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ID0113410300

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    Deutscher Bundestag - 134. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 12. April 1951 5199 134. Sitzung Bonn, Donnerstag, den 12. April 1951. Geschäftliche Mitteilungen 5200B, 5210B Zur Tagesordnung . . . 5203B, D, 5204A, 5210C, 5229D, 5254B, 5256A Fortsetzung der zweiten Beratung des Entwurfs eines Gesetzes über die Feststellung des Bundeshaushaltsplans für das Rechnungsjahr 1950 (Nr. 1500 der Drucksachen); Mündliche Berichte des Haushaltsausschusses (10. Ausschuß): Einzelplan VI — Haushalt des Bundesministeriums des Innern (Nr. 1907 der Drucksachen) in Verbindung mit der Beratung des Antrags der Zentrumsfraktion betr. Wiederbesiedlung der Insel Helgoland (Nr. 2017 der Drucksachen), mit der Beratung des Antrags der Zentrumsfraktion betr. Sicherung von Eigentum auf der Insel Helgoland (Nr. 2018 der Drucksachen), mit der Beratung des Antrags der Zentrumsfraktion betr. Bemühungen zur Freilassung von in der Ostzone inhaftierten Jugendlichen (Nr. 2019 der Drucksachen) sowie mit der Beratung des Antrags der Fraktion der KPD betr. Zurückziehung des Beschlusses der Bundesregierung über Maßnahmen gegen Unternehmungen, die politische Organisationen verfassungsfeindlichen Charakters unterstützen (Nr. 2099 der Drucksachen) . . 5200C Abstimmungen 5200D, 5202B zur Abstimmung bzw. zur Geschäftsordnung: Mellies (SPD) 5200D, 5202A Frau Dr. Hubert (SPD) 5201A Dr. Wuermeling (CDU) 5201B Dr. Dr. h. c. Lehr, Bundesminister des Innern 5201C Dr. Hammer (FDP) 5202A Bausch (CDU) 5203B Einzelplan XI - Haushalt des Bundesministeriums für Arbeit (Nr. 1912 der Drucksachen) in Verbindung mit der Beratung des Antrags der Fraktion der KPD betr. Erhöhungen der Leistungen der Sozialversicherungsgesetzgebung, des Bundesversorgungsgesetzes und der öffentlichen Wohlfahrtspflege (Nr. 2087 der Drucksachen), sowie mit der Beratung des Antrags der Fraktion der SPD betr. Teuerungszulage als Vorschuß auf die beantragte Erhöhung der Sozialversicherungsrenten (Nr. 2143 der Drucksachen) und in Verbindung mit Einzelplan XXVI - Haushalt der sozialen Kriegsfolgelasten (Nr. 1925 der Druck- sachen) 5203C, 5210D Mellies (SPD) : zur Geschäftsordnung 5203C zur Sache 5215A Arndgen (CDU), Berichterstatter . 5210D Gengler (CDU), Berichterstatter . 5212A Renner (KPD) : als Antragsteller 5214A als Abgeordneter 5224D Hartmann, Staatssekretär im Bundesfinanzministerium 5215C Bazille (SPD) 5215D, 5230D Storch, Bundesminister für Arbeit 5217D, 5231D Pohle (SPD) 5218A Horn (CDU) 5219C, 5235A Frau Kalinke (DP) 5222C Dr. Mende (FDP) 5226D Frau Dr. Probst (CSU) 5228B Brese (CDU) 5229D Willenberg (Z) 5231B Abstimmungen 5234D, 5235B Beratung des Antrags der Zentrumsfraktion betr. Freistellung landwirtschaftlichen Kleinbesitzes von der Grundsteuer (Nr 2020 der Drucksachen) 5203D Beratung vertagt 5203 Beratung der Zweiten Ergänzungsvorlage der Bundesregierung zum Entwurf eines .Gesetzes über die Feststellung des Bundeshaushaltsplans für das Rechnungsjahr 1950 (Nr. 2092 der Drucksachen) . .5204A, 5254B Ausschußüberweisung 5204A Mellies (SPD) (zur Geschäftsordnung) 5254B Beratung der Übersicht Nr. 24 über Anträge von Ausschüssen des Bundestages über Petitionen (Umdruck Nr. 128) 5204B Beschlußfassung 5204B Beratung des Antrags der Abg. Dr. Solleder, Dr. Schatz, Strauß u. Gen. betr. Osthilfefonds zur Behebung des wirtschaftlichen, sozialen und kulturellen Notstandes Ostbayern (Nr. 2069 der Drucksachen) in Verbindung mit der Beratung des Antrags der Fraktionen der CDU/CSU, SPD, FDP, DP, BP, WAV, Z und Gruppe BHE-DG betr. Bildung eines Grenzlandfonds zur Behebung wirtschaftlicher und kultureller Notstände (Nr. 2078 der Drucksachen) 5204B Dr. Solleder (CDU), Antragsteller . . 5204C Dr. Edert (CDU-Hosp.), Antragsteller 5205C Storch, Bundesminister für Arbeit . 5205D Dr. Etzel (Bamberg) (BP) 5206A Höhne (SPD) 5206D Dr. Horlacher (CSU) 5207C Müller (Frankfurt) (KPD) 5208D Frau Dr. Brökelschen (CDU) . . . 5209C Fröhlich (NHE-DG) 5210A Dr. Nowack (Rheinland-Pfalz) (FDP) 5210B Kemper (CDU) 5210B Ausschußüberweisung 5210C Zweite Beratung des Entwurfs eines Gesetzes über die Feststellung des Bundeshaushaltsplans für das Rechnungsjahr 1950 (Nr. 1500 der Drucksachen); Mündliche Berichte des Haushaltsausschusses (10. Ausschuß): Einzelplan XII — Haushalt des Bundesministeriums für Verkehr (Nr. 1913 der Drucksachen) in Verbindung mit der Beratung des Antrags der Fraktion der DP betr. Kredite zur Beseitigung des Notstandes bei der Deutschen Bundesbahn (Nr. 2064 der Drucksachen) . . 5235D, 5255D Dr. Bärsch (SPD), Berichterstatter 5235D Walter (DP), Antragsteller 5239C Rademacher (FDP) 5240C, 5254A Gengler (CDU) 5243D Jahn (SPD) 5245A Schulze-Pellengahr (CDU) 5249A Ritzel (SPD) 5250B Pohle (SPD) 5250C Dr. Seebohm, Bundesminister für Verkehr 5250D Mellies (SPD) 5254A Abstimmungen . . . .5253D, 5254A, 5255D Beratung des Mündlichen Berichts des Ausschusses für Geschäftsordnung und Immunität (3. Ausschuß) über den Entwurf einer gemeinsamen Geschäftsordnung des Bundestages und des Bundesrates für den Ausschuß nach Art. 77 des Grundgesetzes (Vermittlungsausschuß (Nr. 745, 2139 der Drucksachen) 5254C Ritzel (SPD): zur Geschäftsordnung 5254C als Berichterstatter 5254D Beschlußfassung 5255D Nächste Sitzung 5256D Die Sitzung wird um 9 Uhr 34 Minuten durch den Präsidenten Dr. Ehlers eröffnet.
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    Rede von Hans Jahn


