Meine Damen und Herren! I Es ist kennzeichnend, daß die Mitglieder des Hauses für eine so wichtige und dringende Angelegenheit, die eine große Schicht unseres Volkes angeht, ganze 40 Minuten übrig haben, d. h. für eine kleine Fraktion ganze 4 Minuten. Ich muß mich deswegen sehr einschränken und kann hier nicht das Material vortragen, das der Öffentlichkeit selbst aus den Beamtenkreisen unterbreitet wird und das immerhin verdient, hier in diesem Hause mit zur Diskussion gestellt zu werden. Im allgemeinen ist von dem Begründer des Antrages der Zentrumsfraktion bereits zum Ausdruck gebracht worden, wie elend die Lage gerade der unteren und mittleren Schichten des Beamtenstandes und der Angestelltenschaft ist, die im Behördendienst tätig ist, wie auch insbesondere jener Teile dieser Schichten, die heute Ruhegehalt, Witwen- oder Waisengeld beziehen.
Ich versage es mir, hier noch viele Tatsachen über die Verteuerung anzuführen, möchte aber doch einige Beispiele erwähnen, wie sie selbst in der Tagespresse, nicht in der kommunistischen, sondern in der bürgerlichen Tagespresse, enthalten sind. Ich möchte einen Hinweis über Löhne und Preise aus der „Deutschen Zeitung" vom 14. April 1951 zitieren. Danach kostete ein Kilo Mischbrot im Jahre 1938 34 Pf., während es heute 69 Pf. kostet. Das sind 109 % mehr. Das Kilo Rindfleisch kostete im Jahre 1938 1,74 RM, es kostet im Jahre 1951 3,34 DM. Das sind 92 % mehr. Das Kilo Schweinefleisch kostete im Jahre 1938 1,78 RM, es kostet im Jahre 1951 4,40 DM. Das sind 147 % mehr. Das Kilo Schweineschmalz — das Schmierfett des größeren Teils der Beamtenschaft, der mittleren und unteren Beamtenschaft — kostete im Jahre 1938 2,19 RM, es kostet im Jahre
1951 4,07 DM. Das sind 85,8 % mehr. Sb kann man eine ganze Reihe weiterer Artikel, besonders von Bedarfsartikeln usw., anführen. Man kann dabei feststellen, daß z. B. Männerstraßenschuhe heute 175 °/o mehr kosten als im Jahre 1938. Alle anderen Bedarfsartikel, die man sonst zum Lebensunterhalt braucht — das ist ja allgemein bekannt —, sind gegenüber 1937/38 mindestens um 50 bis 80 % im Preise gestiegen.
Tatsache ist, daß die Gehaltsordnung aus dem Jahre 1927 heute noch für die Beamten Geltung hat. Schon daraus ist ersichtlich, daß die 15 %, die heute zugestanden werden, in keiner Weise auch nur annähernd den berechtigten Forderungen der Beamten- und Angestelltenschaft entsprechen können. Selbst die 20 %, die die Mehrheit in der Regierung für diesen Zweck auszugeben bereit ist, reichen bei weitem nicht aus. Der Begründer des Antrages hat angeführt, wie es in der Wirklichkeit aussieht. Ich kann hier ein Beispiel aus der „Frankfurter Rundschau" vom 14. April 1951 zitieren. Danach bekommt ein 54jähriger Angestellter, der ein Nettoeinkommen von 258,50 DM hatte, ein Mehr von sage und schreibe 50 Pf. pro Tag, wenn, wie es vorgesehen ist, die Teuerungszulage wegfällt. Ein anderes angeführtes Beispiel ergibt ganze 29 Pf. pro Tag.
Ich glaube, schon damit ist die Forderung der Beamten in jeder Weise begründet. Die Beamten sagen: bis zu einer neuen Gehaltsreform ist das Allermindeste,. daß wir eine Aufbeserung unserer Bezüge um 33 1/3 % erhalten, weil wir einfach nicht mehr existenzfähig sind. Ich weiß, daß der Herr Finanzminister auch hier wieder erklären wird: für derart hohe Ausgaben, wie sie hier nach den berechtigten Forderungen der Beamten erforderlich wären, habe ich nicht die ausreichenden Mittel zur Verfügung. Das ist ein altes Lied. Wir als Kommunisten sagen: derselbe Finanzminister, der hier erneut die Hand auf den Geldbeutel hält und nicht bereit ist, die Gelder zur Verfügung zu stellen, die für diese großen Schichten unseres Volkes zur Aufrechterhaltung ihrer Existenz gegeben werden müßten, hat nichts dagegen einzuwenden, sondern ist absolut bereft — und findet auch jedesmal eine ausreichende Begründung dafür —, wenn es gilt, für die Remilitarisierung, für die Besatzungsmächte usw. die Milliarden nur so hinauszuschleudern. Tatsache ist, daß in diesem Jahr an 9 bis 10 Milliarden DM für Besatzungskosten erforderlich sein werden. Der Herr Finanzminister hat vor einiger Zeit in der Öffentlichkeit zum Ausdruck gebracht, daß er neue Mittel in Höhe von 4,7 Milliarden DM benötigt, um, wie er sagt, die innere und äußere Sicherheit des Bundes zu garantieren. Wir sind der Meinung, eine Sicherung des inneren Friedens und die äußere Sicherheit sind viel besser gegeben, wenn man das Volk so ernährt, daß es keine Ursache zum Klagen hat.