Rede von
Helmut
Bazille
- Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede:
(SPD)
- Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Der Herr Bundesminister für Arbeit hat sich hier, wie mir scheinen will, in der Rolle des Pontius Pilatus gefallen: „Ich wasche meine Hände in Unschuld." So leicht allerdings, Herr Minister, können wir Ihnen die Dinge nicht machen. Es steht erstens doch wohl einwandfrei fest, daß durch die Tätigkeit Ihres Ministeriums das Gesetz als solches erst ein halbes Jahr später in Kraft gesetzt werden konnte, als das ursprünglich von diesem Hause gewollt war. Zweitens haben Sie einen Termin für die Herausgabe der Verwaltungsvorschriften zum Bundesversorgungsgesetz genannt, der nicht stichhaltig ist. Zweifelsohne wurde den Ländern der Entwurf dieser Verwaltungsvorschriften im Dezember vergangenen Jahres zur Kenntnis gebracht. Aber vielleicht besitzen Sie die Liebenswürdigkeit, dem Hause den Tag zu nennen, an dem diese Verwaltungsvorschriften Rechtskraft erlangt haben. Das ist für die Länder bei der Durchführung des Gesetzes entscheidend. Der Beamte draußen in der Praxis kann richt mit Richtlinien arbeiten, die ihm zur Kenntnis gekommen sind, sondern er darf ein Gesetz nur nach Verwaltungsvorschriften handhaben, die Rechtskraft besitzen.
Drittens kommt folgendes hinzu. Die Fragebogenflut, die sich über die Kriegsbeschädigten ergossen hat, hatte ihre Quelle im Bundesministerium für Arbeit. Die Fragebogen mögen im einzelnen versorgungsrechtlich einwandfrei sein. Aber sie sind politisch nicht zu verantworten. Das haben Sie, Herr Minister, politisch zu vertreten
Schließlich noch ein Wort zu dem Antrag des Herrn Abgeordneten Brese. Bei oberflächlicher Betrachtung scheint dieser Antrag von Wohlwollen gegen die Kriegsopfer getragen zu sein. Ich möchte hier ganz eindeutig feststellen: er ist es in seiner Auswirkung nicht.
Ich glaube wohl ohne Überheblichkeit sagen zu
dürfen, daß ich in bezug auf diesen Personenkreis
sicher kompetenter bin als der Herr Kollege Brese.
Die Verwaltungsbauten sind in dem Umfange, in dem sie von der Bundesregierung vorgeschlagen wurden, absolut notwendig, um das Bundesversorgungsgesetz so durchzuführen, wie es dieses Haus beschlossen hat. Es gibt gar keine Möglichkeit, an dieser Alternative vorbeizukommen. Wenn Sie sich einmal die Mühe machen, in den Ländern nachzusehen, unter welchen Umständen die Versorgungsbeamten heute zu arbeiten gezwungen sind, dann werden Sie nicht umhin können, darin Entschuldigungsgründe für die gegenwärtigen Zustände zu sehen. Denn man kann von einem Beamten, der eine solche Überfülle von Arbeit zu leisten hat, nicht verlangen, daß er dieser Arbeit gerecht wird, wenn man ihm nicht das notwendige Handwerkszeug zur Verfügung stellt; und dazu gehören auch die Arbeitsräume, in denen diese Arbeit vollbracht werden muß.
Ich möchte Sie deshalb bitten, meire Damen und Herren, diesen Antrag abzulehnen.
Zu den Ausführungen des Herrn Kollegen Mende darf ich sagen, daß er unserer Auffassung sehr entgegenkommt. Wir haben das im Kriegsopferausschuß schon mehrfach betont. Aber an dem gegenwärtigen Zustand werden wir durch diesen Antrag nichts mehr ändern können; denn eine Änderung des Grundgesetzes ist doch mit Zeitverlusten verbunden, die wir den Kriegsopfern nicht r och zusätzlich zumuten können. Wir müssen unter den gegenwärtigen Umständen vom Bundesminister für Arbeit verlangen, daß er alles tut, damit in seinem Hause entsprechend der großen politischen Aufgabe und entsprechend dem einmütigen Willen dieses Hauses verfahren wird, damit sich in Zukunft eine derartige berechtigte und notwendige Kritik erübrigt.