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)

    Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Mir liegt daran, vorerst etwas über die Verkehrspolitik zu sagen. Dazu einige Zahlen, mit denen ich Sie leider belästigen muß. Der Anteil des Verkehrs am deutschen Volkseinkommen beträgt etwa 10%. Im Vergleich dazu: die Landwirtschaft liefert ebenfalls 10%, der Bergbau 10%, die ganze übrige Industrie etwa 35% des Volkseinkommens. Der Anteil des Verkehrs an der Gesamtvolkswirtschaft ist also bemerkenswert hoch. Dazu kommt, daß im Gegensatz zu den meisten übrigen Zweigen der Wirtschaft, die nur mit einem Teile der anderen Gebiete verbunden sind, der Verkehr mit allem und jedem eng verflochten ist. Aus dieser Tatsache ergeben sich starke öffentlichrechtliche Bindungen auf dem Gebiete der Tarif- und der Betriebs- und Sicherheitsvorschriften. Der Verkehr kann daher seinem Wesen nach nicht im gleichen Maße frei sein wie die übrigen Zweige der Volkswirtschaft.
    Wenn man die Handelsteile der Zeitungen und die Fachzeitschriften durchblättert, so tönen einem die Sorgen auf dem Verkehrsgebiet überall und ununterbrochen entgegen. Der Bundesbahn geht es schlecht. Das Defizit beträgt nach dem Wirtschaftsplan für 1951 113 Millionen DM. Im vorigen Jahre mußten die Aufträge en die Lok- und an die Waggonindustrie gestoppt werden. Ich erinnere an die von meiner Fraktion damals gestellten Anträge. Sie wurden leider abgelehnt. Die Folgen sind heute in der Tatsache ,spürbar, daß die Bundesbahn wieder 6000 Güterwagen aus dem Auslande anmieten muß. Ich bin der Meinung, daß vordringliche Kreditbeschaffung für die Bundesbahn sehr, sehr notwendig ist. Die Lage hat sich zwar etwas gebessert, aber der vorliegende dringende Erneuerungsbedarf in allen Betriebszweigen kann nicht befriedigt werden, da eben das Geld noch fehlt.
    Hierzu einige Bemerkungen! In Italien, Frankreich und Belgien sind die Kriegsschäden an den Anlagen ihrer Bahnen zu 100% vom Staat überrommen worden. Wenn das bei der Bundesbahn auch der Fall gewesen wäre — meine Herren Vorredner haben das bereits bemerkt —, dann wäre ihre materielle Lage wesentlich besser. Seit der Währungsreform sind bis Ende 1949 für die Kriegsschädenbeseitigung 600 Millionen DM aus eigener Leistung der Bundesbahn aufgebracht worden.

    (Hört! Hört! bei der SPD.)

