Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Für die Fraktion der SPD habe ich zu § 1 die Ihnen vorliegenden Anträge zu stellen und zu begründen. Ich sage ausdrücklich nicht Abänderungsanträge; denn es handelt sich vor allen Dingen um Ergänzungs- und um Erläuterungsanträge, die um deswillen notwendig sind, damit nicht eines Tages bei der Auslegung des Gesetzes Zweifel entstehen, die wir alle nicht wollen.
In § 1 Abs. 1 Buchstabe b finden Sie in der letzten Zeile die Worte „und nicht liquidiert". Diese Worte „und nicht liquidiert" können nur bedeuten, daß in liquidierten Unternehmen das Mitbestimmungsrecht keine Anwendung findet. Eine derartige Bestimmung in diesem Gesetz ist unseres Erachtens völlig überflüssig. Wir beantragen daher, die Worte „und nicht liquidiert" zu streichen.
In der Überschrift des Gesetzes finden Sie die Worte „der Eisen und Stahl erzeugen den Industrie". Ebenso finden Sie in § 1 Abs. 1 unter Buchstabe b die Worte „den Unternehmen der Eisen und Stahl erzeugenden Industrie". Nach Ansicht meiner Fraktionsfreunde ist es unbedingt notwendig, daß wir diese Worte „Eisen und Stahl erzeugende Industrie" erläutern, daß wir also in das Gesetz unter dem Buchstaben b eine Definition darüber aufnehmen, was Eisen und Stahl erzeugende Industrie bedeutet. Wir haben den Begriff definiert und beantragen, unter Buchstabe b folgende Formulierung aufzunehmen:
Zu den Unternehmen der Eisen und Stahl erzeugenden Industrie im Sinne dieses Gesetzes gehören alle Unternehmen, die Eisen und Stahl erzeugen oder insbesondere warm verarbeiten, einschließlich aller Betriebsabteilungen.
Der Begriff Eisen- und Stahlerzeugung ist zweifellos zu eng; ér ist auch ungenau.
Wir wünschen, daß in dieses Gesetz über das Mitbestimmungsrecht auch die Abteilungen und Betriebe von Unternehmen aufgenommen werden, die Eisen und Stahl verarbeiten.
Bei allzu enger Auslegung des Gesetzes würde nämlich die Eisenerzeugung hinter dem Hochofen aufhören, die Stahlerzeugung hinter dem Stahlwerk, sei es nun hinter dem Siemens-Martin-Ofen, hinter dem Konverter oder hinter dem Elektro-
Ofen. Wir sind uns, glaube ich, alle darüber einig, daß es völlig unmöglich ist, derartige Grenzen zwischen die Betriebe und Betriebsabteilungen der Eisen- und Stahlindustrie in weiterem Sinne zu ziehen. Es ist ganz unmöglich, daß man etwa ein Mitbestimmungsrecht lediglich für die Unternehmen der Eisen- und Stahlerzeugung im engeren Sinne schafft und die Eisen- und Stahlindustrie im weiteren Sinne nicht erfaßt. Wir sind uns doch alle darüber einig — das ist im Ausschuß auch nicht bestritten worden —, daß der Umfang der Unternehmen und Betriebe, die unter den § 1 Abs. 1 Buchstabe b fallen, in erster Linie durch die Worte bestimmt wird: „in dem Umfang, wie er in Gesetz Nr. 27 der Alliierten Hohen Kommission vom 16. Mai 1950 ... bezeichnet ist, soweit diese Unternehmen in Einheitsgesellschaften im Sinne des Gesetzes Nr. 27 überführt oder in anderer Form weiterbetrieben und nicht liquidiert werden". Unter das Gesetz Nr. 27 fallen aber sicherlich nicht nur Unternehmen der Eisen und Stahl erzeugenden Industrie in engerem Sinne, sondern in dem Sinne, wie ich es gesagt habe, bestimmt auch Unternehmen der Eisen und Stahl verarbeitenden Industrie, nämlich meinetwegen Walzwerke, in denen die Erzeugnisse des Stahlwerks weiterverarbeitet werden. Aus diesem Grunde dürfen wir es, wenn wir nicht jetzt schon Zweifel über das, was wir alle wollen, aufkommen lassen wollen, nicht bei dem Begriff Eisen und Stahl ererzugende Industrie belassen, sondern müssen die Definition in das Gesetz aufnehmen, die wir Ihnen vorgeschlagen haben.
Bei der Kohle — wir haben das soeben von dem Herrn Berichterstatter gehört —, also bei den Unternehmen des Bergbaus, die unter § 1 Abs. 1 Buchstabe a aufgeführt sind, haben wir uns ausdrücklich zu derartigen Formulierungen bekannt. Wir haben dort die Weiterverarbeitung ausdrücklich in das Gesetz aufgenommen. Es ist nicht einzusehen, weshalb wir bei den Unternehmen der Eisen- und Stahlindustrie nicht ebenfalls jetzt
schon für eine Klärung, der Begriffe im Gesetz sorgen. Wir beantragen daher, die Formulierung aufzunehmen, die ich im Namen meiner Fraktion vortragen durfte.
