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ID0112910600

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Metadaten
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    Vokabeln: 7
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    5. Herr: 1
    6. Abgeordnete: 1
    7. Kohl.: 1
  • tocInhaltsverzeichnis
    Deutscher Bundestag — 129. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 4. April 1951 4895 129. Sitzung Bonn, Mittwoch, den 4. April 1951. Nachruf des Präsidenten auf den verstorbenen Abg. Leddin 4896B Mandatsniederlegung des Abg. von Knoeringen 4897A Eintritt des Abg. Dr. Kreyssig in den Bundestag 4897A Eintritt des Abg. Dr. Preller in den Bundestag 4897A Fernschreiben des Abg. Dr. Doris an den Bayerischen Innenminister Dr. Hoegner betr. Verbot von Versammlungen der SRP in Bayern 4897A Geschäftliche Mitteilungen . 4897C, 4922B, 4935B, 4945B, 4946A Urlaubsgesuch des Abg. Dr. Dorls . 4897C, 4945B Zustimmung des Bundesrats zu den Gesetzen über die Rechtsstellung heimatloser Aus- länder im Bundesgebiet 4897D über eine Finanzhilfe für das Land Schleswig-Holstein 4897D zur weiteren Verlängerung der Geltungsdauer des Preisgesetzes 4897D über das Abkommen zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Schweizerischen Eidgenossenschaft über die Verlängerung der Prioritätsfristen auf dem Gebiet des gewerblichen Rechtsschutzes 4897D zur Ergänzung des Gesetzes über den Ablauf der durch Kriegs- oder Nachkriegsvorschriften gehemmten Fristen 4897D zur Änderung und Ergänzung des Wertpapierbereinigungsgesetzes 4897D Zweites Gesetz über die Übernahme von Sicherheitsleistungen und Gewährleistungen im Ausfuhrgeschäft 4897D zur Änderung des Gesetzes über Arbeitsvermittlung und Arbeitslosenversicherung 4898A über die Bemessung und Höhe der Arbeitslosenfürsorgeunterstützung . . . 4898A über den Verkehr mit Vieh und Fleisch . 4898A zur Umsiedlung von Heimatvertriebenen aus den Ländern Bayern, Niedersachsen und Schleswig-Holstein 4898A zur Verlängerung des Wirtschaftsstrafgesetzes 4898A Beschlußfassung des Bundesrats zum Gesetz über die Errichtung einer Bundesstelle für den Warenverkehr der gewerblichen Wirtschaft 4898A Zustimmung des Bundesrats zu den Verordnungen über die Verlängerung der Geltungsdauer der Verordnung über die Preise für Roheisen, Walzwerkserzeugnisse und Schmiedestücke, über die Verlängerung der Geltungsdauer der Verordnung zur Änderung von Preisen für Steinkohle, Steinkohlenkoks und Steinkohlenbriketts aus den Revieren Ruhr und Aachen und zur Ergänzung und Änderung der Verordnung über Getreidepreise für die Monate Oktober 1950 bis Juni 1951 4898A Anfrage Nr. 117 der Abg. Karpf u. Gen. betr. steuerliche Behandlung der Heimarbeiter und Hausgewerbetreibenden in der Aschaffenburger Bekleidungsindustrie (Nrn. 1355 und 2098 der Drucksachen) . . 4398A Anfrage Nr. 151 der Abg. Dr. Wuermeling, Junglas u. Gen. betr. Beseitigung der Doppelgleisigkeit in der Verwaltung der Steinbruchs-Berufsgenossenschaft (Nrn. 1755, 1835 und 2084 der Drucksachen) . . 