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ID0112800600

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    Deutscher Bundestag — 128. Sitzung. Bonn, Freitag, den 16. März 1951 4881 128. Sitzung Bonn, Freitag, den 16. März 1951. Geschäftliche Mitteilungen . . 4881C, 4889D, 4892D Anfrage Nr. 161 der Zentrumsfraktion betr. Einfuhren landwirtschaftlicher Erzeugnisse (Nrn. 1873, 2063 der Drucksachen) . . . . 4881D Bericht des Bundesminister für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten betr. Steuerrückvergütung an die Imkerschaft (Nr. 2062 der Drucksachen) 4881D Änderung der Tagesordnung 4881D Beratung des Entwurfs einer Verordnung PR Nr. 11/51 zur Änderung und Ergänzung der Verordnung PR Nr. 59/50 über Getreidepreise für die Monate Oktober 1950 bis Juni 1951 (Nr. 2030 der Drucksachen; Änderungsantrag Umdruck Nr. 101) . . . 4882A Dr. Niklas, Bundesminister für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten 4882A Kriedemann (SPD) 4885A Müller (Frankfurt) (KPD) 4885C Dr. Horlacher (CSU) 4886C, 4889A Lampl (BP) 4887A Schmidt (Bayern) (WAV) 4888A Revenstorff (FDP) 4888C Beschlußfassung 4890A Beratung des Entwurfs einer Verordnung PR Nr. 12/51 zur Verlängerung der Geltungsdauer der Verordnung PR Nr. 79/50 zur Änderung von Preisen für Steinkohle, Steinkohlenkoks und Steinkohlenbriketts aus den Revieren Ruhr und Aachen (Nr. 2037 der Drucksachen) . . 4890B Agatz (KPD) 4890C Dr. Schröder (Düsseldorf) (CDU) . 4891A Dr. Bleiß (SPD) 4891B Beschlußfassung 4892A Beratung des Entwurfs einer Verordnung PR Nr. 13/51 über die Verlängerung der Geltungsdauer der Verordnung PR Nr. 78/50 über die Preise für Roheisen, Walzwerkserzeugnisse und Schmiedestücke (Nr. 2038 der Drucksachen) 4892A Fisch (KPD) 4892B Beschlußfassung 4892D Beratung des Antrags der Fraktion der KPD betr. Inhaftierung von Deutschen wegen Protestaktion auf der Insel Helgoland (Nr. 1988 der Drucksachen) . . . . 4893A Gundelach (KPD), Antragsteller 4893A, 4894A Dr. von Brentano (CDU) (zur Geschäftsordnung) 4894A Übergang zur Tagesordnung 4894B Beratung der Übersicht Nr. 22 über Anträge von Ausschüssen des Deutschen Bundestages über Petitionen (Umdruck Nr. 98) 4894B Beschlußfassung 4894C Erste Beratung des von den Fraktionen der CDU/CSU, FDP, DP, BP und Z eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes über steuerliche Maßnahmen zur Förderung der Ausfuhr (Nr. 2061 der Drucksachen) 4881D, 4894C Ausschußüberweisung 4894D Nächste Sitzung 4894D Die Sitzung wird um 10 Uhr 2 Minuten durch den Präsidenten Dr. Ehlers eröffnet.
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    Rede von Herbert Kriedemann


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)

    Herr Präsident! Meine Damen und Herren! In der schmerzlichen Überzeugung, daß ein Versuch zur ernsthaften, gründlichen Auseinandersetzung mit den Problemen, wie sie wirklich liegen, aussichtslos ist, weil die Tatsachen, mit denen wir uns hier auseinanderzusetzen haben, offenbar noch nicht vor genügend Leuten mit dem genügenden Gewicht wirklich in Erscheinung getreten sind, aber in der Überzeugung, daß wir diese Auseinandersetzung in diesem Hause mit den letzten Konsequenzen sehr bald werden führen müssen, möchte ich mich für heute im Namen meiner Fraktion mit der Abgabe einer kurzen Erklärung begnügen.
    Die Änderung der Festpreise für Brotgetreide im Laufe des Getreidewirtschaftsjahres und die dadurch verursachte Steigerung der Brotpreise stellen eine schwere Belastung der Lebenshaltung aller Brotverbraucher dar. Dafür bietet das jetzt schon unzureichende Angebot an Konsumbrot in Zukunft noch weniger einen Ausgleich, als es das nach der ersten Getreidepreiserhöhung und ihrer Auswirkung auf den Brotpreis getan hat. Zugleich ist die Erhöhung der Getreidepreise im gegenwärtigen Augenblick eine Benachteiligung aller der Erzeuger, die im Vertrauen auf das von diesem Haus beschlossene Marktordnungsgesetz und auf die von der Bundesregierung bekanntgemachten Festpreise ihr Getreide bereits verkauft hätten, ehe die durch die falschen Maßnahmen oder die Unterlassungen der Bundesregierung verursachte Mangellage die Spekulationspreise bildete, vor denen die Bundesregierung heute kapituliert.

