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ID0113507800

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    Deutscher Bundestag — 135. Sitzung. Donn, Mittwoch, den 18. April 1951 5257 135. Sitzung Bonn, Mittwoch, den 18. April 1951. Geschäftliche Mitteilungen . 5258D, 5261C, 5267B Nachruf des Präsidenten auf den verstorbenen Abg. Loibl 5259A Zur Tagesordnung 5259B, 5261B, 5271B Anfrage Nr. 169 der Abg. Goetzendorff u. Gen. betr. Vorbereitung von Brückensprengungen durch die amerikanische Besatzungsmacht (Nrn. 2023 und 2162 der Drucksachen) 5261C Anfrage Nr. 171 der Abg. Strauß, Kemmer, Dr. Jaeger u. Gen. betr. Wohnungsbauprogramm für die Besatzungsmächte (Nrn. 2027 und 2161 der Drucksachen) . . 5261C Anfrage Nr. 175 der Abg. Dr. Wuermeling, Etzenbach, Siebel u. Gen. betr. Wiederherstellung des zweiten Gleises der Siegstrecke (Nrn. 2105 und 2166 der Drucksachen) 5261C Beratung des interfraktionellen Antrags betr. Wahl der Vertreter und Stellvertreter der Bundesrepublik zur Beratenden Versammlung des Europarats . . . 5261C zur Geschäftsordnung bzw. zur Abstimmung: Dr. Seelos (BP) 5262A, C Ritzel (SPD) 5262A Beschlußfassung 5262C Erste, zweite und dritte Beratung des von der Fraktion der SPD eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes über den Sitz des Bundesverfassungsgerichts (Nr. 2108 der Drucksachen) in Verbindung mit der Beratung des Antrags der Fraktionen der CDU/CSU, FDP, DP, BP und des Zentrums betr. Entwurf eines Gesetzes über den Sitz des Bundesverfassungsgerichts (Nr. 2167 der Drucksachen) . . 5259B, C, 5262C Dr. Krone (CDU) (zur Tagesordnung) 5259B Mellies (SPD), Antragsteller . . . . 5262D Dr. Tillmanns (CDU) 5263D Ewers (DP) 5264C Dr. Arndt (SPD) 5265B von Thadden (DRP) 5266A Kaiser, Bundesminister für gesamtdeutsche Fragen 5266A Dr. Schmid (Tübingen) (SPD) . . . 5266D Beschlußfassung 5267B Erste Beratung des von der Fraktion der CDU/CSU eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung der Hessischen Verordnung über die einstweilige Regelung von Mietstreitigkeiten (Nr. 2129 der Drucksachen) 5267B Dr. Oellers (FDP) (zur Geschäftsordnung) 5267C Ausschußüberweisung 5267C Erste Beratung des von den Fraktionen der CDU/CSU, SPD, FDP, DP, BP und des Zentrums eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes über die Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (Nr. 2110 der Drucksachen) . . 5267C Dr. Schmid (Tübingen) (SPD), Antragsteller 5267D Ausschußüberweisung 5268C Beratung des Mündlichen Berichts des Ausschusses für Geschäftsordnung und Immunität (3. Ausschuß) betr. Aufhebung der Immunität des Abg. Dr. Dehler gemäß Schreiben des Bundesministers der Justiz vom 5. März 1951 (Nr. 2135 der Drucksachen) 5268C Weickert (BHE-DG), Berichterstatter 5268C Beschlußfassung 5268D Beratung des Mündlichen Berichts des Ausschusses für Geschäftsordnung und Immunität (3. Ausschuß) betr. Aufhebung der Immunität des Abg. Goetzendorff gemäß Schreiben des Bundesministers der Justiz vom 28. Februar 1951 (Nr. 2136 der Drucksachen) 5269A Bromme (SPD), Berichterstatter . 5269A Goetzendorff (DRP-Hosp.) 5269C Kahn (CSU) 5270A Beschlußfassung 5270A Beratung des Mündlichen Berichts des Ausschusses für Geschäftsordnung und Immunität (3. Ausschuß) betr. Aufhebung der Immunität des Abg. Wirths gemäß Schreiben des Bundesministers der Justiz vom 26. Februar 1951 (Nr. 2137 der Drucksachen) 5270B Hoogen (CDU), Berichterstatter . . 5270B Beschlußfassung 5271B Beratung des Mündlichen Berichts des Ausschusses für Finanz- und Steuerfragen über die Anträge der Fraktion der BP und der Fraktion der DP betr. Besteuerung von Kleinpflanzertabak (Nrn. 1154, 1175, 2060 der Drucksachen) 5271C Junglas (CDU), Berichterstatter . . 5271C Beschlußfassung 5271D Beratung des Antrags der Zentrumsfraktion betr. Freistellung landwirtschaftlichen Kleinbesitzes von der Grundsteuer (Nr 2020 der Drucksachen) 5271D Dr. Glasmeyer (Z), Antragsteller . 5271D Dr. Dresbach (CDU) 5272B Dr. Kneipp (FDP) 5272D Niebergall (KPD) 5273B Ausschußüberweisung 5273C Zweite Beratung des Entwurfs eines Gesetzes über die Feststellung des Bundeshaushaltsplans -für das Rechnungsjahr 1950 (Nr. 1500 der Drucksachen); Mündliche Berichte des Haushaltsausschusses (10. Ausschuß): Einzelplan X — Haushalt des Bundesministeriums für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten (Nr. 1911 der Drucksachen) in Verbindung mit der Beratung des Antrags der Fraktion der DP betr. Einrichtung einer Abteilung „Fischwirtschaft" im Bundesministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten (Nr. 2122 der Drucksachen, Umdruck Nr. 153) 5273C Brese (CDU), Berichterstatter . . ..5273D Tobaben (DP): als Antragsteller .5277A als Abgeordneter 5287C Kriedemann (SPD) 52'77C Dr. Dr. Müller (Bonn) (CDU) . . . 5282B Dannemann (FDP) 5284D Lampl (BP) 5289B Dr. Horlacher (CSU) 5290A Niebergall (KPD) 5292C Schmidt (Bayern) (WAV) 5294D Dr. Glasmeyer (Z) 5296A Dr. Schmidt (Niedersachsen) (SPD) 5297C Glüsing (CDU) 5298A Abstimmungen 5298B weite Beratung des Entwurfs eines Zweiten Gesetzes über die Neugliederung in den Ländern Baden, Württemberg-Baden und Württemberg-Hohenzollern (Nrn. 821, 1752, 1849 der Drucksachen); Mündlicher Bericht des Ausschusses für innergebietliche Neuordnung (30. Ausschuß) (Nr. 2160 der Drucksachen) . . . . 5259B, 5298C, 5299C zur Geschäftsordnung: Krone (CDU) 5259B, 5261A Erler (SPD) 5259C, 5260D, 5298D Euler (FDP) 5259D, 5260B, 5261B Hilbert (CDU) 5260A, 5298C Dr. Hamacher (Z) 5260B Wohleb, Staatspräsident von Baden 5260C Mayer (Stuttgart) (FDP) 5298C, 5299A, 5310D zur Sache: Erler (SPD), Berichterstatter . . . . 5299C Farke (DP), Mitberichterstatter . . 5306D von Thadden (DRP) 5309D zur Geschäftsordnung: Dr. Jaeger (CDU) 5309C Dr. Schmid (Tübingen) (SPD) 5309D, 5310B Dr. Becker (Hersfeld) 5310B, C Unterbrechung der Sitzung . . 5310C Weiterberatung vertagt 5310C Beschlußunfähigkeit und nächste Sitzung 5311C Die Sitzung wird um 13 Uhr 34 Minuten durch den Präsidenten Dr. Ehlers eröffnet.
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    Rede von Dr. Karl Müller


