer wieder verzögern. Schon vor Jahresfrist sagte man uns im Bundesinnenministerium die Fertigstellung des Bundesrundfunkgesetzes für Herbst 1950 voraus. Tatsächlich hat der Entwurf bis. heute noch nicht einmal die Kabinettsebene erreicht. Angesichts dieser Verzögerungstendenzen sind Rundfunkgesetzentwürfe nunmehr auch im Bundespostministerium im Entstehen bzw. im Bundesjustizministerium diskutiert warden:
    Meine Damen und Herren, ich möchte gern einmal
    wissen, was der Bundesjustizminister dazu sagt.
    Der Bundesjustizminister, der — wenn man sich
    das so überlegt — ja immer grundsätzlich mißverstanden wird, sollte sich darüber klar sein, daß
    auch mit dem Erlaß eines Bundesrundfunkgesetzes
    diese grundsätzlichen Mißverständnisse seiner
    Reden nicht aufhören werden.
    In dem Aufsatz heißt es aber nun bemerkenswerterweise weiter:
    Und es gibt wirklich eine Fülle ungeklärter


    (Marx)

    Rechtsfragen dabei, vor allem die, wer Träger
    der künftigen Rundfunkgesellschaften werden soll, wie die Meinungsfreiheit garantiert werden soll, —
    und dann heißt es — und das kennzeichnet vielleicht die Atmosphäre, aus der dieser Aufsatz geschrieben worden ist —:
    aber das sind Probleme, die in Gesetzentwürfen ohne Zweifel zu bändigen sind.
    — So heißt es in diesem Aufsatz!
    Nun, so glaube ich aber, kommen wir zu dem Kern des ganzen Antrags. Da ich mir kaum vorstellen kann, daß die Deutsche Partei nicht weiß, daß die Rundfunkgesellschaften Körperschaften des öffentlichen Rechtes sind und damit zur Rechnungslegung gegenüber irgendeinem obersten Rechnungshof verpflichtet sind, daß damit und in Verbindung mit den bei allen Rundfunkgesellschaften geschaffenen überparteilichen Verwaltungs- und Rundfunkräten die wohl zunächst beste Form, einer staatlichen Bevormundung zu entgehen und doch einen irgendwie gearteten Mißbrauch auszuschließen, geschaffen worden ist, — da ich mir nicht vorstellen kann, daß die Deutsche Partei das nicht weiß, möchte ich annehmen, daß sie, wenn sie nicht eine staatliche Kontrolle will, mit der Art und Weise nicht einverstanden ist, wie in den Rundfunkgesellschaften die Meinungsfreiheit garantiert wird.
    Ich werde zu der Frage des NWDR nicht Stellung nehmen; das wird mein Freund Brunner tun. Aber ich möchte mich mit diesem Argument einmal grundsätzlich kurz beschäftigen. Wenn es eine wirklich begründete Berechtigung hätte —, die Sicherung und Wahrung der Meinungsfreiheit besteht doch keineswegs darin, meine Damen und Herren, daß der Rundfunk das Sprachrohr der Regierung
    oder einer Partei ist.

    (Sehr richtig! in der Mitte.)

    Und die Meinungsfreiheit wird doch nicht schon dadurch verletzt, daß Kommentatoren gelegentlich — oder auch gelegentlich nicht — die Meinung der Regierung vertreten.

    (Zuruf rechts: Tun Sie doch nicht so unwissend!)

    Sie wird verletzt, wenn sie ausschließlich oder überwiegend das eine oder das andere tun.

    (Zuruf rechts: Das ist der Tatbestand!)

    Wir haben durchaus Veranlassung, zu beanstanden, daß der Nordwestdeutsche Rundfunk — dazu wird mein Parteifreund Brunner etwas sagen — einem starken Druck von Regierungsseite und von CDU-Kreisen und möglicherweise auch (zur DP) von Ihrer Seite

    (Zuruf von der DP: „Möglicherweise" !) unterstellt wird und diesem Druck allzu leicht nachgegeben hat.


    (Lachen rechts und in der Mitte.)

    Wir haben Verständnis dafür, wenn sich die Regierung zu gegebener Zeit des Rundfunks bedient,
    um zu wichtigen Fragen die gebotene Aufklärung
    zu geben. Daraus folgt in einem demokratischen
    Staat die selbstverständliche Konsequenz, daß der
    Opposition dieselben Möglichkeiten gegeben werden.

    (Zuruf rechts: Aber nicht 80 % der Redezeit!)

