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ID0113611600

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    Deutscher Bundestag - 136. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 19. April 1951 5818 136. Sitzung Bonn, Donnerstag, den 19. April 1951. Geschäftliche Mitteilungen 5314D Vorlage der Entwürfe von Verordnungen über Verarbeitung, Lieferung, Bezug, Vorratshaltung und statistische Erfassung von Nichteisen-Metallen (NEM I/51), Verwendungsbeschränkungen von Kupfer und Kupferlegierungen (NEM II/51) und Verwendungsbeschränkungen von Zink und Zinklegierungen (NEM III/51) 5314D Änderungen der Tagesordnung . . 5315A, 5381D Erste Beratung des Entwurfs eines Gesetzes über die Errichtung einer Bundesanstalt für Arbeitsvermittlung und Arbeitslosenversicherung (Nr. 2131 der Drucksachen) 5315A Storch, Bundesminister für Arbeit 5315A, 5321B Sabel (CDU) 5315D Richter (Frankfurt) (SPD) 5317A Dr. Seelos (BP) 5318C, 5322D Willenberg (Z) 5319A Walter (DP) 5319B Dr. Schäfer (FDP) 5319C Renner (KPD) 5320D Frau Dr. Rehling (CDU) 5321D Arndgen (CDU) 5322A Schoettle (SPD) 5322B Ausschußüberweisung 5323A Fortsetzung der zweiten Beratung des Entwurfs eines zweiten Gesetzes über die Neugliederung in den Ländern Baden, Württemberg-Baden und WürttembergHohenzollern (Nrn. 821, 1752, 1849 der Drucksachen); Mündlicher Bericht des Ausschusses für innergebietliche Neuordnung (30. Ausschuß) (Nr. 2160 der Drucksachen) . . . . 5323B Dr. Schmid (Tübingen) (SPD): zur Geschäftsordnung 5323C zur Sache 5327A, 5338C von Thadden (DRP) . . . . 5323D, 5342C Dr. Kopf (CDU) 5324A, 5340B, 5344D, 5345C Farke (DP) 5326B Dr. von Merkatz (DP) . . . 5326C, 5343A Freudenberg (FDP) 5330D Dr. Etzel (Bamberg) (BP) 5331B Donhauser (Unabhängig) 5331D Fisch (KPD) 5331D Dr. Ehlers (CDU) 5333C Dr. Müller, Staatspräsident von Württemberg-Hohenzollern . . . 5334D Wohleb, Staatspräsident von Baden 5337C Dr. Hamacher (Z) 5338B Mayer (Stuttgart) (FDP) . . 5338C, 5342B Ewers (DP) 5339D Clausen (SSW) 5341A Erler (SPD) 5341B Dr. Jaeger (CDU) 5343D Euler (FDP) 5345D Abstimmungen . 5323C, 5339A, 5345B, 5346A Zweite Beratung des Entwurfs eines Gesetzes über die Feststellung des Bundeshaushaltsplans für das Rechnungsjahr 1950 (Nr. 1500 der Drucksachen); Mündliche Berichte des Haushaltsausschusses (10. Ausschuß) Einzelplan XV — Haushalt des Bundesministeriums für Vertriebene (Nr. 1916 der Drucksachen) in Verbindung mit der Beratung des Antrags der Fraktion der BP betr. Errichtung einer UmsiedlungsAusgleichskasse für Heimatvertriebene, Flüchtlinge und Evakuierte (Nr. 2112 der Drucksachen) 5346A Frau Dr. Probst (CSU), Berichterstatterin 5346B Reitzner (SPD) 5348B Schütz (CSU) 5351A Tichi (BHE-DG) 5353D Trischler (FDP) 5355A Wittmann (WAV) 5357D Willenberg (Z) 5360A Dr. Seelos (BP) 5360B Dr. Etzel (Bamberg) (BP) 5361B Müller (Frankfurt) (KPD) 5361C Farke (DP) 5363C Dr. Goetzendorff (DRP-Hosp.) . . 