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CDU/CSU)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)

    Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Im Namen meiner politischen Freunde, Herr Minister, habe ich Ihnen unseren Dank auszusprechen

    (Oho-Rufe bei der SPD)

    für die Arbeit, die Sie in opfervoller Hingabe im letzten Jahr geleistet haben,

    (Beifall rechts)

    geleistet haben in einem Ausmaße, daß Sie heute mit stark erschütterter Gesundheit in Ihrem Amt stehen.

    (Zurufe bei der SPD.)

    Sie haben als Minister für Ernährung und Landwirtschaft wahrlich nicht das leichteste Amt im Kabinett. An Ihnen zerren die Verbraucher und die Erzeuger, und die Verarbeiter spielen auch noch mit; auch im Kabinett selbst haben Sie die schwierigste Situation, weil ja gerade vom Agrarsektor aus — das hat uns schon Herr Kriedemann in seinen Ausführungen bewiesen — am leichtesten politische Spannungen herzuholen sind.

    (Lachen links.)

    Aber, Herr Minister, wenn die Opposition sich
    Ihnen versagt, dann nehmen Sie das nicht tragisch,

    (Lachen und Zurufe bei der SPD)

    und wenn man Ihnen sagt, daß Ihre Politik ein Versager gewesen sei, so ist das auch gar nicht so ernst gemeint.

    (Abg. Dr. Wuermeling: Sehr gut! ,— Oho-, Rufe bei der SPD.)

    Meine Damen und Herren! Wenn Herr Kriedemann in diesem Zusammenhang von der Flurbereinigung spricht, so weiß er genau wie wir, daß die Flurbereinigung den Ländern zusteht, daß man da ruhig auf diesem Gebiet weiterarbeiten kann und daß es nur darauf ankommt, für den Bund einmal eine zusammenfassende Regelung zu finden. Aber Herr Kriedemann vergißt, daß man, wenn man eine Flurbereinigung auf Dauer durchführen will, gleichzeitig auch ein neues Agrarrecht schaffen muß, wenigstens für die Gebiete mit Naturalteilung, damit nicht nach wenigen Jahren das Resultat der ersten Flurbereinigung wieder aufgehoben ist.

    (Sehr richtig! bei der CDU. — Widerspruch bei der SPD.)

    Wenn Herr Kriedemann weiter sagt, der Landwirtschaft sei auch noch anders zu helfen, und das sei gar kein Geheimnis, und wenn er sagt, daß im Gemüsebau nichts geschehen sei und daß da gehalfen werden könne, wenn er schließlich in dem Zusammenhang davon redet, daß ein halbes Dutzend Programme gemacht worden sei, dann muß ich ihm entgegenhalten: er hat eben hier drei Programme verzapft, bei denen man nicht erkennt, wohin der Weg geht.

    (Beifall bei der CDU.)

    In dieser schwierigen Situation ist es leicht, mit
    Redensarten die Dinge totzuschlagen zu versuchen.

    (Abg. Arnholz: Das tun Sie jetzt!)

    Wenn die Regierung in dem Memorandum, das sie herausgegeben hat, auf die Erhöhung der Getreidepreise und die Erhöhung der Zuckerrübenpreise und darauf hinweist, daß die Milchpreise folgen, so darf ich Herrn Kriedemann sagen, daß der Kanzler in Rhöndorf nicht die Erhöhung der Getreidepreise als die Grundlage bezeichnet hat, die der Landwirtschaft gegeben werden soll, um die Lohnerhöhungen durchzuführen; er hat ausdrücklich darauf hingewiesen, daß diese Erhöhung erst im Herbst zur Auswirkung kommen kann, und hat vor allem auf die Milchpreise hingewiesen als das, was für die bäuerliche Wirtschaft — und die Landwirtschaft der Bundesrepublik ist zum größten Teil bäuerliche Wirtschaft — das Ausschlaggebende ist und sein wird.
    Meine Damen und Herren! Zur Ernährungspolitik muß man hier einige Bemerkungen machen. Wir haben Preiserhöhungen auf allen Gebieten. Aber diese Preiserhöhungen sind nicht von selbst gekommen!

    (Zuruf: Nein, sicher nicht!)

    Ich glaube, auch wenn Sie, Herr Kriedemann, an der entscheidenden Stelle säßen, dann wäre die Teuerungswelle, die durch die Welt geht, nicht deshalb an Deutschland vorbeigegangen, weil dort zufällig der Herr Kriedemann säße.

    (Sehr gut! bei der CDU.)

