Rede von
Matthias Joseph
Mehs
- Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede:
(CDU/CSU)
- Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Es handelt sich, wie Sie eben schon von Herrn Dr. Wuermeling gehört haben, hier nicht eigentlich um die Materie, ob der Südweststaat zustande kommt oder nicht, sondern um den Modus, den wir hier zu schaffen haben. Ich möchte die Anträge, die eben von Herrn Dr. Jaeger gestellt worden sind, noch durch einen Gedanken ergänzen.
Ich habe mir einmal die jüngste Vorgeschichte dieser ganzen Angelegenheit durchgesehen. Da habe ich gefunden, daß man bereits am 28. September 1948 Vorschläge der drei Regierungschefs unten im Südwestraum ausgearbeitet hat. Damals bereits wurde die Zustimmung zum Südweststaat unter der Voraussetzung in Aussicht genommen, daß in jedem der früheren Länder Baden und Württemberg die für sich durchgezählte Mehrheit der abgegebenen Stimmen die Frage nach der Bildung des Südweststaats bejaht.
Ein weiterer Fall ist aus dem Jahre 1949 zu verzeichnen. Am 23. Oktober 1949 hat in Freudenstadt eine Tagung der CDU-Vorstände stattgefunden. Auch Mer heißt es im Protokoll:
Zur Ermittlung der Mehrheit werden die abgegebenen Stimmen in den alten Ländern Württemberg und Baden je getrennt durchgezählt.
Ferner ist am 7. November 1950 eine Vereinbarung der Regierungschefs in Baden-Baden erfolgt. Auch hind sind zunächst die beiden Alternativfragen vorgesehen, also Südweststaat und dann die Wiederherstellung der alten Länder, und außerdem die Auswertung durch Durchzählung in den alten Ländern. Es kommt mir also darauf an, Ihnen zu sagen, daß wir bereits in einem früheren Stadium der ganzen Angelegenheit, die, sagen wir einmal, vernünftigen Gedanken gehabt haben, die heute auch hier vorgetragen worden sind.
— Ich zitiere sie ja nur,
nachdem ich sie in den Protokollen gefunden habe. Ich möchte nur zum Ausdruck bringen, daß man sich damals schon nach diesen Gesichtspunkten entschieden hat.
— Jedenfalls sind die Gedankengänge doch vorgetragen worden.
— Das ist ein Bundesgesetz?
— Ja, ich glaube aber, Herr Professor. daß man bei einem solchen Bundesgesetz doch den übergeordneten Art. 29 berücksichtigen müßte!
— Art. 29! Ich glaube, Sie haben am vorigen Donnerstag auf den Art. 29 Abs. 4 hingewiesen. Da steht nämlich drin, daß durchaus die Möglichkeit besteht, daß ein Land sozusagen ausradiert, „vernichtet" wird — den Ausdruck haben Sie gebraucht —, aber nur unter der Voraussetzung, daß eine Volksabstimmung im gesamten Bundesgebiet stattfindet.
— Ja, durch ein Bundesgesetz. Ich meine, daß dieser Art. 29 Abs. 4 auch für Baden gelten müßte, wenn man daran geht, ein Land sozusagen von, der Bildfläche verschwinden zu lassen.
Herr Professor, Sie haben auch von einem sogenannten Fortschritt gesprochen. Ich sehe natürlich einen Fortschritt in der Schaffung des Südweststaats. Ich habe auch im Ausschuß verschiedentlich zum Ausdruck gebracht, daß ich mir den Südweststaat als die ideale Lösung denken könnte. Aber wenn man auf diesem Standpunkt steht, dann darf man doch wohl auch zum Ausdruck bringen,
daß der Weg dahin ein demokratischer und ein einwandfreier sein muß. Ich sehe nicht ein. daß der Weg einwandfrei ist, wenn die zwei heutigen Länder, die also nach dem Grundgesetz den Ländercharakter haben, beschließen, daß ein drittes Land einfach einverleibt wird. Auf diese Art und Weise könnten wir z. B. eine neue Bundeshauptstadt bekommen, insofern nämlich, als Köln beschließt, daß Bonn eingemeindet wird. Dann haben wir eine neue Bundeshauptstadt.
Jedenfalls sehe ich den Fortschritt nicht darin, daß man ein anderes Land einverleibt, also gewissermaßen eine innerdeutsche Annektion vornimmt.
— Das ist es doch! Das können Sie doch nicht bestreiten!
— Und wenn es zwanzigmal widerlegt wird, Herr Euler, dann kann es zum einundzwanzigsten oder hundertsten Mal doch richtig sein. Ich stehe hier ja nicht deshalb, um etwas zu sagen, an das ich nicht glaube.
Ich sehe nämlich den wahren Fortschritt darin, daß man auf das Land Baden die gebührende Rücksicht nimmt. Für den Fall,
daß also der § 3 so angenommen wird, wie er hier
steht, möchte ich den Antrag stellen, daß der § 10
Abs. 1 nach dem Komma folgenden Zusatz erhält: es sei denn, daß in den Abstimmungsbezirken I und II zusammengenommen die Mehrheit der abgegebenen Stimmen für die Beibehaltung des Landes Baden sich entscheidet. In diesem Fall werden die alten Länder Baden und Württemberg einschließlich Hohenzollern wiederhergestellt.