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ID0113702200

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    Deutscher Bundestag — 137. Sitzung. Bonn, Freitag, den 20. April 1951 5385 137. Sitzung Bonn, Freitag, den 20. April 1951. Geschäftliche Mitteilungen 5385C Beschlußfassung des Deutschen Bundesrats zum Gesetz über die Mitbestimmung der Arbeitnehmer in den Aufsichtsräten und Vorständen der Unternehmen des Bergbaus und der Eisen und Stahl erzeugenden Industrie 5385D Entwurf einer Gemeinsamen Geschäftsordnung des Bundestages und des Bundesrates für den Vermittlungsausschuß 5385D Gesetz zur Regelung der Wiedergutmachung nationalsozialistischen Unrechts für Angehörige des öffentlichen Dienstes 5385D Wahl des Wahlprüfungsausschusses gemäß § 3 Absatz 2 des Wahlprüfungsgesetzes vom 12. März 1951 (BGBl. I S. 166) . . 5385D Änderungen der Tagesordnung 5386A Zweite Beratung des Entwurfs eines Gesetzes über die Feststellung des Bundeshaushaltsplans für das Rechnungsjahr 1950 (Nr. 1500 der Drucksachen); Mündliche Berichte des Haushaltsausschusses (10. Ausschuß): Einzelplan VIII — Haushalt des Bundesministeriums der Finanzen (Nr. 1909 der Drucksachen) 5386A Erler (SPD), Berichterstatter . . . 5386B Mellies (SPD) 5391B Dr. Bertram (Z) 5393B Dr. Koch (SPD) . . . 5396A, 5419C, 5422A Dr. Dr. Höpker-Aschoff (FDP) . . 5401B Loritz (WAV) 5404D Dr. Dresbach (CDU) 5405D Müller (Frankfurt) (KPD) 5407C Dr. Besold (BP) 5409C Ewers (DP) 5411C Schäffer, Bundesminister der Finanzen 5413A Pelster (CDU) 5421C Abstimmung 5422B Zur Geschäftsordnung — Vertagungsantrag: Dr. Wuermeling (CDU) 5422B Mitteilung über Veröffentlichung in der Zeitschrift „Der Beamtenbund" betr. Ausgaben für den Bundestag: Dr. Ehlers, Präsident 5422C Nächste Sitzung 5422C, 5423D Die Sitzung wird um 9 Uhr 32 Minuten durch den Präsidenten Dr. Ehlers eröffnet.
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    Rede von Dr. Anton Besold


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (BP)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CSU)

    Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Lassen Sie mich zu Beginn meiner Ausführungen einige Sätze zitieren, die der Herr Bundesfinanzminister seinerzeit bei der Begründung der kleinen Einkommensteuerreform gesagt hat. Er hat damals, als es um die Erleichterung in der Einkommensteuer ging, 'erklärt:
    Dieser Gesetzentwurf ist aus der Erkenntnis geboren, daß die Grundlage aller Finanz-, Wirtschafts- und Sozialpolitik der 'einfache Mann im Volke ist — ich sage: der unbekannte Steuerzahler — und daß wir vor der Gefahr stehen, daß dieser unbekannte Steuerzahler als Grundlage unserer Finanz-, Wirtschafts- und Sozialpolitik, moralisch und leistungsfähig betrachtet, im Zusammenbrechen begriffen ist.
    Er 'hat weiter erklärt, und ich erbitte mir die Erlaubnis, auch diese Sätze zitieren zu dürfen: Damit ist eines gekennzeichnet: daß Bund und Länder heute an der Grenze ihrer Leistungsfähigkeit zur Erfüllung ihrer Aufgaben stehen. Sie sehen sich ständig wachsenden Sozialausgaben gegenüber, müssen Jahr für Jahr für die eigentlichen staatlichen Aufgaben, kulturelle Aufwendungen und Förderung des Wirtschaftslebens ihre Ausgaben einschränken und — und hier liegt die Entscheidung — müssen gleichzeitig erkennen, daß der Steuerzahler nicht mehr weiter 'belastet werden kann, daß dieser Steuerzahler bereits überbelastet ist.
    Ich bin überzeugt, daß der Bundesfinanzminister diese Ausführungen in objektiver Erkenntnis der Lage gemacht hat und daß sie seine wie auch unsere Überzeugung waren. Damals hat er auch diese Steuererleichterungen damit begründet, daß bei der Überspannung der Steuerleistungspflicht eine Erleichterung eintreten müsse, damit auch die Steuerehrlichkeit wieder zurückkehre. Glauben Sie jetzt nicht, daß ich diese Äußerungen des Bundesfinanzministers zu einem massiven Angriff gegen ihn verwende. Denn trotz der Erkenntnis dieser Höchstbelastung des Volkes mit Steuerpflichten hat, zum großen Teil sogar einstimmig, der Bundestag große Sozialgesetze beschlossen, die sich aus den Kriegsfolgen ergeben. Wir haben das in einer Zeit getan, in der eine völlige Wendung zu anormalen Zeitläuften eintrat. Wir erklären ganz offen, auch wenn wir von der Opposition sind, daß wir auf Grund der fürchterlichen Lage unseres Volkes, in die wir durch den Koreakonflikt und äußere Erscheinungen, die nicht auf die Bundesregierung zurückzuführen sind, geraten sind, jetzt auch die Konsequenzen ziehen und für die Er-


