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  • tocInhaltsverzeichnis
    Deutscher Bundestag - 136. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 19. April 1951 5818 136. Sitzung Bonn, Donnerstag, den 19. April 1951. Geschäftliche Mitteilungen 5314D Vorlage der Entwürfe von Verordnungen über Verarbeitung, Lieferung, Bezug, Vorratshaltung und statistische Erfassung von Nichteisen-Metallen (NEM I/51), Verwendungsbeschränkungen von Kupfer und Kupferlegierungen (NEM II/51) und Verwendungsbeschränkungen von Zink und Zinklegierungen (NEM III/51) 5314D Änderungen der Tagesordnung . . 5315A, 5381D Erste Beratung des Entwurfs eines Gesetzes über die Errichtung einer Bundesanstalt für Arbeitsvermittlung und Arbeitslosenversicherung (Nr. 2131 der Drucksachen) 5315A Storch, Bundesminister für Arbeit 5315A, 5321B Sabel (CDU) 5315D Richter (Frankfurt) (SPD) 5317A Dr. Seelos (BP) 5318C, 5322D Willenberg (Z) 5319A Walter (DP) 5319B Dr. Schäfer (FDP) 5319C Renner (KPD) 5320D Frau Dr. Rehling (CDU) 5321D Arndgen (CDU) 5322A Schoettle (SPD) 5322B Ausschußüberweisung 5323A Fortsetzung der zweiten Beratung des Entwurfs eines zweiten Gesetzes über die Neugliederung in den Ländern Baden, Württemberg-Baden und WürttembergHohenzollern (Nrn. 821, 1752, 1849 der Drucksachen); Mündlicher Bericht des Ausschusses für innergebietliche Neuordnung (30. Ausschuß) (Nr. 2160 der Drucksachen) . . . . 5323B Dr. Schmid (Tübingen) (SPD): zur Geschäftsordnung 5323C zur Sache 5327A, 5338C von Thadden (DRP) . . . . 5323D, 5342C Dr. Kopf (CDU) 5324A, 5340B, 5344D, 5345C Farke (DP) 5326B Dr. von Merkatz (DP) . . . 5326C, 5343A Freudenberg (FDP) 5330D Dr. Etzel (Bamberg) (BP) 5331B Donhauser (Unabhängig) 5331D Fisch (KPD) 5331D Dr. Ehlers (CDU) 5333C Dr. Müller, Staatspräsident von Württemberg-Hohenzollern . . . 5334D Wohleb, Staatspräsident von Baden 5337C Dr. Hamacher (Z) 5338B Mayer (Stuttgart) (FDP) . . 5338C, 5342B Ewers (DP) 5339D Clausen (SSW) 5341A Erler (SPD) 5341B Dr. Jaeger (CDU) 5343D Euler (FDP) 5345D Abstimmungen . 5323C, 5339A, 5345B, 5346A Zweite Beratung des Entwurfs eines Gesetzes über die Feststellung des Bundeshaushaltsplans für das Rechnungsjahr 1950 (Nr. 1500 der Drucksachen); Mündliche Berichte des Haushaltsausschusses (10. Ausschuß) Einzelplan XV — Haushalt des Bundesministeriums für Vertriebene (Nr. 1916 der Drucksachen) in Verbindung mit der Beratung des Antrags der Fraktion der BP betr. Errichtung einer UmsiedlungsAusgleichskasse für Heimatvertriebene, Flüchtlinge und Evakuierte (Nr. 2112 der Drucksachen) 5346A Frau Dr. Probst (CSU), Berichterstatterin 5346B Reitzner (SPD) 5348B Schütz (CSU) 5351A Tichi (BHE-DG) 5353D Trischler (FDP) 5355A Wittmann (WAV) 5357D Willenberg (Z) 5360A Dr. Seelos (BP) 5360B Dr. Etzel (Bamberg) (BP) 5361B Müller (Frankfurt) (KPD) 5361C Farke (DP) 5363C Dr. Goetzendorff (DRP-Hosp.) . . 5364B Dr. Lukaschek, Bundesminister für Angelegenheiten der Vertriebenen 5365A Meyer (Bremen) (SPD) (zur Abstimmung) 5367B Dr. Kather (CDU) (persönliche Bemerkung) 5367C Abstimmungen 5367B Erste Beratung des Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung des Gewerbesteuerrechts (Nr. 2130 der Drucksachen) 5368D Dr. Dresbach (CDU) 5368D Tenhagen (SPD) 5369D Dr. Besold (BP) 5370D Ausschußüberweisung 5371A Beratung des Antrags der Fraktion der WAV betr. Maßnahmen zur Sicherung deutschen Eigentums in Österreich (Nr 2024 der Drucksachen) 5371A Dr. Richter (Niedersachsen) (SRP), Antragsteller 5371A Mellies (SPD) 5373B Ausschußüberweisung 5373C Beratung des Antrags der Fraktion der KPD betr. Anweisung auf Herausgabe der Brückenbaupläne im Bereich der Bundesstraßen und der Bundesbahn an die US-Armee zum Zwecke des Einbaues von Sprengkammern (Nr. 2085 der Drucksachen) 5373C Fisch (KPD), Antragsteller 5373C Schoettle (SPD) 5375B Ausschußüberweisung 5375C Beratung des Mündlichen Berichts des Ausschusses für Arbeit (20. Ausschuß) über den Antrag des Abg. Stücklen u. Gen. betr. Maßnahmen zur Behebung des Landarbeitermangels (Nrn. 2126, 1870 der Drucksachen) 5375D Dr. Kneipp (FDP), Berichterstatter . 