Rede von
Dr.
Franz-Josef
Wuermeling
- Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede:
(CDU/CSU)
- Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)
Meine Damen und Herren! Ich kann mich zu diesem Punkt sehr kurz fassen, zumal nachdem der Herr Minister eben eingehende Darlegungen zu der Frage gemacht hat. Wie liegt die Situation? Das Grundgesetz hat uns in Art. 131 den Auftrag gegeben, die Rechtsverhältnisse dieses Personenkreises zu regeln. Das ist ganz eindeutig ein Auftrag zu konstitutiver Gesetzgebung. Das war ein Auftrag, die Dinge so gerecht und sozial und angemessen zu regeln, wie es unter den heutigen Umständen möglich ist. Das haben wir mit unserem Gesetz getan, und es ist eine Selbstverständlichkeit, im Gesetz zu sagen, daß dann, wenn diese Regelung erfolgt ist, den Berechtigten nicht irgendwelche weitergehenden Ansprüche zustehen.
Das bedeutet keinerlei Ausschluß einer Klagemöglichkeit, denn jedem aus dem Personenkreis nach Art. 131' ist das Recht belassen — nicht etwa ausgeschlossen —, sich an das Gericht zu wenden und höhere Leistungen mit der Begründung einzuklagen, dieser § 77 widerspreche dem Grundgesetz. Daß er dem Grundgesetz jedoch nicht widerspricht,
scheint mir so eindeutig klar, daß man über das Ergebnis dieser Klage kaum wird geteilter Meinung sein können.
In diesem Zusammenhang muß aber noch ein Wort zu dem in den Blättern der betroffenen Personenkreise vielfach behandelten früheren Antrag Dr. Nowack zu diesem Gesetzentwurf gesagt werden. Dieser Antrag Dr. Nowack trug in seiner Formulierung den Bedenken gegen den § 77 eigentlich am besten Rechnung. Eigenartig aber ist, daß in einem Satz steht: der Personenkreis des Art. 131 könne alles fordern, und im nächsten Satz dann: er bekomme nur den Teil, den das Gesetz ihm heute zuerkennt. Meine Damen und Herren, so etwas kann man ja wohl in einem Gesetz nicht machen. Ich habe auch nicht den Eindruck bekommen, daß man diesem Antrag des Herrn Nowack seinerzeit in den Beratungen allzuviel praktische Bedeutung beigemessen hätte. Er ist zwar gestellt, ist umgedruckt worden und gelangte in den Ausschuß, nicht über das Plenum, sondern auf anderem Wege. Im Ausschuß hat selbst der Antragsteller nach meiner Erinnerung kaum etwas von seiner Beziehung zu diesem Antrag spüren lassen.
Verehrter Herr Kollege Nowack, in aller Kollegialität und rein bildlich gesprochen: Ich hatte manchmal etwas das Gefühl, als wenn die Beziehung zwischen Ihnen und diesem Antrag etwa der Beziehung eines unehelichen Vaters zu seinem unehelichen Kinde entspräche,
das man zu einem gewissen Termin dann vergißt oder vergessen hat.
Ich glaube, meine Damen und Herren, daß dieses uneheliche Antragskind nicht einer Gemeinschaft mit der Göttin der Verantwortung
sondern einer unerwünschten Beziehung zu Tante Propaganda zu danken gewesen ist.
Es schien mir notwendig, diese Frage auch hier einmal ganz kurz zu beleuchten, damit nicht draußen im Lande mit diesem Antrag, unter dessen Einzelpunkten sich eigentlich niemand so recht etwas vorstellen kann, wie die Abstimmung ja hier ergeben wird, zuviel Mißbrauch getrieben wird. Ich bitte also, den § 77 in der Fassung des Ausschusses anzunehmen.