    (Dr. Besold)

    füllung dieser erhöhten sozialen Lasten unsere Unterstützung geben.

    (Abg. Mellies: Dann ziehen Sie aber bald Ihren Mißtrauensantrag gegen den Herrn Finanzminister zurück!)

    — Hören Sie auf meine weiteren Ausführungen, die ich machen werde. In Erkenntnis der Lage, wie sie sich damals nach der kleinen Steuerreform zeigte, sind wir dagegen, nunmehr diese Situation auszunutzen, um aus ihr politisches Kapital vor den Wahlen zu schlagen und den Radikalismus zu fördern.

    (Sehr richtig! in der Mitte.)

    Wenn wir uns und wenn Sie sich selbst darauf berufen, daß wir schwierige und anormale Zeiten haben, in denen anders gedacht und gehandelt werden muß, dann verlangen wir vom föderalistischen Standpunkt aus aber auch auf dieser Linie gegenüber den Ländern die notwendigen Konsequenzen. Wenn wir heute und gerade mit Rücksicht auf die anormale Lage immer und immer wieder hören müssen, daß die Länder nicht leben könnten und daß eine Zentralisierung der Bundesfinanzverwaltung kommen müsse, und wenn wir heute den Bundesfinanzminister in seinem „Kreuzzug gegen die Länderfinanzminister" von der Opposition der SPD unterstützt sehen,

    (Lachen bei der SPD)

    dann möchte ich Sie doch gerade auf Grund dieser anormalen Lage, deren Konsequenzen wir, glaube ich, richtig beurteilen, daran erinnern, daß auch in einer solchen Zeit nicht ein falsches Maß gegenüber den Ländern angewandt und insbesondere nicht von den im Grundgesetz gesicherten Rechten abgegangen werden darf. Herr Höpker-Aschoff hat heute in einer kurzen geschichtlichen Reminiszenz darauf hingewiesen, daß früher von den Ländern in Deutschland überall gesündigt worden sei. Er hat betont, daß diese Zeiten überholt seien, daß wir an einem Strang ziehen müßten und daß es nur ein deutsches Volk gebe. Es gebe kein bayerisches Volk, meinte er. In der letzten Behauptung hat er sich getäuscht. Er müßte länger die Geschichte studieren oder länger in Bayern leben, um zu wissen, daß es ein bayerisches und ein deutsches Volk gibt.

    (Zuruf rechts: Und ein fränkisches!)