    Vor der Währungsreform war es eine Milliarde R-Mark. Die Kriegsschäden, die noch zu beseitigen sind, betragen allein für die Anlagen noch rund eine Milliarde DM. Darüber hinaus besteht ein Nachholbedarf für Instandhaltung und Erneuerung in etwa der gleichen Höhe. Die Bundesbahn benötigt im nächsten Jahre 540 Millionen DM, um die dringendsten Kriegsschäden an Anlagen und am Betriebsmittelpark beseitigen und um Modernisierungsmaßnahmen durchführen zu können.
    Der Straßengüterverkehr stöhnt ebenfalls. Zahlreiche, insbesondere kleinere und Einmannunternehmen kommen nicht mehr auf ihre Rechnung. Die Abschreibungen werden nicht verdient, und wenn das Fahrzeug das Ende seiner Lebensdauer erreicht hat, kann ein neues nicht beschafft werden, d. h. die Existenz ist nicht mehr vorhanden.
    Auch die Binnenschiffahrt hat ihre Sorgen. Lange Zeit lagen Hunderte von Schiffen auf der Duisburger und Uerdinger Reede ohne Fracht, und die auf dem Schiff wohnenden Familien waren ohne
    Einkommen. Dazu kommt, daß die deutschen Schiffe zum Teil technisch veraltet sind, was die ausländische Schiffahrt mit ihren modernen Fahrzeugen in die Lage brachte, ihren Verkehrsanteil gegenüber früher wesentlich zu erhöhen
    Worauf ist diese wirklich bedrohliche Lage auf dem gesamten Verkehrsgebiet, deren Ernst mit diesen wenigen Worten nur sehr unvollkommen wiedergegeben werden konnte, zurückzuführen? Die Schwierigkeiten sind erstens weitestgehend auf eine gewaltige technische Revolutionierung und zweitens darauf zurückzuführen, daß die zwingend erforderlichen Folgerungen und Entschlüsse aus dieser technischen Umwälzung bisher nicht gezogen werden konnten, möglicherweise weil es nicht einfach ist, den Gesamtkomplex sachlich völlig zu übersehen, aber auch weil der eine oder der andere sich vor den tiefgreifenden Konsequenzen, die hinsichtlich des Schicksals vieler Menschen gezogen werden müssen, scheut. Auf die sozialpolitischen Probleme komme ich noch besonders zu sprechen.
    Wieso erfuhr der Verkehr eine technische Revolution? Die Zahl der Lastkraftwagen im Bundesgebiet beträgt bereits 358 000 gegen über nur 238 600 betriebsfähigen Güterwagen der Eisenbahn. Die Zahl der Lastkraftwagen über 4 t beträgt 41 000 im Bundesgebiet gegenüber 22 000 im Jahre 1938 im gesamten Reichsgebiet. Mit diesen Zahlen ist erwiesen, daß die Monopolstellung der Eisenbahn gebrochen ist.
    Und nun einige Zahlen, die einen Begriff von den Auswirkungen der erwähnten Veränderungen geben. Der Anteil der Eisenbahn am Volkseinkommen, einer Zahl, die nur die Löhne, Gehälter, Zinsen und Gewinne umfaßt, nicht aber die Investitionen und Abschreibungen, beträgt 3 Milliarden DM. Davon entfallen auf den Güterverkehr rund 2 Milliarden. Die entsprechende Zahl im Straßenverkehr ist etwa 750 bis 790 Millionen DM für den Güterverkehr. Die Beförderungsleistungen für den Güterverkehr bei der Eisenbahn werden im Jahre 1950 schätzungsweise 40 Milliarden Nettokilometer betragen, beim Straßengüterverkehr 9,4 Milliarden Nettokilometer. Daraus ergibt sich, daß die Eisenbahn im Durchschnitt Güter befördert, die aus Gründen der langen Strecke oder des geringen Wertes 5 Pfennig pro Nettokilometer erbringen, während der Lastkraftwagen durchschnittlich Güter befördert, die 9 Pfennig pro Nettokilometer erbringen.
    Ich frage: Warum sind aus dieser technischen Entwicklung, die zu solchen Unausgewogenheiten in den Verhältnissen der Verkehrsträger untereinander geführt hat, noch nicht die entsprechenden verkehrspolitischen Folgerungen gezogen worden? Die deutschen Eisenbahnen haben 1920, zu einer Zeit, als sie noch die Monopolstellung im Verkehr besaßen, ein Tarifsystem geschaffen, das von großer wirtschaftlicher Bedeutung war und das die Ausgewogenheit des Gefüges der deutschen Wohn- und Siedlungsräume, der Industriebezirke und der landwirtschaftlichen Gebiete sicherstellte. Es war außerdem die Grundlage dafür, daß die wichtigsten Massengüter — Kohle, Holz, Erze — an jeder Stelle Deutschlands zu vernünftigen Preisen zur Verfügung standen. Selbstverständlich sind die Kosten je Tonnenkilometer für eine kurze Strecke bei der Beförderung durch einen Güterzug wesentlich höher als bei einer langen Strecke. Aber die Tarife


    (Jahn)