4898B Anfrage Nr. 164 der Fraktion der SPD betr. Anordnung über betriebliche Erziehungsmaßnahmen bei Jugendlichen vom 22. Oktober 1943 (Nrn. 1964 und 2073 der Drucksachen) 4898B Anfrage Nr. 166 der Fraktion der BP betr Abgeltung von Besatzungsschäden im Verhältnis 10 zu 1 (Nrn. 1994 und 2083 der Drucksachen) 4898B Anfrage Nr. 167 der Fraktion der SPD betr Auslieferung von Deutschen an eine Besatzungsmacht (Nrn. 2001 und 2097 der Drucksachen) 4898B Anfrage Nr. 168 der Fraktion der SPD betr. 4. Verordnung zur Ausführung des Gesetzes zur Verhütung erbkranken Nachwuchses (Nrn. 2002 und 2103 der Drucksachen) 4898B Anfrage Nr. 172 der Fraktion der FDP betr. Preußische Gemäldesammlungen (Nrn. 2049 und 2104 der Drucksachen) . . . 4898C Bericht des Bundesministers der Finanzen über die Ausführung des Beschlusses des Deutschen Bundestags vom 22. Februar 1951 betr. Stundung der Soforthilfeabgabe (Nr. 2102 der Drucksachen) . . . 4898C Beratung der Interpellation der Fraktion des Zentrums und der Fraktion der BP betr. Wiederherstellung der deutschen Rechte ail dem Konzern der Vereinigten Glanzstoff-Fabriken AG. (Nr. 2014 der Drucksachen) 4898C Dr. Bertram (Z), Interpellant . . . 4898C Dr. Erhard, Bundesminister für Wirtschaft 4899D Zweite Beratung des Entwurfs eines Gesetzes über die Mitbestimmung der Arbeitnehmer in Unternehmen des Bergbaus sowie der Eisen und Stahl erzeugenden Industrie (Nrn. 1858, zu 1858 der Drucksachen); Mündlicher Bericht des Ausschusses für Arbeit (20. Ausschuß) (Nrn. 2042, zu 2042 der Drucksachen) . . 4900B Sabel (CDU), Berichterstatter . . . . 4900C Müller (Frankfurt) (KPD): zur Geschäftsordnung . . . 4903A, 4928B zur Sache 4909D, 4916B, 4926C, 4927B, 4928D zur Abstimmung 4923A Dr. Koch (SPD) 4903B Loritz (WAV) 4904C Dr. Wellhausen (FDP) 4905D, 4909B, 4913A, 4924B, 4928C Bergmann (SPD) 4906D Dr. Schröder (Düsseldorf) (CDU) . 4907B, 4920A, 4925A Walter (DP) 4911C Pelster (CDU) 4912A, 4921B Dr. Seelos (BP) 4913D Imig (SPD) 4914C von Thadden (DRP) 4917B Dr. Wuermeling (CDU) 4917D Kuhlemann (DP) 4919C Mellies (SPD) (zur Geschäftsordnung) 4922A Unterbrechung der Sitzung . . 4922B Determann (Z) 4922C Richter (Frankfurt) (SPD) 4924A Dr. Schöne (SPD) 4925C Dr. von Brentano (CDU) 4928A Abstimmungen . 4908C, 4909C, 4911D, 4923B, 4924A, 4926D, 4928C, 4929A Zurückziehung des von den Abg. Strauß u. Gen. eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Verlängerung der Mineralölbewirtschaftung (Nr. 2070 der Drucksachen) 4929B Erste Beratung des Entwurfs eines Gesetzes über die Übernahme von Sicherheitsleistungen und Gewährleistungen zur Förderung der deutschen Wirtschaft (Nr. 2089 der Drucksachen) 4929B Ausschußüberweisung 4929C Erste Beratung des von den Fraktionen der CDU/CSU, FDP und DP eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Ergänzung des Gesetzes für Sicherungsmaßnahmen auf einzelnen Gebieten der gewerblichen Wirtschaft (Ergänzungsgesetz) (Nr. 2082 der Drucksachen) 4929B Naegel (CDU), Antragsteller . . . 4929D Loritz (WAV) 4930C Harig (KPD) 4930D Ausschußüberweisung 4931B Erste Beratung des Entwurfs eines Gesetzes zur Vermeidung von Härten in der knappschaftlichen Rentenversicherung bei langer bergmännischer Tätigkeit (Nr. 2058 der Drucksachen) 4931B Lenz (CDU), Antragsteller 4931C Storch, Bundesminister für Arbeit 4931D, 4934C Dannebom (SPD) 4932B Kohl (Stuttgart) (KPD) 4933C Willenberg (Z) 4934D Ausschußüberweisung 4935B Zweite Beratung des Entwurfs eines Gesetzes über die Feststellung des Bundeshaushaltsplans für das Rechnungsjahr 1950 (Nr. 1500 der Drucksachen): Einzelplan XIII — Haushalt des Bundesministeriums für das Post- und Fernmeldewesen (Nr. 1914 der Drucksachen) . 