    Wenn Herr Höpker-Aschoff erklärte, daß die Zeiten, in denen von allen Ländern gesündigt worden sei, vorbei seien, so hat er die Gegenwart völlig übersehen. Es wird immer angeführt, daß die Länder nicht leben könnten, und es wird auf das Beispiel von Schleswig-Holstein hingewiesen, dem der Bund 70 Millionen Mark Darlehen habe geben müssen und für das er weiter einzutreten habe. Diese Hilfe ist nicht deshalb notwendig, weil hier ein Land auf Grund seiner natürlichen und normalen wirtschaftlichen Verhältnisse nicht leben könnte, sondern Schleswig-Holstein ist deshalb nicht lebensfähig, weil die anderen Länder aus falschem Länderegoismus nicht geholfen haben, seine übermäßigen Flüchtlingsbelastungen zu tragen.

    (Sehr richtig! bei der BP.)

    Wenn ich anfangs Zugeständnisse gemacht habe, darin geben Sie mir bitte auch jetzt recht und sehen Sie ein, daß die Zeiten, in denen die Länder gesündigt haben, nicht vorbei sind. Die Sünden sind heute größer denn je. Man nützt diese anormalen Belastungen und anormalen Verhältnisse in Mißachtung des im Grundgesetz noch gewahrten föderalistischen Charakters dazu aus, um hier einen' krassen Zentralismus gegenüber den Ländern durchzusetzen. Deshalb verlangen auch wir hier
    eine gerechte Beurteilung. Man darf nicht auf Grund einer augenblicklichen anormalen Lage Tendenzen walten lassen, die weder mit dem Grundgesetz noch mit dem föderalistischen Sinn eines deutschen Bundes überhaupt zu vereinbaren sind. Deshalb können wir unter keinen Umständen, auch wenn vielleicht diese Verhältnisse den Herrn Bundesfinanzminister zu Zentralisierungsbestrebungen auf dem Gebiet der Bundesfinanzverwaltung veranlaßt haben, solchen zustimmen, insbesondere auch nicht seinen zu weitgehenden Forderungen hinsichtlich des Bundesprüfungsdienstes, weil wir ganz genau wissen — gerade weil hier die Ritter schon sitzen, um diesem Kreuzzug gegen die Länder zu folgen —, daß hier aus einer anormalen augenblicklichen Situation eine Gesamtsituation für später geschaffen werden soll.

    (Abg. Renner: Ihr seid gegen die zentrale Prüfung, weil ihr nicht geprüft werden wollt!)

    Das wollte ich zu diesem Problem sagen und davor warnen, auf Grund völlig unsicherer wirtschaftlicher und finanzpolitischer Verhältnisse zwischen Bund und Ländern einen Weg zu gehen, der weder im Grundgesetz gerechtfertigt ist, noch in normalen Zeiten irgendwie gegangen zu werden brauchte. Ich weise insbesondere darauf hin, daß man später nicht wieder auf den normalen Zustand in der Finanzverwaltung, so wie er bei Schaffung des Grundgesetzes war, zurückkehrt, weil die lauernden Zentralisten dann nicht mehr sagen werden: Das war damals nur eine Notlösung. Nein, sie werden sagen: Das ist der Wille des Bundes, das ist der Wille des Grundgesetzes.

    (Sehr richtig! rechts.)

    Ich darf vielleicht noch mit einem Satz die Finanzpolitik streifen. Man spricht davon und will das auch in den Finanzgesetzen verankern, daß das Volk zum Sparen zurückgeführt werden soll. Hier gerade zeigt sich, daß man nicht rechtzeitig den richtigen Weg gegangen ist. Ich darf bei dieser Gelegenheit nochmals darauf hinweisen, daß es unsere Partei gewesen ist, die schon im Jahre 1949 einen Weg gezeigt hat — den auch der Herr Bundesfinanzminister in einer Rede in Hamburg anerkannt hat —, das Volk rechtzeitig zum Sparwillen und zur Sparkapitalbildung zurückzuführen. Damals war die Situation noch so, daß diese erzieherische Einwirkung noch sehr leicht möglich gewesen wäre. Damals hat man den Ruf einer zwar kleinen, aber voraussehenden Partei überhört; vielleicht wäre man heute, da man geraden Wegs von der Selbstfinanzierung zur Sparkapitalbildung übergehen will, froh, wenn diese Reserven da wären, die leicht zu schaffen gewesen wären, wenn man damals schon den richtigen Weg der Aufwertung und damit der Rückführung des Volkes zur Sparfreudigkeit und zur Sparüberzeugung gegangen wäre.
    Ich möchte all das, was zur Besserung der Finanzpolitik von der Opposition gesagt wurde, nicht so ohne weiteres — wie Herr Höpker-Aschoff — zurückweisen. Es sollte überprüft werden — wie Herr Kollege Bertram meinte —, ob noch irgendwelche Reserven gegeben sind. Auf jeden Fall müssen diesbezüglich im Finanzausschuß noch ernste Erwägungen angestellt und Nachforschungen betrieben werden. Erst dann, wenn sich diese Voraussetzungen und Behauptungen als falsch erweisen, müssen die notwendigen anderen Konsequenzen zur Mittelaufbringung gezogen werden. Aber ich glaube, daß hier nicht die echten Reserven