    Sie hätten sich mit diesen Problemen genau so auseinanderzusetzen und Wege zu suchen, wie Sie diese Schwierigkeiten beheben können. —

    (Zuruf von der SPD: Das ist doch kein Argument! — Abg. Kriedemann: Ich täte es. wenigstens! — Weiterer Zuruf von der SPD: Sie registrieren sie, aber Sie tun nichts!)

    Wir haben uns geholfen mit Stützungsaktionen. Meine Damen und Herren! Wir haben Stützungen bei Brot und bei Margarine, und zwar Globalstützungen für alle Bevölkerungskreise, gleich wie-


    (Dr. Dr. Milller [Bonn])

    ihre soziale Lage ist. Wenn wir die Stützungen durchführen wollen — und auf diesen Gebieten müssen wir sie durchführen —, dann wird man untersuchen müssen, wie man die Bevölkerungskreise, die der Stützungen nicht bedürfen, von der Stützung ausnimmt, sei es

    (Zuruf von der SPD: Steuerreform!)

    über Verbilligungsscheine, die Herr Kriedemann nicht liebt, sei es durch irgendeine Steuermaßnahme. Aber auf jeden Fall müssen wir angesichts' unserer ganzen Finanzlage versuchen, zu einer Individualstützung zu kommen, um eben das System der Stützungen durchzuhalten.

    (Sehr richtig! bei der CDU.)

    Ich gebe zu, daß wir gewisse Spannungen auf den verschiedensten Gebieten haben,

    (Zuruf von der SPD: Das hat sich herumgesprochen!)

    bei Brot, bei Fett, bei Zucker.
    Es gibt einen Mann, Herrn von Rohr, Ihnen sattsam bekannt, der zu den Problemen immer wieder in einer Form Stellung nimmt, die man nicht als objektiv anerkennen kann. Er wendet sich gegen meine Auffassung, daß wir die Zuckerversorgung nicht restlos aus dem Boden der Bundesrepublik durchführen können. Das weiß jeder Klippschüler aus der Landwirtschaftsschule, daß das aus betriebswirtschaftlichen Gründen und weil zum Zuckerrübenanbau geeignete Böden nicht in ausreichendem Maße vorhanden sind, nicht möglich ist. Dann erklärt Herr von Rohr, man müsse es beim Bau der neuen Zuckerfabriken so machen, daß man die Zuckersteuer streiche und den Bauern sogar das Aktienkapital schenke, damit diese Zuckerfabriken gebaut werden könnten. — Meine Damen und Heren, ich nehme an, daß Herr von Rohr mit seinen Gedanken noch in den seligen Zeiten der Osthilfe lebt, jenen Zeiten, in denen man die Osthilfe in die Tasche steckte und dann den Kanzler, der sie gegeben hatte, aus dem Amt warf und Herrn Hitler die Tür öffnete.

    (Sehr gut! und Beifall bei der CDU.)

    Gerade Herr von Rohr, der als einer der Gründer
    der Harzburger Front und als der erste Staatssekretär unter Hugenberg im Kabinett Hitler
    schwerste Schuld an dem Unglück Deutschlands
    und der Welt auf sich geladen hat, hätte alle Ver-
    anlassung zu schweigen und sich zu verkriechen und sich nicht in der deutschen Öffentlichkeit zu produzieren.

    (Beifall bei der CDU.)

    Meine Damen und Herren! Wenn ich den Herrn von Rohr höre und sehe, dann denke ich immer an die Rohrdommel, einen sehr schönen Vogel. Die Wissenschaft schreibt von ihm: „Die Rohrdommel wird auch Moorochse genannt."

    (Heiterkeit. — Zuruf: Rohrkrepierer!) „Die Farbe ist dunkel- bis hellbraun."


    (Erneute Heiterkeit.)

    „Er läßt vor allem in der Paarungszeit nachts einen brüllenden Ruf erschallen, und er lebt von Fröschen, Molchen und Wasserkäfern."

    (Heiterkeit.)

    Ich sage das, meine Damen und Herren, weil von dieser Sorte Rohrdommeln noch einige in der deutschen Landwirtschaft herumgeistern.

    (Sehr richtig! bei der CDU.)

    Unserer Landwirtschaft möchte ich von hier aus in aller Deutlichkeit sagen,

    (Zuruf von der SPD: Auf welcher Seite?)

    daß sie sich von diesen Rohrdommeln nicht verführen lassen und endlich begreifen möge, daß die Zeit der Leibeigenschaft — auch der geistigen Leibeigenschaft — in Deutschland endgültig vorüber ist.

    (Beifall bei der CDU.)

    Meine Damen und Herren, daß Spannungen auf bestimmten Gebieten der Ernährungswirtschaft bestehen, ist nicht die Schuld des Ministers und seiner Mitarbeiter, und wir hoffen und dürfen der Zuversicht sein — und da unterscheide ich mich von Herrn Kriedemann —, daß wir über diese Spannungen hinwegkommen. Der Herr Minister darf versichert sein, daß wir ihm dabei helfen, soweit es uns möglich ist.
    Wir müssen aber auch den Mut haben, wenn Mangelerscheinungen kommen, die Maßnahmen zu treffen, die notwendig sind, damit jeder auch seinen gerechten Anteil an der vorhandenen Ware bekommt. Es dürfen nicht breite Massen einen größeren Anteil an Mangel bekommen, als ihnen zusteht.

    (Abg. Kriedemann: Also! — Weitere Zurufe von der SPD.)

    Wenn man den Markt nicht voll sättigen kann, muß man auch den Mut haben, für gewisse Zeit einmal unpopuläre Maßnahmen zu treffen.

    (Zurufe von der SPD: Tut's doch!)

    Ich bin der Auffassung, daß man die Versorgung der zuckerverarbeitenden Industrie — nach ihrer Wichtigkeit geordnet — für einige Zeit drosseln oder abschneiden kann. Ich bin der Überzeugung, daß wir, wenn auch nicht sofort, so doch in Zukunft eine Versorgung der Margarine-Industrie mit Rohstoffen aus dem Inlandsmarkt — durch entsprechende Gestaltung und Forderung des Rapsanbaus und der Fischverarbeitung — bis zu drei Monaten herbeiführen können.
    Wir müssen aber auch auf eine Vorratswirtschaft hinarbeiten. Es muß unsere Aufgabe sein, bei den wichtigsten Ernährungsgütern der Ernährungswirtschaft so viel Vorräte zusammenzubringen, daß wir für die Dauer eines Wirtschaftsjahres die Preise so halten können, wie es im Interesse einer sozialen Gestaltung des Marktes erforderlich ist.