    für die langen Strecken wurden noch tiefer gesenkt, um aus nationalpolitischen Gründen die peripheren Gebiete Deutschlands, früher Ostpreußen und jetzt Schleswig-Holstein und den Bayerischen Wald, dichter an die Mitte Deutschlands und an das Industriegebiet anschließen zu können.
    Aus gemeinwirtschaftlichen Überlegungen heraus mußte die Eisenbahn den Staffeltarif einführen. Daneben war aber auch das Ausmaß einer Ware und deren Wert zu berücksichtigen; Stückgut, Eilgut, Wagenladungen, sperrige Güter, die im Verhältnis zu ihrer Größe ein geringes Gewicht haben, erfuhren in der tarifarischen Behandlung unterschiedliche Wertung. Außerdem erfolgte entsprechend dem Wertsystem eine Abstufung der Güter nach dem Handelswert. Dieses Tarifsystem ist also volkswirtschaftlich ausgerichtet und wohl ausgewogen, entstammt aber einer Zeit mit völlig anderen Voraussetzungen als heute.
    Die Binnenschiffahrt war bei diesem System von vornherein nicht glücklich, da die Zu- und Ablauftarife, deren die Schiffahrt bedarf, recht hoch sind und die Konkurrenzpreise für lange Strecken, auf denen sich die Binnenschiffahrt betätigt, verhältnismäßig niedrig liegen.
    Das Tarifgefüge zwischen Schiene und Straße ist durch die Anpassung des Reichskraftwagentarifs an den eben in seinen Grundzügen skizzierten deutschen Eisenbahngütertarif gekennzeichnet. Diese Bestimmung besteht seit 25 Jahren. Sie war tragbar, solange das Monopol der Eisenbahn bestand. Bis heute sind auch aus dieser Tatsache die erforderlichen tarifpolitischen Konsequenzen noch nicht gezogen worden. Das hat wesentlich zu dem Verkehrschaos von heute beigetragen.
    Der Lastwagen ist seiner Natur nach besonders geeignet, kurze Strecken zu bewältigen. Er kann die Ware ohne Umladung von Haus zu Haus befördern. Er braucht verhältnismäßig wenig Verpackung und kann in den meisten Fällen Rückladung mitnehmen.
    Bei dem Verkehr im nahen Raum hat sich der Straßerverkehr nicht nur auf hochwertige Güter beschränkt, sondern er ist, vor allen Dingen nach Einführung der Krisenzu- und -abschläge, auch zum Transport von Gütern der niedrigen Tarifklassen übergegangen. Ich darf darauf hinweisen, daß z. B. der Abtransport von Sand aus dem Duisburger Hafen, um die vielen Baustellen im Ruhrgebiet zu beliefern, der noch vor zwei Jahren zu 80 % mit der Bahn erfolgte, heute zu 80 % mit dem Lastkraftwagen durchgeführt wird.
    Für die Beförderung von einer Tonne Gut auf dem Wasserweg ist 0,2 Pferdestärke erforderlich. Die Reibung ist gering. Der Wasserweg ist der geeignete Weg zur Beförderung von Massengütern, wenn dafür Zeit zur Verfügung steht. Für die Beförderung einer Tonne auf der Eisenbahn sind 2 Pferdestärken und für die Beförderung auf der Landstraße 10 Pferdestärken, also fünfmal soviel erforderlich, denn die Reibung auf der Straße ist wesentlich größer als auf der Schiene.
    Dazu eine zweite wichtige Tatsache, die mit der eben genannten eng zusammenhängt. Die Bundesbahn hat im Jahre 1950 wahrscheinlich rund 40 Milliarden Nettokilometer geleistet, wobei es sich größtenteils um Massengüter handelt. Dafür und für ihre Personenbeförderung braucht sie 300 Millionen DM für Kohle. Die Straße befördert für rund 9,4 Milliarden Nettokilometer. Sie braucht dafür und für den Verkehr mit Personen mit PKW für rund 750 Millionen DM Dieselöl und Benzin, davon etwa 150 bis 200 Millionen DM in Devisen.
    Hier taucht die Frage der echten Kosten je Tonnenkilometer auf der Eisenbahn, auf der Straße und in der Schiffahrt auf. Die Eisenbahn unterhält ihre Gleise und ihre Strecken, ihre Signal- und Sicherheitsanlagen und ihre umfangreiche Bahnpolizei selber. Der Straßenverkehr zahlt auch gewaltige Beträge für den Straßenbau; aber es ist notwendig zu wissen, ob alles bezahlt wird, was erforderlich ist. Und wer baut und unterhält die Binnenwasserstraßen? Welches sind also die echten Kosten für die Beförderung einer Tonne Gut auf der Eisenbahn, der Straße und dem Wasserweg?
    Ich weiß, der Herr Bundesverkehrsminister hat den Auftrag für die Ermittlung der echten Kosten erteilt. Wir wollen hoffen, daß wir bald das Ergebnis dieser Untersuchung zur Kenntnis bekommen.
    Würde man aber nur so an das Gesamtproblem herangehen, so würde man zu einem neuen Tarifsystem kommen, das nur die echten Beförderungskosten zur Grundlage hat. So einfach geht es aber nicht. Man würde zwar ein sehr schönes Auspendeln der Verkehrsmittel untereinander erreichen, dafür aber eine völlige Strukturwandlung der deutschen Länder, die Verödung der entfernt liegenden Gebiete und die Zusammenballung der Industrie in der Nähe der großen Lager an Bodenschätzen, also z. B. im Ruhrgebiet fördern helfen. Der volkswirtschaftliche Ausgleich muß wie beim ursprünglichen Eisenbahntarif angestrebt werden. Es müssen Entfernungsstaffelungen sowie Ausnahmetarife für gewisse Gebiete und bestimmte Industrien beibehalten werden. Aber — und das scheint mir wichtig — diese volkswirtschaftlich begründeten Ausnahmen vom reinen Kostentarif müssen genau berechnet und die Kosten dieser volkswirtschaftlich erforderlichen Ausnahmetarife dürfen nicht einem Verkehrsmittel allein aufgebürdet werden, weil dies zufälligerweise dem Volk gehört — ich meine die Eisenbahn —, sondern sie müssen entweder dem gesamten Verkehr oder aber der gesamten Volkswirtschaft angelastet werden.
    Darüber hinaus muß die Frage der Beförderungspflicht sowie das Vorhalten von Transportraum der Eisenbahn während der Ernte oder bei strengem Winter berücksichtigt werden. Nur so kann man die logischen und volkswirtschaftlich richtigen Grundgedanken des alten Eisenbahntarifs auf die neue Zeit übertragen.
    Meine politischen Freunde und ich sind davon überzeugt, daß es gelingen wird, auf der Grundlage echter und sauberer Zuordnung der Verkehrsmittel zueinander, des Grundsatzes der Bezahlung der echten Kosten und eines volkswirtschaftlich zweckmäßigen Ausgleichs für Standortbedingungen zu einer gesunden Neuordnung unseres Verkehrswesens zu kommen. Wir sind viel zu arm, um uns den Luxus eines Gegeneinander leisten zu können. Wir können nur auf der Basis eines echten Miteinanders und einer sauberen Ausgewogenheit zu einer Koordinierung der Verkehrsträger kommen.
    Die von mir vorgeschlagene Lösung wird erhebliche Ersparnisse auf dem gesamten Verkehrsgebiet und damit für die ganze Volkswirtschaft mit sich bringen.
    Der Bund hat aber darüber hinaus noch wichtige Aufgaben auf dem Gebiet des Verkehrs zu erfüllen. Er ist für den Schutz von Leib und Leben


    (Jahn)

    seiner Bürger verantwortlich. Es ist außerordentlich eindrucksvoll, wenn man sieht, welche Vorsichtsmaßnahmen die Eisenbahn auf diesem Gebiet getroffen hat. Die Übergänge sind mit Schranken versehen. Vor- und Hauptsignale sichern die Strecke. Die Beamten der Bahnhöfe geben zusätzlich Signale. Der Totmannknopf in der elektrischen Lokomotive sichert den Zug bei eventuellem Unwohlsein des Lokomotivführers. Die induktive Zugsicherung verhütet das Überfahren eines auf Halt stehenden Signals.
    Alle und jede Möglichkeit ist bedacht. Das Ergebnis ist, daß die Unfallziffer auf der Eisenbahn außerordentlich klein ist. Folgende Zahlen beweisen das. Im Jahre 1949 verzeichnete die Eisenbahn-Unfallstatistik der gesamten Bizone 666 Getötete, davon 105 Reisende, 232 Eisenbahnbedienstete, 3 Post- und Zollbeamte sowie 326 Personen, die nicht im Eisenbahnverkehr, sondern z. B. an Straßenübergängen getötet wurden. Innerhalb der vier Eisenbahn-Direktionsbezirke Nordrhein-Westfalens enthält die Eisenbahn-Unfallstatistik für 1949 gegenüber mehr als 2 000 im Straßenverkehr des Landes Getöteten nur 245 Getötete, davon 24 Reisende, 79 Eisenbahner, i Zollbeamter und 141 Personen, die nicht innerhalb des Bahnverkehrs, sondern, wie gesagt, an Straßenübergängen getötet worden sind. Berücksichtigt man, daß in der Zahl der Bediensteten auch diejenigen erfaßt sind, die nicht im eigentlichen Eisenbahnverkehr, sondern z. B. in Werkstätten zu Tode kamen, und daß die 141 fremden Personen nicht allein dem Eisenbahnverkehr, sondern auch dem Straßenverkehr angelastet werden müssen, so dürften in NordrheinWestfalen den über 2 000 Toten des Straßenverkehrs höchstens 100 bis 150 Tote des eigentlichen Eisenbahnverkehrs gegenüberzustellen sein.
    Was ist nun auf der Straße los? Auf der Straße gibt es wenig Sicherheitsmaßnahmen. Ich stimme vollkommen mit dem Herrn Kollegen Rademacher darin überein, daß die Verkehrsdisziplin beim Publikum außerordentlich zu wünschen übrigläßt.