    (Dr. Besold)

    liegen, die noch auszuschöpfen wären. Andere Reserven sind ja schon angedeutet worden.
    Trotzdem möchte ich auch in diesem Zusammenhang den Herrn Bundesfinanzminister auf einige Ausführungen verweisen, die er am 18. Januar 1951, als über die Besatzungskosten und Besatzungslasten gesprochen wurde, gemacht hat. Wir wissen ja alle — in den verschiedenen Debatten ist hier schon ganz offen und herzerfrischend darüber gesprochen worden —, daß eben in den Besatzungskosten und Besatzungslasten Ausgaben enthalten sind, die heute nicht mehr verantwortet werden können. Der Herr Bundesfinanzminister hat damals erklärt:
    „Die Bundesregierung wird der Alliierten Hohen Kommission weitere eingehende Vorschläge für Einsparungsmaßnahmen mit dem Ziel, die Besatzungskosten zu senken und Mittel für einen echten Sicherheitsbetrag frei zu machen, vorlegen. Die alliierte Seite hat mir erklärt, daß sie bereit ist, solche Vorschläge entgegenzunehmen."
    Er hat also am 18. Januar 1951 von Vorschlägen
    für Einsparungsmaßnahmen von seiten der Bundesregierung gesprochen. Er hat weiterhin gesagt:
    „Die Bundesregierung freut sich, mitteilen zu können, daß ihr in einer der letzten Besprechungen von maßgebender alliierter Seite zugesichert worden ist, daß man dort gewillt ist, aus dieser Erkenntnis der Dinge die notwendigen Konsequenzen zu ziehen und künftig Ausgaben zu Lasten des alliierten Haushalts nur noch in dem unbedingt erforderlichen Umfange zuzulassen."

    (Zuruf von der KPD: Statt sechs neun Milliarden!)

    Wir fragen den Herrn Bundesfinanzminister: Welche Vorschläge für Einsparungsmaßnahmen wurden von seiten der Bundesregierung gemacht, und sind die angeblichen Zusicherungen der Alliierten damals in irgendeinem Punkte erfüllt worden? Wenn wir uns schon angesichts der fürchterlichen Lage unseres Volkes draußen hinstellen und das Volk davon zu überzeugen versuchen, daß es zur Erfüllung der Soziallasten und der unerhörten Kriegsfolgelasten notwendig ist, diese Steuern zu zahlen, wenn wir es ermuntern, nicht zu verzagen und die Regierung zu unterstützen, um das Volk vom Radikalismus abzuwenden, dann ist das nur möglich, wenn man endlich und ganz klar von dem Stadium der Besatzung in das der echten Verteidigungsgemeinschaft übergeht; wenn fernerhin nur echte Verteidigungsbeiträge als Besatzungskosten ausgegeben werden, oder — wie der Herr Bundesfinanzminister selber gesagt hat — es darf keine Mark mehr außer für echte Verteidigungsbeiträge bezahlt werden. Ist das schon der Fall oder ist es nicht der Fall? Das Volk könnte eine Erhöhung der Steuern nicht verstehen und diese Last nicht ertragen, wenn es der Bundesregierung nicht endlich gelingt, mit den Hohen Kommissaren eine echte und klare tatsächliche Vereinbarung; die auch mit tatsächlichen Folgen verbunden ist, zu erzielen; denn leere Versprechungen wird das Volk in dieser Lage für die Einflüsterungen des Kommunismus empfänglich machen. Es muß einmal ganz klar und deutlich gesagt werden, daß es dem Bundesparlament und dem deutschen Volke nicht genügt, daß man von Sparmaßnahmen auf diesem Gebiet spricht und Zusicherungen gibt, die niemals erfüllt werden.
    Unsere Fraktion kann aus prinzipiellen Gründen staatspolitischer Art, die ich schon ausgeführt habe, dem Etat nicht zustimmen.