5375D Glüsing (CDU) 5377A Frau Strobel (SPD) 5377D Eichner (BP) 5378D Dr. Preiß (FDP) 5379B Ausschußüberweisung 5380B Beratung des Mündlichen Berichts des Ausschusses für Arbeit (20. Ausschuß) über den Antrag der Abg. Dr. Ott u. Gen. betr. Arbeitslosenfürsorgeunterstützung (Nrn. 2127, 1768 der Drucksachen) 5380B Pelster (CDU), Berichterstatter . . . 5380B Beschlußfassung 5380C Beratung des Mündlichen Berichts des Ausschusses für Arbeit (20. Ausschuß) über den Antrag der Fraktion der KPD betr. Erhöhung von Unterstützungssätzen (Nrn. 2128, 1434 der Drucksachen) . . . 5380D Pelster (CDU), Berichterstatter . . . 5380D Müller (Frankfurt) (KPD) 5381A Keuning (SPD) 5381C Beschlußfassung 5381D Beratung des Antrags der Fraktionen der CDU/CSU, SPD, FDP, DP, BP, Z und Gruppe BHE-DG betr. Bereitstellung von Bundeshaushaltsmitteln für den sozialen Wohnungsbau im Haushaltsjahr 1951/52 (Nr. 2123 der Drucksachen) . . . 5381D, 5382A Beratung abgesetzt 5382B Beratung des Mündlichen Berichts des Ausschusses für Wiederaufbau und Wohnungswesen (18. Ausschuß) über den Antrag der Fraktion der SPD betr. Sicherungsmaßnahmen für den sozialen Wohnungsbau 1951 (Nrn. 2145, 1970 der Drucksachen) . 5381D, 5382B Wirths (FDP), Berichterstatter . . 5382C Beschlußfassung 5382C Beratung des interfraktionellen Antrags betr. Überweisung von Anträgen an die Ausschüsse (Umdruck Nr. 150) 5382C Beschlußfassung 5382C Erklärung nach § 85 der Geschäftsordnung: Dr. Wuermeling (CDU) 5382D Nächste Sitzung 5383C Die Sitzung wird um 13 Uhr 31 Minuten durch den Präsidenten Dr. Ehlers eröffnet.
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    Einzelplan XV — Haushalt des Bundesministeriums für Vertriebene (Nr. 1916 der Drucksachen) in Verbindung mit der
    Beratung des Antrags der Fraktion der Bayernpartei betreffend Errichtung einer Umsiedlungs-Ausgleichskasse für Heimatvertriebene, Flüchtlinge und Evakuierte (Nr. 2112 der Drucksachen).
    Das Wort zur Berichterstattung über den Haushalt des Bundesministeriums für Angelegenheiten der Vertriebenen hat Frau Abgeordnete Dr. Probst.
    Frau Dr. Probst (CSU), Berichterstatterin: Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich darf mich in der Berichterstattung kurz fassen. Um aber den Beschluß des Haushaltsausschusses verständlich zu machen, muß ich doch in großen Linien auf die Aufgaben des Ministeriums hinweisen.
    Das Bundesministerium für Angelegenheiten der Vertriebenen hat — neben den unmittelbaren legislativen Aufgaben — vor allem an der gesamten Gesetzgebung mitzuwirken, soweit diese sich auf die Frage der Heimatvertriebenen erstreckt. Das Ministerium hat ferner zu koordinieren einmal zwischen den Ministerien, dann aber auch zwischen den gesetzgebenden Körperschaften, zwischen Ländern und Bund. Es hat weiter Verbindung zu halten mit den Organisationen der Heimatvertriebenen und mit den karitativen Verbänden, auch des Auslandes. Das Ministerium hat darüber hinaus Aufgaben in der Koordinierung der kulturellen Bestrebungen der Heimatvertriebenen in den Ländern und hat sich ebenso der erzieherischen Jugendpflege anzunehmen. Außerdem erwachsen ihm Aufgaben finanzieller und wirtschaftlicher Art im Zusammenhang mit dem Marshall-Plan und sonstiger Hilfe des Auslandes. Eine besondere Aufgabe liegt auf dem Gebiete der Publizistik und der Dokumentation. Das Ministerium hat ferner ein eigenes Referat eingerichtet für die Betreuung von Kriegsgefangenen, Internierten und deren Familienangehörigen. Das Wesen dieser vielfältigen Aufgaben sowie der Umstand, daß das Ministerium keinen Unterbau hat, bringen es mit sich, daß ein Teil der Arbeit Exekutivaufgaben dient.
