Rede von
Alfred
Loritz
- Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede:
(WAV)
- Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (WAV)
Meine Damen und Herren! Man muß bei diesem Problem hier zwei Dinge schärfstens unterscheiden,
nämlich erstens: ist es zulässig und sogar erwünscht, über wichtigste Fragen, die das Volk brennend interessieren, Volksbefragungen durchzuführen, und zweitens die Frage: sind vielleicht hier Leute am Werk, die irgendwie destruktive Tendenzen verfolgen? Beide Dinge sind voneinander schärfstens zu trennen. Dies eingangs als Vorbemerkung.
Wir von der WAV-Fraktion
haben schon vor langer Zeit, als in diesem Hause zum ersten Male über das Thema Remilitarisierung gesprochen wurde, erklärt, daß über solche ganz wichtigen Fragen und Angelegenheiten das Volk das letzte Wort haben muß. Wir haben damals schon der Regierung vorgeschlagen, sie möchte doch, meinetwegen von sich aus, eine Volksbefragung durchführen lassen. Hätte man das getan, dann wären die heutigen Szenen überflüssig gewesen.
Dann hätte es niemals hier jemand erleben müssen, daß Leute, die wir alle ablehnen, hiemit vielleicht dunkle Geschäfte zu machen versuchen. Meine Damen und Herren, eines muß festgestellt werden: Es war ein großer taktischer Fehler der Bundesregierung, daß nicht von Anfang an zu diesem Thema das Volk gehört wurde: Remilitarisierung oder nicht?
Meine Damen und Herren, wir haben selbstverständlich gar keine Veranlassung, es irgendwie zu dulden, daß sich dunkle Elemente unter dem Schutze von Verfassungsbestimmungen oder sonstwie in der Politik breitmachen könnten.
Aber über die Frage, ob wirklich dunkle Elemente tätig sind oder nicht, muß eine üb er den Regierungen stehende Instanz entscheiden! Das darf nicht die jeweilige Regierung sein. Sonst schaffen Sie ein Präjudizium, das Ihnen allen miteinander noch die größten Schwierigkeiten machen könnte. Wenn sich hier wirklich, wie der Herr Innenminister behauptet, subversive Elemente, Elemente, die die Verfassung stürzen wollen, eingeschlichen haben
in das Komitee zur Vorbereitung von Volksabstimmungen oder sonstwohin, dann muß die Regierung durch Gerichte, durch unabhängige Gerichte, meinetwegen auf dem Weg über Zivilfeststellungsklagen oder sonstwie — dort geht das sehr rasch — die Feststellung treffen lassen und darf nicht in eigener Sache darüber urteilen, ob wirklich solche dunklen Elemente hier ihr Unwesen treiben oder nicht.
Es wurde heute schon von einem Herrn Vorredner gesagt, Herrn Heinemann werde man wohl nicht gut als Kommunisten bezeichnen können, und andere maßgebliche Leute in der CDU würden sich auch sehr dagegen verwahren, hier als Kommunisten bezeichnet zu werden. Wir müssen hier durch gerichtliche Urteile eine Klarheit schaffen. Nicht
die jeweilige Regierung darf darüber entscheiden,
ob bei einer Abstimmung, die an sich juristisch in
Ordnung ist und die an sich Ziele verfolgt, die
von großen Teilen der Bevölkerung gebilligt werden, irgendwelche unwürdige Personen würdige
Ziele zu proklamieren versuchen oder sich vielleicht in solche Versammlungen eingeschlichen
haben oder in welchem Prozentsatz das der Fall ist.
— Lassen Sie das bitte durch Gerichte feststellen, Herr Zwischenrufer! Nur dann können wir Ihnen zustimmen, wenn ein Gericht durch Beweiserhebung feststellt, daß irgend jemand subversive oder revolutionäre Tendenzen vertritt. Wir sind die ersten, die schärfstens gegen einen solchen Mann Stellung nehmen würden.
So lange das aber nicht der Fall ist, so lange schaffen Sie bitte kein Präjudizium, das irgendeiner Regierung — ich sage absichtlich: irgendeiner Regierung; es kann auch für die Zukunft von Bedeutung sein -- die Möglichkeit gibt, das Volk auszuschalten und Fragestellungen, die alles andere als revolutionär sind, unmöglich zu machen, oder gar politische Gegner mundtot zu machen, die der jeweiligen Regierung nicht passen. Da könnten Sie morgen unter die Räder kommen, meine sehr verehrten Damen und Herren von den Regierungsparteien, wenn Sie das hier gutheißen. Darum warne ich Sie vor diesem Schritt. Gerichtliche Feststellungen, aber keine Parteibehauptungen! Nur das ist demokratisch, und das entspricht der Verfassung!