Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Wir sind mit all den Vorschlagen von Ihnen zur Verbesserung der Lage der Landwirtschaft und der Sicherstellung der Lebensmittelversorgung der Bevölkerung unserer Bundesrepublik einverstanden. Darüber brauche ich gar nicht lange zu reden. Herr Minister Niklas, wir kennen uns seit langen Jahren. Der Herr Minister Niklas weiß, daß ich nicht auf die Tribüne gegangen bin, um ihn vielleicht in irgendeiner Weise zu kritisieren, denn ich muß auch das anerkennen, was von den Vorrednern in dieser Hinsicht gesagt wurde: daß er in allen diesen Dingen seine Pflicht erfüllt hat. Wir machen ihm deshalb. keinen Vorwurf und können ihm keinen Vorwurf machen. Er hat genau wie Ihr Vertrauen auch das unsere.
Ich muß Ihnen sagen, daß vielleicht zwischen mir und Herrn Loritz in dieser Hinsicht eine Differenz besteht.
Aber, Herr Kriedemann, weil Sie gerade den Zwischenruf machen: Sie haben angeführt, daß die Getreidepreiserhöhung nicht ganz angebracht war. Und weil ich gerade auch in der Hinsicht zu denen gehört habe, die für diese Getreidepreiserhöhung waren — ich will eigentlich nicht sagen: Getreidepreiserhöhung, sondern, Herr Kriedemann. es war ein In-Ordnung-Bringen der Getreidepreise —, so werden Sie mir zugeben, daß damals vor der Er te, als wir die Getreidepreise festsetzten, ganz andere Verhältnisse waren, und Sie wissen, Herr Kriedemann, wie schwer es einem damals schon war, diese Preise festzusetzen, weil man damals glaubte, daß man auf die Erzeugnisse des deutschen Bauern bald verzichten könne, weil man vom Ausland alles billiger kaufen könnte.
— Aber, Herr Kriedemann, wir unterhalten uns jetzt darüber!
Mit den Getreidepreisen, die man damals festsetzte, wäre der deutsche Bauer zufrieden gewesen, wenn nicht andere Verhältnisse eingetreten wären. Ich muß bedauern, daß da verschiedene Fehler gemacht wurden, und zwar bedaure ich besonders, daß man die Preise für Futtergetreide und Brotgetreide so unterschiedlich festgesetzt hat. Da war , es doch nicht verwunderlich, daß der Bauer sein Brotgetreide, das er nicht teurer verkaufen konnte, dann als Futtergetreide verfüttert hat.
Dann kam aber noch etwas anderes, wofür ich aber nicht den Herrn Landwirtschaftsminister verantwortlich mache. Von einer gewissen Seite des Wirtschaftsministeriums ist die Forderung nach einer Liberalisierung gekommen, und durch ihre Durchsetzung hat man in vielen Dingen die Preise freigelassen, während man die der landwirtschaftlichen Erzeugnisse gebunden hat. Dadurch ist eigentlich die Spirale der Preissteigerung und alles, was damit zusammenhängt, gekommen, und ich habe mich gewundert, daß die Bevölkerung es so widerspruchslos hingenommen hat. Damals sind die Lohnforderungen in die Höhe getrieben worden, und danach sind dann auch die Bauern gezwungen gewesen, zu verlangen, daß die Getreidepreise den Verhältnissen angepaßt 'wurden. Ich glaube, daß gerade von Ihrer Seite diesem Verlangen nicht hätte entgegengearbeitet werden sollen; denn der Bauer war doch bisher ein' Hauptabnehmer der von der Arbeiterschaft hergestellten Erzeugnisse, und so sind die Arbeiterschaft und der deutsche Bauer auf Gedeih und Verderb miteinander verbunden.
Die Regierung hätte aber zu der Zeit, als noch Gelegenheit dazu war, unbedingt dafür Sorge , tragen müssen, die Vorräte, die notwendig waren, um die Lebenshaltung der Bevölkerung im Bundesgebiet sicherzustellen, zu beschaffen. In _dieser Hinsicht ist also ein gewisses Verschulden der Regierung vorgekommen.