4935B Dr. Bärsch (SPD), Berichterstatter . 4935B Bausch (CDU) 4935C, 4942D Schuberth, Bundesminister für das Post- und Fernmeldewesen 4936B, 4939C, 4943C Cramer (SPD) - 4937C Brese (CDU) 4941C Kohl (Heilbronn) (FDP) 4942A Dr. Tillmanns (CDU) 4943B Dr. Becker (Hersfeld) (FDP) . . 4943B Beschlußfassung 4943D Beratung des Mündlichen Berichts des Ausschusses für Fragen der öffentlichen Fürsorge (31. Ausschuß) über den Antrag der Fraktion der SPD betr. Krüppelfürsorge (Nrn. 2068, 1869 der Drucksachen) . 4944A Frau Niggemeyer (CDU), Berichterstatterin 4944A Dr. Dr. h. c. Lehr, Bundesminister des Innern 4944D Beschlußfassung 4945A Beratung des Mündlichen Berichts des Ausschusses für Kulturpolitik (37. Ausschuß) über den Antrag der Fraktion der SPD betr. Rat für Formentwicklung deutscher Erzeugnisse in Industrie und Handwerk (Nrn. 2074, 1347 der Drucksachen) . . . 4945B Gaul (FDP), Berichterstatter . . . 4945B Beschlußfassung 4945D Beratung des interfraktionellen Antrags betr. Überweisung von Anträgen an die Ausschüsse (Umdruck Nr. 105) 4946A Beschlußfassung 4946C Nächste Sitzung 4946C Die Sitzung wird um 13 Uhr 33 Minuten durch den Präsidenten Dr. Ehlers eröffnet.
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    Rede von Otto Dannebom


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)

    Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Der vorliegende Gesetzentwurf Drucksache Nr. 2058 will bekanntlich die Härten und Ungerechtigkeiten bei der Rentenberechnung der Bergleute mit langer bergmännischer Tätigkeit beseitigen. Meine politischen Freunde und ich begrüßen den Gesetzentwurf, da durch ihn ein in der Tat bestehendes großes Unrecht in der Rentenberechnung der Bergarbeiter aus der Welt geschafft werden soll, ein Unrecht besonders gegenüber den alten Bergleuten, die 35, 40 und mehr Jahre im Bergbau ihre Pflicht getan und Beiträge an die Knappschaft entrichtet haben.
    Wir bedauern jedoch, daß der Gesetzentwurf dem Bundestag erst heute vorgelegt wird, und zwar besonders deshalb, weil zwischen den beiden Sozialpartnern in der Arbeitsgemeinschaft der Knappschaften schon vor einem Dreivierteljahr eine übereinstimmende Auffassung bezüglich der Dringlichkeit dieser Frage erzielt wurde. Leider jedoch wird von diesem Gesetzentwurf nur ein kleiner Teil der Knappschaftsrentner betroffen. Wir bedauern auch, daß das Arbeitsministerium nicht die von der Industriegewerkschaft Bergbau und der
    Arbeitsgemeinschaft der Knappschaften – in der doch bekanntlich die Arbeitnehmer ebenso wie die Arbeitgeber vertreten sind — übereinstimmend aufgestellte Forderung berücksichtigt hat, nämlich die Forderung einer Rentenberechnung nach dem jetzt gezahlten Lohn, d. h. nach einer gleitenden Rente. Wir bedauern das um so mehr, als der Herr Bundesarbeitsminister in den verschiedensten Erklärungen vor der Öffentlichkeit immer wieder darauf Bezug genommen hat, daß möglichst alle Beziehungen der Sozialpartner zueinander durch diese selbst geregelt werden sollten. Deshalb, meinen wir, hätte auch der übereinstimmenden Auffassung der Sozialpartner Rechnung getragen werden sollen.
