Rede von
Hermann
Ehren
- Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede:
(CDU/CSU)
- Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich habe es nicht nötig, dem Hohen Hause die Dringlichkeit zeitgemäßer Publizistik vorzutragen. Wohl aber erachte ich es für angebracht, auszusprechen, daß die Möglichkeiten, eine solche Publizistik zu betreiben, nahezu nicht mehr gegeben sind, und zwar nicht etwa deshalb, weil es an Fachleuten oder an dem notwendigen Interesse mangelt, sondern weil die Voraussetzungen auf dem Gebiete der Papierversorgung einfach fehlen. Es muß gesagt werden, daß die Verhältnisse hier untragbar geworden sind und daß die Gefahr besteht, daß wir zu chaotischen Zuständen kommen. Es gibt Fachleute, die der Auffassung sind, daß wir schon mitten in diesen chaotischen Zuständen drin sind. Es geht um den Bestand der deutschen Tages-
presse. Die normale Zeitungspapierproduktion in der Bundesrepublik reicht für den derzeitigen Bedarf der deutschen Presse nicht aus. Es fehlen für die regelmäßige Herausgabe von Zeitungen und Zeitschriften erhebliche Papiermengen. Es wird Sie sicher interessieren, einige Zahlen über die Produktion und den Verbrauch von Papier in der Bundesrepublik zu hören.
In der Bundesrepublik werden augenblicklich ca. 12 000 t Papier monatlich erzeugt. Dem steht ein Bedarf von monatlich 15 000 t gegenüber. Selbst bei voller Auslastung unserer Fabrikation — leider war selbst das in den letzten Monaten nicht einmal der Fall — bleibt ein monatlicher Fehlbetrag von ca. 3000 t. Bis Dezember 1950 konnte diese Fehlmenge durch Importe ausgeglichen werden. Der verhängnisvolle Engpaß wäre also augenblicklich nicht in diesem Maße vorhanden, wenn diese Einfuhren nicht eingestellt worden wären. Nicht nur die interessierten Zeitungsverlegerverbände, sondern auch wir verfolgen mit wachsender Sorge diese Entwicklung. Die Verlegerverbände haben durch die Einschränkung des Zeitungsumfangs versucht, der Lage Rechnung zu tragen. Das Ergebnis ist nicht erfreulich. Eine weitere Umfangbeschränkung ist unmöglich, wenn die Presse ihre verantwortliche Aufgabe auch weiter erfüllen soll. Aber auch trotz dieser Bemühungen ist es bisher nicht gelungen, die notwendigen Papiermengen sicherzustellen. Der Plan, die Zeitungen viermal wöchentlich erscheinen zu lassen, ist bekanntlich von der Masse der Leser mit großer Entrüstung abgelehnt worden. Sie werden ebenfalls der Meinung sein, daß eine solche rückläufige Entwicklung untragbar ist. Wir sind daher im Interesse der Sicherstellung des weiteren täglichen Erscheinens der Tagespresse gezwungen, die Regierung aufzufordern, die entsprechenden Maßnahmen zu ergreifen.
Meine Fraktion hält es für notwendig, der Zeitungspapierherstellung und der Belieferung der Zeitungen mit Papier die Priorität zuzuerkennen. Die Papierfabriken haben daher erstens zunächst die Versorgung der Tageszeitungen mit Papier vor allen anderen Druckerzeugnissen sicherzustellen. Ich möchte betonen, daß meine Fraktion der Auffassung ist, daß gewerkschaftliche, kirchliche, wissenschaftliche und sonstige Zeitschriften in die gleiche Dringlichkeitsstufe gehören. Wer heute Gelegenheit hat, Einblick in die Auslagen der Buchhandlungen und Zeitungsstände zu nehmen, der wird feststellen, daß für die Herstellung mancher zweifelhafter Presseerzeugnisse Papier anscheinend in Hülle und Fülle vorhanden ist.
Hier ist von einem Mangel nichts zu spüren. Wir beklagen uns mit Recht über den mangelnden Widerhall unserer Arbeit in der Öffentlichkeit, müssen aber gleichzeitig feststellen, daß die deutsche Tagespresse aus organisatorischen Mängeln, die meines Erachtens behoben werden könnten, nicht in der Lage ist, -ihre publizistische Arbeit durchzuführen.
Wir müssen zweitens fordern, daß die Papierfabriken eine ausreichende Zuteilung von Kohle erhalten,
um ihre Kapazität auszunutzen. Wenn es notwendig ist, müssen ihnen auch Devisen zur Verfügung gestellt werden, damit sie in die Lage versetzt sind, die für die Papierherstellung uns mangelnden Rohstoffe einzuführen. Ich bin der Auffassung, daß die Einfuhr mancher überflüssiger
Luxuserzeugnisse wie Blumen, Parfums oder sonst etwas dafür ruhig unterbleiben könnte.
Meine Fraktion hält es drittens für notwendig — und das wurde ja auch von den Herren, die die Vorlage begründeten, schon herausgestellt —, daß die Regierung ihre Aufmerksamkeit der Preisentwicklung auf dem Papiermarkt zuwendet. Hier sind die Verhältnisse mehr als ungesund geworden. Während der Preis für eine Tonne Papier im Jahre 1936 225 Mark betrug, beläuft sich dieser Preis heute auf 87,50 DM. Allein seit Dezember vorigen Jahres ist eine Preissteigerung von 41% zu verzeichnen. Diese gewaltige Preissteigerung hat die gesamte Kalkulation der deutschen Presse über den Haufen geworfen und bedroht den wirtschaftlichen Fortbestand derselben auf das ernsteste. Es muß einmal in aller Öffentlichkeit gesagt werden, daß die Preiserhöhungen, die für ein Abonnement vorgenommen werden mußten, nicht ausgereicht haben, um nur die erhöhten Papierkosten zu decken.
Auch das darf gesagt werden, daß die Angestellten
— besonders das redaktionelle Personal — der deutschen Presse aus diesen Gründen im Gegensatz zu fast allen anderen Berufen seit Jahren auf eine Gehaltsverbesserung warten mußten. Es ist daher zu veranlassen, daß die Papierfabriken ab sofort einen Berechtigungsnachweis für diese horrenden Preissteigerungen zu erbringen haben. Wir haben alle ein Interesse daran, auf dem Gebiete des Pressewesens gesunde Verhältnisse zu schaffen.
Aus diesen Gründen unterstützt meine Fraktion die Anträge der beiden Fraktionen.