    (Sehr richtig! bei der SPD.)

    Weder nach der einen noch nach der anderen Seite sind ausgleichende Leistungen seitens der Bundesregierung ernsthaft in Angriff genommen. Die einseitige Preiserhöhung, die gegen das für Erzeuger und Verbraucher gleichermaßen wichtige Prinzip stabiler Preise verstößt, ist völlig ungeeignet, den außerordentlich großen Gefahren zu begegnen, denen die Brotversorgung in den nächsten Wochen und Monaten ausgesetzt ist.

    (Sehr wahr! bei der SPD.)

    Sie ist auch nicht geeignet, die Bundesrepublik aus der Zwangslage zu befreien, in die sie durch die völlige Abhängigkeit von ausländischer Hilfe infolge der planlosen Getreidewirtschaft hineingekommen ist. Mit dieser Preisanordnung können die begangenen Fehler nicht ausgeglichen werden. Sie ist auch kein Ersatz für die längst notwendigen Maßnahmen, die die Regierung nicht zu ergreifen wagt, weil sie den Bankerott des geltenden Wirtschaftsprinzips zu klar erkennen lassen würden.

    (Sehr gut! bei der SPD.)

    Die sozialdemokratische Fraktion bekennt sich erneut zu der Auffassung, daß der deutschen Landwirtschaft ausreichende Preise zugebilligt werden müssen. Sie sieht aber in der von der Regierung vorgenommenen Preisfestsetzung nicht den ernsten Versuch, zu einer richtigen Preisrelation zu kommen. Das beweist schon die Tatsache, daß auch von der Bekanntgabe der neuen Festpreise die tatsächliche Preisbildung unbeeinflußt geblieben ist. Solange das unkontrollierte Spiel der Kräfte fortgesetzt wird, welches man fälschlich „soziale Marktwirtschaft" nennt, wird der Landwirtschaft mit der einen Hand immer mehr genommen, als ihr mit der anderen Hand gegeben werden soll,

    (Sehr richtig! bei der SPD)

    während die Verbraucher die Zeche für eine Agrarpolitik zahlen müssen, die eben keine ist.
    Die SPD-Fraktion erwartet von der Regierung unverzüglich die Bekanntgabe aller der Maßnahmen, die zur Sicherung der Versorgung der Bevölkerung mit Brot, Mehl und Teigwaren erforderlich sind, und ebenso Maßnahmen zur Sicherung einer Preisgestaltung, die der Kaufkraft der Verbraucher Rechnung trägt. Sie lehnt es ab, an einer Verschleierung der Tatbestände unter Verantwortung mitzuwirken, und stimmt deshalb der Preisanordnung nicht zu.

    (Beifall bei der SPD.)



Rede von Dr. Hermann Ehlers
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CDU)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)
Das Wort hat der Abgeordnete Müller.

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    Rede von Oskar Müller


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (KPD)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (KPD)

    Meine Damen und Herren! Das Pathos, mit dem der Herr Minister seine Schlußbemerkung umkleidete, daß die Regierung beabsichtige, das Volk vor dem Hunger zu bewahren, kann nicht von der Tatsache ablenken, daß diese Regierung den Hunger organisiert.

    (Sehr richtig! bei der KPD. — Erregte Zurufe in der Mitte und rechts: Unerhört! Unverschämt! — Große Unruhe.)