    Der Haushalt des Jahres 1950/51 des Bundesministeriums für Angelegenheiten der Vertriebenen steht im Zeichen des Zugangs neuer Aufgaben und der Erweiterung schon bestehender Aufgabengebiete. Daraus resultiert eine Ausweitung des Stellenplans. Es sind zunächst 9 neue Referentenstellen im Haushalt 1950/51 geschaffen worden. Zunächst handelt es sich um die Errichtung einer Berliner Vertretung, die die Schaffung einer A 1 a- Stelle notwendig machte. Ferner mußte für die Errichtung eines Referats für Jugendpflege ebenfalls eine Ministerialratsstelle geschaffen werden, für das Referat für Fragen der Soforthilfe und des künftigen Lastenausgleichs die Stelle eines Regierungsdirektors und zwei weitere Regierungsdirektorenstellen in den Referaten für Wahrnehmung der Rechte der freien Berufe sowie für Eingliederung und Auswanderung. Schließlich wurden zwei TOA I-Stellen geschaffen in dem Referat für Bearbeitung der Existenzfragen der früheren Bediensteten der öffentlichen Verwaltung und in der Presseabteilung. Die Ausweitung des Referates Siedlungs- und Wohnungsbau im Zusammenhang mit der Räumung von Kasernen und der notwendigen Neuschaffung von Unterbringungsraum für die dadurch wohnungslos gewordenen Heimatvertriebenen bedingte eine Hilfsreferentenstelle nach A 2 c 2 und eine TOA III-Stelle für einen Hilfsreferenten beim Referat Bedienstete der öffentlichen Verwaltung.
    Die schon vorhin erwähnte Ausweitung der Exekutivarbeit machte vor allem eine Ausweitung der Sachbearbeiterstellen notwendig. Es sind im Etat 1950/51 gegenüber 1949 12 neue Sachbearbeiterstellen geschaffen worden: im Hauptbüro, zugleich Prüfungsreferat, eine A 3 b-Stelle; in der Abteilung I, Koordinierung Bundestag und Bundesrat, eine A 2 d-Stelle; in der Zentralabteilung, Poststelle, Referat 2, eine TOA V b-Stelle; in der Berliner Vertretung eine A 3 b-Stelle; in der Abteilung II Referat 1 „Gesetzentwürfe" die Stelle eines Sachbearbeiters nach A 2 d; im Referat Abteilung III beim Abteilungsleiter selbst eine A 2 d- Stelle; in der Abteilung III, Referat 1 c „Freie Berufe", eine A 2 d-Stelle; im Wohnungsbau- und Siedlungswesen, Abteilung III, Referat 3, eine A 4 c 2-Stelle; in der Abteilung IV, Referat 1 c „Illegale Grenzgänger und DP's" eine TOA V b- Stelle; im Referat „Eingliederung und Auswanderung", Abteilung IV, Referat 2, eine TOA V b- Stelle; in der Abteilung III, Referat 4 „Soforthilfe" eine TOA V b-Stelle und schließlich in der Abteilung III, Referat 4, eine TOA V b-Stelle ebenfalls für einen neuen Sachbearbeiter. Das Ministerium hatte im Jahre 1949 insgesamt 46 Referentenstellen und 26 Sachbearbeiterstellen, während 1950 55 Referentenstellen und 38 Sachbearbeiterstellen ausgewiesen sind.
    Die Ausweitung im Stellenplan für Registraturangestellte, Schreibkrafte und Fernsprechgehilfen um 16 weitere Stellen ergibt sich aus der Notwendigkeit der Durchführung eines reibungslosen Geschäftsbetriebes. Die starke Belastung des Ministeriums mit Exekutivaufgaben macht es erforderlich, eine Schreibkraft nicht, wie gewöhnlich, für vier Referenten, sondern nur für drei Referenten einzustellen. Die Zahl der Stellen in der Telefonzentrale mußte von vier auf acht erhöht werden. Neun weitere Stellen wurden notwendig dadurch, daß die Ermekeilkaserne vom Ministerium für Angelegenheiten der Vertriebenen hausverwaltungsmäßig betreut wird.