    (Zuruf von der SPD: Und wie ist es mit dem Mißtrauensantrag?)



Rede von Dr. Carlo Schmid
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)
Das Wort hat der Abgeordnete Ewers.

  • insert_commentNächste Rede als Kontext
    Rede von Hans Ewers


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (DP)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (DP)

    Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren, soweit Sie noch anwesend sind!

    (Heiterkeit.)

    Der Apostel Moskaus hat leider eine größere Anzahl aufmerksamer Finanzfreunde aus dem Saal vertrieben, und es ist mein Los, hier im wesentlichen Bänke anzureden. Ich tue das, damit auch von uns ein Wort gesagt ist.
    Dieses Wort muß anknüpfen an die von den verschiedenen Vorrednern insbesondere der Koalitionsparteien mit Recht geltend gemachten Fragen: Wie steht es in der Finanzverwaltung zwischen Bund und Ländern? Dabei wurde betont, daß gerade bei diesem Ministerium die Staatsform des Grundgesetzes, der Föderalismus, eine entscheidende Rolle spielt. Auch hierzu hat sich dann eine ganze Reihe von Rednern erklärt, insbesondere mein Herr Vorredner. Diese Frage ist deshalb aktuell, weil wir wohl im Hause eine größere Anzahl von solchen Personen haben, die dem Parlamentarischen Rat nicht angehört haben, die der Meinung sind, daß die finanzielle Regelung des Grundgesetzes zwischen Bund und Ländern bestimmt nicht der Weisheit letzter Schluß ist, sondern eine sehr bedauerliche und zu sehr krausen Verwicklungen Anlaß gebende Kompromißlösung mit der Tendenz, die zentrale Bundesgewalt so schwach wie möglich zu machen.

    (Sehr richtig! bei der SPD.)

    Der Erfolg ist jetzt, daß alles, was als indirekte Steuer jedenfalls nicht sozial abgestuft werden kann, dem Bund auferlegt ist, und daß die direkten Steuern, bei denen man weitgehend soziale Rücksichten walten lassen muß und kann, Sache der Länder sind. Eine Situation, die den, sagen wir einmal, Auftrieb in der Stimmung für den Bund im Volke nicht gerade begünstigt. Das bedauern wir sehr, denn wir sind der Meinung, daß ein gesunder Föderalismus dem geschichtlichen Werden des deutschen Volkes allein gerecht wird und daß ein Zentralismus, wie ihn etwa Frankreich seit dem 16. Jahrhundert hat, für Deutschland und seine Kultur ein Todesstoß wäre. Daß aber nun etwa das deutsche Volk eines schönen Tages etwa zur Zeit der Hohenstaufen aufgestanden sei und sich seit jener Zeit zu einer Einheit gefügt habe, die von einem einzigen Sitz, von einem einzigen Thron aus regiert werde, das widerspricht ja jeglicher geschichtlichen Wahrheit. Es war vielmehr so, daß angesichts der wachsenden Hausmacht der Landesherren die immer schwächer werdende Reichsgewalt schließlich so schwach wurde, daß sie sich selbst müde zum Sterben legte, um in Österreich dann ein Sonderstaatswesen aufzuziehen. Was dann kam, war aber, daß die Sehnsucht aller guten und besten Deutschen, aller großen Deutschen zur Einheit hin drängte. Nun sind wir doch so weit, daß wir der Meinung sind, daß diese Sehnsucht nur dann gesund ist, wenn sie von den Stämmen — gewiß nicht von den Völkern —, aber von den Stämmen Deutschlands getragen wird.
    Was wir im Bund auf der finanzpolitischen Seite erleben, ist leider das, daß der „Hausmacht-