Zu der späteren Erhöhung der Getreidepreise, über die ich vorhin schon gesprochen habe, wiederhole ich noch einmal, daß' es sich nicht um eine Getreidepreiserhöhung, sondern um ein In-OrdnungBringen des Getreidepreises gehandelt hat. Wenn man dies als einen Fehler kritisieren will, dann haben die Bauern auf der andern Seite auch uns einen Vorwurf gemacht, und zwar sagen sie: Jetzt, wo die Vorräte aus unseren Händen sind, erhöht man die Getreidepreise. Wir haben aber die Getreidepreise damals aus einem anderen Grunde erhöht, ich habe ihn in der Frage ausgedrückt: Was gibt es Wichtigeres, und müssen wir nicht alles tun, um die Ernährung des deutschen Volkes sicherzustellen?
Aus diesem Grunde haben wir dann auch den Getreidepreiserhöhungen zugestimmt. — Herr Kriedemann, die Richtigkeit dieses Beschlusses hat sich, wie ich Ihnen sagen muß, erwiesen. Zum Beispiel kann ich Ihnen aus meinem Kreis berichten, daß viele kleine Bauern einen oder zwei Zentner Getreide und auch noch mehr gegeben haben, wenn man sich nicht bloß über die geldliche Seite mit ihnen auseinandersetzt, sondern ihnen auch klargemacht hat, in welcher Gefahr die Ernährung des deutschen Volkes sei. Aus diesem Grunde habe sie dann auch Getreide gegeben.
— Darauf kämme ich jetzt, Herr Kriedemann. (Abg. Kriedemann: Wollen Sie das im Ernst
behaupten?)
Es trat noch etwas anderes ein, das ich leider sehr bedauern muß. Ich sagte vorhin schon, daß die Bauern mit den Getreidepreisen, wie wir sie damals festsetzten, einverstanden waren. Dann kamen aber von anderer Seite Preisangebote, die über die festgesetzten Getreidepreise hinausgingen. Das hätte von der Regierung unbedingt verhindert werden müssen; denn dadurch wurde die Festsetzung der Preise wieder hinfällig, und die Ablieferung geriet wieder ins Stocken. Ich sage das alles nur deshalb, um den Vorwurf zu entkräften, daß wir aus gewissen Gründen bei der Festsetzung der Getreidepreise einen Fehler gemacht hätten.
Darf ich nun ganz kurz zu einigen anderen Dingen kommen. Ich will nicht lange darüber reden. Von meinem Vorredner wurde die Sorge zum Ausdruck gebracht, daß die Regierung oder das Bundesernährungsministerium in der Bekämpfung der Maul- und Klauenseuche etwas versäumt hätten. Dazu muß ich Ihnen sagen, daß ich diesen Vorwurf zurückweisen kann. Kein Land wurde stärker von der Maul- und Klauenseuche befallen als gerade Bayern; und ich muß feststellen, in dem Augenblick, in dem ich die Meldung bekam, daß diese Seuche zu einer großen Gefahr für unser Gebiet auszuwachsen drohte, hat das Bundesernährungsministerium alles getan, damit sie so schnell wie möglich eingedämmt werden konnte, und sie ist auch eingedämmt worden. Ich erwähne das aber nur nebenbei.
Ich komme noch einmal auf den vorhin besprochenen Punkt zurück. Sie haben recht, Herr Kriedemann, wenn Sie sagen: Ja, die Bauern haben das Getreide abgeliefert, aber wo liegen die Vorräte? Zu dieser Angelegenheit möchte ich dem Bundesernährungsministerium sagen, daß es schließlich nicht ganz recht sein kann, daß die Getreidevorräte irgendwo in den Lagerhäusern liegen, und man denjenigen, die sie erarbeitet haben, den Verdienst nicht gibt, den sie verdient hätten. In dieser Beziehung hätten wir schon das Ersuchen an das Bundesernährungsministerium zu richten, daß
da einmal nachgesehen- wird, und zwar unnachsichtlich! Es dürfen nicht diejenigen aus solchen vorhandenen Vorräten Vorteile ziehen, die an der Arbeit nicht beteiligt waren.
Zusammenfassend möchte ich sagen, daß wir im großen und ganzen mit der Politik des Ernährungsministers und seiner Beamten zufrieden sind. Wir werden sie wie bisher weiter unterstützen, wenn sie es verdienen. Wenn es notwendig ist, werden wir auch Kritik üben. Wir wollen alle miteinander ohne Unterschied zusammenhalten, damit es uns gelingt, über die traurigen Verhältnisse, in denen wir heute sind, hinwegzukommen. Ich habe die feste Hoffnung auf unseren Herrgott, daß er uns dann, wenn wir alles tun, auch helfen wird. Das gebe Gott!