5364B Dr. Lukaschek, Bundesminister für Angelegenheiten der Vertriebenen 5365A Meyer (Bremen) (SPD) (zur Abstimmung) 5367B Dr. Kather (CDU) (persönliche Bemerkung) 5367C Abstimmungen 5367B Erste Beratung des Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung des Gewerbesteuerrechts (Nr. 2130 der Drucksachen) 5368D Dr. Dresbach (CDU) 5368D Tenhagen (SPD) 5369D Dr. Besold (BP) 5370D Ausschußüberweisung 5371A Beratung des Antrags der Fraktion der WAV betr. Maßnahmen zur Sicherung deutschen Eigentums in Österreich (Nr 2024 der Drucksachen) 5371A Dr. Richter (Niedersachsen) (SRP), Antragsteller 5371A Mellies (SPD) 5373B Ausschußüberweisung 5373C Beratung des Antrags der Fraktion der KPD betr. Anweisung auf Herausgabe der Brückenbaupläne im Bereich der Bundesstraßen und der Bundesbahn an die US-Armee zum Zwecke des Einbaues von Sprengkammern (Nr. 2085 der Drucksachen) 5373C Fisch (KPD), Antragsteller 5373C Schoettle (SPD) 5375B Ausschußüberweisung 5375C Beratung des Mündlichen Berichts des Ausschusses für Arbeit (20. Ausschuß) über den Antrag des Abg. Stücklen u. Gen. betr. Maßnahmen zur Behebung des Landarbeitermangels (Nrn. 2126, 1870 der Drucksachen) 5375D Dr. Kneipp (FDP), Berichterstatter . 5375D Glüsing (CDU) 5377A Frau Strobel (SPD) 5377D Eichner (BP) 5378D Dr. Preiß (FDP) 5379B Ausschußüberweisung 5380B Beratung des Mündlichen Berichts des Ausschusses für Arbeit (20. Ausschuß) über den Antrag der Abg. Dr. Ott u. Gen. betr. Arbeitslosenfürsorgeunterstützung (Nrn. 2127, 1768 der Drucksachen) 5380B Pelster (CDU), Berichterstatter . . . 5380B Beschlußfassung 5380C Beratung des Mündlichen Berichts des Ausschusses für Arbeit (20. Ausschuß) über den Antrag der Fraktion der KPD betr. Erhöhung von Unterstützungssätzen (Nrn. 2128, 1434 der Drucksachen) . . . 5380D Pelster (CDU), Berichterstatter . . . 5380D Müller (Frankfurt) (KPD) 5381A Keuning (SPD) 5381C Beschlußfassung 5381D Beratung des Antrags der Fraktionen der CDU/CSU, SPD, FDP, DP, BP, Z und Gruppe BHE-DG betr. Bereitstellung von Bundeshaushaltsmitteln für den sozialen Wohnungsbau im Haushaltsjahr 1951/52 (Nr. 2123 der Drucksachen) . . . 5381D, 5382A Beratung abgesetzt 5382B Beratung des Mündlichen Berichts des Ausschusses für Wiederaufbau und Wohnungswesen (18. Ausschuß) über den Antrag der Fraktion der SPD betr. Sicherungsmaßnahmen für den sozialen Wohnungsbau 1951 (Nrn. 2145, 1970 der Drucksachen) . 5381D, 5382B Wirths (FDP), Berichterstatter . . 5382C Beschlußfassung 5382C Beratung des interfraktionellen Antrags betr. Überweisung von Anträgen an die Ausschüsse (Umdruck Nr. 150) 5382C Beschlußfassung 5382C Erklärung nach § 85 der Geschäftsordnung: Dr. Wuermeling (CDU) 5382D Nächste Sitzung 5383C Die Sitzung wird um 13 Uhr 31 Minuten durch den Präsidenten Dr. Ehlers eröffnet.
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    Rede von Dr. Linus Kather