    (Sehr richtig! rechts.)

    Nach einem Bericht des Statistischen Bundesamtes ist die Zahl der Straßenverkehrsunfälle im vergangenen Jahre um 53 % gegenüber 1949 angestiegen.

    (Hört! Hört! rechts und in der Mitte.)

    Bei den 182 695 im vergangenen Jahr gemeldeten Verkehrsunfällen im Bundesgebiet wurden 4 211 Menschen getötet und 107 811 verletzt. 90 % aller Unfälle waren durch Kraftfahrzeuge verursacht. Der Lastkraftwagenbesitzer, der sein eigenes Fahrzeug fährt, ist besorgt um seine Existenz; er fährt manchen Abend bis zur Übermüdung.

    (Sehr richtig!)

    Wenn er das selbst tut, ist das für ihn schlecht, für die Öffentlichkeit aber eine Gefährdung.

    (Allseitige Zustimmung.)

    Wenn er seine Angestellten zu derartigen Überanstrengungen veranlaßt, so ist das noch viel schlimmer.

    (Erneute Zustimmung.)

    Hier stoßen wir auf das soziale und sozialpolitische Problem. Die im Straßenverkehr beschäftigten Personen werden rücksichtslos ausgebeutet und damit zu einer ständigen Gefahr für Leib und Leben unserer Mitbürger. Hier besteht ein sozialer Notstand, der mit allen Mitteln beseitigt werden
    muß. Bei der Bundesbahn bestehen geregelte Lohn-, Dienst- und Arbeitsbedingungen. Solche fehlen im Straßenverkehrsgewerbe fast völlig. Hier stößt zum sozialen Notstand die soziale Schmutzkonkurrenz. Erst wenn beides behoben ist, kann eine Abnahme der Gefährdung der Sicherheit auf der Straße erwartet werden.

    (Sehr richtig! links.)

    Es klingt etwas lieblos, wenn man hier Kosten vorrechnet; denn in Wirklichkeit steckt hinter den Unfall- und den Totenzahlen der Verkehrsopfer der Straße ein Meer von Blut und Tränen. 4 200 Familien sind durch Todesfall betroffen worden; 107 811 Menschen wurden verletzt oder sogar verstümmelt. Hier muß verwaltungsseitig ganz anders als bisher eingegriffen werden. Hier darf es keine falsche Zurückhaltung mehr geben. Das Wichtigste ist die Schaffung einer in jeder Hinsicht ausreichenden Verkehrspolizei mit ausreichenden Befugnissen, die bisher völlig unzulänglich sind. Die Kasten für eine solche Verkehrspolizei bewegen sich etwa in einer Größenordnung von 5 bis 10 % der Schäden, die pro Jahr durch Unfälle entstehen.
    Verkehrspolitisch sehe ich auch in der Zukunft die nicht nachlassende Bedeutung der Binnenschiffahrt auf den uns von der Natur gegebenen oder auf den vom Fleiß deutscher Arbeiter geschaffenen Wasserstraßen. Ich sehe ferner die bleibende Bedeutung des Lastkraftwagens für eine ganze Anzahl von Transportbeziehungen sowohl im Nahverkehr als auch im Fernverkehr. Ich sehe die große wirtschaftliche und kulturelle Bedeutung des Omnibuswesens, durch das das flache Land ganz anders erschlossen wird, als es mit der Eisenbahn möglich ist, weil die Kosten für die Neuanlegung von Eisenbahnstrecken in jedes Dorf zu groß werden würden. Es ist erfreulich, daß mit dem Omnibus auch die Landarbeiter und die Bauern der entfernten Dörfer zu Einkäufen in die Stadt fahren und am kulturellen Leben des Volkes teilnehmen können. Aber eines sehe ich auch, ich sehe eine gute, eine bedeutsame Zukunft der deutschen Eisenbahn im Rahmen der deutschen Volkswirtschaft und für das deutsche Volk. Generationen haben daran gearbeitet, das Filigranwerk der stählernen Wege in Deutschland zu bauen. Milliarden und aber Milliarden sind in dieses riesige Werk hineingesteckt worden. Es wäre töricht. wenn man nicht alles aufbringen wollte, um diese Milliarden fortlaufend nutzbar zu machen, um damit wirklich echte wirtschaftliche Erfolge zu erzielen.

    (Lebhafte Zustimmung bei der SPD.)

    In diesem Zusammenhang interessiert die Feststellung des Haushaltsplanes des Bundesverkehrsministeriums, daß das Hauptprüfungsamt der Deutschen Bundesbahn in seinem Bericht vom 27. Oktober 1950 in einer eingehenden Berechnung nachgewiesen hat. daß bei der heutigen Gleiserneuerung die Gleise 322 Jahre liegen müssen, während sie bei normaler Erneuerung von 71/2 % etwa 13 bis 14 Jahre liegen.

    (Hört! Hört!)

    Das ist ein Beweis dafür, wie notwendig Kreditgewährung für die Bundesbahn ist, damit diesem Betriebsunsicherheitsfaktor größten Ausmaßes ein Ende gesetzt werden kann.

    (Zustimmung.)

    Hier also besteht echter Nachholebedarf. Wer die Dinge kennt, weiß, daß die hierfür erforderlichen Aufträge für die Eisen-, Stahl-, Kleineisen- und Schotterindustrie Leben und Arbeitsbeschaffung


    (Jahn)

    bedeuten würden. Also noch einmal: Hier sind Kredite in höchstem Ausmaße erforderlich.