    Es wäre zweckmäßiger gewesen,

    (erregte Zurufe: Raus! — Fortgesetzte große Unruhe und Pultdeckelklappen)

    wenn der Herr Minister zur Begründung seiner Vorlage zum Ausdruck gebracht hätte,

    (fortgesetzte erregte Zurufe: Schluß! — Aufhören! — Unerhört ist das!)

    daß diese Vorlage ein Ausdruck der Katastrophenpolitik dieser Regierung ist. Es steht wohl einwandfrei fest und kann nicht bestritten werden — und ich glaube, es ist bekannt —, daß eine Getreidereserve für die Brotversorgung im Augenblick nur noch für einen Monat vorhanden ist. Es ist weiter bekannt, daß sehr ernste Bedenken hinsichtlich der Übergangsperiode bis zur neuen Ernte vorhanden sind.
    Wenn der Herr Minister als Begründung für diese Lage u. a. angibt, daß die Notwendigkeit der Erhöhung der Getreidepreise sich aus der Preiserhöhung für Kunstdünger und für landwirtschaftliche Maschinen ergebe, so ist demgegenüber festzustellen, daß das nur ein Ergebnis der Politik der Liberalisierung, der Freigabe der Preise, ist.

    (Abg. Kunze: Davon verstehen Sie nichts!)

    Woher hätten sonst die Betriebe und die Industrie jene großen Milliardensummen für die Eigeninvestierung hernehmen können, wenn nicht durch die Freigabe der Preise und das Niedrighalten der Löhne solche Milliardenbeträge hätten herausgewirtschaftet werden können?

    (Abg. Strauß: Meinen Sie die HO-Läden?)

    Der Herr Minister hat u. a. erklärt, die Begründung für die Erhöhung der Preise sei auch in der Weltmarktlage zu suchen. Meine Damen und Herren, wer sich in die Hände und die Klauen


    (Müller [Frankfurt])

    der amerikanischen Milliardäre und Kriegstreiber begibt und deren Politik unterstützt,

    (Zuruf von der Mitte: Alte Platte! — Weitere Zurufe und Unruhe)

    der wird mit ihnen zusammen zugrunde gehen. Es ist wohl nicht ganz von der Hand zu weisen und kann von niemand bestritten werden, daß die amerikanische Kriegspolitik

    (Zuruf rechts: Die russische! — Weitere Zurufe)

    eine solche Unordnung auf dem Weltgetreidemarkt ausgelöst hat, daß sogar die in den Handelsverträgen für Westdeutschland geplanten Einfuhrmengen in ihrer Lieferung absolut zweifelhaft geworden sind. Die Einfuhr aus anderen, nicht dollargebundenen Ländern würde bedeuten, daß das benötigte zusätzliche Getreide zu überhöhten Weltmarktpreisen nach Westdeutschland eingeführt werden müßte. Aber wieweit der Einfluß der Amerikaner in die Wirtschafts- und Ernährungspolitik eingreift, hat der Herr Minister selbst zugegeben, indem er erklärt hat, daß die Amerikaner die Anregung — wie er sich ausgedrückt hat — gegeben hätten, die Preise freizugeben. Wir glauben, es hätte den Amerikanern schon gefallen, „freie Preise", um damit ihre Gewinne aus eigenen lukrativen Geschäften auf Kosten der Konsumenten, der werktätigen Bevölkerung ins Ungeheure zu steigern. Das ist genau so charakteristisch wie die Tatsache, daß der Petersberg, als von Westdeutschland ein Vertrag mit einem Staat der Volksdemokratien über die Lieferung von 360 000 t Getreide abgeschlossen wurde, durch das Verbot der Lieferung von Industrieprodukten nach diesem Staat die Belieferung mit Getreide praktisch verhindert hat. Mit dieser Politik auf dem Ernährungssektor soll ein entscheidender Beitrag zur Finanzierung des amerikanischen Krieges und der Remilitarisierung geleistet werden und wird geleistet.

    (Abg. Lücke: Lauter dummes Zeug!)

    Wenn nun festgestellt worden ist. daß schon vor der Einbringung dieser Vorlage die Mehlpreise um rund 25 % gestiegen sind und die jetzige Erhöhung der Brot- und Getreidepreise zu einer weiteren Belastung von 15 bis 20 % für Brot und Brötchen führen muß, dann ist zu beachten, daß dabei noch nicht einmal /die Regierungsvorlage über die Umsatzsteuererhöhung eingerechnet ist. Wird sie wirksam, so wird eine weitere vermehrte Belastung der Verbraucher eintreten.
    Meine Damen und Herren! Profitieren würde aus dieser Vorlage in erster Linie der Zwischenhandel; der Bauer wird davon das Allerwenigste bekommen.

    (Abg. Kunze: Jetzt tritt er auch noch für die Bauern ein!)

    Die Kosten für diese Erhöhung der Getreidepreise trägt das Volk. Ich möchte mich auf eine Bemerkung stützen, — —

    (Zurufe: Schluß! — Glocke des Präsidenten.)