Rede von
Heinz
Renner
- Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede:
(KPD)
- Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (KPD)
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Auch die kommunistische Fraktion ist nicht in der Lage, dem Gesetzentwurf in der vorliegenden Form zuzustimmen.
— Ich will versuchen, Ihnen klarzumachen, warum das schade ist. Dabei gehe ich von der vielleicht nicht berechtigten Annahme aus, daß Ihnen noch etwas beigebracht werden kann.
Ich beschränke mich — und ich darf das nach den Ausführungen des Herrn Kollegen Richter tun — aus Zeitmangel auf die wichtigsten Dinge, die von unserer Seite zu diesem Gesetz zu sagen sind.
Da ist zuerst einmal die Frage der Übereignung des Vermögens des Arbeitsstocks von den Ländern an den Bund. Wir sind der Auffassung: diese Übereignung, diese Auslieferung der Gelder des Arbeitsstocks an den Bundesfinanzminister bietet keineswegs eine Garantie dafür, daß diese Gelder nicht in derselben oder in einer noch übleren Art ihrem eigentlichen Zweck entfremdet werden, wie wir das in den Zeiten von 1945 bis zuletzt erlebt haben. Wir wissen doch z. B., daß die Länder aus diesem Arbeitsstock - ich denke da an ein Land in der
französischen Besatzungszone — gelegentlich sogar einmal die Besatzungskosten bezahlt haben. Wir sind der Auffassung: wenn wir diesem Hoheitsträger — Finanzminister des Bundes — diese Gelder ohne Kontrolle ausliefern, müssen wir damit rechnen, daß er sie für die Zwecke seiner Regierung einsetzt; und diese Zwecke heißen Aufrüstung und Kriegsvorbereitung.
Was nun die Zusammensetzung der Verwaltungsorgane angeht, so sind wir der Auffassung, daß der überwiegende und bestimmende Einfluß der versicherten Arbeiter und Angestellten sichergestellt werden muß. Die Dreigleisigkeit der Verwaltung, also die Einschaltung der Vertretungen der sogenannten Gebietskörperschaften in die Verwaltung, halten wir für untragbar. Wenn nur beabsichtigt ist, etwa die Probleme der produktiven Arbeitslosenhilfe, der Notstandsarbeiten oder der Zusammenarbeit mit den Wohlfahrtsämtern sachgemäß zu bearbeiten, dann ist eine direkte Einschaltung der Gebietskörperschaften überflüssig.
Lassen Sie mich noch ein letztes Wort sagen. Die Erwerbslosen haben nicht den geringsten Vorteil von dieser Regelung; denn auch in diesem Gesetz ist ja nicht vorgesehen, daß ihre Vertreter in den Verwaltungsorganen durch direkte Wahl bestellt werden, was wir Kommunisten primär fordern.
Aber was ist nun das Allergefährlichste an diesem Gesetzentwurf? Hier ist gesagt worden, daß ein führender Herr der Arbeitsverwaltung, der Herr Scheuble, geäußert habe, man müsse Schluß machen mit der Politisierung der Arbeitsvermittlung und der Arbeitsverwaltung. Ich bin der Meinung, daß mit dieser Regelung eine weitaus gefährlichere Politisierung eingeleitet werden soll: in der Periode der Aufrüstung und Kriegsvorbereitung muß auch die Arbeitskraft zentral verwaltet werden, um sie zentral einsetzen zu können. Wenn diese Hoheitsverwaltung verlangt, daß ihr das Recht des zentralen Einsatzes der freien Arbeitskräfte zugestanden wird, dann steht dahinter nichts anderes als die Absicht, die Arbeitskräfte im Lande für die Zwecke der Rüstung und Kriegsvorbereitung ohne Behinderung durch Einflüsse aus der Arbeiterschaft, aus den Gewerkschaften oder von anderer Stelle einsetzen zu können. Darin liegt unseres Erachtens die Hauptgefahr. Nachdem wir vor wenigen Wochen erlebt haben, daß Sie die zentrale Erfassung und Verwaltung für den Einsatz der Rohstoffe und anderen Materials eingerichtet haben, um sicherzustellen, daß dieses Material für die Kriegsvorbereitung eingesetzt werden kann, haben wir die feste Überzeugung, daß dieser Gesetzentwurf nichts anderes als eine Ergänzung dieser damaligen Maßnahme darstellt, um nun auch die Arbeitskraft für die ungestörte Durchführung der Rüstung und Kriegsvorbereitung von diesem Hoheitsträger aus zentral einsetzen zu können.