    (Bravo! in der Mitte.)

    Man kann sehr wohl die Preise für Getreide, für Zucker und für Fette im Inlande auf einer solchen Höhe halten, daß sie der Landwirtschaft ihre Existenz sichern. Die Preise auf dem Weltmarkt werden ja bei einer friedlicheren Entwicklung unter unsere Preise sinken. Dann müssen wir dafür sorgen, dem sehr „einnehmenden" Herrn Finanzminister die Möglichkeit abzuschneiden, daß er abschöpft. Das Geld, das dort verdient wird, muß benutzt werden, um die Preise der wichtigen Lebensmittel zu senken. Dieses System der Durchschnittspreise hat man in andern Ländern mit Erfolg eingeführt: die Landwirtschaft bleibt gesund, und trotzdem wird dem Verbraucher das Leben erleichtert.

    (Zuruf von der SPD: Das ist aber Planwirtschaft!)

    Diese Vorratshaltung ist aber eine Frage der Devisen, d. h. es dreht sich darum, was wir einkaufen können. Es ist doch auch heute noch bei uns so, daß der oberste Ernährungsminister der Präsident der Bank der deutschen Länder ist.

    (Hört! Hört! in der Mitte.)

    Wenn der- erklärt, die Devisen sind nicht da, dann
    kann der Landwirtschaftsminister keine Einkäufe


    (Dr. Dr. Müller [Bonn])

    ausschreiben. Ich bin der Auffassung, daß das Parlament einen Anspruch darauf hat, einmal zu erfahren, wie die Devisenlage im einzelnen ist,

    (Sehr richtig! bei der SPD)

    damit man sich ein Bild machen kann und Klarheit darüber bekommt, daß hier nicht nach Grundsätzen gearbeitet wird, die unserer heutigen wirtschaftlichen Lage nicht entsprechen. Wir müssen in der Devisenwirtschaft dahin kommen, daß die Devisen in erster Linie für die Ernährungswirtschaft und die notwendigsten Produktionsgüter in der Industrie benutzt werden und nicht für Einfuhren, die nicht unbedingt erforderlich sind.
    Das zweite Hindernis aber neben der Bank der deutschen Länder ist ja die OEEC-Organisation in Paris. Wir hatten ein Notprogramm vorgelegt, und nach diesem Notprogramm sollten für 10 Millionen Dollar wichtige Lebensmittel — darunter allein für über 41/2 Millionen Dollar Margarinerohstoffe — eingeführt werden. Die OEEC hat uns diese 10 Millionen auf 5 zusammengestrichen. 900 000 Dollar sind erforderlich für die Bezahlung von schon schwimmendem Pakistan-Weizen. Es bleiben also 4,1 Millionen übrig. Damit können wir nicht einmal die Margarinerohstoffe hereinholen, die wir dafür hereinholen sollen. Und dann überreicht man uns eine Liste, was wir alles einführen müssen: allein Obst und Gemüse aus den Niederlanden, aus Italien, der Schweiz und Frankreich für 7,7 Millionen; für 1 Million Frühkartoffeln aus Italien! Meine Damen und Herren, das sind die Maltakartoffeln, die sogar in der Zeit vor dem ersten Weltkrieg als Delikateßkartoffeln galten und niemals einen breiten Absatz hatten.

    (Sehr richtig! in der Mitte.)

    Dann Wein aus Griechenland für 0,3 Millionen Dollar und Schokolade aus der Schweiz für 0,1 Millionen Dollar! Aber das Reizendste ist folgendes. Da wird uns vorgeschlagen, aus der Schweiz für 10 000 Dollar synthetische Edelsteine einzuführen. Ich weiß nicht, ob Maharadschas und ähnliche Leute in Deutschland vorhanden sind, die ihre Brust mit synthetischen Edelsteinen schmücken wollen!

    (Heiterkeit. — Zurufe von der SPD.)

    Dann sind in der Liste Glasschmucksteine aus Österreich für 110 000 Dollar, Brillen-Rohpreßlinge aus Österreich, 30 000 Sensen und Sicheln aus Österreich. Als ob hier im Lande nicht genügend Sensen und Sicheln hergestellt werden könnten! Dann noch Konservengläser aus Österreich.
    Meine Damen und Herren, gewiß werden wir von diesen Ländern etwas kaufen müssen; aber in einer Zeit wie heute, in der es an allen Ecken brennt, ist es nicht notwendig, Dinge einzuführen, die wir im Inland in der Form herstellen, wie sie eingeführt werden.

    (Zuruf von der SPD: Aber das ist doch Ihre Politik! — Zuruf rechts.)

    — Herr Mühlenfeld, man wird sich das für einige Monate abschaffen können, um zuerst einmal Ordnung im eigenen Haushalt zu machen und erst einmal dafür zu sorgen, daß wir in der Ernährung aus der Klemme herauskommen.

    (Erneute Zurufe links.)

    Ich möchte gerne einmal wissen, ob die Regierung bereit ist, diesen Vorschlag der OEEC zu prüfen und eventuell abzulehnen, oder ob sie gezwungen ist, dazu Ja zu sagen.
    Meine Damen und Herren, wir haben uns aber auch in dem Zusammenhang mit dem ganzen Einfuhrsystem zu beschäftigen. Das Einfuhrsystem, das sich aus der JEIA heraus entwickelt hat, mit termingebundenen Offerten, mit laufenden Offerten und mit dem Reihenverfahren, dem sogenannten Windhundverfahren, hat absolut versagt. Das Offertenverfahren hat zur Folge, daß die Nachfrage im Ausland viel zu groß ist und daß in dem Augenblick der Ausschreibung die Preise steigen. Ich kann den Nachweis führen, daß, wenn 30 000 Tonnen Kubazucker ausgeschrieben waren, die Preise am Weltmarkt bis zu 20 % anzogen, bis wir unsere Käufe getätigt hatten. Dann gingen sie sofort wieder auf den alten Stand zurück. Im Reihenverfahren wird ausgeschrieben. Da kommen dann die Meldungen. Es waren z. B. ausgeschrieben Zitrusfrüchte und Frühgemüse Italien für 1,5 Millionen. Es kamen Offerten für 856 Millionen, und jeder einzelne erhielt 0,17 % zugeteilt.