    Doch nun zu dem Gesetzentwurf und seiner Begründung. Der § 1 bezweckt eine Änderung des § 7 der Verordnung vom 4. Oktober 1942. Durch die bisherige Regelung wurde, wie auch der Herr Bundesarbeitsminister schon ausführte, die Höhe der auszuzahlenden Renten auf 80 bzw. 90 % des monatlichen Durchschnittsverdienstes während der gesamten bergmännischen Tätigkeit begrenzt. Das bis jetzt geltende Recht hat sich praktisch so ausgewirkt, daß die über das 31. bzw. 35. Beitragsjahr hinaus gezahlten Beiträge nutzlos gezahlt wurden und keine Erhöhung der Rente zur Folge hatten. Da auch wir diese Regelung als eine Ungerechtigkeit und als eine unbillige Härte ansehen, stimmen wir der Änderung vollinhaltlich zu. Aber es muß dazu auch noch gesagt werden, daß es diese Begrenzungsvorschrift, die in der Verordnung aus dem Jahre 1942 enthalten ist, in keiner anderen Rentenversicherung gibt. Auch in der Knappschaft hat es vor dem Jahre 1943 diese Begrenzungsvorschrift nicht gegeben.
    -Ebenso stimmen wir dem Abs. 2 zu, der eine Änderung des § 1 Abs. 3 b des Knappschaftsversicherungs-Anpassungsgesetzes vorsieht, da dadurch der bisherige Unterschied zwischen den einzelnen Versicherungsfällen vor und nach der Verkündung des Knappschaftsversicherungs-Anpassungsgesetzes beseitigt wird. Aber, meine Damen und Herren, ich sagte schon: wir hätten es begrüßt, wenn der Vorschlag der Gewerkschaften auf eine Rentenberechnung nach dem heute verdienten Durchschnittslohn von der Regierung berücksichtigt worden wäre. Es ist doch einfach nicht vertretbar, daß bei der Rentenberechnung ein Lohn zugrundegelegt wird, der vor 25 oder 30 Jahren verdient wurde. Das Verhältnis zwischen gezahltem Lohn von heute und gezahlter Rente von heute verschlechtert sich doch nach jeder neuen Lohnerhöhung. Die Renten stehen heute noch auf dem Stand des Jahres 1949. Die Löhne sind in der Zwischenzeit sehr wesentlich gestiegen, und man kann doch sagen, daß die Renten bei der Berechnung nach den damals gezahlten Löhnen eigentlich um rund 50 % niedriger liegen als die Löhne, wie sie heute gezahlt werden. Durch die damals gezahlten niedrigen Löhne wird naturgemäß auch bei der Errechnung der Rente der Durchschnittslohn heruntergedrückt, und der Leidtragende ist in jedem Fall der alte Bergmann. Ähnlich liegen die Dinge doch auch bei den Bergbauangestellten. Auch hier berechnet sich der Durchschnittsverdienst nach den dreißig oder mehr Jahren der Tätigkeit des Angestellten mit Einschluß der Jahre, in denen er als Schlepper, Lehrhauer oder Hauer gearbeitet hat.
    Wir meinen, daß, wenn die Regierung dieser Forderung entsprochen hätte, auch auf der finanziellen Seite keine Schwierigkeiten entstanden wären; denn nach Angaben der Knappschaft


    (Dannebom)

    ist infolge der Lohnerhöhungen in den verflossenen Monaten und Jahren die finanzielle Seite vollständig geregelt. Ich glaube, da durch dieses Gesetz nur ein kleiner Teil der Knappschaftsrentner betroffen wird, sollten wir uns überlegen, ob vielleicht im Ausschuß die Frage, wie sie von der Industriegewerkschaft Bergbau und von den Knappschaften gestellt wurde, nicht einer eingehenden Untersuchung zu unterziehen ist.
