Rede von
Dr.
Robert
Lehr
- Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede:
(CDU)
- Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich komme zunächst zu der Helgoländer Frage. Die Aufgaben, die die Rückführung der Bevölkerung nach Helgoland und die Wiederbesiedlung der Insel nach ihrer Freigabe betreffen, gehören an sich nicht zur Kompetenz des Bundes; sie gehören zur Kompetenz des zuständigen Landes Schleswig-Holstein. Die Landesregierung von Schleswig-Holstein unternimmt bereits die nötigen und die möglichen Vorarbeiten zur Wiederbesiedlung der Insel. Am Ostermontag hat auf Veranlassung der schleswig-holsteinischen Landesregierung eine amtliche Besichtigung der Insel stattgefunden, an der auch verschiedene Bundesministerien durch ihre Vertreter teilgenommen haben. Die Besichtigung diente dazu, einen ersten Überblick über den beklagenswerten Zustand der Insel zu schaffen und danach Vorbereitungen für den späteren Wiederaufbau zu planen. Das Innenministerium war ebenfalls durch einen Vertreter an dieser Besichtigung und Planung beteiligt.
Im übrigen ist die Bundesregierung bereit, Anträge des Landes Schleswig-Holstein auf finanzielle Unterstützung des Wiederaufbaues der Insel so wohlwollend, wie es die Lage nur irgendwie gestattet, zu prüfen. Sie wissen vielleicht, daß gerade in diesen Tagen die schleswig-holsteinische Regierung ein Kuratorium gebildet hat, um aus allen Teilen des Bundesgebiets Unterstützung heranzuziehen, und daß, soweit ich unterrichtet bin, wohl an sämtliche Mitglieder des Kabinetts die Aufforderung ergangen ist, sich anzuschließen. Ich selbst habe jedenfalls heute meinen Beitritt erklärt.
Zu dem Antrage der Zentrumsfraktion, daß die Bundesregierung alsbald Verhandlungen mit dem britischen Hohen Kommissar zwecks Verlegung einer Polizeiabteilung nach Helgoland aufnehmen möge, damit die Ausplünderung der Insel verhindert werde, läßt sich sagen, daß dort tatsächlich im gewissen Umfange Diebstähle an Schrott und an dem dort sonst anfallenden Material vorgekommen sind. Aber es ist unter den gegenwärtigen Verhältnissen ja nicht möglich, Polizeiabteilungen auf der Insel zu stationieren, und zwar wegen der mit dem Aufenthalt auf der Insel unmittelbar verbundenen Gefahr für Leib und Leben. Für den Fall der weiteren Prüfung der Frage werden wir uns je nach dem Maß der uns zur Verfügung stehenden Mittel jedenfalls beteiligen und die möglichen Schritte unternehmen.
Ich komme damit zu dem Antrag der KPD. Auf die persönliche Seite werde ich dann am Schlusse eingehen. Der Antrag der Fraktion der KPD, den Beschluß der Bundesregierung über Maßnahmen gegen Unternehmungen, die politische Organisationen verfassungsfeindlichen Charakters unterstützen, abzulehnen, wird damit begründet, daß dieser Beschluß eine Verletzung des Art. 3 unserer Verfassung enthalte. Der Einwand ist nicht begründet.
Der Art. 3 ist hineingestellt in die verfassungsmäßige freiheitliche Grundordnung unserer Bundesrepublik. Nach Art. 2 des Grundgesetzes hat jeder das Recht auf freie Entfaltung seiner Persönlichkeit, soweit er nicht die Rechte anderer verletzt und soweit er nicht gegen die verfassungsmäßige Ordnung verstößt.
Daraus folgt, daß der Art. 3 nur in Zusammenhang mit den diese Grundordnung konstituierenden Bestimmungen ausgelegt werden kann. Wenn die Bundesregierung solchen Wirtschaftsunternehmungen, die verfassungsfeindliche Organisationen unterstützen, keine wirtschaftliche Förderung zuteilwerden läßt und ihnen insbesondere keine Aufträge erteilt, dann handelt sie in Ausübung der Verpflichtung zu staatlicher Selbsterhaltung.
Wenn die Bundesregierung die notwendigen Maßnahmen zum Schutze der freiheitlichen Grundordnung nicht ergreifen würde, würde sie sich selbst aufgeben und es unterlassen, das ihr nach der allgemeinen Staatsrechtslehre zustehende Notwehrrecht in Anspruch zu nehmen.
Zu der persönlichen Seite. Ich glaube, Herr Abgeordneter Renner, ich habe Ihnen bei vielen Gelegenheiten bewiesen, daß ich für Sie und Ihre Freunde und Ihre Bestrebungen hellhörig genug bin.
— Über Spitzelapparate wissen wir allerdings genau Bescheid!
Im übrigen möchte ich Sie darauf verweisen, daß Sie mir schon einmal im Landtage von NordrheinWestfalen mit denselben sinnlosen Verdächtigungen gegenübergetreten sind und behaupteten, ich
9 hätte den Nationalsozialisten in irgendeiner Form Beistand geleistet. Mein Kampf gegen die Nationalsozialisten, den ich jahrelang geführt habe, ist hinreichend bekannt. Ich brauche das hier nicht noch einmal anzuführen.
In dieser Einstellung bewerte ich auch Ihre Ausführungen, Herr Renner.