    (Frau Dr. Probst)

    Der Stellenplan im ganzen ist vom Ausschuß nach eingehender Beratung in dieser Form ohne Abänderung angenommen worden. Dabei wurde allerdings eine Aufgliederung der Referate im Haushalt für das Jahr 1951/52 empfohlen; insbesondere in bezug auf Referat 4 der Abteilung III wurde im Ausschuß vorgeschlagen, das Gebiet Lastenausgleich zu einem selbständigen Referat 5 innerhalb der Abteilung III zu machen. Zu Referat 2 der Abteilung IV wurde der Antrag vom Ausschuß angenommen, die Regierung zu ersuchen, die Sozialreferentin für Frauen- und Jugendfragen im Etat 1951/52 höher einzustufen.
    Bei den Verwaltungseinnahmen ergibt sich in Abweichung von der Regierungsvorlage eine Mehreinnahme in Kap. 1 Tit. 1 — Einnahmen aus Dienstgrundstücken — von 2700 DM.
    Bei den persönlichen Verwaltungsausgaben ergibt sich aus der Tatsache, daß die seinerzeit in Aussicht gestellte Anzahl von Wohnungen für die Bediensteten des Ministeriums nicht zugewiesen wurde, eine Erhöhung des ursprünglichen Ansatzes für den Tit. 7 a in Kap. 1 — Trennungsentschädigung an versetzte Beamte und Angestellte — von 90 000 DM auf 140 000 DM; ferner bei Tit. 7 b — Fahrtkosten für versetzte und auswärts beschäftigte Beamte und Angestellte zum Besuche der von ihnen getrennt lebenden Familien — eine Erhöhung von 9000 auf 14 000 DM. Dagegen vermindert sich der Ansatz bei Tit. 8 — Übergangsgelder an Angestellte und Lohnempfänger — von 5000 DM auf 1000 DM, ebenso bei Tit. 6 a — Unfallfürsorge — von 10 000 DM auf 1000 DM.
    Bei den sächlichen Verwaltungsausgaben vermindert sich der Ansatz für Fernsprechgebühren in Tit. 14 von 90 000 DM auf 70 000 DM, der in Tit. 15 für die Unterhaltung der Dienstgebäude von 15 000 DM auf 10 000 DM und der in Tit. 16 — Bewirtschaftung von Dienstgrundstücken und Diensträumen — von 73 000 DM auf 66 000 DM. Ferner ist bei Tit. 19 a — Reisekosten — durch den Ausschuß eine Senkung von 95 000 DM auf 80 000' DM vorgenommen worden, bei den Kosten für Sachverständige, Tit. 20, von 70 000 DM auf 45 000 DM, bei den Gerichts- und ähnlichen Kosten, Tit. 22, von 2000 DM auf 1000 DM und bei den Vermischten Ausgaben, Tit. 23, von 5000 DM auf 1000 DM.
    Bei den Einmaligen Ausgaben, Kap. E 11, Tit. 5, ermäßigt sich der Ansatz für die Erstanschaffung von Dienstkraftwagen von 15 000 auf 5 500 DM.
    Bei den Allgemeinen Haushaltsausgaben sind einige wesentliche Positionen erhöht worden: Bei Tit. 36 sind die ursprünglich im Etat 1950 angesetzten 250 000 DM für Unterstützung von Kriegsgefangenen, Straf- und Untersuchungsgefangenen und Internierten im Ausland auf Antrag der Verwaltung auf 420 000 DM erhöht worden. Es handelt sich bei diesem Titel um Weihnachtssendungen von Lebensmittelpaketen und Medikamenten, Bekleidung und Wäsche an deutsche Kriegsgefangene im Ausland. Der Ausschuß hatte dieser Erhöhung ja bereits am 23. November 1950 vorweg zugestimmt. Ein neuer Zusatz in der Erläuterung besagt, daß aus diesen Mitteln auch persönliche Verwaltungsausgaben im Ausland bestritten werden können.
    Bei Tit. 38 mußten die Kosten der Maßnahmen zur Rückführung der noch in Polen befindlichen Deutschen um 20 000 DM auf 76 800 DM erhöht werden, und zwar handelt es sich hier um etwa 86 000 Personen, die noch in den Gebieten ostwärts der Oder und Neiße und in der Tschechoslowakei verblieben waren. In diesem Sommer rechnet man mit etwa 50 000 Personen, die umgesiedelt werden. Eine Abänderung des Rückführungsverfahrens durch die polnischen Behörden, die sich nicht an die Abmachungen halten, die im Rahmen der Operation Link getroffen wurden, und nun sämtliche Transporte über die Ostzone leiten, macht eine stärkere Beanspruchung der Arbeitsgemeinschaft des Roten Kreuzes in Hamburg notwendig. Der Ausschuß hat daher dieser Erhöhung zugestimmt. — Im übrigen ist hier ein Druckfehler in der Drucksache Nr. 1916 enthalten. Hier muß eine Null gestrichen werden; es heißt 56 800 DM.
    Der Ansatz für Transportkosten für aus Haft und Internierung entlassene Deutsche im Ausland, Tit. 33, konnte von 200 000 DM auf 100 000 DM gesenkt werden. Es handelt sich hier um Personen, die nicht den Status des Kriegsgefangenen haben; die Transportkosten müssen daher bezahlt werden. Es handelt sich um etwa 500 Deutsche aus China und der Mandschurei, 600 Deutsche aus Italien, 800 Deutsche aus Spanien.
    Tit. 37, Dokumentarische Erfassung des Schicksals der Kriegsgefangenen ist höher dotiert worden, und zwar von 150 000 DM auf 270 000 DM, da den Vereinten Nationen bis Ende April ein Teilergebnis der Dokumentation über die deutschen Kriegsgefangenen vorgelegt werden soll. Dieser beschleunigte Abschluß erfordert den Mehraufwand.
    Neu geschaffen wurde der Tit. 39, Dokumentation des Schicksals der Zivilverschleppten, mit 96 000 DM. Die Schaffung dieses neuen Titels hängt zusammen mit Verhandlungen vor der Generalversammlung der Vereinten Nationen über die Zurückhaltung deutscher Kriegsgefangener in der Sowjetunion. Bei dieser Gelegenheit wurde auch die Verschleppung deutscher Zivilpersonen behandelt. Der Auswärtige Ausschuß des Bundestages hat daher die beschleunigte Beschaffung der erforderlichen Unterlagen über die Zivilverschleppten für die zu erwartende Kommission der Vereinten Nationen gefordert.
    Der Tit. 31 im Kap. 1 — Herstellung und Verbreitung von Informationsmaterial — ist von 50 000 DM im Haushalt 1949 auf den seinerzeitigen Antrag des Haushaltsausschusses hin im Etat 1950 auf 500 000 DM erhöht worden, allerdings teilweise mit einem Sperrvermerk versehen. Der Ausschuß hat das Ministerium gebeten, eine Ubersicht über die bisherigen Publikationen zu geben. Das ist inzwischen geschehen.
    Der Tit. 32 — kulturelle und sonstige Betreuung — hat im Ausschuß eine längere Debatte ausgelöst, und zwar einmal wegen der Bedeutung dieser Frage als solcher mit dem Ziele der Erhaltung des kulturellen Heimaterbes der Heimatvertriebenen und der Weitergabe an die junge Generation in den Schulen, um zu verhüten, daß Kulturschätze der Heimatvertriebenen in der Erinnerung der kommenden Generation verlorengehen könnten. Es kommt darauf an, die Bemühungen der Länder auf dem Gebiete der Sammlung des Kulturgutes der Heimatvertriebenen und der Vorbereitung für die Einarbeitung in die Lehrpläne der verschiedenen Länder zu koordinieren und ihnen neue Impulse zu geben.
    Die Anregung, dieses Aufgabengebiet des Ministeriums auszuweiten, hat im Ausschuß keine allgemeine Zustimmung gefunden.