    (Ewers)

    egoismus", wie ich ihn leider immer wieder nennen muß, immer wieder die ehrlichen, ernsten Föderalisten kopfscheu macht, ob sie denn auch richtig orientiert sind, wozu aber auch die Willkür gewisser Ländergrenzen, wie wir sie heute haben, noch das ihre beiträgt, da man heute bei verschiedenen Bundesländern im einzelnen kaum mehr von „Stämmen" sprechen kann. Bayern nehme ich natürlich ganz ausdrücklich aus; Bayern umfaßt natürlich einen echten Stamm, und es ist in diesem Sinne ein echter Bundesstaat.
    Bei dieser Situation ist es kein Wunder, daß der Finanzminister ein außerordentlich schweres Los trägt, wenn er für den von ihm — mit einem meines Erachtens durchaus nicht übelzunehmenden Spottwort — als „Bewilligungsindustrie" bezeichneten Betrieb des Bundestags, den der notwendige soziale Wille leitet, zu helfen, wo geholfen werden muß — weil wir doch nur als friedlich nebeneinander lebende Volksgemeinschaft überhaupt noch eine Lebenszukunft haben —, wenn er für diesen Parlamentsbetrieb die Mittel aufbringen soll. Was insofern die Herren Vorredner Dr. Dresbach und Dr. Höpker-Aschoff gesagt haben, findet unsere volle Billigung, wobei wir allerdings eins anmerken müssen: Es ist nicht angängig, daß, wenn in einer Abteilung eines Ministeriums oder wenn in einer Vorbesprechung zwischen zwei Ministern irgendein steuerlicher Gedanke in das Erwägungsstadium tritt, der Presse diese Erwägungen als neueste Schlagzeilennachricht groß aufgemacht verkündet werden,

    (Sehr richtig!)

    um alsbald, nachdem mit Recht dann gegen solche zum Teil aberwitzigen Pläne die Öffentlichkeit mobil gemacht wird, in irgendeiner Schublade auf Nimmerwiedersehen zu verschwinden. Das ist eine Gebarung, die der Nervosität des Bonner Raumes entsprechen mag, die man aber nur — nun, ich will es einmal milde ausdrücken — abstellen muß. Man kann nicht jede Gehirnblase, die irgendwo aufsteigt, der stets nachrichtenhungrigen Presse als neuesten Bonbon andienen. Solche Dinge sollten vorher sehr gründlich erwogen werden. Ich weiß, und wir alle wissen, daß bedauerlicherweise bei diesen Erwägungen nicht nur der Finanzminister, sondern auch seine Kollegen zum Teil die Hand im Spiele haben und daß sie sich zum Teil angeschickt haben, seine Steuerschraube für derartige Zwecke zu mißbrauchen, für die eigentlich die Steuerschraube gar nicht dienlich sein sollte. Wir bitten, daß das Haus des Finanzministers solchen aus der Reihe tanzenden und seinen Generalabsichten widersprechenden Plänen nicht mehr das Ohr leiht, zumindest verhindert, daß, bevor eine amtliche Gesetzesvorlage vorliegt, irgend etwas über solche Möglichkeiten in die Öffentlichkeit kommt. Denn wie soll sich die Wirtschaft ruhig und stetig entwickeln, wenn jeder Plan, der irgendwo fachlich erwogen wird, sofort ein Politikum erster Ordnung wird und dann willkürlich durch Zerredung zermalmt wird?
    Im übrigen sind wir der Ansicht, daß die Steuerbewilligungsmaschinerie, die wir hier spielen müssen, natürlich das Unpopulärste ist, was ein Parlament tun kann, und daß in solchen Zeiten wie heute, wo allerhand Land- und Gemeindewahlen stattfinden, der Politiker am besten täte, seinen Kopf in den Sand zu stecken und zu sagen: Von Steuerbewilligungen weiß ich gar nichts. Ich halte das für politisch zwar sehr klug, aber für staatspolitisch unverantwortlich. Wir haben gerade bei den jüngsten Debatten, besonders bei dem 131er
    Gesetz, von allen Fraktionen die Erklärung gehört, daß dieses Gesetz auch auf anderen sozialen Gebieten gewisse Folgen haben werde. Wir sind uns alle darüber klar, daß diese Folgen zunächst einmal für jedermann darin bestehen werden, daß er das bei der Steuer spürt.
    Was nun insbesondere die Einkommensteuer anlangt — ich hätte beinahe gesagt, das Rührei des Columbus der SPD —,

