Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! In Verfolg einer sozialpolitischen Fortentwicklung wurde im Jahre 1927 das Gesetz über die Arbeitsvermittlung und die Arbeitslosenversicherung geschaffen. Dieses Gesetz hatte die Aufgabe, den arbeitenden Menschen, nachdem man ihnen vorher eine wirtschaftspolitische Sicherstellung für die Fälle von Krankheit, Unfall und Alter gegeben hatte, auch eine wirtschaftliche Sicherstellung für die Zeit einer eventuellen Arbeitslosigkeit zu geben. Als ausführendes Organ wurde die Reichsanstalt in der Rechtsform einer Anstalt des öffentlichen Rechts errichtet. Dieses Organ wurde in seiner Spitze sowohl als auch in der mittleren und in der unteren Instanz in der Selbstverwaltung von je einem Drittel Vertretern der Arbeitgeber, der Arbeitnehmer und der öffentlichen Körperschaften verwaltet. In dieser Ordnung hat sich — das kann man wirklich sagen — seit dem Jahre 1928 eine sehr gute Entwicklung auf diesem Gebiete durchgesetzt.
Diese Ordnung wurde dann im Jahre 1933 sehr stark unterbrochen. Man hat gleich zu Anfang des nationalsozialistischen Regimes die Selbstverwaltungsträger beseitigt und hat das autoritäre Staatssystem auch dort durchgeführt. Man hat dann im Jahre 1936 die sogenannte Arbeitsbuchabteilung in die Arbeitsämter eingebaut und damit den Arbeitsämtern einen ganz anderen Charakter gegeben. Sie wurden damit weitgehend die Bezirkskommandos für den Arbeitseinsatz für irgendwelche damals schon vorauszusehende Ziele. Dann kam im Jahre 1937 die völlige Beseitigung der Anstalt insofern, als man sie zu einem Reichsstock umgestaltete, den man als eine Abteilung des Arbeitsministeriums weiterwirken ließ.
Im Jahre 1945 haben dann die Besatzungsmächte insofern neues Recht geschaffen, als sie die Aufgaben der früheren Reichsanstalt den Arbeitsverwaltungen der Länder übertragen haben; und diesen Zustand haben wir im wesentlichen heute noch.
Es hat sich aber herausgestellt, daß auf dieser Ebene das Recht, das früher einheitlich war, sehr weit auseinandergelaufen ist. Alle Beteiligten sind heute wohl der Meinung, daß es notwendig ist, im wesentlichen das Recht, das vor 1933 auf diesen Gebieten bestand, wiederherzustellen. Nur so werden wir in der Lage sein, die Aufgaben bundeseinheitlich durchzuführen.
Dieses Gesetz hat ungefähr ein Jahr dauernde Verhandlungen zwischen den Sozialpartnern und zwischen dem Bundesarbeitministerium auf der einen Seite und den Landesarbeitsministerien auf der anderen Seite hinter sich. Es ist hier der Versuch gemacht worden, eine einheitliche Auffassung über die kommende Bundesanstalt herbeizuführen. Der große Unterschied in den Auffassungen, der sich bei diesen Verhandlungen zeigte, war der, daß die Sozialpartner eine Zweigleisigkeit der Selbstverwaltung wünschten; sie sagten: das sind Angelegenheiten, die die Sozialpartner allein berühren. Nach den Verhandlungen, bei denen von uns darauf hingewiesen wurde, daß die Bundesanstalt neben ihren eigenen Aufgaben ja auch die Auftragsaufgaben des Bundes zu erfüllen habe, soweit die Arbeitslosenfürsorge in Frage kommt, waren die Sozialpartner mit uns der Meinung, daß man in der Spitze der kommenden Bundesanstalt die frühere Dreigleisigkeit wiederherstellen sollte. Der ursprünglich von meinem Ministerium fertiggestellte und auch vom Kabinett verabschiedete Gesetzentwurf sah diese Lösung auch vor. Der Bundesrat hat dann aber einen einstimmigen Beschluß gefaßt, wonach er wünscht, daß in den drei Stufen, also in der Spitze, bei den Landesarbeitsämtern und bei den Arbeitsämtern, die Dreigleisigkeit wieder eingeführt werden soll, und der Ihnen vorliegende Gesetzentwurf sieht das auch vor.
Ich brauche auf die Einzelheiten nicht einzugehen. Die Begründungen zu dem Gesetz kennen Sie, und diejenigen von Ihnen, die sich mit diesen Fragen näher beschäftigt haben, sehen aus dem Gesetzentwurf, daß es sich im wesentlichen darum handelt, das Recht von 1933 wiederherzustellen.
Die Bundesregierung wäre dem Hohen Hause sehr zu Dank verpflichtet, wenn dieses Gesetz möglichst bald durch die Ausschüsse behandelt und endgültig verabschiedet werden könnte, weil es eine Voraussetzung dafür ist, daß wir das ganze AVAVG einer Überprüfung unterziehen können. Solange wir nicht wissen, wie das Organ aussieht, das dann dieses neue Gesetz zur Anwendung bringen soll, ist das sehr schwer. Die Voraussetzungen für die erweiterte Gesetzgebung auf diesem Gebiet sind in meinem Ministerium abgeschlossen, und wir würden uns sehr freuen, wenn es uns gelingen würde, das Ihnen heute vorliegende Gesetz bald mit dem weiteren Gesetz in einem einheitlichen Gesetz zum Nutzen unserer ganzen Volkswirtschaft zur Durchführung bringen zu können.