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CDU/CSU)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)

    Meine Damen und Herren! Weder der Abgeordnete Müller noch der Abgeordnete Goetzendorff gehören zu den Persönlichkeiten, denen gegenüber ich mich zu irgendeiner Rechenschaftslegung verpflichtet fühle.

    (Sehr richtig! in der Mitte.)

    Aber mit Rücksicht auf die Publizität, die diese Äußerungen gehabt haben, und mit Rücksicht auf das Hohe Haus gestatten Sie mir, ein paar kurze Erklärungen abzugeben. Es handelt sich um eine reine Privatangelegenheit. Sie werden deshalb Verständnis dafür haben, wenn ich mit der in eigener Sache gebotenen Zurückhaltung und auch mit der gebotenen Kürze das Erforderliche sage.
    Es ist richtig, daß ich im Jahre 1943 zusammen mit meinem Bruder Grundstückskäufe vorgenommen habe, mit einem Bruder, Herr Abgeordneter Müller, der im Alter von fast 60 Jahren von Ihren Gesinnungsfreunden verschleppt worden ist und im Jahre 1945 den elenden Tod der Verschleppten in einem Gutskeller erlitten hat. Das nur zur Kennzeichnung des Rechtes, das Sie haben, derartige Dinge anzuschneiden.

    (Sehr richtig! in der Mitte.)

    Es war ein gesetzlich erlaubter Vorgang. Wir waren reine Privatleute, und man kann sich wahrscheinlich auch nicht auf den Standpunkt stellen, daß es unter irgendeinem noch so strengen moralischen Aspekt zu beanstanden ist, wenn ein Ostpreuße im Jahre 1943 versucht hat, einen Teil seines Vermögens dem Zugriff Ihrer Gesinnungsfreunde, Herr Müller, zu entziehen.

    (Lachen bei der KPD. — Sehr richtig! in der Mitte.)

    Meine Damen und Herren, der Versuch ist leider so
    ziemlich mißlungen. Der Größenaspekt kann nicht
    von der Zahl der Grundstücke abgeleitet werden.

    (Zurufe von der KPD.)

    Ich habe zum Erwerb meines Anteils an diesen Iserlohner Grundstücken im ganzen 50 000 RM aufgewendet. Ich habe noch nicht einen Pfennig daraus bezogen und habe der Stadt Iserlohn den Eintritt in den Vertrag vom ersten Tage an angeboten. Wenn sie allerdings das Angebot annähme, würde ich einen gewissen Erfolg gehabt haben. Aber ich fühle mich nicht verpflichtet, weitere Erklärungen abzugeben.
    Meine Damen und Herren, ich stehe seit sechs Jahren in der organisatorischen und in der politischen Arbeit — in der Hamburger Bürgerschaft, im Zonenbeirat, im Bundestag. Es ist beschämend, daß man, weil man nicht einen einzigen Vorgang aus meinem politischen Leben anzugreifen vermag,


    (Dr. Kather)

    deshalb auf eine völlige private Angelegenheit zurückgeht, die jahrelang vor dem Zusammenbruch liegt. Ich habe nie behauptet — abgesehen davon, daß ich es behaupten könnte —, daß ich nichts habe oder nichts besitze oder arm sei oder daß ich den Lastenausgleich für mich zu einem Problem mache. Man soll es anerkennen, daß ich, gerade wenn ich Besitz hätte,

    (Sehr richtig! bei der CDU)

    eine so entschiedene Haltung in der Frage des Lastenausgleichs einnehme.

    (Beifall bei den Regierungsparteien.)

    Meine Damen und Herren, der Abgeordnete Goetzendorff ist weiß Gott derjenige, der dazu berufen ist, hier zur Nachprüfung bei der Vertriebenen-Bank und beim ZvD aufzurufen!

    (Sehr gut! bei der CDU.)

    Es übersteigt offenbar das Vorstellungsvermögen eines Herrn Goetzendorff, daß man Vorsitzender des Aufsichtsrates der Vertriebenen-Bank und Vorsitzender einer Organisation sein kann, die 135 000 DM bekommen hat, ohne sich persönlich die Hände daran zu wärmen.

    (Beifall bei den Regierungsparteien.) Der Abgeordnete Goetzendorff


    (Zuruf aus der Mitte: Er schließt von sich auf andere!)

    hat schon vor Wochen an die Vertriebenen-Bank ein Schreiben geschickt, in dem er unter anderem anfragte, wieviel Tantieme die Mitglieder des Aufsichtsrates beziehen und wieviel Weihnachtsgratifikationen wir bekommen haben. Er hat wahrheitsgemäß die Antwort bekommen, daß wir noch nicht einen Pfennig bezogen haben, und ich persönlich kann hier erklären, daß ich noch nicht eine Briefmarke liquidiert habe, bis auf den heutigen Tag.
    ,(Beifall bei den Regierungsparteien.)

