Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Der vorliegende Gesetzentwurf trägt einem
schon seit Jahren bestehenden Bedürfnis Rechnung, nun nach dem Vorbild der alten Reichsanstalt für Arbeitsvermittlung und Arbeitslosenversicherung für das Bundesgebiet eine Bundesanstalt zu errichten. Es besteht eine Notwendigkeit dazu aus den verschiedensten Gründen. Die Arbeitsvermittlung muß überbezirklich organisiert sein, um den rechten Ausgleich zwischen Angebot und Nachfrage bei den Arbeitskräften zu erreichen. Gerade die derzeitigen Verhältnisse erfordern diese überbezirkliche Organisation ganz besonders. Sie wissen, daß eine Riesenzahl von Menschen, auch von arbeitsfähigen Menschen, in das Bundesgebiet eingeströmt sind und daß ihre Verteilung nicht immer nach gegebenen Arbeitsmöglichkeiten erfolgen konnte. Hier ist ein Bedürfnis vorhanden, durch eine überbezirkliche Organisation den Ausgleich an Arbeitskräften zu erreichen. Es ist auch notwendig, um die Rechtseinheitlichkeit auf diesem Sachgebiet wieder zu erreichen. Das Recht hat sich weitgehend auseinanderentwickelt. Ich weiß, daß man in den Arbeitsministerien der Länder da und dort schon bemüht war, die gröbsten Unterschiede auszubügeln. Aber weitgehend ist noch eine Differenziertheit vorhanden, die nicht vertretbar ist. Und dann ist es so, daß die unterschiedliche Arbeitslosigkeit in den einzelnen Ländern des Bundesgebietes einen Ausgleich auch der materiellen Mittel erfordert. Das war bisher schwer möglich. Es ist aber unerläßlich, zu diesem Ausgleich, zu dieser, sagen wir ruhig einmal: Gesamthaftung, zu dieser Solidarität zu kommen, damit man in dem Gebiet mit überdurchschnittlicher Arbeitslosigkeit auf die Hilfe aus anderen Bezirken rechnen kann.
Dann ist dieses Gesetz verbunden mit der Wiedereinrichtung einer Selbstverwaltung. Seit Ende des Krieges hatte man schon versucht, die näher Interessierten mit in die Verwaltung einzuschalten: die Arbeitnehmer, die Arbeitgeber, aber auch die Gebietskörperschaften. Aber die beratenden Gremien, die man geschaffen hatte, waren eben nur beratende Gremien; sie hatten keine Entscheidungsbefugnis. Nun sollen durch das Gesetz weitgehende Entscheidungsbefugnisse auf die Gremien der Bundesanstalt verlagert werden.
Ich möchte wegen der Kürze der Zeit nur zu einigen Fragen Stellung nehmen, die in dem Entwurf behandelt werden. Zunächst ist die Frage des Sitzes der Bundesanstalt angeschnitten worden. Meine Freunde sind der Meinung, daß die endgültige Entscheidung hierüber erst fallen kann, wenn die notwendigen Feststellungen getroffen sind. Meine Freunde sind aber nicht der Auffassung des Bundesrats, der glaubt, die Entscheidung über den Sitz der Bundesanstalt dem Verwaltungsrat übertragen zu sollen. Im Rahmen des notwendigen Ausgleichs der Bundesdienststellen ist es notwendig, daß dies Problem vom Gesetzgeber geregelt wird. Aber es muß vorerst die Möglichkeit gegeben sein, die verschiedenen vorliegenden Vorschläge zu überprüfen.
Die entscheidendste Frage ist die, ob nun bei der Verwaltung der Bundesanstalt und ihrer Unterorgane die sogenannte Zweigleisigkeit oder die Dreigleisigkeit praktiziert werden soll. Darüber werden wohl die entscheidenden Diskussionen gepflogen werden. Ursprünglich hatte die Regierung in ihrem Entwurf vorgeschlagen, an der Spitze die Dreigleisigkeit vorzusehen — also Verwaltungsorgane, bestehend aus den Vertretern der Arbeitnehmer, der Arbeitgeber und der Gebietskörperschaften —, während in den mittleren und unteren Instanzen nur die Zweigleisigkeit vorgesehen war.