    (Frau Dr. Probst)

    Zum anderen ergab sich dann im Ausschuß eine längere Aussprache zu Tit. 32 über die Frage der Zuwendungen an Organisationen. Zur Behandlung dieser Frage ist ein Unterausschuß eingesetzt worden. Unbeschadet der Ergebnisse der Arbeit dieses Unterausschusses, von dem ich im übrigen gehört habe, daß er seine Arbeiten inzwischen in positivem Sinne abschließen konnte, hat der Ausschuß dem Ansatz zugestimmt. Diese Genehmigung befindet sich in Übereinstimmung mit der Stellungnahme des Vertriebenenausschusses, der mit der Einsetzung der Mittel in voller Höhe einverstanden gewesen ist. Im übrigen erfolgt die Verteilung nur nach klar umrissenen Richtlinien und unter Einhaltung bestimmter Auflagen in bezug auf den Verwendungsnachweis.
    Eine Anregung für eine Höherdotierung der Westdeutschen Bibliothek in Marburg, deren Ziel die Sammlung des Schrifttums über die Heimatvertriebenen seit 1945 und dessen Verbreitung ist, hatte im Ausschuß zu keinem Antrag und zu keinem Beschluß geführt. An sich ist es dem Ministerium freigestellt, im Rahmen der Mittel des Tit. 32 eine solche Dotierung der Westdeutschen Bibliothek in Marburg von sich aus vorzunehmen.
    Abschließend darf ich folgende Gesamtübersicht geben. Die Einnahmen und Ausgaben setzen sich nunmehr nach den Abänderungen wie folgt zusammen: Einnahmen Kap. 1: bisher 751 700 DM, jetzt 754 400 DM; Ausgaben Kap. 1: bisher 4 463 500 DM, nach dem Beschluß des Ausschusses 4 734 500 DM; Ausgaben Kap. E 11 — Einmalige Ausgaben —: bisher 178 000 DM, jetzt 168 500 DM; Summe des Zuschusses: bisher 3 889 800 DM, nach dem Ausschußbeschluß 4 148 600 DM.
    Ich darf Sie, meine Herren und Damen, im Namen des Haushaltsausschusses bitten, dem Haushalt des Bundesministeriums für Vertriebene im Sinne der Vorlage des Haushaltsausschusses Ihre Zustimmung zu geben.

    (Beifall.)



Rede von Dr. Carlo Schmid
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)
Ich danke der Frau Berichterstatterin und eröffne die Aussprache. Meine Damen und Herren, der Ältestenrat schlägt Ihnen vor, eine Gesamtaussprachezeit von 120 Minuten anzusetzen; als Höchstzeit natürlich; dem Ältestenrat ist nicht eingefallen, etwa zu wünschen, daß diese 120 Minuten unbedingt auch ausgenutzt werden.
Das Wort hat der Abgeordnete Reitzner.

  • insert_commentNächste Rede als Kontext
    Rede von Richard Reitzner


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)

    Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich glaube, daß es nützlich ist, die Problematik aufzuzeigen, die sich hinter den Ziffern des vorliegenden Haushalts verbirgt. Man kann die Strömungen unserer Zeit und auch die Ideologien unserer Tage nicht verstehen, wenn man nicht dem Problem der Heimatvertriebenen einen sehr breiten Raum widmet. Ich möchte nichts überdramatisieren und nichts überdimensionieren. Europa hat ja Gelegenheit gehabt, Katastrophen ähnlicher Art zu sehen, aber keine Katastrophe war so tiefwirkend wie die Katastrophe des Jahres 1945. Trotzdem ist die Bedeutung des Heimatvertriebenenproblems noch nicht in das Bewußtsein aller unserer Zeitgenossen eingedrungen, und es wird noch mancher Bemühungen bedürfen, um das Verständnis für die innerdeutsche und europäische Tragweite dieses Problems wachzurufen. Trotzdem möchte ich sagen, daß die Mehrheit des deutschen Volkes und auch die große Mehrheit des Hohen Hauses die Bedeutung dieses Problems erkannt hat. Ich würde, Kollege Schütz, die jetzige schwache Besetzung des Hauses nicht als unbedingten Maßstab für die Beurteilung anwenden. Ich glaube, es ist eine richtige Feststellung, wenn wir sagen, daß wir auf dem Wege aus der Epoche der theoretischen Anerkennung der Notlage der Heimatvertriebenen zu echten Ansätzen und Lösungsversuchen sind. Die Verabschiedung des Gesetzes nach Art. 131 in diesem Hause war ja dafür ein anschauliches Beispiel. Trotzdem bleibt das Heimatvertriebenenproblem immer noch eine Quelle sozialer Spannungen in Deutschland und im internationalen Feld die Ursache mancher Mißdeutung. Daher kann man auch in keinem Augenblick, auch nicht heute — es geht ja nicht um die Beantwortung eines Berichts eines Buchhalters oder einer Buchhalterin — das Problem von den sozialpolitischen Problemen Deutschlands und den politischen Aufgaben Europas loslösen.
    Wir haben uns heute bei der Debatte um die Neuordnung des Südweststaates erinnert, daß vor uns noch eine große Aufgabe steht, nämlich die Neuordnung des europäischen Raumes.

    (Abg. Loritz: Sehr richtig!)

    Auch im Feld der sozialen und Wirtschaftspolitik müssen wir natürlich feststellen, daß die Massenarbeitslosigkeit unter den Heimatvertriebenen nicht nur eine zusätzliche Erschwerung des Schicksals dieser Menschen ist, sondern daß meine Freunde die Überwindung der sozialen Marktwirtschaft als eine echte und wesentliche Aufgabe im Sinne der Lösung der Heimatvertriebenenprobleme betrachten.
    Diese Erkenntnis ist schon in weite Kreise der deutschen Bevölkerung gedrungen. Mit Genehmigung des Herrn Präsidenten möchte ich Ihnen einen kurzen Auszug aus dem Bericht des Deutschen Roten Kreuzes, vorgelegt der Internationalen Rote-Kreuz-Flüchtlingskonferenz in Hannover vom 9. bis 14. April 1951, mitteilen. Diesen Bericht sollte man in Deutschland plakatieren und ihn zur Kenntnis unserer Menschen bringen. Der Bericht sagt nämlich an dieser Stelle:
    Allen verantwortlichen Deutschen ist bewußt, daß der Fremde, der zu kurzem Besuch in Deutschland weilt, im allgemeinen auf die äußeren Eindrücke angewiesen ist. Das Straßenbild einer Großstadt wie Hamburg oder München macht mit seinen reichen Schaufensterauslagen und den gepflegten Gaststätten den Eindruck eines Wohlstandes und bietet einen Eindruck, der in schroffem Gegensatz zur harten Wirklichkeit steht, da nur eine verschwindend geringe Schicht der Bevölkerung an diesem Überfluß teil hat. Diese Erkenntnis einer immer tiefer werdenden Diskrepanz zwischen Wirklichkeit und Fassade läßt alle jene, die in verantwortlicher sozialer Arbeit stehen, oft genug in einen Abgrund blicken. Wir sehen es als unsere Pflicht an, die Wirklichkeit, die sich besonders in dem Flüchtlingsproblem widerspiegelt, zu zeigen, um die Aufmerksamkeit der Welt und Deutschlands stärker auf diese Frage zu lenken. .
    Diese Pflicht haben auch wir im Zusammenhang mit der Diskussion über den Haushalt des Ministeriums für Angelegenheiten der Vertriebenen. Ich glaube, die Erkenntnis der sich aus dem komplexen Problem ergebenden Aufgaben ist ja auch dem Herrn Minister und dem Ministerium nicht verborgen geblieben, weil nämlich im Vorwort, das die Kollegin Probst bereits zitiert hat, eine