    (Zuruf links: Ja, wer ist denn dafür verantwortlich?)

    Diese Dinge sind gemacht worden. Und der Erfolg? Wir atomisieren die Einfuhr und versorgen damit den schwarzen Markt. Es kann ja keiner kontrollieren, vor allem wenn es sich z. B. um Weißzucker handelt, wo diese geringen Mengen bleiben. Wir zerschlagen uns selbst gute Einfuhrmöglichkeiten. Eine solche Einfuhrpolitik kann man nicht Einfuhrpolitik, sondern die kann man nur noch Bauchladenpolitik nennen.

    (Zuruf links: Professor Erhard!)

    Ich bin dem Minister dankbar dafür, daß er den Anregungen, die wir ihm gegeben haben, gefolgt ist und daß wir in einem kleinen Ausschuß aus dem Ernährungsausschuß dieses Hauses mit der Einfuhrstelle die Frage prüfen. Ich bin überzeugt, daß wir in dieser Frage zu einem positiven Ergebnis kommen werden.
    Meine Damen und Herren, ich will damit meine Ausführungen schließen, weil mein Kollege Horlacher noch zu den übrigen landwirtschaftlichen Fragen sprechen will und zu sprechen hat. Ich darf zusammenfassend sagen, daß die Ernährungslage gewiß ernst ist, daß aber zu großen Besorgnissen keine Veranlassung gegeben ist und daß wir, Herr Minister, Sie wie in der Vergangenheit so auch in der Zukunft in Ihrer Arbeit unterstützen werden.

    (Beifall in der Mitte.)



Rede von Dr. Hermann Schäfer
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (FDP)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (FDP)
Das Wort hat der Herr Abgeordnete Dannemann.

  • insert_commentNächste Rede als Kontext
    Rede von Robert Dannemann


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (FDP)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (FDP)

    Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Die zweite Lesung eines Haushaltsplanes ist geschäftsordnungsmäßig mit einer Generaldebatte verbunden und gibt Gelegenheit, alle das betreffende Ministerium berührenden Fragen einmal zu beleuchten. Wiederholt haben in diesem Hohen Hause Agrardebatten stattgefunden, und es war erfreulich festzustellen, wie jedesmal bei dieser Gelegenheit alle Fraktionen bemüht waren zu betonen, wie notwendig die deutsche Landwirtschaft sei

    (Sehr gut! in der Mitte)

    und wie notwendig es sei, eine Ernährungssicherung aus eigenem Grund und Boden zu schaffen. Auch die Regierung, ja selbst der Bundeskanzler haben sich in ihren wiederholten Erklärungen ganz positiv zu diesem Grundsatz bekannt. Erst kürzlich hat der Herr Bundeskanzler auf einer Tagung in Rhöndorf dies mit allem Nachdruck unterstrichen und dabei darauf hingewiesen, daß mit allen Mitteln versucht werden müsse, das landwirtschaft-


    (Dannemann)

    liche Preisgefüge zu den gesamten Preisen der übrigen Wirtschaft in eine Relation zu bringen und dadurch insbesondere die Möglichkeit zu schaffen, auch die Löhne der Landwirtschaft den Löhnen der übrigen Wirtschaft anzupassen.
    Aber, meine Damen und Herren, wie sieht die rauhe Wirklichkeit aus? Was sich in den letzten Jahren auf dem Gebiete der Agrarpolitik und der Ernährungssicherung abgespielt hat, war sicher nicht dazu angetan, die Landwirtschaft zu einer Erzeugungssteigerung im vollen Umfange anzureizen, und es war sicher auch nicht dazu angetan, die Versorgung des deutschen Volkes mit Nahrungsmitteln hundertprozentig zu sichern. Auf der andern Seite aber weiß jeder von uns, daß die Schwierigkeiten nicht einseitig beim Ministerium gelegen haben, sondern fast ausschließlich oder vorwiegend in äußeren Einflüssen zu suchen gewesen sind. Wir wissen auch alle, daß diese Schwierigkeiten nicht nur bei uns aufgetreten sind, sondern sogar auch in den Siegerstaaten. Gerade die Kollegen, die glauben, draußen im Lande — erst heute haben wir es wieder festgestellt — nur einseitig kritisieren zu müssen, und die verhältnismäßig laut ihre Stimme nur in der Kritik erheben, sollten doch etwas ruhiger sein, solange die Länder, die nach ihrer Ideologie regiert werden, uns bisher noch nichts Besseres vorgemacht haben.

    (Sehr richtig! in der Mitte.)

