Rede von
Johann
Cramer
- Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede:
(SPD)
- Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Der Haushaltsplan, der heute zur Debatte steht, enthält nur 2 Beträge. Der eine ist das Ministergehalt. Beim Ministergehalt wissen wir, daß es nicht höher und nicht niedriger als das der anderen Minister ist, wobei vielleicht noch gesagt werden kann: der Postminister ist notwendig, aber viele andere Minister könnten eingespart werden.
Bei der Bundesdruckerei liegen die Dinge se, daß — verursacht durch den Neuaufbau und die Beseitigung von Kriegsschäden — diese Zuschüsse im ersten und vielleicht im zweiten Jahre noch notwendig sind. Wir hoffen aber, daß in den nächsten Jahren über Überschüsse berichtet werden kann; denn eine Druckerei zu betreiben, hat für den Bund nur dann Zweck, wenn sie auch einige Überschüsse für den Bund abwirft.
Aber, meine Damen und Herren, wenn wir nur einmal im Jahre Gelegenheit haben, zu den Dingen bei der Bundespost Stellung zu nehmen, dann sollten wir sie wahrnehmen, auch den gesamten Apparat der Post ein wenig unter die Lupe zu nehmen. Denn die Bundespost ist nun einmal das zweitgrößte Sondervermögen mit einem 2 Milliarden-Haushalt, und das will schon etwas heißen. Die Post bekommt ja auch dadurch ihre besondere Bedeutung, daß ein großer Teil des Betriebsüberschusses an den Bund abgeliefert werden muß. Das ganze Volk hat Interesse daran, gelegentlich einmal etwas über die Post zu hören, denn letzten Endes ist j e der Postbenutzer und deshalb auch Interessent.
Vor allen Dingen wird in der Öffentlichkeit immer wieder die Frage erhoben: Wo bleibt das viele Geld, das die Post einnimmt und wo bleiben die Überschüsse? Wir hatten früher einen Verwaltungsrat bei der Post, der auf Grund des Postfinanzgesetzes von 1924 eingesetzt worden ist. Dieser Verwaltungsrat war sozusagen das öffentliche Kontrollorgan, ließ sich die Abrechnung, die Wirtschaftspläne der Post vorlegen und übte auch eine beratende Tätigkeit aus. Seit 1933 haben wir keinen Verwaltungsrat bei der Post mehr. Also die Verwaltung arbeitet jetzt mit diesen 2 Milliarden ohne öffentliche Kontrolle. Der Postausschuß dieses Hauses läßt sich gelegentlich auch einmal Bericht erstatten und bekommt auch — das muß ich offen zugestehen — alle Zahlen, die er haben will. Aber ich glaube, es ist notwendig, daß wir ähnlich, wie es jetzt bei der Bundesbahn geschehen soll, auch bei der Bundespost wieder zu einem Verwaltungsrat kommen, nicht zu einem Verwaltungsbeirat — ich möchte das besonders unterstreichen —, sondern zu einem Verwaltungsrat mit beschließenden Vollmachten. Deshalb möchte ich an den Herrn Postminister die Frage richten, wann das Postverwaltungsgesetz, über das nun schon sehr lange gesprochen wird, dem Parlament vorgelegt wird.
Wenn wir einen solchen Verwaltungsrat hätten, meine Damen und Herren, dann hätte er beispielsweise auch über die Frage zu entscheiden gehabt, ob hier in Bonn gebaut werden soll oder nicht. Sie kennen die Stellung der SPD zur Hauptstadtfrage. Wir haben die Verlegung des Sitzes der Hauptstadt des Bundes nach Bonn als einen politischen Wahnsinn
bezeichnet und hatten auch unsere guten Gründe dafür.
— Herr Walter, wenn Sie ehrlich sein wollen: Sie wissen, wie es sich verhält. Sie haben sich die Zahlen damals angesehen. Daher wissen Sie, daß der Hauptstadtausschuß schon dem Bundestag vorgerechnet hat, daß die Hauptstadt Bonn wesentlich mehr kostet, als die Hauptstadt Frankfurt gekostet hätte.
— Ich war ja auch dabei, Herr Kollege!
Wir haben in diesem Bericht nachgewiesen, daß Frankfurt billiger ist als Bonn. Daß die Entscheidung anders ausgefallen ist, ist nicht diesem Bericht zuzuschreiben, sondern den Methoden, mit denen man in der letzten Sitzung gearbeitet hat. Selbst in Ihren Kreisen hat sich die Auffassung durchgesetzt, daß das eine Fehlentscheidung war, und manche Ihrer Damen und Herren möchten diesen Beschluß wieder rückgängig machen.
Wir sind der Auffassung, man sollte keinen weiteren Aufwand in. Bonn betreiben, und deshalb sind wir auch gegen den geplanten Postverwaltungsbau. Wir haben nämlich die Befürchtung, meine Damen und Herren: eines Tages, wenn Bonn nicht mehr Hauptstadt sein wird — und wir hoffen, daß das recht bald der Fall sein wird —, dann wird hier eine ganze Reihe von Gebäuden leerstehen; dann wird man vielleicht an diesen Häusern ein Schildchen finden: „Dieses Haus ist zu verkaufen", weil Bonn nicht mehr Hauptstadt ist. Aber dann werden sich keine Interessenten für diese Gebäude finden.