    — Ach, reden Sie doch nicht! Sie kennen anscheinend die Sendungen des Nordwestdeutschen Rundfunks oder anderer Rundfunkgesellschaften gar nicht! Vielleicht hören Sie sie nicht einmal! Mir ist nicht bekannt, daß die Regierung nicht auch von dieser Möglichkeit ausreichend Gebrauch gemacht
    hat, und mir ist auch nicht bekannt, daß die Rundfunkgesellschaften, ganz gleich welche, nicht auch diesen Wünschen weitgehend Rechnung getragen haben. Mir ist im Gegenteil bekannt, daß Rundfunkgesellschaften an die Regierung herangetreten sind — an den Bundeskanzler beispielsweise —, zu wichtigen Fragen der Politik Stellung zu nehmen.
    Was bleibt also übrig? Dazu möchte ich folgendes sagen — und das scheint mir besonders wichtig zu sein —: Es ist mir bekannt, daß die ganze Horde der Goebbels-Rundfunkkamarilla und NS-Günstlinge ihre Rückkehr in den Rundfunk anstrebt.

    (Sehr richtig! bei der SPD. — Lachen rechts.)

    Es ist mir auch bekannt, daß die von diesen Leuten
    angewendeten Mittel genau so unsauber sind wie
    das System, dem sie begeistert gedient haben.

    (Zustimmung bei "der SPD.)

    Ich möchte nicht annehmen, mein Herren Antragsteller, daß Sie sich als diejenigen ansehen, die das unterstützen, obwohl mich der Fall Dr. Ehrich mehr als bedenklich macht.

    (Zustimmung bei der SPD. — Lachen rechts.) Sollten Sie aber der Meinung sein, daß die Zugehorigkeit von nur einigen leitenden Persönlichkeiten des Funks zur SPD schon ein Grund sei, die Überparteilichkeit des Funks zu bezweifeln, dann wäre das im Hinblick auf die Verpflichtung, die Öffentlichkeit sachlich zu unterrichten, mehr als eine üble Brunnenvergiftung.


    (Sehr richtig! bei der SPD.)

    Der Bund hat eine — ich glaube von allen unbestrittene — Aufgabe: die Wiedererlangung der deutschen Funkhoheit zu erwirken und dafür zu sorgen, daß es den deutschen Sendern ermöglicht wird, auf legalen Wellen den deutschen Hörern ein gutes und ordentliches Abhören zu gewährleisten. Ob für diese Aufgabe — und das hat der Herr Bundesinnenminister eben auch unterstrichen — ein besonderes Gesetz erforderlich ist und welches Ministerium die Aufgabe zu übernehmen hat, ein solches Gesetz zu schaffen, möchte ich zunächst außer acht lassen. Aber kein Parlament darf gestatten, daß die Lösung dieser Frage mit Absichten koordiniert wird, die dahin gehen, den Rundfunk von der Regierung abhängig zu machen, und sei es auch nur über das neutral klingende Bundespostministerium, von einer Regierung, die dann alle Mittel in der Hand hat, über die materielle Abhängigkeit eine geistige Hegemonie zu schaffen. Da, meine Damen und Herren, werden Sie unseren schärfsten Widerstand finden.
    Wir beantragen, den Antrag der Deutschen Partei dem Ausschuß für Rechtswesen und Verfassungsrecht, dem Ausschuß für Rundfunkfragen und dem kulturpolitischen Ausschuß zu überweisen.
    Ich möchte schließen mit der nochmaligen Warnung: Lassen Sie die Unabhängigkeit der Rundfunkgesellschaften bestehen und vermeiden Sie jede staatliche Bevormundung.

    (Beifall bei der SPD.)



Rede von Dr. Hermann Ehlers
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CDU)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)
Das Wort hat Herr Abgeordneter Dr. Besold.

  • insert_commentNächste Rede als Kontext
    Rede von Dr. Anton Besold


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (BP)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CSU)

    Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Als mein Parteifreund Dr. Etzel diesen Antrag der Deutschen Partei las, sagte er: „Es tut mir in der Seele weh, wenn ich diesen Antrag seh'". Sein konsequent-föderalistisches Herz war verletzt, um so mehr als dieser Antrag von der Deutschen Partei gestellt war. Der heutige Sprecher der Deut-