    Meine Damen und Herren, wenn man noch vor Jahresfrist in Anbetracht gefüllter Läden und einer übertriebenen Einfuhr der Auffassung war, daß das Hungergespenst nun endgültig gewichen und die heimische Erzeugung nur noch so am Rande zu betrachten sei, dann haben uns die Ereignisse seit Korea eines anderen belehrt. Mit einem Male ist wohl jedem verantwortungsbewußten Politiker klar geworden, wohin ein Staat kommt, der nicht mehr seinen eigenen Brotkorb in der Hand hat. Ein Staat, der nicht selbst über seinen Brotkorb verfügt, kann auch auf allen anderen Gebieten, auf dem außenpolitischen und dem innenpolitischen, in seinen Entschlüssen nicht mehr frei sein und muß damit zum Spielball fremder Mächte werden. Es ist auf die Dauer ein unerträglicher Zustand, die Versorgung der deutschen Bevölkerung davon abhängig zu machen, ob nun ein fremdes Schiff rechtzeitig oder überhaupt nach Deutschland kommt, statt mit allen Mitteln dafür zu sorgen, daß der Ertrag der heimischen Landwirtschaft gesteigert und eine zweckentsprechende Vorratshaltung betrieben wird. Deutschland, im Jahre 1938 noch in der glücklichen Lage, 80 °/o der benötigten Nahrungsmittel der Bevölkerung aus eigenem Grund und Boden geben zu können, war leider Gottes 1945 durch den Verlust der Ostgebiete in der Bedarfsdeckung auf einen Satz von 50 % herabgedrückt worden. Wir können heute mit Befriedigung feststellen, daß es uns dank des Fleißes unserer Landwirtschaft gelungen ist, in den letzten Jahren diesen Bedarf wieder zu 65 % zu decken.
    Aber wir haben immerhin noch 1949 nicht weniger als 51,2 % aller Devisen, die uns überhaupt zur Verfügung gestanden haben, ausgeben müssen, bloß um das deutsche Volk satt zu machen, Devisen, die wir zweifellos bei einer richtigen Agrarpolitik zweckmäßiger und vernünftiger hätten verwenden können, z. B. für die Einfuhr ebenso lebensnotwendiger Rohstoffe, um damit Hunderttausenden von deutschen Arbeitern Arbeit und Brot zu geben. Dank einer guten Witterung und dank der Anstrengungen der Landwirtschaft ist Gott sei Dank in- diesem Jahre die Deviseninanspruchnahme für die Nahrungsmitteleinfuhr auf 38,3 % zurückgegangen. Gelingt es uns nur, durch eine vernünftig gelenkte Agrarpolitik die deutsche Erzeugung um 10 % zu steigern, so entspricht das einer Einfuhrersparnis von einer Milliarde D-Mark. Heute sind wir — das wurde hier bereits angesprochen — in der Getreideversorgung noch zu etwa 35 %, ja bei der Brotgetreideversorgung fast bis zur Hälfte von der Einfuhr abhängig, bei der Margarineindustrie sogar bis zu 95 %, bei Butter und Fleisch zu 10 % und bei Zucker zu 39 %, um nur die allerwichtigsten Nahrungsmittel überhaupt zu nennen. Das sind Zahlen, meine Damen und Herren, die doch außerordentlich zu denken geben.
    Seit Monaten wartet unsere Landwirtschaft auf das von der Regierung angekündigte Agrarprogramm, ohne daß bis zum heutigen Tage irgendwelche grundlegenden zusammenfassenden Maßnahmen ergriffen worden sind. Immer weiter steuert die Landwirtschaft einer zunehmenden Verschuldung entgegen. Bereits heute beträgt die Schuldenlast der Landwirtschaft bei einem Gesamteinheitswert von 24 Milliarden DM 3,5 Milliarden DM. Eine Lähmung der Liquidität macht sich in der Landwiraschtf breit, und die Landflucht nimmt ein Ausmaß an, das volkswirtschaftlich einfach nicht mehr zu verantworten ist. Statt einer anzustrebenden Intensivierung gehen wir einer Extensivierung entgegen.

    (Zuruf von der KPD: Aber das ist doch Ihre Regierung, die dafür verantwortlich ist!)

    — Ich komme gleich darauf! — Allein 650 000 fremde Arbeitskräfte sind seit dem I. Januar 1948 aus der Landwirtschaft abgewandert, dazu 150 000 familieneigene Kräfte. Heute haben wir in der Landwirtschaft einen nachweisbaren Kräftebedarf von rund 300 000 Menschen. Auf der einen Seite Arbeitslosigkeit, auf der andern Seite dieser gewaltige Bedarf an Arbeitskräften. Hier kann doch irgend etwas nicht stimmen!

    (Zustimmung bei der SPD.)

    Ja, meine Damen und Herren, bei einem durchschnittlichen Arbeitslohn in der Landwirtschaft von 74 Pfennig im Bundesgebiet — und wir haben Betriebe und Gebiete, insbesondere bei den leichten Bodenarten, wo nicht einmal dieser Stundenlohn erreicht wird —, da müssen ja die Menschen gewaltsam vom platten Land in die Städte und in andere Berufe getrieben werden, und es muß der Zustand eintreten, daß die Landwirtschaft wegen Mangels an Arbeitskräften einfach nicht mehr in der Lage ist, intensive Maßnahmen durchzuführen.
    Alle Hinweise, die Landwirtschaft sei rückständig, sie müsse rationalisieren, sie müsse modern werden, sie müsse mehr Maschinen verwenden, sind so lange sinnlos und zwecklos, solange man dafür nicht die einfachsten Voraussetzungen schafft. Man kann nicht in der Wirtschaft auf der einen Seite eine Preispolitik betreiben, die sich den jeweiligen Gegebenheiten des Weltmarkts anpaßt, und auf der andern Seite immer mit dem Hinweis — und da komme ich auf Ihren Einwand zurück —, daß es sich um politische Preise handle, nicht gewillt sein, auch der Landwirtschaft dasselbe Recht zuzugestehen. Es unterliegt gar keinem Zweifel, daß die nicht abzustreitenden Erfolge der Wirtschaftspolitik der letzten Jahre zu einem großen Teil auf dem Rücken der Landwirtschaft ausgetragen worden sind. Zweifellos ist eine gesunde Exportpolitik notwendig und erstrebenswert, und man sollte auch mit allen Mitteln versuchen, den Export von Industrieerzeugnissen auszudehnen und zu för-


    (Dannemann)

    dern. Aber Export um jeden Preis, den selbst einige namhafte Wirtschaftspolitiker glauben vertreten zu müssen, ist dann falsch und gefährlich, wenn dieser Export auf Grund des Binnenmarktes vorgenommen wird und wenn eine Liberalisierungspolitik betrieben wird, die auf die heimische Erzeugung allzu wenig Rücksicht nimmt.
    Es ist doch geradezu ein Wahnsinn, bei Nahrungsmitteln Handelsverträge über ein Maß hinaus abzuschließen, das den echten Bedarf bei weitem deckt. Ich brauche in diesem Zusammenhang nur einmal auf die Ereignisse hinzuweisen, die wir im letzten Jahre auf dem Gebiet des Obst- und Gemüsebaues erlebt haben. Wenn selbst der Bundesernährungsminister und sein Ministerium der Auffassung waren, daß im Jahre 1950 zur Deckung des echten Bedarfs an Gemüse und Obst höchstens eine Einfuhr von 190 000 t Gemüse und 275 000 t Obst notwendig gewesen wäre, und es werden nachher Handesverträge allein an Südfrüchten für fiber 390 000 t abgeschlossen — Sie sehen es in jeder Stadt —, dann wird doch keiner behaupten können, daß eine derartige Handels- und Wirtschaftspolitik. die uns zum Tel von außen her aufgezwungen worden ist. noch als gesund zu bezeichnen ist und als zweckmäßig angesehen werden kann.