Nun, eines halten wir dem Herrn Postminister zugute. Er hat von Anfang an mit richtigen Zahlen operiert, und er hat auch auf die Bedenken hingewiesen, die er damals in bezug auf eine Verlegung seiner Dienststellen nach Bonn hatte. Man hat ihm Versprechungen gemacht. Die Stadt Bonn hat Gebäude angeboten, und zwar zu Bedingungen, die damals annehmbar erschienen. Heute will man von diesen Angeboten nichts mehr wissen und stellt Bedingungen, die es für die Post ratsam erscheinen lassen zu überlegen, ob man nicht besser neu baut. Die Regierung und die Regierungsparteien, die den Beschluß zugunsten Bonns herbeigeführt haben, sollen sehen, wie sie mit diesem Problem fertig werden;
wir geben unsere Zustimmung zu diesem Verwaltungsbau nicht.
Übrigens haben wir heute morgen in der Sitzung des Haushaltsausschusses gehört, daß man mit einem Baukostensatz von 65 DM rechnet. Seit heute morgen sind also die Baukosten schon wieder um 5 DM gestiegen. Ich möchte Herrn Bundespostminister Schuberth den Rat geben, sich wegen dieser inzwischen wieder eingetretenen Preiserhöhung doch einmal mit seinem Regierungskollegen Erhard in Verbindung zu setzen. Vielleicht hat dieser das noch gar nicht einmal gemerkt; er redet ja immer noch von den in Aussicht stehenden Preissenkungen und von der absteigenden Tendenz auf allen Gebieten der Preispolitik. Also, unser Standpunkt in bezug auf den Verwaltungsbau ist klar und deutlich.
Meine Damen und Herren, wenn wir diesen Verwaltungsrat hätten, dann brauchten sich auch solche Organe wie der Bund der Steuerzahler nicht um die Vorgänge in der deutschen Bundespost zu kümmern und brauchten auch nicht die Frage aufzuwerfen, wo denn der Staatssekretär im Bundespostministerium geblieben ist. Ihnen wird diese Nummer der Veröffentlichungen des Bundes der Steuerzahler auch zugegangen sein, in der diese Frage ganz offen angeschnitten wird. Es ist tatsächlich so, daß wir einen Staatssekretär im Bundespostministerium haben, der seit 9 Monaten keinen Dienst mehr macht, obwohl er in Frankfurt ein Büro, eine Sekretärin und einen Dienstwagen hat, also den ganzen Apparat eines Staatssekretärs zur Verfügung hat, ohne dafür Dienst zu tun.
Wir sind der Auffassung, daß ein Mann in diesem Alter, wie es der Staatssekretär Dr. Steinmetz ist, im Postdienst verwendet werden könnte. Wenn man glaubt, daß er die Qualifikation zu einem Staatssekretär nicht hat, dann hätte man sich das eben vorher überlegen sollen; denn man hat ihn ja schon länger gekannt als erst seit ein paar Wochen oder Monaten.
Aber ich möchte dem Bund der Steuerzahler auch -den Rat geben, sich nicht etwa um die Frage zu kümmern, ob ein Mann, der aus der unteren Laufbahn kommt, in der Lage ist, Präsident zu sein. Dann kommt dieser Bund der Steuerzahler nämlich in den Verdacht, daß er nur aus politischen Gründen eine gewisse Hetze gegen Leute betreiben will, die ihm nicht passen, insbesondere wenn wir feststellen, daß es in der deutschen Bundespost noch mehr Präsidenten gibt, die aus der unteren oder mittleren Laufbahn gekommen sind, über die kein Mensch spricht. Wahrscheinlich spricht deshalb keiner über sie, weil sie zufällig eine andere Parteizugehörigkeit haben als der Präsident der Oberpostdirektion in Hannover.
Wenn man irgendeinem Beamten der deutschen Bundespost, selbst wenn es ein Präsident ist, irgendwelche Unregelmäßigkeiten nachweisen kann, dann soll man gegen ihn vorgehen und dann findet man dabei auch unsere Unterstützung. Aber wenn diese Hetze gegen einen Mann, dessen Parteibuch einem nicht gefällt, gerichtet ist und er deshalb bekämpft wird, weil er eben nicht jener Richtung angehört, dann werden wir uns mit allen Mitteln, die uns zur Verfügung stehen, dagegen wehren.
Der Herr Bundespostminister hat heute einige Male betont, daß seine Verwaltung eine soziale Verwaltung ist. Wir haben dankend zur Kenntnis genommen, daß die Deutsche Bundespost in den letzten beiden Jahren Mittel für etwa 25 000 Wohnungen bereitgestellt hat. Das sind im Monatsdurchschnitt 2000 Wohnungen. Wir haben selbstverständlich den Wunsch, daß diese Wohnungen nicht nur für die höheren Beamten errichtet werden, sondern daß dabei auch die mittleren und unteren Beamten zum Ziele kommen.