    (Reitzner)

    wesentliche Aufgabe umrissen ist, die Aufgabe nämlich, bei der gesamten Gesetzgebung, soweit sie die Belange der Vertriebenen berührt, mitzuarbeiten und die gesamte Planung in der Betreuung der Heimatvertriebenen in grundsätzlicher Beziehung vorwärtszutreiben.
    Ich muß leider sagen, daß diese Aufgabe, die sich das Ministerium selbst gesetzt hat, nicht erfüllt wurde. Das Klassenziel ist nicht erreicht worden. Es fehlt heute noch der gesamtdeutsche Plan. Es mußte eine amerikanische Kommission — es war eine gemischte Kommission, ich weiß es — kommen, um uns zu zeigen, wie man es machen könnte. Meine Freunde hätten es sehr begrüßt, wenn der ansonsten schätzenswerte Bericht der Sonne-Kommission unter der Flagge des Bundesvertriebenenministeriums diskutiert worden wäre. Ich will gar kein rückwärts gerichteter Prophet sein, aber die sozialdemokratische Fraktion hat im September 1949 in Drucksache Nr. 33 sechs Fragen an die Bundesregierung und an das Bundesvertriebenenministerium gerichtet und hat ihnen sechs Aufgaben gestellt. Wenn wir diese sechs Fragen heute mit dem Sonneplan konfrontieren, finden wir sie in ihm beantwortet. Wieviel schöner wäre es gewesen, wenn uns vor dem Sonneplan ein solcher Plan von der deutschen Bundesregierung unter der Initiative des Bundesministeriums für Vertriebenenangelegenheiten vorgelegt worden wäre. Daher glaube ich, es handelt sich jetzt nicht allein um den ziffernmäßigen Bericht und um die zahlenmäßige Beurteilung der Zweckmäßigkeit im Voranschlag. Diese Zweckmäßigkeit bestreite ich in vielen Punkten nicht. Besonders begrüße ich den neuen Tit. 39, dessen Inhalt die Frau Kollegin Probst aufgezeigt hat. Man muß aber die Aufgaben und die Verantwortung des Ministeriums zentraler sehen. Dem Herrn Minister sollen natürlich — das ist meine persönliche Auffassung — seine guten und ehrlichen Absichten nicht bestritten werden und können ihm nicht bestritten werden; man muß aber, glaube ich, auch feststellen, daß sich der Herr Minister innerhalb der Regierung in eine Position hat hineindrängen lassen, die es ihm nicht mehr erlaubt, die Interessen der Heimatvertriebenen energisch genug zu vertreten. Ich möchte diese Position als die eines biederen Bettelmannes bezeichnen, der brav mit dem Hut in der Hand von Tür zu Tür geht.
    Vor allem möchte ich feststellen, daß der Herr Minister keinen ausgiebigen Gebrauch von jenen Möglichkeiten und Vollmachten gemacht hat, die ihm das Grundgesetz geboten hätte. Der Flüchtlingsausgleich ist ja dafür ein klassischer Beweis. Es ist heute auch nicht das erstemal, daß das heute ausgesprochen wird; wir haben darüber schon diskutiert. Ich persönlich habe es dem Herrn Minister in einer Sitzung mitgeteilt. Es ist mir bitter, die folgende Feststellung zu treffen, und ich tue es nicht sehr gerne und nicht leichten Herzens, aber es muß in dieser Form ausgesprochen werden: Das Ministerium hat 'sich meiner Überzeugung nach an keiner wesentlichen Stelle des Heimatvertriebenenproblems führend und initiativ gezeigt.
    Herr Minister, ich weiß selbst aus eigener Erfahrung, wie schwer es ist, sich in einem reinen Flüchtlingsamt eine eigene Stellung herauszuarbeiten, wobei uns die dominierende Rolle des Herrn Finanzministers als Herr des Haushalts wohl bekannt ist. Aber deswegen muß man sich ja auch nicht immer mit seinen Forderungen abdelegieren lassen, sagen wir, an das Hauptamt für Soforthilfe, wie es in der Frage der Kinderbeihilfe geschah. Das Kinderhilfswerk der UNO hat nämlich 20 Millionen DM zur Verfügung gestellt. Es sollten dann für die Umarbeitungskosten 12 Millionen von der Bundesregierung zur Verfügung gestellt werden. Soweit ich informiert bin, hat aber der Herr Finanzminister die kalte Schulter gezeigt, und unser Bundesminister für die Angelegenheiten der Vertriebenen ist dann zum Hauptamt für Soforthilfe gegangen. Man muß schon manchmal auch dem Herrn Finanzminister gegenüber solche echten Interessen stàrker vertreten, daher frage ich mich, ob nicht doch der Herr Minister selbst aus den Erfahrungen seiner Amtstätigkeit in der letzten Zeit zu der Auffassung gekommen ist, daß die Koordinierung der Vertriebenenfragen und deren Lösung mit der jetzigen Konstruktion des Ministeriums überhaupt nicht möglich ist. Ich frage mich, ob der Herr Minister nicht ernstlich darüber einmal nachdenken könnte, ob diese Konstruktion des Ministeriums bei der Fülle und Problematik der Aufgaben nicht doch eine Fehlkonstruktion ist. Denn hier muß ja der Herr Minister auf eine stärkere zentrale Verantwortlichkeit hinsteuern