    (Sehr richtig! bei der SPD.)

    Nun gestatten Sie mir noch einige kritische Bemerkungen.

    (Aha-Rufe in der Mitte.)

    Herr Kollege Rademacher ist nicht mehr anwesend. Er hat in zarten Worten etwas angedeutet, was mich verpflichtet, folgendes auszusprechen. Wenn wir den jüngsten Verkehrsträger, die Luftfahrt, wieder in unser Verkehrssystem eingliedern wollen, dann — so sagte Herr Kollege Rademacher — muß optisch gesehen feinste psychologische Tastbarkeit, möchte ich sagen, an den Tag gelegt werden. Ich habe eine Pressemeldung gelesen, die überschrieben war: „General mit Blutorden berät Minister Seebohm". Ich war, das sage ich offen, entsetzt.

    (Zuruf rechts: Nanu! — Heiterkeit.)

    — Ja. Das geschieht nicht leicht, aber da war es der Fall. Lassen Sie mich hierzu folgendes sagen. Ich war Vorsitzender des Hauptausschusses zur Entnazifizierung der Hauptverwaltung des Verkehrs. Ich habe einige tausend Personalakten durchstudiert und mußte einige hundert Personen vernehmen. Ich will Ihnen nichts über meine Vergangenheit erzählen. Aber als Vorsitzender dieses Hauptausschusses habe ich mich nur von einem Gesichtspunkt leiten lassen - das mögen alle die Herren bestätigen, die ihren Persilschein mit meinem Namen unterzeichnet in der Tasche tragen —: ich habe Gerechtigkeit walten lassen.

    (Oho-Rufe in der Mitte und rechts.)

    Dabei mag einer mal unterlaufen sein. Dafür stehen wir Sozialdemokraten gerade. Ich weiß, daß General Kreine in Klasse V eingestuft worden ist, daß er als Fahnenjunker an dem Marsch zur Feldherrnhalle teilgenommen und nachher den Blutorden erhalten hat. Wir haben auch bei unseren Verhandlungen im Hauptausschuß einen solchen Mann vor uns gehabt. Ich habe den Mann gefragt: Warum haben Sie die Annahme dieses Ordens nicht verweigert? Jeder kam uns damit, daß er sagte, er sei gezwungen gewesen, in die NSDAP einzutreten. Das bestreite ich; niemand war gezwungen. Er mußte nur den Mut haben, im Kampf um die Freiheit eventuell seinen Kopf auf das Schaffott des Dritten Reiches zu legen.

    (Zurufe rechts: Na, na!)

    Ich bin mit tiefer Sorge erfüllt, daß diese Personalpolitik uns für die Wiedergewinnung des vierten Verkehrsträgers nicht förderlich, sondern hinderlich sein könnte. Ich würde sehr empfehlen, daß der Herr Bundesverkehrsminister in dieser Art seiner Personalpolitik einen Wandel eintreten läßt. Ich glaube, es ist nur zum Besten unseres gesamten Verkehrs.
    Ich muß hier noch ein Wort zu der Frage - die ich schon oft habe anschneiden müssen — meiner Westberliner Eisenbahner sagen. Ihr Kampf hat damals die Bewunderung der ganzen Welt erregt.

    (Sehr richtig! in der Mitte.)

    In diesem Kampf blieben 4000 Eisenbahner auf der Strecke. Ich will Ihnen nicht sagen, was ich als Leiter der zuständigen Gewerkschaft aus Hauptkassenmitteln zur Erhaltung dieser Streikopfer aufgebracht habe; es würde zu bombastisch klingen. Wir haben Leute untergebracht. Es sind noch 1200 übriggeblieben. Die materiellen Forderungen werden in etwa durch die neusten Beschlüsse des Berliner Senats erfüllt. Aber es bleiben immer noch 1200 Menschen besonders zu betreuen. Ich hatte mich an den Herrn Bundeskanzler gewendet. Der Herr Bundeskanzler hatte das Ministerium Kaiser mit der Verfolgung dieser Angelegenheit betraut. Am 29. März 1951 habe ich vom Bundesministerium für gesamtdeutsche Fragen einen Brief erhalten, den ich mit Erlaubnis des Herrn Präsidenten hier zur Kenntnis bringen möchte. Es heißt dort:
    Die Verhandlungen über die Zurverfügungstellung einer Sonderzuwendung für die noch vorhandenen arbeitslosen Westberliner Eisenbahner haben sich hinausgezögert und müssen nunmehr, nachdem der Herr Bundesminister der Finanzen die Mittel dafür nicht bereitstellen kann, als gescheitert angesehen werden.

    (Hört! Hört! bei der SPD.)

    Als Grund dafür wird angeführt, daß die Deutsche Bundesbahn noch mehr als 11 000 Beamte und rund 4000 Arbeiter im Bundesgebiet wieder einzugliedern hat. Das sind, soweit ich aus dem Schreiben zu entnehmen glaube, solche Beamte und Arbeiter, die unter das Gesetz nach Art. 131 des Grundgesetzes fallen. Die Gewerkschaft wird nach wie vor dafür Sorge tragen, daß die Leute nicht umkommen. Aber ich darf einmal die Frage aufwerfen, ob eine Regierung, die Menschen, welche für die Freiheit gekämpft haben. im Stich läßt, noch berechtigt ist. das deutsche Volk zum Kampf um Freiheit und Demokratie aufzurufen.

    (Sehr richtig! bei der SPD.)

    Das ist doch das entscheidende Problem. Ich möchte von dieser Stelle aus dringend darum bitten. daß wir uns einmal überlegen — ich muß erst noch die Konsequenzen durchdenken und durcharbeiten -, ob nicht dieser Rest von 1200 Westberliner Eisenbahnern in das Gesetz zu Art. 131 eingegliedert werden kann.

    (Sehr richtig! in der Mitte.)