    (Dr. Besold)

    schen Partei hat in seinen Ausführungen darauf hingewiesen, daß auch durch ein solches Gesetz die föderalistischen Grundsätze, insbesondere also hier die Länderrechte, gewahrt werden sollten. Wir möchten aber doch darauf aufmerksam machen, daß dieser Antrag gefährlich ist. Denn wir wissen, wenn der Bundestag über solche Dinge zu rechten hat, dann sind es weniger der wirkliche Inhalt des Grundgesetzes als vielmehr die Mehrheitsentscheidungen, die oft sehr gefährlich werden können.
    Wir wissen, daß bereits seit über Jahresfrist über ein Bundesrundfunkgesetz verhandelt wird. Leider war der Öffentlichkeit bisher nicht die Möglichkeit gegeben, bei der Behandlung dieses wichtigen Problems mitzuwirken, weil ihr all diese Verhandlungen vorenthalten werden. In dem Augenblick, in dem die völlige Souveränität auf diesem Gebiet wiederhergestellt ist, können in der Frage der Zuständigkeit allein und ausschließlich nur Wortlaut und Sinn des Grundgesetzes maßgebend sein. Wir sehen keinen Grund, daß etwa der Bundestag irgendwelche Zuständigkeit auf diesem Gebiet an sich reißen könnte. Wir sehen nicht ein, welchen Sinn und Zweck es hätte sund welche Notwendigkeit bestehen sollte, dieses ureigenste Zuständigkeitsgebiet und Reservatrecht der Länder hier zu usurpieren.

    (Abg. Dr. Vogel: Das steht in der Verfassung!) Wir möchten darauf hinweisen, daß nie ein „Reichsgesetz" für die Regelung von Rundfunkfragen bestanden hat. Sogar der Weimarer Zentralismus hat darauf verzichtet. Nach dem Zusammenbruch wurde das Gebiet des Rundfunks lediglich zonenweise gesetzmäßig erfaßt, teilweise durch die Ländergesetzgebung wie z. B. in Bayern.

    Wenn eben ein Zwischenruf gemacht worden ist, daß das Grundgesetz die Zuständigkeit gäbe, so möchte ich darauf hinweisen, daß im gesamten Grundgesetz das Wort „Rundfunk" nur ein einziges Mal erscheint, und zwar im Art. 5, wo das Grundrecht der Freiheit der Berichterstattung im Rundfunk niedergelegt ist.

    (Abg. Dr. Vogel: Und das Fernmeldewesen?)

    — Das Fernmeldewesen ist im Art. 73 Ziffer 7 aufgeführt. Das hat aber mit dem Rundfunk auch begrifflich gar nichts zu tun.

    (Abg. Dr. Vogel: Darüber läßt sich streiten!) Denn wenn hier im Grundgesetz eine Zuständigkeit hätte begründet werden sollen, dann hätte das Wort Rundfunk, das ja auch im Art. 5 des Grundgesetzes genannt ist, auch in den Zuständigkeitsbestimmungen nochmals eigens erwähnt werden müssen.


    (Abg. Dr. Vogel: Das ist ein Fehler!)

    Im übrigen steht der Begriff des Rundfunks mit dem des Fernmeldewesens bei der Entscheidung dieser Frage in keiner Weise mehr im Zusammenhang. Höchstens noch kann die historische Entwicklung des Rundfunks mit dem Fernmeldewesen in Zusammenhang gebracht werden.

    (Abg. Dr. Vogel: Lesen Sie die Protokolle des Parlamentarischen Rates!)

    — Ich werde darauf zurückkommen. Die Protokolle kenne ich, und ich werde sogar einen Satz des Protokolls zitieren. Die Technik des Rundfunks ist ein Kind der drahtlosen Telegraphie; der Rundfunk selbst aber ist über das Fernmeldewesen hinausgewachsen, ist etwas völlig anderes geworden. Fernmeldewesen und Rundfunk gehören zwei verschiedenen Bezirken an, und jedes hat seine eigenen Gesetzmäßigkeiten, seine eigenen Formen und Ziele
    und bedarf der eigenen wesensmäßigen Behandlung.
    Ich möchte das einmal an einem Beispiel demonstrieren. Der Unterschied wird deutlich bei dem Vergleich von Rundfunk und Presse. Obwohl die Druckereimaschine eine unentbehrliche Voraussetzung der Presse ist, wird niemand die Presse dem Druckereigewerbe zurechnen. Nicht anders ist es bei dem Verhältnis von Rundfunk und Fernmeldewesen.

    (Abg. Dr. Vogel: Ein bißchen sehr gewaltsam!)

    — Weil Sie vorhin auf die Ausschußverhandlungen verwiesen haben, möchte ich Ihnen ein Zitat bringen. Mit Recht ist in den Ausschußvethandlungen als Beispiel angeführt worden, daß die Übertragung einer Beethoven-Symphonie — —

    (Zuruf: Ich glaube, Sie habens in der Tasche! — Heiterkeit.)

    — Einen Augenblick! (Abg. Dr. Orth: Wir warten schon lange!)

    Ich habe es schon!

    (Zurufe rechts: Gott sei Dank! Heureka! — Heiterkeit. — Glocke des Präsidenten.)