    (Sehr richtig! links)

    und diese stärkere zentrale Verantwortlichkeit seines Ministeriums herausarbeiten. Ich möchte sehr dringend wünschen und ersuchen, dafür zu sorgen, daß diese zentrale Verantwortung jetzt bald sichtbar wird, beispielsweise in dem Entwurf zum Bundesvertriebenengesetz, den wir bald erwarten und dessen Vorlage wir hoffentlich bald diskutieren und verabschieden können.
    Es scheint uns auch auf anderen Gebieten eine Klärung notwendig, z. B. eine Klärung der Zuständigkeit zwischen dem Vertriebenen-Ministerium und dem Ministerium für gesamtdeutsche Fragen in der Frage der Vereinfachung der Verwaltung in den großen Durchgangslagern und in der Frage der Behandlung der Aufnahme der Deutschen aus dem Ostgebiet, damit wir es hier nicht mit zwei oder drei Instanzen — Ministerium für Vertriebene, Ministerium für gesamtdeutsche Fragen und den Länderinstanzen — zu tun haben.
    Vor allem gestatte ich mir, folgendes zu sagen. Es scheint uns unerläßlich, daß das Ministerium und der Herr Minister in der lebenswichtigsten Frage, die jetzt vor uns zur Entscheidung steht, nämlich in der Frage des Lastenausgleichs, die Gedanken, die er oder das Ministerium hat, und die berechtigten Forderungen, die von der Mehrheit der Heimatvertriebenen vorgetragen wurden, vorträgt und versucht, mit diesen Gedanken bis in die Regierung, in die Ressorts und natürlich auch in den Lastenausgleichsausschuß vorzustoßen. Es geht ja nicht allein darum, daß man dem Schäfferschen Entwurf stellenweise irgendwelche vagen Einwände und Proteste entgegenhält und dann irrtümlicherweise den Anschein erweckt — ohne Absicht natürlich —, als ob sich das Ministerium zum Puffer zwischen der Bundesregierung und den Ansprüchen der Heimatvertriebenen entwickeln könnte, und weiter gleichzeitig der Anschein erweckt wird, das Bundesvertriebenenministerium hat sich in der Regierung nicht energisch genug durchgesetzt oder konnte sich in der Regierung nicht energisch genug durchsetzen. Zur Frage des Lastenausgleichs glaube ich, müßte das Ministerium zum mindesten in den Ressorts und dem Lastenausgleichsausschuß seine eigenen Gedanken vortragen.


    (Reitzner)

    Ich möchte mir in diesem Zusammenhang gestatten, einige Worte an den Herrn Minister zu richten und die Art seiner sogenannten Taktik und Strategie innerhalb dieses komplexen Sektors zu beurteilen. Ich bedaure, Herr Minister, daß wir nicht öfter — vielleicht eine Frage der Zeitnot, ich weiß es nicht — Gelegenheit hatten, im Heimatvertriebenenausschuß zu einem intensiveren Gedankenaustausch zu kommen. Der Herr Minister wird sagen, daß er sehr oft mit Repräsentanten dieses und jenes Verbandes Gespräche hatte. Das gebe ich offen zu. Aber mein persönlicher Eindruck ist — ich weiß nicht, von wem er geteilt wird —, daß das Schwergewicht der Aussprachen, Gespräche und Verhandlungen des Herrn Ministers außerhalb des zuständigen Ausschusses lag. Wir haben oft den Eindruck, daß er den Ratschlägen dieser Berater ein geneigteres Ohr leiht. Es ist nicht meine Aufgabe, dem Herrn Minister Vorschriften zu machen, wen er sich als Berater einlädt. Ich habe auch, um Mißverständnissen vorzubeugen, natürlich gar nichts dagegen — im Gegenteil —, wenn der Herr Minister sich mit Reprasentanten verschiedener Verbände, sei es VerbaOst, sei es ZvD oder seien es heimatvertriebene Handwerker oder heimatvertriebene Landwirte, unterhält. Wir können uns auch seine politische Sorge vorstellen, nämlich die Sorge, daß die Politik der Bundesregierung oder seine Politik von den radikalen Strömungen innerhalb der Heimatvertriebenen überspielt werden könnte und daß er in dieser Richtung vielleicht beruhigend wirken wollte. Ich kann das verstehen. Ob es immer wirksam ist, ist eine andere Frage. Die politische Verantwortung, glaube ich, liegt schließlich primär hier in diesem Hause und beim Ausschuß.
    Aus der von mir erwähnten Sorge des Herrn Ministers erklärt sich auch die enge Zusammenarbeit insbesondere mit dem Zentralverband der vertriebenen Deutschen, die wir in den Haushaltsausgaben Kap. 1 Tit. 32 bestätigt sehen. Dort heißt es: Für kulturelle und sonstige Betreuung werden 250 000 DM vorgeschlagen. Niemand von uns, auch meine Freunde nicht, werden die Berechtigung dieser Ausgabe bezweifeln, ja, wir würden es sogar begrüßen, wenn diese Mittel erhöht werden könnten, wenn man damit ein lebendiges Bild der früheren Kultur und der früheren Wirtschaft der Gebiete östlich der Oder und der Neiße und des Sudetenlandes vermitteln könnte und wenn man gleichzeitig dadurch den Heimatvertriebenen manche besinnliche Stunde geben könnte, in der sie sich an ihre -Heimat wieder erinnern. Es wäre sicher eine dankenswerte Aufgabe, auch mit solchen Mitteln das Gefühl der Verbundenheit aller Deutschen mit den verlorenen Ostgebieten zu stärken und zu vertiefen.

