Rede von
Alfred
Loritz
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Meine sehr geehrten Damen und Herren! Der Herr Antragsteller hat mit Recht auf die unhaltbaren Zustände hingewiesen, die auf dem Gebiete der Papierversorgung bestehen, und hat mit Recht die Gefahren aufgezeigt, die sich daraus für alle politischen Parteien und ,sogar für die Aufrechterhaltung der Demokratie ergeben, wenn es nämlich den Zeitungen und den politischen Parteien nicht mehr möglich ist, ihre Meinung so zu vertreten und an so viele Leser heranzubringen, wie das notwendig erscheint.
Wir müssen uns über die Gründe für diese Papiernot klar sein. Dazu möchte ich folgendes sagen. Solange die Köhlenzuteilung an wichtigste Schlusselbetriebe, zu denen die Papierindustrie zweifelsohne gehört, so niedrig ist wie heute, darf man sich nicht wundern, wenn die Papierproduktion nicht in dem Umtang vor sich gehen kann, wie man es nach der Kapazität der Werke erwarten konnte. Hier rächt sich eben wieder einmal eine falsche Gesamtwirtschaftspolitik dieser Regierung, die zwar Kohle — das Rohmaterial — im Herbst vorigen Jahres zu hunderttausenden von Tonnen in die Schweiz und in andere Länder geliefert hat, damit diese Lander Papier fabrizieren konnten und alles andere dazu, wie Maschinen usw. Aber unseren Fabriken und damit auch unseren Arbeitnehmern in den Fabriken stehen diese Mengen nicht zur Verfügung! So geht es jetzt wieder. Ich habe mir einmal die Muhe gemacht, die Aufschlüsselungen, die für die einzelnen Industriezweige hinsichtlich der Kohlezuteilung erfolgt sind, anzusehen. Ich persönlich habe die feste Überzeugung, daß bei diesen Aufschlüsselungen die ungeheure Wichtigkeit des Materials Papier nicht in vollem Umfange erkannt wird. Es gibt manche Industriezweige, die man ganz anders kürzen könnte, vielleicht sogar — ich weiß, daß ich mich damit in stärkstem Gegensatz zu Herrn Kollegen Horlacher befinde — die Schnapsfabrikanten und andere, welche Zuweisungen an Kohle bekommen!
Die Papierfabriken sind genau so wie z. B. die eisenverarbeitende Industrie und die Bauindustrie eine der wichtigsten Schlüsselpositionen unserer Wirtschaft. Hier muß eine andere Aufschlüsselung der Zuteilung für die Industrie Platz greifen. Der Vorredner hat mit Recht darauf hingewiesen — ich freue mich, daß ich da auch einmal einem Redner der Regierungsparteien zustimmen kann —, daß es ein Unrecht wäre, hier nur einseitig zugunsten der Druckpapier herstellenden Fabriken vorzugehen und die anderen zu vernachlässigen, wie z. B. Werkdruck-, Illustrationsdruck-, Offsetdruck- usw. -papier herstellende Fabriken. Da hat er vollkommen recht. Es ist eine Ungerechtigkeit, hier
eine Unterscheidung zu treffen. Diese ist bereits getroffen; denn die Zeitungspapier herstellenden Fabriken bekommen etwas mehr von dem wichtigen Rohstoff Kohle zugeteilt als die Papierfabriken, die Werkdruck und Illustrationsdruck herstellen, sogar dann, wenn sie exportieren und damit für unser deutsches Land wertvollste Devisen hereinholen.
Es ist ganz richtig, wenn darauf hingewiesen wurde, daß von der Belieferung mit solchem besseren Papier das wirtschaftliche Schicksal von Hunderttausenden von Menschen, darunter von Tausenden von Arbeitern, Setzern usw. in den betreffenden Druckereien abhängt. Sie können hier nur dann eine Abhilfe bringen — das möchte ich den Herren Antragsteller sagen —, wenn Sie die gesamte gegenwärtige Wirtschaftspolitik dieser Regierung völlig anders gestalten helfen. Solange wir ein System haben, bei dem planlos und ziellos gewirtschaftet wird, bei dem wichtigste Rohstoffe exportiert werden und dann die Fertigwaren, die andere Länder daraus hergestellt haben, zum dreifachen und vierfachen Preis importiert werden, so daß unseren Arbeitern diese Arbeitsgelegenheit verlorengeht, solange wir eine derartig unsinnige Gesamtwirtschaftspolitik haben, nutzt die Annahme oder Ablehnung einzelner Teilanträge auf diesem Gebiet leider gar nichts.