    Was den ZvD anlangt, so will ich nur eines sagen. Wir haben jetzt in Würzburg die Hauptversammlung gehabt. Drei Leute haben unsere Kassenführung revidiert und haben es uns schriftlich gegeben, daß wir allzu sparsam gewirtschaftet haben. Ich sehe dieser Nachprüfung also wirklich in voller Ruhe entgegen.
    Es ist aber beschämend, daß man sich von einem Herrn Goetzendorff hier vor aller Öffentlichkeit überhaupt derartige Dinge vorhalten lassen muß.

    (Sehr wahr! bei der CDU.)

    Meine Damen und Herren, die Vertriebenen werden sich nicht irremachen lassen. Ich habe hier gerade ein Schreiben unserer Kreisvereinigung Iserlohn. In dem Schreiben wird mir bestätigt, daß die Vertriebenen völlig hinter mir stehen, daß sie mich einladen und sagen: Sie sind nach wie vor der Mann unseres Vertrauens. Ich habe weiß Gott auch keine Veranlassung gegeben, an diesem Vertrauen zu zweifeln.
    Noch eins: Der Herr Abgeordnete Goetzendorff hat auch die Frage angesprochen, ob etwa die Vertriebenen-Bank einen Kredit an eine Zeitung gegeben habe. Ich bin nicht in der Lage, dazu irgendwelche Erklärungen abzugeben, weil das ja unter das Bankgeheimnis fällt.

    (Aha! rechts. — Hört! Hört! bei der KPD.)

    Es wäre aber nach meiner Auffassung eine schwere Unterlassungssünde, wenn die Vertriebenen-Bank dann, wenn es wirtschaftlich irgendwie vertretbar ist, einen solchen Kredit einer Zeitung nicht geben würde.

    (Zuruf rechts: Ihrem Leib- und Magenblatt!)

    Das ist ihre verdammte Pflicht und Schuldigkeit. Ich möchte gleich bemerken, daß weder ich selbst noch der Zvi) die leiseste wirtschaftliche oder sonstige finanzielle Beziehung zu diesem Blatt haben, das sie da genannt haben. Auch da sind Sie wieder einmal hundertprozentig auf dem Holzwege.

    (Zuruf rechts: Im Gegenteil!)

    Meine Damen und Herren, ich will nur noch eins sagen und möchte damit schließen: Es sind heute doch auch gegenüber dem Zentralverband Töne angeklungen, die ich nicht als richtig ansehe. Es ist auch davon gesprochen worden - eventuell, ohne daß wir recht genannt wurden —, daß wir Vor-bereiter einer politischen Partei seien. Ich weise das mit aller Entschiedenheit zurück. Ich bin ein leidenschaftlicher Verfechter der Überparteilichkeit dieses Verbandes und werde mich in keiner politischen Situation dazu hergeben, ihn in irgendeine Partei, welche es auch immer sei, zu überführen. Man soll folgendes nicht übersehen: Wenn wir diese große geschlossene überparteiliche Organisation früher gehabt hätten, wenn sie nicht durch die Besatzungsmächte verboten gewesen wäre, dann hätten wir vielleicht heute keinen SHE, dann hätten wir vielleicht die politische Absonderung nicht. Vergessen sie nicht, was wir auch an Stimmung bei den Vertriebenen auffangen. Es ist meine ehrliche Überzeugung: Wenn man den überparteilichen Verband zerschlägt, dann fördert man die politische Absonderung, und das dient nicht dem Wohle unseres Vaterlandes.

    (Beifall bei den Regierungsparteien.)



Rede von Dr. Hermann Ehlers
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CDU)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)
Zu einer weiteren persönlichen Erklärung der Abgeordnete Schütz!

(Abg. Schütz: Ich verzichte!)

— Danke!
Ich rufe auf Punkt 2 der gedruckten Tagesordnung vom Donnerstag:
Erste Beratung des Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung des Gewerbesteuerrechts (Nr. 2130 der Drucksachen).
Ich bin darauf aufmerksam gemacht worden, daß der Herr Bundesfinanzminister durch eine Erkrankung verhindert ist, hier zu sein. Der Herr Staatssekretär ist offenbar im Augenblick nicht zu erreichen gewesen. Darf ich Sie fragen, ob wir, da es sich um eine erste Beratung handelt, die Möglichkeit haben, ohne die Herren zu verhandeln?

(Zustimmung in der Mitte und rechts. — Abg. Mellies: Wo ist der Staatssekretär?)

