Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich habe mich eigentlich darüber ,gewundert, daß Herr Renner mit solcher Erregung hier gesprochen und daß man ihm so heftig erwidert hat. Ich habe nicht den Eindruck, daß es sich lohnt, sich um diese Zwiesprache zwischen dem Hause und Herrn Renner groß zu kümmern, da es offenbar doch unmöglich ist, daß der eine den andern überzeugt.
Aber nun zu den Ausführungen des Herrn Bundesinnenministers. Er hat erklärt, daß es ihm an einer Möglichkeit fehle, gewisse Äußerungen z. B. des Herrn Remer und anderer staatsfeindlicher Elemente zu verfolgen, und hat sich darauf bezogen, daß die Strafrechtsnovelle noch nicht fertiggestellt sei. Natürlich wäre es wünschenswert, wenn die Strafrechtsnovelle schon zum Zuge käme. Der Rechtsausschuß tut trotz seiner Überlastung mit Aufgaben alles, was er kann, um mit dieser Arbeit möglichst schnell fertig zu werden.
Aber der wesentliche Mangel, der den Herrn Innenminister daran hindert, gegen Bewegungen und Organisationen, wie sie Herr Remer hinter sich hat, vorzugehen, ist doch der, daß es noch kein Parteiengesetz gibt. Das ist aber ein Mangel, den das Innenministerium, den der Herr Innenminister zu verantworten hat. Er möge also sich selbst bzw. seinem eigenen Ministerium den Vorwurf machen, daß es ihm an einer Möglichkeit, hiergegen einzuschreiten, noch fehlt.
Es dreht sich ja nicht nur um Herrn Remer als Einzelpersönlichkeit, sondern um mehr. Ich habe mich gewundert, Herr Minister, daß Sie nicht mit größerer Deutlichkeit zu der Behauptung Stellung nehmen konnten, die die Zeitungen brachten, daß der wieder auftauchende „Stahlhelm" seine alte Tradition wieder aufzunehmen versprochen habe. Der Herr Minister hat eine formale Erklärung dazu abgegeben, die gar nicht so weit abliegt von dieser Zeitungsnachricht, die man somit also nicht als ausgesprochen falsch bezeichnen kann.
Wenn der „Stahlhelm" davon spricht, seine alte Tradition wieder aufnehmen zu wollen, so erhebt sich doch die Frage, was damit gemeint ist. Es gibt zwei Traditionen, eine vor und eine nach der Eingliedeung und Gleichschaltung durch Hitler. Ich halte es für selbstverständlich, daß die Tradition des Stahlhelm nach seiner Gleichschaltung vom Herrn Innenminister dann nicht gemeint war, und noch weniger vom Innenminister als vom Stahlhelm selbst, also wohl die Tradition von vorher, die dahin geführt hat, daß der Stahlhelm und gewisse andere Elemente sich in der Harzburger Front vereinigt haben, um die Demokratie zu bekämpfen. Wenn der Stahlhelm, der eine politische, eine parteiähnliche Bewegung darstellt, nicht bekämpft werden kann, so liegt das daran, daß, obwohl unser Antrag länger als ein Jahr vorliegt, das Innenministerium immer noch kein Parteigesetz vorgelegt hat.
Wie steht es im übrigen mit der Bewegung der „Ersten Legion", eine etwas dunkle und unklare Angelegenheit, von der niemand weiß, wie man damit dran ist? Der Innenminister hätte nach meiner Meinung jetzt, da er schon wiederholt das Wort ergriffen hat, Veranlassung, hierzu klar Stellung zu nehmen. Dabei spielt — ich weiß nicht, in welcher Verbindung dieses Unternehmen mit der Ersten Legion oder mit dem Bundestag steht — ein
Unternehmen, das sich Bundesverlags-G.m.b.H. nennt, eine gewisse Rolle. Ich habe zunächst fälschlich — denn ich bin inzwischen durch ein Schreiben des Herrn Innenministers belehrt worden, daß er damit nichts zu tun hat — geglaubt, daß der Herr Bundesinnenminister oder der Herr Bundesjustizminister damit zu tun habe. Beides trifft nicht zu. Aber diese Bundesverlags-G.m.b.H. bedient sich eines Schließfaches hier im Bundeshaus. Es liegt also doch irgend etwas zwischen einer offiziellen Stelle im Bundeshaus und dieser BundesverlagsG.m.b.H. in der Luft. Wir wollen wissen, was das eigentlich ist. Diese Bundesverlags-G.m.bH. bedient sich ganz offenbar des Namens „Bund" zu unrecht. Diese Bundesverlags-G.m.b.H. ist eine sehr zweifelhafte Institution, die zwischen Stahlhelm, Erste Legion und so etwas ähnlichem herumkreucht. Es besteht alle Veranlassung, diesem Mißbrauch mit dem Namen des Bundes ein Ende zu machen.
Ich möchte jetzt nur noch kurz auf zwei Anträge eingehen, die heute zur Besprechung standen. Da ist zunächst der Antrag der Bayernpartei, in der Abteilung V des Bundesinnenministeriums ein Referat V 6 einzurichten. Ich verstehe den Antrag nicht recht. Denn es ist ja längst beschlossen, daß die Abteilung V sich der Angelegenheiten der Fliegergeschädigten, Evakuierten und Währungsgeschädigten ganz besonders annehmen soll. Ich fürchte, daß dieser Antrag dazu führt — statt das ganze Referat einzuschalten —, nur eine kleine Unterabteilung damit zu befassen. An sich ist es natürlich wünschenswert, wenn man sich überhaupt um die Angelegenheiten der Fliegergeschädigten, Evakuierten und Währungsgeschädigten mehr als bisher kümmern würde, und zwar nicht unter dem Gesichtspunkt der Wohlfahrt, der Fürsorge, sondern in der Weise, daß man eine Stelle schafft, die sich dieser Anliegen annimmt. Diese Stelle müßte sich der Anliegen genau so annehmen wie das Flüchtlingsministerium, also . ex officio und nicht nur reflexmäßig aus dem Gesichtspunkt der Wohlfahrt. Ich bin aber besorgt, dieser Antrag könnte zu einer geringeren Einschätzung dieser Interessen führen, wenn er so angenommen wird, wie er vorliegt. Es bedürfte zunächst der Klärung durch die Fraktion der Bayernpartei, was sie hiermit gemeint hat.