    Nun, meine Damen und Herren, noch einige Worte zur Begründung des Gesetzes. Die Regierung sagt auf Seite 3 ihrer Begründung, daß im Vergleich zu den anderen Versicherungsträgern die Knappschaftsrentner eine etappenweise stetige Verbesserung erfahren haben. Ich glaube, das stimmt nicht ganz; denn auch in der Knappschaft hat es ein stetiges Auf und Ab gegeben. Ich erinnere nur an das Gesetz zur Erhaltung der Leistungsfähigkeit der Knappschaft vom 7. 12. 33, in dem eine Verschlechterung für die Knappschaftsrentner durchgeführt wurde. Es erscheint uns auch nicht gut, wenn in der Begründung gesagt wird, daß die Bergarbeiter in ihrer Kranken-, Unfall- und Rentenversicherung an der Spitze aller Arbeitnehmer stehen, demgegenüber aber mit ihren Beiträgen kaum stärker ais die anderen Versicherten außerhalb des Bergbaues betroffen werden. Gewiß, meine Damen und Herren, das ist an sich richtig, aber wir müssen doch einsehen, daß neben den 8 %, die der Bergmann von seinem Lohneinkommen in die Knappschaft zahlt, auch die 14,5 % Arbeitgeberanteil ein Teil des Lohnes sind, der wie alle anderen Unkostenfaktoren und Betriebsunkosten von den Beschäftigten mit ihrer Hände Arbeit erarbeitet und dann auch auf den Preis . umgelegt wird.
    Auf der anderen Seite steht doch fest, daß die Bergarbeiter durch ihre Knappschaft schon seit Jahrzehnten an der Spitze aller Rentenbezieher gestanden haben. Ich glaube, es sollte einmal ganz klar zum Ausdruck gebracht werden: wie will man das Nachwuchsproblem im Bergbau denn lösen, wenn man dem Bergmann in Anbetracht der Schwere und Gefährlichkeit seiner Arbeit und seines Berufs nicht eine gewisse Sonderstellung zubilligt? Wie will man die von unserer gesamten Volkswirtschaft geforderte Fördersteigerung erreichen, wenn man dem Bergmann nicht das Gefühl der Sicherheit bei Eintritt der Arbeitsunfähigkeit gibt?
    Meine Damen und Herren, beachten Sie doch bitte folgendes. Zwischen dem aktiven Bergmann und dem nicht mehr arbeitsfähigen besteht immer noch ein echtes Gefühl der Kameradschaft, und der aktive Bergmann beobachtet sehr scharf, was der Staat für den nicht mehr arbeitsfähigen leistet. Niemand wird wohl behaupten wollen, daß eine Durchschnittsknappschaftsrente von 130 DM pro Monat zum Leben ausreichend ist, wobei ich betone, daß ein erheblicher Teil von Knappschaftsrenten noch weit unter diesen 130 DM liegt.
    Ich glaube, auch sagen zu dürfen, daß man nicht so achtlos an der Krisenstimmung im Industriegebiet vorübergehen kann, die sich besonders in den letzten Wochen sehr stark bemerkbar gemacht hat; denn an allen Orten finden Protestversammlungen der Invaliden und Witwen statt. Ich glaube, der Bundestag und auch die Bundesregierung sollten versuchen, das Rentenproblem im allgemeinen auf dem schnellsten Wege zu regeln.
    Ebenso mutet es uns eigenartig an, wenn die Regierung in ihrer Begründung sagt, daß vom
    Bund 150 Millionen Mark Zuschuß für die Knappschaft gegeben werden. Es muß doch darauf hingewiesen werden, daß die Knappschaft auch die Lasten von zwei Weltkriegen mit zu tragen hat. Dementsprechend gehen Rentenleistungen, die eigentlich von der Öffentlichkeit getragen werden müßten, zu Lasten der Knappschaft. Es muß auch gesagt werden, daß der Zuschuß des früheren Deutschen Reiches zu den Rentenleistungen der Knappschaft ohne die Kriegsfolgelasten fast annähernd so hoch war wie der Betrag, der heute vom Bund den Knappschaften zur Verfügung gestellt wird.