    (Zuruf von der KPD: Warum schießen Sie denn Ihre eigene Regierung ab? — Gegenruf von der FDP: Ruhig in Moskau!)

    Ähnliche Erscheinungen haben wir auch auf anderen Gebieten feststellen müssen. Wir sind der Auffassung, daß wir eine Vorratshaltung betreiben sollten, die nicht, wie es uns die letzten Tage gezeigt haben, bei Getreide nur für eine kurze Zeit und bei Fett für eine noch geringere Zeitspanne einen Vorrat sichert, sondern wir meinen, daß Mittel und Wege gefunden werden müssen, damit auch seitens des Bundesfinanzministers bzw. des Bundesernährungsministers mehr als bisher die notwendigen Mittel zur Verfügung gestellt werden.
    Die Freie Demokratische Partei muß mit allem Nachdruck verlangen — und sie hat das in der Vergangenheit hier wiederholt zum Ausdruck gebracht —, daß in Zukunft eine Agrarpolitik betrieben wird, die nicht nur für morgen Gültigkeit hat, sondern auf der einen Seite die Erzeugungssteigerung der Landwirtschaft ermöglicht, auf der andern Seite aber auch dem Verbraucher das absolut sichere Gefühl gibt, daß er mit seiner Familie auch in Zukunft laufend und zu stabilen Preisen versorgt werden kann.

    (Zuruf links: Das ist ja zum Lachen!)

    In diesem Zusammenhang einige Worte zur Subventionspolitik überhaupt. Subventionen sind an sich etwas Unvernünftiges und sollten im großen und ganzen abgelehnt werden. Sie haben nur da eine Berechtigung, wo es sich um die . Verbilligung der Betriebsmittel handelt wie etwa bei der Verbilligung der Rohphosphate für die Landwirtschaft oder bei der Verbilligung des Dieselkraftstoffs für die Landwirtschaft und die Fischerei, oder sie könnte gegebenenfalls dort eine Berechtigung haben, wo es sich darum handelt, einer bestimmten Volksschicht mit geringem Einkommen bestimmte Nahrungsmittel zu Preisen zur Verfügung zu stellen, bei denen sich gewisse Preissteigerungen ungünstig auswirken.
    Wenn sich vorhin hier Herr Kollege Kriedemann den Verbilligungsscheinen gegenüber ablehnend ausgesprochen hat, so muß ich dazu sagen: Wir sind allerdings der Auffassung, daß man diesen Weg eher beschreiten sollte als den bisher beschrittenen Weg einseitiger Subventionspolitik bei der Margarine, wo Steuergelder in Form von Subverrtionen generell zur Verbilligung von Nahrungsmitteln zur Verfügung gestellt worden sind — auch für Bevölkerungsschichten mit hohem Einkommen—, also Steuergroschen, die wirklich den Ärmsten der Armen zur Verfügung gestellt werden sollten. Man sollte solche Maßnahmen zumindest so lange nicht ablehnen — ich meine die vorgeschlagenen Verbilligungsscheine —, solange man selbst nicht andere geeignete oder zweckmäßigere Vorschläge zu machen hat.
    Ich will es mir versagen, bereits in der zweiten Lesung auf die Einzelheiten des Haushaltsplans einzugehen. Dazu werden wir bei der dritten Lesung noch Gelegenheit haben. Ich möchte aber zum Schluß einige Dinge herausstellen, die im Rahmen einer gesunden Agrarpolitik keinen Aufschub mehr vertragen. Da ist erstens die Sicherung der Milch-und Fetterzeugung durch einen gerechten Milchpreis. Die Erträge aus der Milchviehhaltung der Tandwirtschaft des Bundesgebiets stellen mit drei Milliarden 30 % aller landwirtschaftlichen Einnahmen dar. Besonders im klein- und mittelbäuerlichen Betrieb erbringt die Milchwirtschaft 50 bis 52 % aller Einnahmen überhaupt; mit anderen Worten: mit einem gerechten Milchpreis steht und fällt unsere Landwirtschaft. Es unterliegt gar keinem Zweifel, daß die heutigen Erzeugerpreise für Milch nicht einmal mehr die Gestehungskosten decken, so daß hier eine Revision vorgenommen werden muß. Ohne die Erhöhung der Milchpreise ist auch das ebenso dringende Problem der Angleichung der Landarbeiterlöhne praktisch nicht zu verwirklichen, weil — wie eben bereits herausgestellt — die Erhöhung der Getreidepreise der Landwirtschaft praktisch kaum Mehreinnahmen erbracht hat. Denn in der Landwirtschaft des Bundesgebietes verkaufen wir nicht nur Getreide, sondern wir müssen dieselbe Menge an Futtergetreide wieder dazukaufen. die wir auf der anderen Seite an Brotgetreide verkaufen.
    Ich habe eben schon gesagt: die einseitige Subventionierung der Margarine in der Fettversorgung lehnen wir ab. Wir werden bereits in Kürze in viel stärkerem Umfange, als wir das vielleicht im Augenblick noch glauben, die Butter zwangsläufig mit in die ganze Verbilligungsaktion einbeziehen müssen, wenn wir nicht Gefahr laufen wollen, daß durch die Verknappung der Rohstoffe für die Margarineindustrie die gesamte Fettversorgung des deutschen Volkes gefährdet wird. Das Endergebnis würde sein, daß die Ärmsten der Armen dann auf dem Schwarzmarkt ganz andere Preise bezahlen müßten. Man sollte deshalb vernünftigerweise und schnell versuchen, auch die Butter mit in diese Verbilligungsaktion einzubeziehen. Jeder Tag, der bei der Lösung dieser Probleme ungenutzt verstreicht, gefährdet die Versorgung der Bevölkerung mit dem wichtigsten aller Nahrungsmittel.
    Zweitens müssen wir verlangen, daß die Verbilligung der Rohphosphate und Düngemittel nicht mit dem 30. Juni aufhört. Es ist geradezu sinnlos, bei den Betriebsmitteln mit Verteuerungsaktionen einzusetzen. Man sollte vielmehr ernsthaft die Frage aufwerfen, ob nicht generell der Weg beschritten werden sollte, die Produktionskosten herabzusetzen. Stattdessen erleben wir hier im Bundestag jedesmal das Palaver, daß wir, wenn gerechte Preise in der Landwirtschaft beschlossen werden sollen, immer durch die Mehrheit dieses Hauses' oder zumindest durch gewisse Kreise dieses


