Rede von
Dr.
Robert
Lehr
- Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede:
(CDU)
- Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Ich möchte namens der Bundesregierung Sie eindringlich bitten, diesen Paragraphen so, wie ihn der Ausschuß verabschiedet hat, stehenzulassen. Ich erinnere Sie daran, daß dieser Paragraph einen der Grundgedanken des Gesetzes enthalt. Wäre diese Regelung hier nicht vorgesehen, dann, müßte ich sagen, wäre das ganze Gesetz im Grunde überflüssig.
Nun möchte ich erstens einmal fragen: Was ist der eigentliche Sinn? Ich möchte zweitens feststellen, daß dieses Gesetz verfassungsrechtlich zulässig ist, und drittens, daß es in keiner Weise eine Diskriminierung der aus Art. 131 zu Berechtigenden darstellt.
Zur rechtlichen Seite zunächst stellt dieser Paragraph zweierlei klar. Der erste Gesichtspunkt ist, daß das Gesetz die Ansprüche des Personenkreises aus Art. 131 gegen den Bund und gegen die übrigen öffentlich-rechtlichen Dienstherren erschöpfend regelt.
Der zweite Gesichtspunkt ist der, daß die Ansprüche gegen das Reich und gegen öffentlichrechtliche Dienstherren außerhalb des Bundesgebietes offen geblieben sind. Was bedeutet das? Diese Klarstellung gegenüber dem Bund und den übrigen öffentlich-rechtlichen Dienstherren im Bundesgebiet ist wichtig erstens für die Personen, die nach dem Gesetz keine Ansprüche haben, und zweitens hinsichtlich aller Personen allgemein für die Zeit vom 8. Mai 1945 bis zum Inkrafttreten des Gesetzes. Damit werden die zahlreichen schwebenden Prozesse erledigt, und es wird eine abermalige Rechtsunsicherheit, die durch die Möglichkeit verschiedenartiger Entscheidungen in neuen Prozessen besteht, für die Zukunft verhindert.
Deshalb dienen diese Vorschriften ausgesprochen der inneren Befriedung. Ich habe hier ein Schreiben des Dritten Zivilsenats unseres Bundesgerichtshofes vorliegen, das, soviel ich weiß, auch Ihren Ausschußberatungen vorgelegen hat und Ihnen bekannt geworden ist. In diesem Schreiben wird. diese Auffassung auch von dem Dritten Zivilsenat nachdrücklich unterstrichen. Es heißt dort: „Durch diese gesetzliche Regelung werden sich zahlreiche Prozesse über die Rechtsverhältnisse der unter Art. 131 fallenden Personen erledigen". Diese Angelegenheit ist auch innerhalb der Regierung, sowohl eingehend mit dem Bundesjustizminister, der dieser eben dargelegten Auffassung durchaus beitritt, als auch mit dem Bundesminister für Vertriebene und mit dem Herrn Finanzminister geprüft worden.
Meine Herren! Der Rechtsweg ist durch diese Fassung in keiner Weise ausgeschlossen. Deshalb ist der Einwand, es handele sich um eine verfassungswidrige Regelung, nicht stichhaltig. Der Rechtsweg ist völlig offen geblieben. Auch soweit es sich nicht um Ansprüche nach dem Gesetz handelt, kann der Einwand der Verfassungswidrigkeit jederzeit vor der zuständigen Stelle gerichtlich geltend gemacht werden. Ich darf damit feststellen, daß keinerlei Beeinträchtigung der Rechte der Berufsbeamten vorliegt, selbstverständlich auch keinerlei Diskriminierung und selbstverständlich keine Verfassungswidrigkeit.
Auch in dem zweiten Fall, in dem gesagt ist, daß die Ansprüche gegen das Reich und öffentlichrechtliche Dienstherren außerhalb des Bundesgebietes unberührt bleiben, ist die Klarstellung von Wichtigkeit, weil sie alle Zweifel darüber ausschließt, daß das Bundesgesetz nicht beabsichtigt, die entsprechenden Ansprüche der 131er mit Wirkung gegenüber dem Reich oder den öffentlich-rechtlichen Dienstherren außerhalb des Bundesgebietes irgendwie zu beeinträchtigen.
Aus diesen zwingenden Gründen — weil es sich um eine grundlegende Bestimmung dieses Gesetzes handelt — bitte ich Sie, die Bestimmung stehen zu lassen.