Meine Freunde schließen sich der vom Bundesrat einstimmig vertretenen Auffassung an, die Dreigleisigkeit nun in allen Stufen durchzuführen, d. h neben den Arbeitnehmern und Arbeitgebern auch die Gebietskörperschaften an der Verwaltung zu beteiligen. Dazu scheint ein echtes Bedürfnis vorhanden zu sein.
Wir hatten schon in der alten Reichsanstalt diese Regelung. Dem Praktiker ist es bekannt, daß auf die Mitarbeit der Männer aus den Gebietskörperschaften schlechthin nicht verzichtet werden kann. Ich darf eine Reihe von Fällen erörtern, die deutlich machen, wie notwendig doch diese Zusammenarbeit ist und wie wichtig es auch ist, gerade diese Kräfte bei der Durchführung von Notstandsarbeiten, bei Maßnahmen zur Industrieförderung, bei der Zusammenarbeit der Arbeitsämter mit den Fürsorgebehörden, dann in der Frage der Berufsberatung und bei der Zusammenarbeit mit den Schulen auch in den Verwaltungsorganen zu haben. All das sind Fragen, die es deutlich machen, daß es doch äußerst wertvoll ist, bei ihrer Behandlung die Vertreter der Gebietskörperschaften mit einzuschalten. Wir sind also dafür, hier nach diesem Schema zu verfahren.
Ich glaube auch, daß hier diese echte Selbstverwaltung oder, sagen wir, diese hundertprozentige Selbstverwaltung, wie wir sie in der Krankenversicherung und in der Rentenversicherung haben, deswegen nicht praktiziert werden kann, weil ja die materiellen Leistungen doch nur zu einem Teil aus den Beiträgen der Arbeitnehmer und der Unternehmer bestritten werden. Im Augenblick kann man sagen, daß im Jahresdurchschnitt etwa zwei Fünftel der materiellen Leistungen aus den Beitragsleistungen stammen, während drei Fünftel der materiellen Leistungen, und zwar die Leistungen der Arbeitslosenfürsorge, aus allgemeinen Steuermitteln kommen. Daraus mögen Sie ersehen, daß man das Prinzip, das man in anderen Versicherungszweigen angewandt hat, hier zweckmäßigerweise doch nicht anwenden kann.
Dann ist noch die Frage der Bestellung der Leiter der Bundesanstalt, der Landesarbeitsämter und der Arbeitsämter strittig. Die Regierung hat vorgeschlagen, daß die Ernennung bei den Spitzenfunktionen durch den Bundespräsidenten auf Vorschlag des Bundesarbeitsministers nach Zustimmung der Bundesregierung erfolgt. In der unteren Ebene soll die Ernennung durch den Vorstand der Bundesanstalt erfolgen, in jedem Fall aber nach Anhörung der Verwaltungsorgane. Der Bundesrat empfiehlt die Wahl der Leiter dieser Dienststellen durch die entsprechenden Organe. Meine Freunde stimmen dem Vorschlag der Bundesregierung zu,
und zwar aus dem Grund, weil sichergestellt ist, daß die Verwaltungsausschüsse gehört werden, daß also ihre Meinung schon berücksichtigt wird. Andererseits hat aber die Arbeitsverwaltung doch eine Unsumme von Hoheitsaufgaben zu erfüllen, und daher hat die Bundesregierung ein berechtigtes Interesse daran, bei der Bestellung dieser Funktionäre maßgeblich beteiligt zu sein.
Das sind einige Fragen, die ich kurz andeuten wollte. Es wird notwendig sein, im Ausschuß zu dem Gesetzentwurf eingehend Stellung zu nehmen. Ich möchte der Auffassung des Bundesarbeitsministers beipflichten, daß wir versuchen sollten, baldmöglichst die Beratung abzuschließen; denn es besteht ein echtes Bedürfnis, die Bundesanstalt bald zum Funktionieren zu bringen.
Namens meiner Freunde beantrage ich die Überweisung des Gesetzentwurfs an den Ausschuß für Arbeit.