— Ich habe den Herrn Staatssekretär bitten lassen, zu kommen. Ich hoffe, daß das Erfolg hat. — Darf ich annehmen, daß die Regierung sich auf die schriftliche Begründung des Gesetzes, Drucksache Nr. 2130, bezieht?

(Zustimmung.)

Meine Damen und Herren, darf ich die Aussprache der ersten Beratung eröffnen. — Herr Dr. Dresbach wünscht das Wort dazu zu nehmen.

(Abg. Mellies: Ohne Minister und ohne Staatssekretär?)


  • insert_commentNächste Rede als Kontext
    Rede von Dr. August Dresbach


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CDU/CSU)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)

    Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich muß dem sozialdemokratischen Kollegen dafür dankbar sein, daß er die Beschlußfähigkeit des Hohen Hauses angezweifelt hat. So komme ich wenigstens zu etwas Zuhörerschaft, wenigstens vorläufig.

    (Heiterkeit.)



    (Dr. Dresbach)

    Als ich mich gestern auf mein heutiges Sprüchlein vorbereitete, stieß ich auf einen Aufsatz aus der Mitte der 20er Jahre. Verfasser war der damalige Stadtkämmerer von Essen, Herr Seippel. Herr Seippel hielt es damals noch nicht für notwendig, daß das materielle Gewerbesteuerrecht reichsgesetzlich geregelt würde. Er glaubte an eine Einengung der Gemeinden. Damals hatten die preußischen Gemeinden ja noch das Recht, besondere Gewerbesteuerordnungen zu erlassen. Ich glaube, meine Damen und Herren, wir sind jetzt doch der Meinung, daß die Gesetzgebung vom 1. Dezember 1936, auch wenn sie in nazistischer Zeit herauskam, ein Fortschritt war; und ich habe auch mit Freuden festgestellt, daß in der Begründung zum heutigen Gesetzesentwurf die Notwendigkeit eines einheitlichen Rechtszustandes ebenfalls hervorgehoben wird.
    Wir sollen also den Art. 105 Ziffer 2 Abs. 3 unter den Voraussetzungen des Art. 72 Abs. 2 handhaben, d. h.: Der Bund übt die konkurrierende Gesetzgebung aus, wenn es die Wahrung der Rechts- und Wirtschaftseinheit erfordert.
    Die Gewerbesteuer ist ein so bedeutender Faktor in der Wirtschaft geworden, daß man sie nicht mehr unter die Steuern mit örtlicher Wirkungskraft rechnen kann, wenn sie auch traditionell eine Kommunalsteuer ist. Ich möchte annehmen, daß auch die Herren vom ausgesprochen föderalistischen Flügel diesen Dingen zustimmen werden.
    Nun findet sich allerdings im geltenden und auch im vergangenen Recht keine zwingende Bestimmung, daß die Gewerbesteuer nur eine Gemeindesteuer sei. In Art. 106 des Grundgesetzes heißt es, daß die Realsteuern den Ländern und nach Maßgabe der Landesgesetzgebung auch den Gemeinden zufließen. Die Möglichkeit ist also immerhin gegeben, daß auch die Länder Teile des Aufkommens, beispielsweise der Gewerbesteuer, an sich ziehen. Wir haben allerdings gehört — ich glaube sogar aus dem Munde des Herrn Bundesfinanzministers —, daß die Lander nicht mit dieser Absicht umgehen, auch dann nicht, wenn ihnen durch den Bund Teile der Einkommen- und Körperschaftssteuer weggezogen werden.
    Aber nun kommt die Rolle des Bundes. Da ist in Art. 105 des Grundgesetzes auch vorgesehen, daß der Bund die Realsteuern ganz oder zum Teil zur Deckung der Bundesausgaben in Anspruch nehmen kann. Wir haben schon einmal, und zwar im letzten Kriege, einen Gewerbesteuer-Plafond erlebt, wo das Reich das Mehraufkommen an Gewerbesteuer von einem bestimmten Zeitpunkt an sich zog. Und wir stehen ja beim Bund vor immer neuen wachsenden Ausgaben: da ist die Kriegsliquidation, da sind die Kriegsfolgelasten, da sind die Besatzungslasten, die man neuerdings ja gern zum Verteidigungsbeitrag umtauft. Die Gefahr, daß es zu einem Bundes-Plafond für die Gewerbesteuer kommen könnte, scheint mir nicht ganz von der Hand zu weisen zu sein.