    (Sehr richtig! bei der SPD.)

    Dafür haben wir großes Verständnis. Ich sehe aber zu meiner Überraschung und zu meinem Bedauern, daß dort eine kulturelle Organisation, der StifterBund, mit 600 DM bedacht wurde. Das ist nämlich der Adalbert Stifter, der den „Witiko" geschrieben hat, das Werk, das heute für das Schicksal der Heimatvertriebenen symbolisch ist. Der Titel für diese Zuwendungen lautet nämlich nicht nur: „kulturelle Aufgaben", sondern auch „sonstige Betreuung", und ich möchte sagen, daß die sonstige Betreuung, wie wir feststellen konnten, einen breiten Raum einnimmt. Es handelt sich hier in der Hauptsache um Zuwendungen an den ZvD, VerbaOst, heimatvertriebene Wirtschaft, heimatvertriebene Landwirtschaft und heimatvertriebenes Handwerk, — wie mir scheint, eine etwas sehr lückenhafte ständische Gliederung, um es in aller Offenheit zu sagen.

    (Sehr richtig! rechts.)

    Wir bejahen auch diese Zuwendung, wenn die Zweckbestimmung geklärt wird, und dazu wird, glaube ich, der Unterausschuß in der nächsten Zeit Gelegenheit haben. Es wäre ja, Herr Minister, für Sie selber eine sehr peinliche Situation, wenn einer dieser subventionierten Verbände sich vielleicht im Laufe der innenpolitischen Entwicklung in Deutschland als eine Vorstufe oder ein Vorzimmer für die Gründung einer politischen Partei erweisen sollte. Wir müssen also die Aufmerksamkeit des Herrn Ministers doch auch auf diesen Umstand lenken.
    Zusammenfassend möchte ich sagen: Es geht uns nicht darum, hier an den Reisekosten oder an anderen Aufwendungen zu kritisieren; die sind sicher, was das Ausmaß der Aufgabe anlangt, berechtigt. Ich behaupte auch nicht, daß der Herr Minister faul war oder daß das Ministerium nicht gearbeitet hat. Ich bezweifle nur, ob die Hebel immer an der richtigen Stelle angesetzt wurden und ob man mit der nötigen Initiative gearbeitet hat. Ich habe dem Herrn Minister schon einmal gesagt: Philosophische Güte in unserer harten, schwerhörigen Zeit tut es nicht. Man muß ja auch nicht immer mit der Faust auf den Tisch hauen. So will ich es auch nicht sehen. Ich kann natürlich verstehen, daß der Mangel einer gesamtdeutschen Planung auf wirtschaftlichem Gebiet das Ministerium in eine ziemlich schwache Situation versetzt.
    Die Frage ist nun die, ob es möglich ist, aus der Initiative des Vertriebenenministeriums heraus in Zusammenhang mit dem Sonne-Plan eine solche gesamtdeutsche wirtschaftliche Planung, in der natürlich die Heimatvertriebenen mit eines der Kernstücke sind, durchzuarbeiten. Ich habe etwas Zweifel; denn die Forderung der Heimatvertriebenen nach Arbeit und Wohnung und sozialer Sicherheit, nach dem Lastenausgleich und nach der Wiedergutmachung erfordert ja eine gerechte Verteilung der Lasten, des Besitzes und der Güter, ja eine strukturelle Veränderung unserer sozialen Ordnung. Ob das bei der jetzigen Konzeption der Bundesregierung möglich ist, wage ich zu bezweifeln. Es ist niemandem entgangen, wie schwierig die Probleme sind. Natürlich empfindet der Herr Minister das auch, und immer, wenn er sich in diesem Dilemma befindet, wendet er sich an das Ausland. Ich möchte sagen: Je energischer der Herr Minister die Interessen der Heimatvertriebenen in der Regierung vertritt und je mehr wir auch jedem Deutschen zum Bewußtsein bringen, daß dieses Problem der Heimatvertriebenen primär ein Problem der Gesamthaftung der ganzen deutschen Nation für den Hitler-Krieg und die Niederlage ist, um so eher können wir die Hilfe des Auslandes erhoffen und erwarten, aber nicht früher. Es muß ein Höchstmaß eigener Anstrengungen vorliegen, ehe wir uns berechtigt fühlen können, an das Ausland heranzutreten.
    Ich möchte abschließend folgendes feststellen. Der Herr Minister ist ein Mitglied dieser Regierung; er ist ein Teil dieser Regierung als Person. Er trägt — sicher auch aus einem Gefühl der Solidarität — für alle Entscheidungen der Regierung die Mitverantwortung. Deswegen können wir nicht für den Haushalt des Ministeriums stimmen. Wir werden uns der Stimme enthalten, auch deswegen, weil wir


    (Reitzner)

    nicht die Überzeugung haben, daß das Ministerium, geleitet vom Herrn Bundesminister Dr. Lukaschek, immer zur rechten Zeit und mit der notwendigen Initiative die Gesamtinteressen der Heimatvertriebenen vertreten hat.

    (Beifall bei der SPD.)