Rede von
Oskar
Müller
- Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede:
(KPD)
- Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (KPD)
Meine Damen und Herren! Der Herr Abgeordnete Dr. Wellhausen hat hier zum Ausdruck bringen wollen, daß von einer Gewerkschaftsfeindlichkeit der Unternehmer nicht zu sprechen sei. Ich glaube aber, die Tatsachen beweisen das Gegenteil. Das Gegenteil beweisen allein schon die Forderungen, die sich in den von der FDP eingebrachten Anträgen dokumentieren. Dieselbe Tendenz — und das ist heute, bei der dritten Lesung, noch offensichtlicher geworden als bei der zweiten Lesung — lag auch der Polemik des Kollegen Sabel zugrunde, als er auf die Haltung der Gewerkschaften in Bayern vor allen Dingen zu der Preispolitik der Adenauer-Regierung anspielte. Er versuchte, heute schon ein Alibi zu schaffen, wenn eines Tages die Herren Unternehmer beabsichtigen, mit Hilfe bestimmter Kreise der CDU/CSU eigene christliche Gewerkschaften aufzuziehen.
Ich glaube, die Entwicklung wird das, was wir heute hier ausführen, aller Voraussicht nach bestätigen. Ich möchte hier gegenüber der gesamten Arbeiter- und Angestelltenschaft heute schon auf diese Tendenzen hinweisen, die dahin gehen: die Herren in Bonn, die zur Zeit an der Macht sind, werden, wenn die Gewerkschaftsmitglieder und Organisationseinheiten der Gewerkschaften nicht so spuren, wie sie es wollen, eine Spaltung der Arbeiterbewegung auf gewerkschaftlichem Gebiet anstreben. Dem entsprechen auch die Änderungsanträge, die — wenn ich mich jetzt einmal auf die vorliegende Fassung stütze — dahin gehen, daß in einem Betrieb die Arbeiter ihren eigenen Vertreter und die Angestellten ihren eigenen Vertreter in getrennten Wahlgängen zu entsenden haben. Praktisch bedeutet das, daß die Spaltung in die betriebliche Ebene bereits hineingetragen wird. Dagegen wenden wir uns mit aller Entschiedenheit.
Aber, meine Damen und Herren, das ist nicht das Grundlegende. Das Entscheidende ist in dem § 6. Die Frage, wer die Vertreter in den Aufsichtsrat zu entsenden hat, kann und darf doch nur nach demokratischen Gesichtspunkten dahingehend beantwortet werden, daß die Betriebsbelegschaft die in den Aufsichtsrat zu wählenden Vertreter in ihrer Gesamtheit zu wählen hat. Deswegen hatten wir bereits in der zweiten Lesung den entsprechenden Änderungsantrag eingebracht, den wir heute, in der dritten Lesung, aufgreifen und noch einmal einbringen. Er besagt:
Die Wahl der Vertreter der Arbeitnehmer in den Aufsichtsrat erfolgt in geheimer Abstimmung durch die gemäß Betriebsrätegesetz wahlberechtigten Betriebsangehörigen.
Vorschlagsberechtigt sind die Betriebsräte
mit dem Vertrauensmännerkörper. Die Wahlvorschläge bedürfen der Bestätigung durch die
Belegschaft. Außerdem können Wahlvorschläge
seitens der Belegschaft eingereicht werden. Mit diesen beiden Bestimmungen des von uns eingebrachten Antrages ist — ich habe bereits in der zweiten Lesung die Feststellung des Kollegen Imig aufgegriffen, daß 80 bis 90% der Arbeitnehmer in den Betrieben gewerkschaftlich organisiert sind —, da ja die gewerkschaftlichen Mitglieder die Organisation sind, der gewerkschaftliche Anspruch gesichert.
Ich möchte noch ergänzend hinzufügen: wir als Kommunisten wünschen und setzen uns dafür ein, daß sich die Arbeiterschaft in ihrer Gesamtheit gewerkschaftlich organisiert, so wie wir auch in unserer Partei den Beschluß haben, daß jedes Parteimitglied gewerkschaftlich organisiert sein muß. Mit der Anderung des § 6 wird die Grundlage dafür geschaffen, daß die so gewählten Aufsichtsratsmitglieder in ihrer funktionellen Betätigung und in ihrer Aufgabenstellung an die Weisungen gebunden sind, die ihnen seitens der Belegschaft erteilt werden.
— Das ist nicht eine Verantwortung für die Herren Aktionäre, sondern eine Verantwortung gegenüber der Belegschaft, eine Verantwortung gegenüber unserem ganzen Volk, um zu verhindern, daß Betriebe für Rüstungszwecke verwendet werden, und um dafür zu arbeiten, daß die Produktion ausschließlich der friedlichen Entwicklung und den friedlichen Bedürfnissen der Bevölkerung dient.