Rede von
Wilhelm
Brese
- Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede:
(CDU/CSU)
- Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Zum Haushalt der sozialen Kriegsfolgelasten habe ich mir einen Änderungsantrag zu
stellen erlaubt. Es tut mir leid, daß zwei meiner Kollegen oder Kolleginnen aus meiner Fraktion diesen Änderungsantrag schon abgelehnt haben, ehe ich ihn überhaupt begründet habe. Wir haben in diesem Hohen Hause ein Bundesversorgungsgesetz beschlossen, das Mittel in Höhe von 3,2 Milliarden DM erfordert. Wir standen damals einmütig auf dem Standpunkt, daß damit die Nöte dieses Personenkreises nicht zu beseitigen sind. Die Mitglieder aller Fraktionen hätten wohl — ich habe das immer wieder feststellen können — gern gewünscht, daß für diesen Personenkreis noch mehr getan würde. Aber wir wissen ja ganz genau, daß uns die Kriegsfolgelasten insgesamt vor schier unlösbare Aufgaben stellen. Gerade vorgestern haben wir das Gesetz über die Entschädigung der nach Art. 131 des Grundgesetzes zu berücksichtigenden Personen durchberaten, und wir wissen, daß dieses Gesetz — wir haben es im Haushaltsausschuß vorberaten — eine Belastung von 850 Millionen DM für unseren Haushalt bringen wird.
- Nein, 850 Millionen DM, Frau Weber! — Wenn ich Ihnen den ganzen Katalog der Kriegsfolgelasten einmal vor Augen führen würde, so würden Sie mir zugeben, daß ich nicht zuviel gesagt habe, wenn ich davon sprach, daß wir vor schier unlösbaren Aufgaben stehen und daß wir nicht das tun können, was wir im Interesse der einzelnen Personenkreise tun möchten.
Nun müssen wir doch versuchen, zur Linderung der Not dieser Personen jede Möglichkeit auszuschöpfen. Ich sehe eine Möglichkeit. Ich weiß, daß die Verwaltung auf Grund dieses Gesetzes 107 Millionen DM erfordert. Das ist immerhin eine beachtliche Zahl, wenn wir wissen, daß der Überschuß der Post, der an den Bund abgeführt wird, 134 Millionen DM beträgt. Von diesen Verwaltungskosten sind in diesem Haushalt 10 Millionen DM für Bauten eingesetzt. Ich habe mich schon im Haushaltsausschuß entschieden dagegen verwahrt, daß wir ausgerechnet in dieser Zeit Mittel in solcher Höhe für neue Verwaltungsdienststellen aufwenden. Ich muß Ihnen sagen, gerade bei dem betroffenen Personenkreis ist dafür kein Verständnis vorhanden, daß heute Verwaltungsgebäude in der Art aufgeführt werden, wie wir es überall in unseren Städten sehen. Ich denke in diesem Zusammenhang an die verschiedenen neu erstellten Arbeitsämter. Dabei weiß ich, daß der Herr Arbeitsminister dafür nicht verantwortlich ist. Wenn wir in Hannover ein Arbeitsamt für 3 Millionen DM und in Frankfurt ein solches mit demselben Kostenaufwand gebaut haben, wenn ich an meine kleinen Kreisstädte in Niedersachsen denke und weiß, daß in Uelzen ein Arbeitsamt für 600 000 DM, in Hameln ein solches für 700 000 DM und in Osnabrück ein solches für 1 200 000 DM gebaut ist, so glaube ich, wir haben damit den Rahmen der Not überschritten. Ich weiß nicht, wie diese Ärmsten der Armen, die gerade bei uns in Niedersachsen unter den denkbar schlechtesten Bedingungen wohnen müssen, sich dazu einstellen, wenn wir auch noch eine Inflation von Versorgungsämtern bekommen.
Ich habe mir deshalb in meinem Antrag den Vorschlag erlaubt, alle Neubauten und Erweiterungsbauten zu streichen. Ich habe all die Wiederaufbauten, all die Ausbesserungen dringelassen. Damit kommen wir in diesem Haushalt zu einer Kostenersparnis von 2 409 000 DM. Da es sich jedoch um erste Raten für diese Bauten handelt. machen die gesamten Projekte, um deren Streichung ich hier bitte, einen Betrag von 7 506 000 DM aus. Wenn wir diese Mittel, wie ich es gern möchte, für den Bau von Wohnungen für Kriegsbeschädigte aufwenden, können wir damit in diesem Jahr 520 neue Wohnungen bauen. Ich glaube, daß wir damit manche dringende Not eines kinderreichen Kriegsbeschädigten lindern könnten. Weil ich weiß, daß, wenn die Gebäude erst einmal fertig sind, auch die Bürokratie sich aufbläht und damit neue Verwaltungskosten entstehen, lege ich darauf besonderen Wert. Wir haben hier heute morgen erlebt, wie Beamte eines Ministeriums ihren Herrn Minister so weit beeinflußten, daß er einen Antrag der Oppositionspartei formulierte, um dadurch sein Aufgabengebiet zu erweitern. Für mich ist es völlig klar, daß dieser im Endeffekt dahin geht, —