Rede von
Dr.
Gebhard
Seelos
- Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede:
(BP)
- Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (BP)
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Es ist klar, daß auf dem Gebiete der Arbeitsvermittlung und der Arbeitslosenversicherung nicht ein wildes, zusammenhangloses Nebeneinander der einzelnen Landesverwaltungen, der Landesarbeitsämter bestehen kann, sondern daß hier eine vernünftige, organische Zusammenfassung stattfinden muß. Nun wird durch dieses Gesetz zwar klargemacht, daß es sich nicht etwa um eine neue Bundesoberbehörde nach Art. 87 Abs. 3 der Verfassung handelt, die sogar das Recht hätte, Mittel- und Unterbehörden zu errichten, sondern es handelt sich um eine echte Selbstverwaltungskörperschaft nach Art. 87 Abs. 2 der Bundesverfassung. Wir verfolgen trotzdem mit einer gewissen Sorge, wie man doch versucht, durch den Einbau immer neuer Stützen und Pfeiler Vorläufer von zentralen Ämtern zu schaffen, die eben die Zuständigkeiten der Länder immer mehr einengen sollen.
Wir haben in diesem Fall besondere Gründe zu einer solchen Besorgnis; denn alle Abänderungsanträge und Wünsche des Bundesrates zu den verschiedenen Bestimmungen des Gesetzes sind von der Bundesregierung systematisch abgelehnt worden. Das betrifft z. B. die wichtige Bestimmung, daß man bei der Abgrenzung der Bezirke der .Landesarbeitsämter und der Arbeitsämter mit den Ländern nur ins Benehmen tritt. Hier ist die Forderung des Bundesrates, daß diese nur im Einvernehmen mit den Ländern stattfinden kann, abgelehnt worden. Fernerhin ist der Wunsch des Bundesrates zu § 27, bei der Wahl der Präsidenten und der Stellvertreter der Landesarbeitsämter Gelegenheit zur Stellungnahme zu haben, von der Bundesregierung einfach abgelehnt worden. Zu § 30 hat der Bundesrat den Wunsch geäußert, daß die Satzung der Bundesanstalt nicht bloß der Genehmigung durch den Bundesarbeitsminister, sondern der Genehmigung der Bundesregierung und der Zustimmung des Bundesrates bedürfen
solle. Dieser Wunsch ist gleichfalls abgelehnt worden.
Ich könnte diese Beispiele noch vermehren. Ich will Ihnen aber nur die Tendenz aufzeigen, die aus dem ganzen Gesetz wieder einmal spricht, und wenn die Vorredner gesagt haben: es ist eine allgemein bekannte Tatsache, daß in einer Reihe von Ländern die Erwerbslosigkeit größer ist — das trifft ja besonders für Bayern zu — und daß quasi nur eine zentrale Bundesanstalt diese ausgleichen könnte, so muß man doch entgegnen: es handelt sich gar nicht um die Arbeitsvermittlung, sondern im wesentlichen um die Wohnungsfrage, wenn die strukturelle Arbeitslosigkeit, die wir haben, nicht beseitigt werden kann: Aber da muß man eben den engsten Kontakt mit den Länderregierungen haben, damit nicht auf irgendeiner Ebene ein Problem zentral geregelt wird und man es dann doch nicht lösen kann, weil auf der andern Seite die Länderzuständigkeiten bestehen, was natürlich, meine sehr verehrten Zentralisten, Ihnen sofort
wieder die Möglichkeit gäbe zu sagen: ja, dann muß man das eben auch zentralisieren.