Wir bitten dann, den § 1 Abs. 1 durch einen Buchstaben d mit folgendem Wortlaut zu ergänzen:
den Unternehmen, deren überwiegender Zweck oder Geschäftsbetrieb darin besteht, sich an Unternehmen nach Buchstaben a und b unmittelbar oder mittelbar zu beteiligen oder Umfang und Art des Betriebes solcher Unternehmen maßgeblich zu bestimmen.
Damit sind alle die Gesellschaften erfaßt, die nicht selbst Betriebe nach den Buchstaben a und b, also Bergwerke oder Eisen- und Stahlbetriebe, betreiben, die aber über Beteiligungen oder über Verträge, seien es Interessengemeinschaftsverträge oder Organverträge, einen bestimmenden Einfluß auf Unternehmen nach Buchstaben a und b ausüben können und auch tatsächlich ausüben. Es ist unseres Erachtens unbedingt erforderlich, daß auch diese Unternehmen, die einen bestimmenden Einfluß auf d i e Unternehmen haben, in denen das Mitbestimmungsrecht unbestritten gelten soll, unter dieses Gesetz fallen. Denn wir sind uns wohl alle darüber einig, daß der Einfluß dieser Unternehmen — nennen wir sie einmal beherrschende Unternehmen, kontrollierende Unternehmen oder Muttergesellschaften — über die Hauptversammlung in den Tochtergesellschaften, in den a- und b-Betrieben, oder über die Interessengemeinschafts- oder Organverträge eingreifender sein kann als der ganze Einfluß über das Mitbestimmungsrecht in diesen Unternehmen und Betrieben nach den Buchstaben a und b. Wenn wir also die Mitbestimmung in diesen Unternehmen, die eine derartige Dachgesellschaft über sich haben, nicht illusorisch machen wollen, dann müssen wir den vorgeschlagenen Inhalt des Buchstaben d in das Gesetz aufnehmen. Wir beantragen es.
Wir beantragen weiter, in § 1 des Gesetzes den Abs. 2 zu streichen. Diese Aufzählung, die wir in Abs. 2 finden, ist überflüssig; sie ist nicht notwendig. Wir finden in dieser Aufzählung, in dieser rein juristisch gedachten Aufzählung lediglich „die Aktiengesellschaften, die Gesellschaften m. b. H. und die bergrechtlichen Gewerkschaften mit eigener Rechtspersönlichkeit". Es ist unbedingt notwendig, daß — ich darf ein Beispiel nennen — etwa auch die Kommanditgesellschaften auf Aktien, aber ruhig auch Personalgesellschaften, also etwa Kommanditgesellschaften, unter dieses Gesetz fallen. Denn es kann meines Erachtens und nach Ansicht meiner Fraktionsfreunde keinen Unterschied machen, ob ich nun ein Bergwerk — sagen wir einmal mit 10 000 Belegschaftsmitgliedern — in Form einer Aktiengesellschaft betreibe, in Form einer Gewerkschaft oder in Form einer Kommanditgesellschaft auf Aktien, die in diesem Falle nach dem Wortlaut des Gesetzes nicht erfaßt worden ist und nicht erfaßt wird, wenn wir den Abs. 2 nicht streichen. Die Rechtsform ist für die Frage des Mitbestimmungsrechts unbeachtlich. Der Umfang des Gesetzes, meine Damen und Herren, ist genügend bestimmt und abgegrenzt in dem § 1 Abs. 1; der besonderen juristischen Formulierung des Abs. 2 bedarf es dann nicht mehr. Wir wollen nicht neben die tatsächlichen und wirtschaftlichen Abgrenzungen, die bei einem derartigen wirtschaftichen Gesetz allein vernünftig sind, die rein juristischen Abgrenzungen setzen. Eine derartige Beschränkung — das sei ganz besonders betont —, wie wir sie in Abs. 2 finden, findet sich nicht in der Regierungsvorlage. Wir möchten also in diesem Punkte die Regierungsvorlage wiederherstellen, da wir hier etwas Sinnloses aufgenommen haben, was einen falschen Klang in das Gesetz bringt.
Ich betone noch einmal, daß alle Anträge, die wir gestellt haben, keine wesentlichen Änderungen bringen, sondern Erläuterungen und Klarstellungen, die wir beschließen müssen, wenn wir bei der künftigen Auslegung des Gesetzes nicht auf unnötige Zweifel stoßen wollen. Aus diesem Grunde bitten wir, unsere Anträge anzunehmen.