    (Heiterkeit)

    so möchte ich dazu folgendes sagen: Der Versuch, durch eine allerdings sehr mäßige Senkung der Staffelsätze der Einkommensteuer die Steuerehrlichkeit herbeizuführen, ist nicht gerade voll geglückt. Davon nehmen wir alle mit Betrübnis Kenntnis. Aber wenn es stimmt, was gemunkelt wird, daß deshalb, weil die Finanzkraft der Länder bei dem horizontalen Finanzausgleich eine Schlüsselzahl ist, die Länder gar nicht sonderlich daran interessiert sind, ein besonders hohes Steuereinkommen in ihren Büchern nachzuweisen, daß sie sich vielmehr sagen: Wenn ein bißchen gemogelt wird, dann bleibt das Geld wenigstens im Lande, und wir brauchen es dann nicht an andere Länder auszuschütten, wenn das wirklich wahr ist — und es ist bei der übertriebenen Hausmacht der Länder ja immerhin möglich —, dann ist es allerdings die höchste Zeit, daß sich der Bund zunächst einmal bescheiden an der Einkommensteuer beteiligt und daß von Bundes wegen in allen Ländern eine durchaus einheitliche Kontrolle der Einkommensteuerveranlagung durchgeführt wird.

    (Sehr richtig! rechts.)

    Darauf muß ich insbesondere als Angehöriger eines armen Landes dringen. Denn wir in einem armen Lande können selbstverständlich nicht bei der Beurteilung der Steuerehrlichkeit so liberal, oder ich kann auch sagen: so unehrlich sein, wie es sich reiche Länder leisten könnten, weil sie ja doch den Überschuß abgeben müßten. Wenn hier nicht eine für das ganze Bundesgebiet geltende einheitliche Regelung Platz greift, so, glaube ich, wird jedem föderalen Gedanken ein vernichtender Schlag versetzt.
    Wir möchten daher bitten, daß zunächst einmal in dieser Beziehung Abhilfe mit möglichster Raschheit durchgeführt wird. Wir werden dann sehen, was eigentlich bei der immer noch sehr übersetzten Einkommensteuer, Herr Dr. Koch, ehrlicherweise herauskommt. Wir halten das für eine der größten Steuerreserven, die den Ländern und dem Bund zur Verfügung steht.
    Daß andererseits die Erhöhung der Umsatzsteuer für jede Partei ein sehr harter Brocken ist, das ist klar. Aber damit, daß der Bund bei der Überlastung mit Aufgaben, die an ihn herantreten, darauf schwerlich wird verzichten können, werden sich alle Politiker dieses Hauses, die gewillt sind, Verantwortung zu übernehmen, abfinden müssen. Es wird sich nicht umgehen lassen, etwas mehr zu tun, als was man vor 25 Jahren noch für eine klare Undenkbarkeit gehalten hätte; denn die Dinge auf dem deutschen Boden sind so geworden, daß man sich damals die heutigen Zustände ohnehin nicht hätte vorstellen können.
    Ich bin mit meinen kurzen Bemerkungen am Ende. Meine Fraktion hat das Vertrauen zu dem Herrn Finanzminister, daß er als föderalistischer Politiker jeden überspannten Föderalismus im Sinne unseres gemeinsamen Glaubensbekenntnisses auf das ernsteste bekämpfen wird und daß er in der Rolle, die er hier in Bonn spielt, dem Bunde zu


    (Ewers)

    geben und zu erstreiten bereit ist, was dem Bunde gebührt.

    (Bravo! bei der DP.)