    Sehr bedenklich erscheint uns aber auch der Satz in der Begründung, daß ein Bedürfnis für die Vorwegnahme einer allgemeinen Rentenerhöhung in der Knappschaft vor der in der anderen Rentenversicherung nicht besteht. Ich glaube, bei der Notwendigkeit der allgemeinen Rentenerhöhung, wie ich schon zum Ausdruck gebracht habe, hätte sich die Regierung diesen Hinweis in der Begründung sparen können.
    Das sind die verschiedenen Beanstandungen, die wir zu der Regierungsbegründung vorzubringen haben. Im allgemeinen stimmen wir dem Antrag meines Vorredners aus der CDU auf Überweisung an den Ausschuß für Sozialpolitik zu und hoffen, daß dadurch wenigstens dieses Teilproblem für die alten Knappschaftsrenten befriedigend und möglichst schnell gelöst wird.


Rede von Dr. Hermann Schäfer
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (FDP)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (FDP)
Das Wort hat der Herr Abgeordnete Kohl.

  • insert_commentNächste Rede als Kontext
    Rede von Rudolf Kohl


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (KPD)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (KPD)

    Meine Damen und Herren! Der Vorsitzende der Ruhr-Knappschaft hat in Nr. 4 der Zeitung „Bergbau-Industrie" einen offenen Brief an das Bundesarbeitsministerium gerichtet, dessen Schlußsatz lautet:
    Es wird die allerhöchste Zeit, eine Änderung der
    Rentenleistungen für die berufsunfähigen
    und invalidisierten Bergarbeiter zu schaffen. Das Bundesarbeitsministerium hat uns nun — Drucksache Nr. 2058 — ein Gesetz zugeleitet, das eine Änderung der Verordnung über die Knappschaftsversicherung vom 4. Oktober 1942 vorsieht, und hat damit anerkannt, daß die jetzigen Leistungen der knappschaftlichen Rentenversicherung der durch langjährige schwere und gefahrvolle Arbeit hervorgerufenen Erwerbsminderung in keiner Form gerecht werden. Wir hätten allerdings gewünscht, daß das Bundesarbeitsministerium endlich einmal von der Methode abgehen würde, Vorschläge zur Lösung des Gesamtproblems der Sozialversicherung hier im Bundestag geradezu „tropfenweise" zu unterbreiten. Denn auch diese Vorlage zeigt mit aller Eindringlichkeit erneut wieder die zwingende Notwendigkeit, an die gesamte Problematik der Sozialversicherung von Grund Mus heranzugehen.
    Bei einer Prüfung der Vorlage müssen wir feststellen, daß die Knappschaftsrente im Durchschnitt 99,31 DM und die Knappschaftsvollrente monatlich 139,50 DM beträgt. Letztere erhält der Bergmann allerdings nur, wenn er keine Möglichkeit mehr hat, seine Arbeitskraft irgendwo anders einzusetzen. Wenn man dabei den tariflichen Hauerdurchschnittslohn bei 25 Schichten mit 347,50 DM zugrunde legt, ergibt sich, daß der Anteil der Renten nur ca. 35 % ausmacht. Den Unsicherheitsfaktor, der in diesen niedrigen Sätzen der knappschaftlichen Rentenversicherung liegt, versuchte man abzuschwächen, indem man — unter Anwendung besonderer Bestimmungen — zum Zwecke der Anpassung einen Zuschlag von 180 DM jährlich als


    (Kohl [Stuttgart])

    Bestandteil der Rente gab. Darauf baut sich die uns nun in Drucksache Nr. 2058 vorliegende Gesetzesvorlage auf.
