Rede von
Robert
Görlinger
- Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede:
(SPD)
- Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich bin ehrlich entsetzt über die Ausführungen meines Herrn Vorredners.
Ich bitte die Damen und Herren des Hohen Hauses, die in der Kommunalverwaltung tätig sind oder mit der Kommunalverwaltung Kontakt haben — vor allen Dingen mit der zerstörter Großstädte des Westens — mal einen Augenblick darüber nachzudenken. Ich will einmal an dem Beispiel der Stadt
Köln erläutern, wie die Situation ist. Im Jahre 1945, als. wir mit 35 000 Einwohnern von 780 000 die Verwaltung begannen, haben die Engländer sämtliche der NSDAP Angehörigen aus der Verwaltung. herausgesetzt. Wir mußten neue Leute hereinnehmen und mit ihnen beginnen. Sie haben sich zum großen Teil später auch bewährt. Später haben wir dann die entlasteten Pgs wieder aufnehmen müssen und müssen es heute noch. Wir haben die ganzen kriegswirtschaftlichen Betriebe gehabt, die abgebaut worden sind. Wir haben heute noch über 120 000 Kölner Bürger, die evakuiert sind. Daß bei dem Zerstörungsgrad unserer Stadt — heute noch liegen 135 000 Wohnungen an der Erde — gar keine Möglichkeit bestand, aus dem Osten kommende Flüchtlinge in der Stadt anzusiedeln, werden Sie begreifen.
Seit' zwei. Jahren bemühen wir uns, durch den Abbau, der kriegswirtschaftlichen Betriebe die Zahl der Angestellten — denn die Beamten sind ja fest , eingestellt. — zu vermindern. Aus sozialen Gründen haben wir immer noch nicht voll die Abbauziffern erreicht, . die wir durch den Abbau der kriegswirtschaftlichen Betriebe hätten erreichen können. Jetzt bitte ich Sie, einen Augenblick zu überlegen: Wo ist dort Raum für die Einstellung von neuen Angestellten aus dem Osten? Dafür ist überhaupt kein Raum mehr da.
Es kommt noch eines hinzu. Unser gesamter Angestellten- und Beamtenkörper ist total überaltert,
d. h. die Betreffenden befinden sich alle in einem sehr hohen Lebensalter. Auch das ist eine Kriegserscheinung. Die Großstädte stehen vor dem Problem, jugendlichen Nachwuchs heranzuziehen. Diese Frage ist für die Zukunft der Gemeindeververwaltung sehr ernst.
Jeder, der dabei praktisch mitgearbeitet hat, weiß, daß das, was Sie beschließen wollen, eine direkte Strafe bedeutet. Für Köln bedeutet es, daß wir 11/2 Millionen DM pro Jahr an diesen Fonds abzuführen hätten, ohne überhaupt die Möglichkeit zu haben, einen einzigen Mann einzustellen; denn wir müssen — das sage ich noch einmal — noch Leute abbauen, um auf den Stand zu kommen, den zu erreichen notwendig ist. Das sind doch die Tatsachen. In den Gemeindevertretungen, zumindest in allen zerstörten Städten, ist man ohne Unterschied der politischen Parteien einer Meinung, daß das, was Sie beschließen wollen, eine Strafe für die Städte ist, die durch eine Erhöhung der Gewerbesteuer um mindestens - 20 % ausgeglichen werden muß. Was Sie hier als Belastung beschließen, taucht dort wieder auf. Sonst ist der Haushaltsplan nicht ausgeglichen.. Ich betone noch einmal: Ich warne davor, einen solchen Beschluß zu fassen; er ist gemeindeschädlich und gemeindefeindlich in der tiefsten Wurzel.,