    (Dannemann)

    Hauses niedergeschrien und unsere Vorschläge abgelehnt werden, eine Methode, die außerordentlich billig, aber keineswegs dazu angetan ist, die heimische Erzeugung entsprechend zu fördern.
    Wir ,sind weiter der Auffassung, daß auch die Verbilligung von Treibstoffen für die Landwirtschaft und für die Fischerei wiederherkommen muß. Fällt diese Verbilligung weg — ein altes Privilegium, das seit Jahrzehnten in der Landwirtschaft bestanden hat —, so macht das allein eine zusätzliche Belastung von jährlich 54 Millionen DM aus. In der Fischerei sind die Verhältnisse noch viel krasser. So betrug z. B. in der Hochseefischerei bis vor kurzem der Treibstoffpreis je 100 kg 12 DM; er soll jetzt auf 22 DM erhöht werden. In der Küsten- und Binnenfischerei haben wir sogar Preissteigerungen von 13,80 DM auf 45 DM erlebt, Preissteigerungen, die einfach untragbar sind und zum Ruin dieser Sparten führen müssen.
    Drittens muß verlangt werden, daß in Zukunft beim Abschluß von Handelsverträgen nur der echte Bedarf berücksichtigt wird. Wir müssen besonders zum Schutze des deutschen Obst- und Gemüsebaues verlangen, daß vorübergehend Sperrfristen eingelegt werden, um den heimischen Obst- und Gemüsebau nicht noch weiter zu ruinieren, wie es doch in der Vergangenheit leider geschehen ist.
    Dasselbe trifft auch für ein verwandtes Gebiet, für den Weinbau, zu, der auf einer Fläche von 62 000 ha für rund 120 000 Kleinstbetriebe, von denen allein 65 % in Rheinland-Pfalz liegen, die Existenzgrundlage darstellt.
    Ferner dürfte wohl gar kein Zweifel darüber bestehen, daß in steuerlicher Hinsicht in Zukunft mehr als bisher auf die Leistungsfähigkeit der Landwirtschaft Rücksicht genommen werden muß, wenn der Verschuldung Einhalt geboten und wenn einer weiteren Extensivierung und damit einer noch weiteren Abhängigkeit auf dem Ernährungssektor entgegengetreten werden soll.
    Ich möchte unterstreichen, was vorhin schon ein Kollege von mir gesagt hat: Wir warten seit längerem auf die Vorlage eines Flurbereinigungsgesetzes. Solange das Flurbereinigungsgesetz uns nicht vorgelegt ist, sind alle Vorschläge bezüglich einer Technisierung der Landwirtschaft graue Theorie und können nicht verwirklicht werden; so lange wird auch die Kultivierung in großem Umfange einschließlich der Aufforstung praktisch nicht verwirklicht werden können.

    (Sehr richtig! rechts.)

    Ferner, meine Damen und Herren, möchte ich den Herrn Bundesernährungsminister auch dringend bitten, uns in Kürze das ebenfalls seit Monaten erwartete Saatgutgesetz vorzulegen, damit auch auf diesem Gebiete eine Bereinigung erfolgt.
    Schließlich möchte ich mit besonderem Nachdruck darauf hinweisen, daß wir auch in der Landwirtschaft in Zukunft, wie das auf anderen Gebieten der Fall gewesen ist, Kredite zur Verfügung haben müssen, um der großen Zahl von nachgeborenen Bauernsöhnen, von Landarbeitern, Heuerlingen und der noch größeren Zahl vertriebener Bauern des Ostens wieder eine Möglichkeit der Ansiedlung zu geben, nachdem der Boden jetzt vorhanden ist, sei es infolge der Bodenreformgesetze oder sei es durch zusätzliche Kultivierungsmaßnahmen; die im Bundesgebiet in großem Umfang angelaufen sind und in Zukunft anlaufen werden.
    Zum Schluß möchte ich bitten, das Beratungswesen in der Landwirtschaft einschließlich unserer Institute und der Hochschulen stärkstens zu fördern, damit man mit allen diesen Maßnahmen zum Zuge kommt, damit aber auch die Erkenntnisse der Wissenschaft dann in die Praxis übertragen werden können. Ein besonderes Kapitel wird dabei die Erleichterung der Frauenarbeit sein. Denn man darf wohl mit Recht herausstellen, daß die Bauersfrau zum geplagtesten aller Menschen, ja ich darf wohl sagen, zur Sklavin geworden ist. Wir müssen auch auf diesem Gebiet das nachholen, was wir technisch auf dem Gebiete der Feldarbeit in den letzten Jahrzehnten mindestens zum Teil erreicht haben.

    (Sehr richtig! in der Mitte.)

    Ich darf namens unserer Fraktion erklären, daß wir dem jetzigen Haushaltsplan zustimmen. Ich möchte aber den Herrn Minister darum bitten, daß bei der Vorlage des neuen Haushaltsplanes die von mir hier angedeuteten Forderungen verwirklicht werden. Ich möchte vor allen Dingen darum bitten, daß auch auf dem Gebiete der Agrarpolitik in erster Linie die Maßnahmen getroffen werden, die uns mehr als bisher vom Auslande unabhängig machen und die auch der Landwirtschaft, die bisher als rückständig bezeichnet worden ist, die Möglichkeit geben, auf technischem Gebiete das durchzuführen, was von ihr verlangt wird.

    (Beifall bei der FDP.)