Ein Wort zum Stellenplan der deutschen Bundespost, der hier zwar nicht in diesem Etat niedergelegt ist, der uns aber interessieren muß, weil
im Augenblick wir die einzige Stelle sind, die darüber reden kann. Im letzten Jahre ist eine erhebliche Vermehrung der Planstellen vorgenommen worden. Die Erhöhung der Zahl der Planstellen für Oberposträte, Posträte, Amtsräte und Amtmänner ist - sehr beachtlich. Wir vermissen aber eine Erhöhung der Planstellen für die unteren Dienstposten in demselben Umfang und hoffen, daß nun bei der nächsten Gelegenheit besonders die Inhaber dieser Stellen zum Zuge kommen.
Dasselbe gilt für die Beförderungen. Es sollten nicht nur Beförderungen vorgenommen werden, um die alten Anwärter wieder in ihre Stellungen zu bringen und ihnen „Gerechtigkeit" widerfahren zu lassen, sondern man sollte auch daran denken, nun die Beamten aus dem unteren und mittleren Dienst in die entsprechenden höheren Gruppen zu bringen.
Wir haben dann noch einiges bezüglich der sozialen Leistungen der deutschen Bundespost vorzubringen. Ich muß hier allerdings einschränkend bemerken: die Sätze, die die Deutsche Bundespost zahlt, sind bundeseinheitlich festgesetzt. Aber wir haben trotzdem Veranlassung, darum zu bitten, daß eine Überprüfung dieser Sätze vorgenommen wird. Die Unterstützungen, also Beträge, die in Zeiten der Not an Arbeiter, Angestellte und Beamte gezahlt werden, betragen 20 DM einheitlich für Arbeiter, Angestellte und Beamte. Bei den Beihilfen — sie werden bei Krankheit in der Familie oder bei Geburtsfällen usw. gezahlt — macht man Unterschiede, und zwar erhalten die Arbeiter und Angestellten 25 DM und die Beamten 50 DM. Warum diese Unterschiede in einem sozialen Staat, bei einer sozialen Verwaltung noch gemacht werden, ist uns nicht recht verständlich.
Auch die Sätze, die für die Erholungsfürsorge gezahlt werden, scheinen uns der Überprüfung bedürftig zu sein, weil sonst die Gefahr besteht, daß nur ledige und besser bezahlte Angestellte und Beamte die Fürsorgeeinrichtungen, die Erholungsheime der Bundespost in Anspruch nehmen können. Der Herr Bundespostminister hat einmal in einer Sitzung des Postausschusses erklärt, der Briefträger sei der eigentliche Kulturträger des deutschen Volkes, weil er mit den Briefen, Zeitungen und dergleichen die Kultur in das Haus trage. Wenn dieser Briefträger in unserem Staat so wichtig ist, dann sollte man seine Stelle auch entsprechend bezahlen und, wenn man Verbesserungen beabsichtigt, in erster Linie an den Briefträger, an den Postschaffner und an den kleinen Postbeamten denken.
Die Personalpolitik der Bundespost könnte auch einmal einer Prüfung unterzogen werden. Herr Bundespostminister, wir haben vor allem die Sorge, daß man die Wiedergutmachung nicht etwa des Unrechts, das 1933 geschehen ist, sondern des Unrechts, das 1945 geschehen sein soll, auf dem Rücken derjenigen Beamten vollzieht, die 1945 in die Bresche gesprungen sind, die 1945 auf höher bewertete Dienstposten nachgerückt sind und bei denen man heute versucht, ihnen die Eignung abzusprechen. Es werden sogenannte Eignungsprüfungen mit dem offensichtlichen Zweck durchgeführt, den Nachweis zu erbringen, daß der Mann, der nun fünf Jahre diesen Posten versieht, in Zukunft nicht mehr fähig ist, diesen Posten auszufüllen.
Das scheint uns außerordentlich bedenklich zu sein und sollte auch einmal überprüft werden.
Zum Schluß noch ganz kurz folgendes. Wir halten den Zeitpunkt für gekommen, daß auch einmal über die Frage der Neugliederung der Oberpostdirektionsbezirke gesprochen wird. Das ist ein Punkt, den wir schon in den Zeiten des Wirtschaftsrats angeschnitten haben. Der Herr Minister ist darüber im Bild, um welche Wünsche es sich da handelt. Er hat uns versprochen, daß diese Dinge nach Eingliederung der französischen Zone bereinigt werden sollen.
Wir haben außerdem den Wunsch, daß man auch die Frage ernsthaft prüft, ob die Post in Westberlin nicht an die Deutsche Bundespost angeschlossen werden kann. Herr Minister, wir glauben, daß diese Frage mit ganz besonderem Nachdruck geprüft und im Sinne unserer Berliner Bevölkerung geregelt werden sollte.
Das sind die Punkte, die wir zum Postetat anzuführen haben. Ich möchte noch einmal als den dringendsten Wunsch unserer Fraktion herausstellen, daß wir die baldige Vorlage eines Postverwaltungsgesetzes wünschen.