    Das muß endlich mal ein Ende nehmen. und zwar ein mutes; denn sonst sehe ich trübe in die Zukunft und kann nicht mehr glauben, daß das Wort. daß Berlin unser äußerster Vorposten ist und deshalb alles getan werden muß, um die Menschen dort kampflustig und kampffähig zu erhalten, Wahrheit ist.
    Und noch ein letztes. Ich habe in letzter Minute gehört. daß die Hauptverwaltung der Bundesbahn ihren Sitz von Offenbach nach Köln verlegen soll.

    (Zuruf rechts: Nach Köln? Zuruf von der Mitte: Ist mir neu!)

    Ich möchte bitten, daß man diesen Umzug nicht durchführt. Die rund 650 bei der Hauptverwaltung der Bundesbahn Beschäftigten haben mich dringend ersucht, dafür einzutreten, daß sie von einem nochmaligen Wohnungswechsel verschont bleiben, und zwar im Interesse ihrer Familien, im Interesse der nun schon zum dritten oder zum vierten Male zur Umschulung verurteilten Kinder und im Interesse der Erhaltung der Arbeitsfreude der in dieser Behörde beschäftigten Menschen. ganz abgesehen von den Millionen, die dieser Umzug wieder an Kosten verursachen würde.

    (Sehr richtig! links.)

    Also sowohl aus materiellen als auch aus moralischen Gründen möchte ich das dringende Ersuchen an die Regierung, an den Herrn Bundesverkehrsminister und an das Hohe Haus richten, dafür zu sorgen, daß die Leute an ihrem Arbeitsplatz in Offenbach bleiben. Ich erlaube mir deshalb zum


    (Jahn)

    Schluß, dem Hohen Hause folgenden Antrag zu unterbreiten:
    Der Sitz der Hauptverwaltung der Deutschen
    Bundesbahn bleibt Offenbach am Main.
    Ich bitte Sie, diesem Antrage Ihre Zustimmung
    zu gehen.
    Ich möchte meine Ausführungen schließen. Ich bin der festen Überzeugung, daß ich — aus der Stimmung des Hauses entnehme ich es — an meine Berliner Kollegen berichten kann, daß deren Wünsche endlich restlos ihre Erfüllung finden.

    (Beifall bei der SPD und bei dei CDU.)



Rede von Paul Löbe
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)
Das Wort hat der Herr Abgeordnete Schulze-Pellengahr.

  • insert_commentNächste Rede als Kontext
    Rede von Hubert Schulze-Pellengahr


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CDU/CSU)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)

    Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Bei der Arbeit im Verkehrsausschuß habe ich mich oft gefragt, ob nicht die Kapazität sämtlicher Verkehrsträger in der Bundesrepublik für unsere heutige Wirtschaft zu groß sei. Wir haben heute als Verkehrsträger die Bundesbahn, wir haben die Binnenschiffahrt und wir haben die Straße. Alle zusammen bedingen einen sehr großen Aufwand an Kosten und Investitionen, und ich frage mich deshalb, ob man es verantworten kann, heule noch wesentliche Neuinvestitionen auf dem Gebiete des Verkehrs zu machen, wo doch schon die alten Wege des Verkehrs weitgehend in Unordnung sind und die Verkehrsträger Not leiden.
    Es ist ferner darüber gesprochen worden, daß wir unbedingt zu einer Koordinierung des Verkehrs kommen müßten. Meine sehr verehrten Damen und Herren, die Schwierigkeiten auf diesem Gebiet sind ungeheuer groß, und jeder, der die Arbeit im Verkehrsausschuß miterlebt hat, weiß diese Schwierigkeiten zu würdigen. Früher, als wir das Verkehrsmonopol der Reichsbahn hatten, war es eine einfache Sache, den Verkehr zu regeln. Die Reichsbahn konnte in Deutschland Wirtschaften erblühen lassen, sie konnte sie auch untergehen lassen. Heute ist das Monopol der Rundesbahn durch die Binnenschiffahrt und vor allen Dingen durch die Straße weitgehend durchbrochen, und heute spricht man von einer Notlage der Bundesbahn. Der Straßenverkehr ist eine erhebliche Konkurrenz der Bundesbahn. Ich habe so manchmal das Gefühl, daß die Straße sieh aus dem Gesamtkomplex des Verkehrs gerade die Korinthen herauspickt, also das, was nun mal tarifmäßig begünstigt und deshalb für sie besonders rentabel ist.
    Die Bundesbahn hat eine Beförderungspflicht. Sie muß auch all die Güter übernehmen, die nun mal tariflich nicht so günstig liegen und die eben nicht den effektiven Gewinn bringen. Kriegszerstörungen, Überalterungen des Materials, vor allen Dingen des Oberbaues, behindern die Bundesbahn. Wiederherstellung der Bauwerke ist unbedingt notwendig.
    Das Schlimmste aber, was die Bundesbahn zu tragen hat, sind die ungeheuren Belastungen, die an und für sich mit ihren Aufgaben nichts zu tun haben. Einer meiner Vorredner sagte bereits, daß 76 % aller Personen, die auf der Bundesbahn fahren, zu verbilligten Tarifen reisen. Der Bundesbahn sind durch die Übernahme der ostvertriebenen Eisenbahner ungeheure soziale Belastungen auferlegt worden. Die Bundesbahn hat meiner Ansicht nach die Aufgabe, durch vorbildliche Verkehrsbetreuung der Wirtschaft zu dienen und als Staatsbetrieb in ihren Leistungen auf diesem Gebiet
    mustergültig zu sein. Bei dem heutigen Zustand ist ihr das nicht möglich.
    Oft muß ich mich fragen, ob durch diese Belastungen nicht auch die Kreditwürdigkeit der Bundesbahn in erheblichem Maße geschädigt wird. Ohne größere Kredite können wir das größte Vermögen des Bundes nicht wieder in Ordnung bringen. Diese Kredite kann meines Erachtens die deutsche Wirtschaft nicht zur Verfügung stellen, sie müssen vom Ausland zur Verfügung gestellt werden. Ich kann mich aber manchmal des Eindrucks nicht erwehren, daß man sich heute alle Mühe gibt, das 12-Milliarden-Vermögen der Deutschen Bundesbahn restlos zu verwirtschaften.
    Beim Straßenverkehr, meine sehr verehrten Damen und Herren, gehen die Dinge sehr arg durcheinander, und infolge dieses Durcheinanders sind die Verhältnisse da sehr viel schwieriger. In einer der letzten Sitzungen des Verkehrsausschusses waren Sachverständige geladen, die die Dinge des Verkehrs Von ihrem Standpunkt aus beleuchten sollten. Ich wundere mich, daß man diese Leute noch als ,.Sachverständige" bezeichnet. Man hätte sie als Interessentenvertreter bezeichnen sollen, so arg differierten ihre Meinungen. Es wird eine Sisyphusarbeit für den Verkehrsausschuß sein, diese Meinungen auf den richtigen Nenner zurückzuführen und sie zu koordinieren.
    Die Leistungen des Straßenverkehrs konnten bei rien beschränkten Mitteln leider auch nicht auf die Höhe gebracht werden, die man hätte erwarten können. Straßensicherheit bedingt Straßenverbreiterung und Anlage von Radfahrwegen. Die meisten Straßenunfälle werden durch die Radfahrer verursacht. Diesem Übel könnte dadurch abgeholfen werden, daß man an den Hauptstraßen weitestgehend Radfahrwege anlegt.
    Manches Sauvorhaben mußte zurückgestellt werden. Im letzten Jahre sind durch Ausschußanträge aus dem Bundestag heraus 18 Bauvorhaben angeregt worden. Die Realisierung dieser Bauvorgaben würde einen Kostenaufwand von fast 1,3 Milliarden DM erfordern. Alle diese Anträge zu realisieren, würde den Zeitraum einer ganzen Generation in Anspruch nehmen. Immerhin sind in diesem Etatjahr 1950 8.6 Millionen DM zur Realisierung dieser Ausschußanträge zur Verfügung gestellt worden. für 1951 weitere 18.7 Millionen DM, und im Nachtragsetat 1951 sind darüber hinaus nochmals 25 Millionen DM dafür vorgesehen. Immerhin etwas! Die Verwirklichung dieser Bauanträge ist zu einem Teil eine unbedingte Notwendigkeit. Die Anträge befassen sich aber teilweise auch mit Neuerschließungen von Gebieten, inbesondere in Süddeutschland, Ober die man geteilter Meinung sein kann. Sie fordern z. B. die Erschließung von Gebieten für den Fremdenverkehr. Man kann auch der Meinung sein, daß es Aufgabe des Verkehrs ist, in erster Linie der Arbeit und dem Werktag zu dienen und dann erst die Mittel für den Sonntag und für das Vergnügen bereitzustellen.
    Über die Binnenschiffahrt haben meine Herren Vorredner schon das Nötige gesagt. Dazu nur noch einige Bemerkungen. Im Nachtragsetat sind für gesehen. Ich hoffe, daß dieser Betrag auch wirklich zur Verfügung stehen wird, denn die Konkurrenzfähigkeit der Industriewerke am Nordrand des Industriebezirks bedingt unabweisbar den Ausbau der Nordstrecke des Dortmund-Ems-Kanals. Wir können diese Werke gegenüber den Werken am Rhein nicht schlechter stellen; denn das würde den Dortmund-Ems-Kanal 13,5 Millionen DM vor-


