Rede von
Dr.
Hans
Wellhausen
- Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede:
(FDP)
- Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (FDP)
Meine Damen und Herren! Die Fraktion der FDP stellt zu § 6 einen Antrag, der Ihnen inzwischen im Umdruck vorliegt. Ich werde ihn aber doch vorlesen, da ich höre, daß er nicht überall vorliegt:
§ 6 Abs. 2 erhält folgende Fassung:
Die Vertreter der Arbeitnehmer müssen Arbeiter oder Angestellte der zum Unternehmen gehörenden Betriebe sein. Für ihre Wahl können die Betriebsräte der zum Unternehmen gehörenden Betriebe nach Beratung mit den im Unternehmen vertretenen Gewerkschaften und die Arbeitnehmer Wahlvorschläge aufstellen. Die Wahlvorschläge der Arbeitnehmer müssen von mindestens einem Zehntel der Arbeitnehmer des Unternehmens oder von mindestens 100 Arbeitnehmern unterzeichnet sein. Jeder Wahlvorschlag muß mindestens die doppelte Zahl von Namen enthalten, wie Vertreter zu wählen sind.
§ 6 Abs. 3 wird gestrichen.
Zur Begründung darf ich kurz folgendes ausführen. Ich bin mit meinem Vorredner der Meinung, daß sich Arbeitskreis und Ausschüsse sehr große Mühe gegeben haben, in diesem Punkte zu einer Lösung zu kommen. Der Vorschlag in der Regierungsvorlage bedeutete praktisch — das ist im Ausschuß und besonders im Arbeitskreis sehr oft erörtert worden — ein reines Kopfnicken der Generalversammlung. Es ist — vorsichtig ausgedrückt — eine Übertreibung, wenn man eine solche Generalversammlung dann als ein Wahlorgan bezeichnet. Eine Institution, die mit dem Kopf zu nicken hat — sie muß nicken — in einer Demokratie als ein Wahlorgan zu bezeichnen, ist meines Erachtens eine reine Farce.
Das kann die FDP unter gar keinen Umständen mitmachen.
Wir sind aber der Meinung, daß der § 6 in Abs. 1 in bezug auf das nunmehrige Wahlorgan, das nicht mehr die Generalversammlung ist, einen guten Mittelweg gefunden hat. Wir glauben, daß es nicht richtig ist, die Betriebsräte zum alleinigen Wahlorgan zu machen. Denn der Arbeiter und der Angestellte haben mit Recht bei ihrer Stimmabgabe zur Wahl des Betriebsrates bei der Beurteilung der Kandidaten andere Gesichtspunkte in den Vordergrund gerückt, die zu beachten nötig ist, als wenn sie jemanden in den Aufsichtsrat des Unternehmens delegieren wollen. Das ist im Ausschuß so ausführlich — stundenlang, möchte ich sagen erörtert worden, daß ich darauf verzichte, es hier zu wiederholen. Es ist nach meiner Auffassung auch keineswegs so, wie uns Freund Pelster gesagt hat, daß das Wahlorgan zu schwerfällig sei. Man darf in solchen Fällen nicht immer mit dem Beispiel Hibernia arbeiten. Vielmehr ergibt sich auf diese Weise in der großen Mehrzahl der Fälle ein durchaus arbeits- und funktionsfähiges Wahlorgan.
Wir weichen von dem Ausschußbericht entscheidend in den weiteren Absätzen des § 6 ab. Wir sind der Meinung — ich sage das aus voller Überzeugung und werde immer dieser Überzeugung bleiben —, daß die Betriebsnähe des zu Wählenden das Entscheidende ist. Diese Betriebsnähe kann überhaupt nicht besser dokumentiert werden als dadurch, daß ausschließlich Mitglieder des Unternehmens selbst, Angestellte und Arbeiter, gewählt werden. Wir wollen nicht dieses kollektivistische Denken, und — nehmen Sie es mir nicht übel — wenn Sie glauben, sich nur auf die Gewerkschaften und hur auf die Spitzenorganisationen der Gewerkschaften verlassen zu können — das ist doch der Unterton Ihres Antrages —, stellen Sie meines Erachtens den Betriebsräten, vor allem aber den Arbeitern und Angestellten des Unternehmens, die doch der Träger der ganzen Angelegenheit sind, ein sehr schlechtes Zeugnis, ein Minderwertigkeitszeugnis aus.
— Das kann doch nicht Ihr Glaube sein, Herr Richter,
daß Sie bei den Gewerkschaften nun alle Wahrheit und Weisheit gepachtet haben. Ich weiß, daß speziell Sie persönlich sich sehr darum bemühen; denn Sie kenne ich ja am besten. Wir wollen aus den Arbeitnehmern funktionsfähige, selbständige, verantwortungsbewußte Leute machen. Deswegen wollen wir sie in die Aufsichtsräte entsenden und nicht Angehörige der Gewerkschaftsorganisationen oder gar der Spitzenorganisationen der Gewerkschaften. Wenn das eine Erziehungsarbeit bedeutet, dann, bitte, leisten Sie doch von den Gewerkschaften aus diese Erziehungsarbeit. Wir sind sehr damit einverstanden. Sorgen Sie dafür
— verehrter Herr Richter, ich meine manchen Ihrer Funktionäre, nicht Sie —, daß überlegene, hervorragende Facharbeiter, Meister, Angestellte, Oberingenieure auch die richtigen Begriffe für ihre Arbeit und ihre Aufgaben im Aufsichtsrat bekommen. Aber nehmen Sie es ihnen doch nicht ab, werden Sie doch nicht ihr Vormund oder gar ihre Hebamme. Das haben die nicht nötig.
Wir wollen, daß die Arbeitnehmer selber ihre Rechte wahrnehmen.
Ich glaube, damit habe ich zur Begründung unseres Vorschlages genug gesagt.