    — Ich möchte ja zitieren;

    (Zuruf von der Mitte: Zitate sind Glücksache!) der Herr Präsident wird es gestatten. – Damals ist das Beispiel angeführt worden, daß die Übertragung einer Beethoven-Symphonie so wenig als Fernmeldewesen betrachtet werden kann wie ein Konzert als Angelegenheit des Geigenbauergewerbes. Dieser Vergleich, der damals im Parlamentarischen Rat, bei der Behandlung der Frage nach Sinn, Zweck und Begriff des Rundfunks und des Fernmeldewesens gezogen wurde, ist so drastisch, daß er die völlige Wesensungleichheit von Rundfunk und Fernmeldewesen deutlich dartut.

    Ich möchte nochmals darauf hinweisen, daß auch das Grundgesetz die beiden Begriffe unterscheidet. In Art. 5 erwähnt es den Rundfunk; in den Bestimmungen über die Zuständigkeit — weder im Art. 73 noch bei den Bestimmungen über die konkurrierende Gesetzgebung noch in irgendeiner anderen Bestimmung des Grundgesetzes — ist vom Rundfunk nicht die Rede.

    (Zuruf des Abg Dr. Vogel.)

    Daraus ergibt sich klar und eindeutig – und es ist auch gut so —, daß der Rundfunk in die Zuständigkeit, und zwar in die ausschließliche Zuständigkeit der Länder fällt. Das ergibt sich nicht nur aus dem Wortlaut und aus der Auslegung des Grundgesetzes, sondern auch daraus, daß der Rundfunk eben eine rein kulturelle Angelegenheit ist. Er darf nicht mehr zu einem politischen Propagandainstrument werden. Wir haben ja heute hier gehört, wie man schon die Befürchtung hegt — und damit wird über eine solche Sache nach einem ganz falschen Gesichtspunkt verhandelt —, daß die eine oder die andere Partei mehr Einfluß hat. Das politische Moment wird also in den Vordergrund gerückt, während doch — wie das in einzelnen Ländergesetzen schon niedergelegt ist — der Rundfunk, eben damit er möglichst weite Kreise anspricht, das modernste und vornehmste Kulturinstitut sein soll.
    Wir wissen, daß, wenn der Bundestag darüber zu entscheiden hat, hier wiederum in die Rechte der Länder eingegriffen wird. Ich erinnere nur an den massiven Angriff seitens der SPD, nämlich durch Herrn Carlo Schmid, der erst kürzlich den „Kulturföderalismus" angeprangert hat. Die große Ge-


    (Dr. Besold)

    fahr besteht darin, daß hier wieder etwas sehr Wertvolles in der vielfältigen Entwicklung durch einen völlig unangebrachten Zentralismus abgeschnürt wird. Zu dem Angriff von Herrn Carlo Schmid auf den „Kulturföderalismus" möchte ich zitieren, was ein bedeutender Mann über die Zustände in Frankreich geschrieben hat — wenn der Herr Präsident die Erlaubnis erteilt -:
    Ein geistreicher Franzose hat eine Karte über den Kulturzustand Frankreichs entworfen und die größere oder geringere Aufklärung der verschiedenen Departements mit helleren oder dunkleren Farben zur Anschauung gebracht. Da finden sich nun besonders in südlichen, weit von der Residenz entlegenen Provinzen einzelne Departements, die in ganz schwarzer Farbe daliegen, als Zeichen einer dort herrschenden Finsternis. Würde das aber wohl sein, wenn das schöne Frankreich statt des einen großen Mittelpunktes zehn Mittelpunkte hätte, von denen Licht und Leben ausginge?
    Das wird dann auf Deutschland übertragen, meine Damen und Herren — leider ist Herr Carlo Schmid nicht da —, und es wird gesagt:
    Wodurch ist Deutschland groß als durch eine bewundernswürdige Volkskultur, die alle Teile des Reichs gleichmäßig durchdrungen hat? ... Gesetzt, wir hätten in Deutschland seit Jahrhunderten nur die beiden Residenzstädte Wien und Berlin oder gar nur eine, da möchte ich doch sehen, wie es um die deutsche Kultur stände, ja auch um einen überall verbreiteten Wohlstand, der mit der Kultur Hand in Hand geht!
    Das könnte ein Bayernparteiler geschrieben haben; das ist nämlich unsere Auffassung über die Grundlage eines konsequenten Föderalismus. Wissen Sie, wer es geschrieben hat?! Das hat der große Kosmopolit Goethe geschrieben.

    (Lebhafte Zurufe von der Mitte.)

    Handeln Sie bei der Beratung dieser Vorlage nach den Erkenntnissen dieses Mannes!

    (Zurufe von der Mitte und rechts. — Abg. Dr. Vogel: Welchen Kultursender haben Sie eingeschaltet gehabt? — Zurufe von der SPD.)