Rede von: Unbekanntinfo_outline
Meine Damen und Herren! Ich hatte heute schon Gelegenheit genommen, zu der grundsätzlichen Frage des Mitbestimmungsrechts Stellung zu nehmen und in diesem Zusammenhang sowohl zur Zusammensetzung des Aufsichtsrates als auch der Wahl des Aufsichtsrates, seiner Aufgaben und seiner Funktionen. Ich möchte in Begründung des von uns gestellten Antrages kurz auf folgendes hinweisen. Ich habe schon davon gesprochen, daß die Mitglieder des Aufsichtsrates die Aufgabe haben, die Interessen der Belegschaft zu vertreten und ihr gegenüber Rechenschaft schuldig sind, die Weisungen der Belegschaft durchzuführen. Das bedeutet in erster Linie, daß gerade aus diesem Interesse heraus die Mitglieder des Aufsichtsrates die Aufgaben zu lösen bzw. durchzuführen haben, die im Interesse der Erhaltung des Friedens und des Kampfes gegen die Remilitarisierung im Vordergrund der gesamten Aufgaben und der Zielsetzung aller friedliebenden Menschen, insbesondere aber der Belegschaft selbst stehen.
Die Vertreter im Aufsichtsrat, die von der Generalversammlung gewählt werden, sind zwar nach dem Gesetz formal an keine Weisungen gebunden; aber ich glaube, niemand von Ihnen wird bestreiten können, daß die Aktionäre ihre Aufsichtsratsmitglieder nicht entsenden, um die Interessen der Belegschaft wahrzunehmen, sondern die Interessen des Aktienkapitals,
daß sich also aus der Aktie und seitens der Aktienbesitzer ohne weiteres eine ungeschriebene Weisung für die Mitglieder des Aufsichtsrats ergibt.
Daraus ergibt sich logischerweise umgekehrt, daß die Mitglieder des Aufsichtsrats, die von der Belegschaft zu entsenden sind, unter allen Umständen an die Weisungen und die Aufträge der Belegschaft gebunden sein müssen. Das bedeutet naturgemäß, daß diese Aufsichtsratsmitglieder, wenn sie diesen Weisungen nicht Rechnung tragen, auch der Abberufung durch die sie entsendende Stelle, also die Belegschaft selbst, unterliegen.
Meine Damen und Herren, die Aufgabenstellung der Aufsichtsratsmitglieder wird sich angesichts der unerhört ernsten Situation, in der wir uns befinden, angesichts der sich immer mehr verstärkenden Aufrüstungs- und Remilitarisierungsbestrebungen
darauf zu konzentrieren haben, die Herstellung von Kriegsmaterial zu verhindern.
Ich glaube, die Ereignisse der letzten Monate dürften darüber wohl jedem restlose Klarheit verschafft haben. Ich nenne hier die Tatsache des Zwangsexports von Kohle und die Tatsache des Zwangsexports von Eisen und Stahl. Ich erinnere in diesem Zusammenhang nur daran, daß das Volkswagenwerk für einige Tage stillegen mußte, weil die benötigten Bleche nicht zur Verfügung standen, und daß im Volkswagenwerk vom 1. April ab deswegen Kurzarbeit eingeführt werden muß, weil die benötigten Bleche für Rüstungsaufgaben verwendet und ausgeführt werden. Es ist eine Aufgabe dieser Aufsichtsratsmitglieder, dafür zu sorgen, daß die vordringliche Sicherung der Bedürfnisse der Bevölkerung und insbesondere der deutschen Friedensindustrie durchgesetzt wird. Selbstverständlich besteht die Aufgabe der Aufsichtsratsmitglieder auch darin, sich der sozialen und wirtschaftlichen Belange der Belegschaft anzunehmen. Das wäre ein Schritt zur Verwirklichung eines echten Mitbestimmungsrechts.
Die Vertreter der Belegschaften in diesem Organ müssen dem Rechnung tragen, und zwar in der Frage des Verbots der Herstellung von Kriegsmaterial, der Einstellung der Zwangsexporte, der Sicherung der deutschen Friedensproduktion, in der Aufrechterhaltung des Lohnniveaus für Arbeiter und Angestellte entsprechend dem Preisniveau und der Auszahlung von Teuerungszulagen, bei der Festsetzung der Löhne für Frauen und Jugendliche nach dem Grundsatz: gleicher Lohn für gleiche Arbeit! bei der Bereitstellung von Mitteln für den Arbeitsschutz und die Unfallverhütung, ferner durch die Einhaltung des Achtstunden-Arbeitstages, durch die Reduzierung der Arbeitszeit bei gesundheitsschädlicher Arbeit sowie für schwangere Frauen
und Jugendliche, durch das Verbot der Überstunden, das Verbot von Panzerschichten
und anderer Arbeiten für Kriegszwecke.
Wenn die Aufsichtsratsmitglieder weiterhin entsprechend dem Auftrag der Belegschaften insbesondere auch an der Entscheidung über Einstellungen und Entlassungen, zur Sicherung der demokratischen Rechte der Belegschaft teilnehmen,
ich glaube, meine Damen und Herren, dann wird dem Rechnung getragen, was die Arbeiterschaft in Wirklichkeit unter der Realisierung eines weitgehenden Mitbestimmungsrechts bei den jetzigen Bedingungen versteht. Wir bitten Sie deshalb, diesem unserem Antrag stattzugeben. Ich glaube auch, daß die Belegschaften und die Gewerkschaften sich dafür werden einsetzen müssen, daß die von ihnen zu entsendenden Aufsichtsratsmitglieder ihren Aufgaben gerecht werden. Ihren Aufgaben können sie nur dann gerecht werden, wenn sie der Weisung und der Beschlußfassung der Belegschaft unterliegen.