    Nun will der Entwurf — damit komme ich auf Einzelheiten zu sprechen, die aber doch programmatischer Art sein dürften — die bereits in der Kriegszeit eingeführte Übereinstimmung des Bemessungszeitraums mit dem Erhebungszeitraum herstellen, d. h. die Gegenwartsbesteuerung, wie es schlagwortartig heißt, durchführen. Wir werden uns im Ausschuß wohl über die technischen Einzelheiten noch unterhalten müssen. Neu ist der Gedanke einer Mindeststeuer. Noch interessanter daran ist, daß in der Begründung die
    Äquivalenztheorie Miquels aus den neunziger Jahren auftaucht, nämlich daß die Gewerbesteuer einen Ausgleich für die Lasten darstellen soll, die die Betriebe haben; das sind Polizeilasten, Schullasten, Wohlfahrtslasten, Wegebaulasten usw. Hier wird also der Grundsatz von Leistung und Gegenleistung gehandhabt. Das bedeutet ein gewisses Abgehen vom Wesen der Besteuerungshoheit und eine Annäherung an das Wesen der Gebühr. Selbstverständlich heißt der Grundsatz von Leistung und Gegenleistung hier nicht, daß in jedem Falle ganz genau abgewogen würde. Aus dieser Äquivalenztheorie d. h. dem Grundsatz von Leistung und Gegenleistung, also einem Abgehen vom Besteuerungshoheitscharakter, entspringt auch das Recht zu Steuervereinbarungen. Wir haben es seit dem § 5 des Einführungsgesetzes vom 1. Dezember 1936 wieder kodifiziert. Das ist schon fast ein Vorgang, der sich dem privatrechtlichen Vertrage nähert. Solche Gewerbesteuerverträge sind ein bekanntes Mittel, um Industrien anzulocken, d. h. also industrielle Standorte zu bestimmen. Vom Standpunkt des Landes, der Landgemeinden — ich glaube, Herr Kollege Mellies, ich spreche jetzt auch in Ihrem Namen — und auch der Landkreise haben wir an diesen Steuervereinbarungen kein großes Interesse, denn wir machen das Wettrennen mit den Großstädten doch nicht mit; die werden uns immer voran sein.
    Noch eine Feststellung zu dem Kernstück der Gewerbesteuer, der Gewerbeertragssteuer. Sie ist in den letzten Jahrzehnten immer mehr vom Charakter einer Objektsteuer abgerückt und hat einen personalsteuerartigen Charakter angenommen. Sie ist jetzt in der Fassung, wie sie der Änderungsentwurf vorsieht, noch nicht eine vollständige zusätzliche Einkommensteuer auf das fundierte Einkommen. Aber bei der Betrachtung der Gewerbesteuer und insbesondere der Gewerbeertragssteuer sollte man doch beachten, daß es sich eigentlich um eine Einkommensteuerkumulation handelt. Das sollten vor allen Dingen die inländischen und die ausländischen Kritiker an unserer Einkommensteuer und an unseren Einkommensteuertarifen in Betracht ziehen..
    Für die Gemeinden als Steuerberechtigte ist im Augenblick nicht so sehr das materielle Steuerrecht maßgeblich; problematisch ist hier vor allen Dingen der Standort im Finanzausgleich. Ich habe bereits auf die Gefahren hingewiesen, daß ein Bundes-Plafond kommen könnte. Nun aber, meine Damen und Herren: wenn wir auch alle möglichen Zwangsläufigkeiten für die Ausgabengestaltung des Bundes anerkennen müssen, so sollten wir es uns hier doch angelegen sein lassen, die Ausgaben des Bundes nicht unnötig zu vermehren, um nicht den Herrn Bundesfinanzminister in die Gefahr zu bringen, daß er diesen Bundes-Plafond bei der Gewerbesteuer einbauen muß. Diese Forderung darf ich auch an die sozialdemokratische Opposition richten, die sich ja, wie der Verlauf der Debatte über das 131er Gesetz gezeigt hat, so sehr der Interessen der Gemeinden angenommen hat.

    (Beifall bei den Regierungsparteien. — Abg. Mellies: Sie haben bei der Debatte gefehlt!)