Ja, meine Damen und Herren, leider zu sehr später Stunde wird dieser Etat behandelt! Und doch ist der Etat des Bundesinnenministeriums einer der allerwichtigsten! Lassen Sie mich nur noch einige wenige Punkte herausgreifen:
Ich spreche zunächst von der Sicherheitspolizei. Wir sind der Auffassung, daß die Sicherheitspolizei eine Sache der Länder ist und bleiben sollte. Wir sehen nicht ein, warum eine Bundespolizei, abgekürzt Bupo, in diesem Lande hier runden soll.
— Das ist die offizielle Abkürzung für Bundespolizei. Wir haben in den einzelnen Ländern bereits seit Jahr und Tag die Rahmen für eine Sicherheitspolizei. Ich sehe nicht ein, warum wir neben und zu diesen Rahmenorganisationen hinzu noch von Bundes wegen eine Sicherheitspolizei schaffen müssen.
Der Herr Bundesinnenminister sprach dann über das Paßwesen an den Grenzen. Er sagte, wenn ich ihn recht verstanden habe, auf einen Zwischenruf, daß es noch keinen Paßkontrolldienst an den Grenzen gebe. Das stimmt nicht, Herr Innenminister! Da kennen Sie die Dinge an den Grenzen leider sehr wenig. Seit vielen Wochen schon existieren solche Grenzpolizeistellen, und zwar leider mit sehr negativem Erfolg. Große Beschwerden auch vom Ausland sind bereits da. Seriöseste Blätter des Auslandes — ich erinnere nur an die „Basler Nachrichten", aber auch wichtige Zeitungen aus anderen Ländern — haben sich bereits über die an den Grenzen herrschenden Zustände beschwert und darauf hingewiesen, wie hier durch die Schuld eines bürokratischen Systems die Durchreise sowie die Ein- und Ausreise aus und nach Deutschland erschwert werden. Jeder einzelne Reisende, jeder Durchreisende und Ausreisende wird nämlich mit Vornamen, Zunamen, Wohnort, Straße, Beruf usw.
— das alles muß in Blockschrift geschrieben werden — von dem zuständigen Grenzpolizeibeamten in ein Register eingetragen. Wie mir bekannt ist, ist das in keinem Lande Westeuropas der Fall. Das führt in Basel sogar zu Zugverspätungen von einer halben Stunde, einer Stunde und noch mehr und führt dazu, daß die Holländer und die Belgier, die
in die Schweiz und nach Italien reisen wollen, nicht mehr über die deutsche Rheintal-Linie, sondern über die französische Strecke fahren, weil es dort derartige Dinge nicht gibt. Wir haben hier einen Formalismus übelster Art. Schade, daß die Herren der CDU von den Grenzgegenden mich hier nicht unterstützen. Der Herr Kollege Hilbert — er ist leider nicht da — sollte wissen, wie es hier zugeht, nicht bloß in Lörrach und Weil, sondern genau so in Kehl und an anderen Grenzübergangsstellen! Diese Zustände sind für uns kein Ruhmesblatt, und wir ersuchen den Herrn Innenminister als den zuständigen Polizeiminister, hier nach dem Rechten zu sehen, damit die eigene deutsche Grenzwacht nicht wieder mit diesem forschen Stil beginnt, der uns in der Vergangenheit in der Welt nicht gerade viele Freunde gemacht hat.
— Diese Eintragungen, Herr Minister, sind, wie mir bekannt ist, keine direkte alliierte Anordnung Es genügt das Abstempeln der Passe usw., wie es andere Länder auch vorschreiben. Wenn das wirklich eine alliierte Anordnung ist, hätten Sie, Herr Bundesinnenminister, das gegenüber den Stimmen aus dem Ausland schon lange erwähnen müssen! Dann kann ich Ihrem Pressechef nur den Vorwurf machen, daß er anscheinend keine Zeitungen liest oder sich überhaupt nicht informiert.
Meine Damen und Herren! Ein weiteres wichtiges Thema: der Rundfunk. Wir wehren uns schärfstens dagegen, daß der Rundfunk direkt oder indirekt eine Staatsorganisation, ein Hilfsdienst für die jeweiligen Staatsmachthaber werden soll. Es wurde heute gefragt: Gibt es denn Länder, bei denen es nicht so wäre? Ein Abgeordneter — wenn ich mich nicht täusche, war es der Kollege Bausch — sagte, das sei doch in allen Ländern so.
In allen normalen Ländern, ganz richtig, Herr Kollege Bausch, das sagten Sie! Ich antworte Ihnen, daß es keineswegs so in allen normalen Ländern ist. Oder, wollen Sie Amerika nicht als normales Land in Ihrem Sinne betrachten? In Amerika ist der Rundfunk weitgehend frei, und in anderen Ländern ist es ebenso. Jedenfalls, eines ist in diesen Ländern nicht der Fall: daß bei den politischen Parteien ein Unterschied gemacht wird, wer jeweils sprechen darf. Die, die an der Regierung sind, die können in Deutschland über den Rundfunk reden, und anderen wird das unter fadenscheinigen Begründungen verunmöglicht. Das ist keine Demokratie mehr; das ist etwas ganz anderes!
Das führt dazu, daß unsere Bevölkerung nicht mehr die Hochachtung vor dem Rundfunk und nicht mehr vor der Regierung hat, die in einer Demokratie nötig wäre.
In Amerika kann sich jeder sogar eine Zeit beim Rundfunk mieten und dort sprechen, Herr Kollege! Sie kennen die Verhältnisse dort anscheinend nicht. Ich empfehle Ihnen, melden Sie sich für die nächste Reisegruppe nach Amerika hinüber. Ich kenne die Verhältnisse dort sehr gut.
Meine Damen und Herren! Wir sprachen heute beim Etat des Innenministeriums auch noch von der kulturellen Angleichung in den einzelnen Ländern.
— Jawohl, genau der Satz wurde gebraucht.