Rede von
Dr.
Franz
Richter
- Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede:
(SRP)
- Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (WAV)
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Es ist nicht oft der Fall, wenn Anträge auf Aufhebung der Immunität gestellt werden, daß man mit einer solchen Geschwindigkeit arbeitet wie in diesem Falle. Ich habe das Gefühl, daß man eine solche Geschwindigkeit immer nur dann entwickelt, wenn es sich um ganz bestimmte Abgeordnete handelt, die nicht zu den Lieblingen des Hauses gehören.
dem Herrn Abgeordneten Dr. Dorls zunächst einmal in diesem Hause Gelegenheit zu geben, selber dazu Stellung zu nehmen.
Das mindeste ist doch wohl, daß jemand, den man anklagt, sich auch verteidigen kann.
Das ist ein Recht, das Sie allerdings denen, die hier in diesem Hause angeklagt werden, nicht gern zubilligen möchten.
Darüber hinaus möchte ich auf etwas anderes hinweisen. Der Antrag, der hier vorgelegt worden ist, scheint mir auch juristisch nicht haltbar zu sein;
denn bei einer Beleidigung zu einer Verhaftung zu schreiten, ist etwas ganz Außergewöhnliches.
Ich glaube, wenn das Hohe Haus diesem Antrag zustimmte, könnte man nicht um den Eindruck herumkommen, daß die dann dafür in Frage kommende Mehrheit dem Staatsanwalt schon eine Art Marschbefehl geben möchte, um in dieser Form in den niedersächsischen Landtagswahlkampf einzugreifen.
Hätte man die ganze Angelegenheit etwas geruhsamer behandelt, was man auf Grund eines früheren Falles dem Hause wirklich anraten muß, dann wäre dieser Eindruck zum mindesten nicht in der Form aufgetreten, wie es heute der Fall ist.
Darüber hinaus möchte ich noch auf eins hinweisen. In diesem Hause ist schon einmal einem Abgeordneten die Immunität nicht entzogen worden trotz eines — ich möchte sagen — etwas derberen Ausdruckes, und zwar mit Rücksicht darauf, daß er diesen Ausdruck im bayerischen Landtagswahlkampf gebraucht hat. Auf diesen Hinweis wurde damals noch etwa der Zuruf gemacht: Na, so etwas ist nur in Bayern möglich! Ich will durchaus nicht behaupten, daß so etwas nur in Bayern möglich ist, möchte aber doch meinen, daß man, wenn man dem einen Abgeordneten zubilligt, daß
er vielleicht in der Erregung einen etwas scharfen, ungewöhnlichen Ausdruck gebraucht hat, dann auf der anderen Seite nicht päpstlicher sein sollte als der Papst.
Des weiteren möchte ich darauf hinweisen, daß in diesem Hohen Hause die Immunität in einem Fall nicht entzogen worden ist, in dem es sich tatsächlich nicht um eine politische Angelegenheit wie hier, sondern um eine Klage wegen Entwendung von Gegenständen gehandelt hat. Ob diese Klage zu Recht bestand oder nicht, spielt gar keine Rolle. Ich glaube nicht, daß sie zu Recht bestand. Aber sie lag zum mindesten vor und war kein Politikum, so daß der Ausschuß für Geschäftsordnung und Immunität die Immunität des betreffenden Abgeordneten hätte aufheben können.