    (Schulze-Pellengahr)

    wahrscheinlich erhebliche Arbeitslosigkeit bedeuten.

    (Sehr richtig! in der Mitte.)

    Noch ein Punkt liegt mir sehr am Herzen. Es ist schon gesagt worden, daß das Personal unserer Verkehrsträger in den Nachkriegsjahren Hervorragendes geleistet hat.

    (Zustimmung.)

    Die Zeiten haben sich geändert und die Menschen Gott sei dank mit ihnen. Ich muß schon sagen, daß unser Verkehrspersonal sich zu seinem Vorteil geändert hat. Wir können heute verzeichnen, daß unser Verkehrspersonal sich bemüht, durch Hilfsbereitschaft und Freundlichkeit einen ausgezeichneten Kundendienst zu üben. Der Angehörige des Verkehrspersonals ist der erste, mit dem der nach Deutschland kommende Ausländer in Verbindung kommt, und der erste Eindruck vom Menschen haftet in der Regel am längsten. So hat das Verkehrspersonal die hervorragende Aufgabe zu erfüllen, für unser Deutschland zu werben. Wir glauben, daß das Verkehrspersonal sich dieser Aufgabe bewußt ist und so das ersetzt, was unseren Verkehrsträgern noch an Bequemlichkeit und Luxus fehlt. In bezug auf Luxus und Bequemlichkeit können wir in Deutschland nicht mit dem Ausland konkurrieren; aber die Menschen können mit jedem im Ausland konkurrieren, und sie sollen unser neues Deutschland durch den neuen Geist, den wir in uns tragen, repräsentieren.

    (Abg. Rische: Außerdem werden Sie so schlecht entlöhnt!)

    — Das liegt eben daran, daß wir leider bei unseren Verkehrsträgern noch diesen immensen Nachholbedarf haben.

    (Abg. Rische: Man muß nicht einen neuen Krieg vorbereiten, wenn man die Kosten des alten noch nicht bezahlt hat!)

    — Nein, kommt nicht in Frage.
    Die Aufgabe unseres Verkehrs ist, wie ich schon sagte, der Wirtschaft zu dienen,

    (Abg. Rümmele: Sehr richtig!)

    aber nicht dadurch, daß sich die einzelnen Verkehrsträger gegenseitig in Konkurrenz bekämpfen. Nein, wir wollen versuchen, sie auf einen Nenner zu bringen, um so zu erreichen, daß sie gemeinschaftlich für unser Deutschland schaffen und arbeiten und so das ihre zum Wohle unseres Vaterlandes beitragen.

    (Sehr gut!)

    Nun zum Antrag des Herrn Kollegen Jahn. Ich bitte, diesen Antrag dem Verkehrsausschuß zu überweisen. Ich glaube, daß wir nach eingehender Prüfung dieser ganzen Angelegenheit sehr bald zu einem positiven Ergebnis kommen werden und daß dieser Antrag nachher die einmütige Billigung des ganzen Hauses finden wird.

    (Beifall in der Mitte.)