Rede von
Dr.
Michael
Horlacher
- Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede:
(CDU/CSU)
- Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CSU)
Meine sehr verehrten Damen und Herren! Bei dieser Angelegenheit handelt es sich um folgenden Tatbestand. Der Herr Präsident dieses Hauses hat das ja schon
einmal bekanntgegeben, aber ich muß das jetzt im Zusammenhang mit der Berichterstattung über die Behandlung dieses Falles im Immunitätsausschuß noch einmal behandeln.
Der Herr Dr. Fritz Dorls, Mitglied dieses Hauses und erster Vorsitzender der Sozialistischen Reichspartei, hat über den bayerischen Ministerpräsidenten ein Fernschreiben an den Bayerischen Innenminister Hoegner in München gerichtet, und zwar wurde hierzu der Fernschreiber des Bundeshauses benützt. Das Fernschreiben hat folgenden Wortlaut:
Durch Pressevertreter in Bonn wurde mir mitgeteilt, daß laut Erlaß Ihres Ministeriums Versammlungen der Sozialistischen Reichspartei im Reichslande Bayern verhindert werden sollen.
Der Ausdruck „Reichslande Bayern" — das habe ich als Berichterstatter des Ausschusses zu sagen — ist ein direkt nationalsozialistischer Begriff. — Es heißt dann weiter:
Diese Anordnung wird von uns, da verfassungswidrig, als gegenstandslos betrachtet. Unsere Meinung zur Sache: Amerikanisches Terrorregiment durch ihre politischen Zuhälter in Deutschland.
Bei diesem Passus wurde im Ausschuß die Meinung zum Ausdruck gebracht, daß das eine allgemeine Verleumdung all der Personen darstellt, die nach dem Zusammenbruch die Arbeit mit den Besatzungsbehörden haben aufnehmen müssen.
Dann kommt der Schlußsatz:
Unsere Meinung zu Ihrer Person:
— also zur Person des Herrn Dr. Hoegner —
Sie sind das verächtlichste Subjekt, das die deutsche Erde je getragen hat, weil Sie sich freiwillig als Hinrichtungszeuge in Nürnberg zur Verfügung gestellt haben.
Es ist insbesondere notwendig, den Begriff „freiwillig", der hier steht, so rasch wie möglich nachzuprüfen. Der Herr bayerische Minister des Innern und stellvertretende Ministerpräsident hat gegen den Herrn Abgeordneten Dr. Fritz Dorls Strafantrag wegen Beleidigung gestellt und ersucht, die Immunitätsaufhebung zur Strafverfolgung beim Bundestag zu erwirken.
Bei der Beratung im Geschäftsordnungsausschuß waren die Vertreter des bayerischen Justizministeriums und des Bundesjustizministeriums, der Staatssekretär des bayerischen Justizministeriums und ein Vertreter des Bundesjustizministeriums, anwesend. Das Bundesjustizministerium stellt gleichzeitig aus öffentlichem Interesse den Antrag auf Aufhebung der Immunität des Abgeordneten Dorls. Der Ausschuß hat eingehend über die Verhältnisse verhandelt. Es kam noch etwas hinzu, was ich aber nur so am Rande anführen möchte, eine Wahrnehmung des Abgeordneten Paul Stech, die er im Bundestagsrestaurant gemacht hat. Dort hat Dr. Doris behauptet, Dr. Hoegner sei doch ein Landesverräter. Auch das gebe ich zù den Akten.
Nun habe ich dem Hohen Haus den einstimmig beschlossenen Ausschußantrag vorzutragen, der folgendermaßen lautet:
Der Bundestag wolle beschließen:
die Immunität des Abgeordneten Dr. Dorls in vollem Umfang gemäß Art. 46 Abs. 2 des
Grundgesetzes einschließlich der Genehmigung
zur Verhaftung und gemäß Art. 46 Abs. 3 des Grundgesetzes aufzuheben.
Ich bitte das Hohe Haus, angesichts der Schwere der Vorwürfe diesem Antrag möglichst einstimmig die Zustimmung zu erteilen.