    Bei der Rentenberechnung zur Knappschaftsversicherung haben wir die bemerkenswerte Tatsache zu verzeichnen, daß der Arbeitsverdienst bis zum 31. Dezember 1942 ein fingierter gewesen ist und mit durchschnittlich 242,50 Mark verrechnet wurde. Aus den ermittelten Beitragszeiten nahm man den fingierten End- und Mittelbetrag und errechnete so den Gesamtarbeitsverdienst. Aus diesem ermittelten Verdienst werden 1,5 % Knappschaftsrente und 2,4 % Knappschaftsvollrente errechnet. Diese Art der Berechnung nach dem zum großen Teil fingierten Jahresarbeitsverdienst bildet die Grundlage der niedrigen Renten, eine Tatsache, unter der vor allem der Frühinvalide außerordentlich stark zu leiden hat. Das Hereintragen einer ganzen Reihe juristischer Begriffe — ich spreche hier nicht nur von der Knappschaftsrente, sondern von der gesamten Sozialversicherung — erschwert selbstverständlich die gesamte Berechnung. Bei der Berechnung der Knappschaftsrente werden Beziehungen zu anderen Versicherungsträgern — beispielsweise zur Bergbauberufsgenossenschaft, Ruhrknappschaft usw. — und auch die Kürzungsbestimmungen des § 1274 der Reichsversicherungsordnung oder des § 50 des Reichsknappschaftsgesetzes berücksichtigt, was die Situation auf dem Gebiete der Knappschaftsversicherung in ihrer Gesamtheit verschärft.
    Dieser ungeheure Wust von gesetzlichen Bestimmungen führt zu einer Verzerrung des Rechtes der Bergarbeiter und ist die Ursache sehr kostspieliger Streitverfahren mit den Versicherungsbehörden. Man könnte an einzelnen Berechnungen die Unmöglichkeit dieser Grundlage der Rentenberechnung eingehend unter Beweis stellen. Man soll aber an einer Tatsache, die bereits von meinem Vorredner skizziert worden ist, nicht vorbeigehen. Allein im Monat September 1950 kehrten sich nach den statistischen Berichten 257 Arbeitskräfte von der Bochumer Zeche ab. Unter den jungen Bergarbeitern und den neuen Kräften, die dem Bergbau zufließen, besteht weiterhin starke Neigung, wieder von dort abzuwandern. Sie haben täglich die Schicksalstragödie ihrer alten Kameraden vor Augen und erkennen, daß das Verfahren von freiwilligen „Panzerschichten" im Bergbau wesentlich schneller zur Invalidität führt. Nach einwandfreien Ziffern beginnt die Invalidität im Durchschnitt im Alter von 49 Jahren. Wenn man die Härte der Berufsarbeit des Bergmannes anerkennen will, muß nach unserer Meinung mehr geschehen, als mit der vorgesehenen Abänderung der Verordnung vom 4. Oktober 1942, über die wir heute in erster Lesung zu beraten haben, erreicht werden kann.
    Ich darf abschließend sagen, daß bei der Beratung dieses Entwurfes im Ausschuß drei Forderungen entscheidend sind, die mit behandelt werden müssen und hinsichtlich derer man zu einer Klärung kommen muß. Erstens: die sofortige Aufhebung der Kürzungsbestimmungen des § 50 des Reichsknappschaftsgesetzes in Anlehnung an den § 1274 der Reichsversicherungsordnung. Zweitens: der Grundbetrag bis zu 156 DM aus der Invalidenversicherungsleistung darf bei der Knappschaftsvollrente nicht gekürzt werden. Drittens: die Berechnung der Rente muß nach dem Jahresarbeitsverdienst der höchsten Berufsgruppe erfolgen, und alle Lohnerhöhungen im Ruhrbergbau müssen sich mit in steigenden Renten auswirken. Man soll nicht versuchen, diese Dinge mit einer Steigerung der Beiträge zu realisieren, sondern soll die notwendigen Beträge von den 9 Milliarden DM abzweigen, die Sie als Sicherheitsleistung jährlich zu zahlen gewillt sind.