Das Wort hat der Herr Abgeordnete Dr. Höpker-Aschoff.
Dr. Dr. Höpker-Aschoff: : Meine Damen und Herren! Ich möchte nur noch ein paar kurze Bemerkungen machen, diesmal nicht als Berichterstatter, sondern als schlichter Abgeordneter.
Zu dem ehemaligen Reichsvermögen gehört auch das Vermögen der Montan-Industrie G. m. b. H., einer G. m. b. H. mit einem Gesellschaftskapital von 400 Millionen Mark, das zu 100 % im Besitz des Reiches war. Diese Montan-Industrie G. m. b. H. hatte eine große Zahl von chemischen und metallurgischen Betrieben, darunter, ich glaube, etwa 12 bis 15 Betriebe auch in Bayern. Eines Tages teilte der von den Briten in Berlin eingesetzte Generaltreuhänder dieser Montan-Industrie dem Herrn Bundesfinanzminister seine Besorgnisse mit, daß über das in Bayern gelegene Vermögen dieser Montanindustrie zum Schaden der Gesellschaft und zum Schaden ihrer Gläubiger verfügt werden würde. Er bekam darauf eine beruhigende Antwort des Bundesministeriums der Finanzen. Es wurde ihm dargestellt, er brauche diese Sorge nicht zu haben, denn dieses Vermögen sei ja Reichsvermögen geworden. und in Bayern würde wahrscheinlich niemand daran denken. unrechtmäßigerweise über dieses Reichsvermögen zu verfügen. Aber die Herren im Bundesfinanzministerium. die dieses Sehreiben aufgesetzt hatten, erfuhren dann eine seltsame Überraschung. Dieses Schreiben war auch den Bayern mitgeteilt worden. Darauf wurde von seiten des bayerischen Staatsministeriums der Finanzen an den Herrn Bundesfinanzminister folgende Antwort erteilt:
Die Rechtsauffassung Bayerns und der übrigen Bundesländer über die Behandlung der früheren reichseigenen und nach dem Gesetz Nr. 19 auf die Länder übergegangenen Vermögenswerte ist in wiederholten Besprechungen zwischen Vertretern der Bundesministerien und den Finanzministerien der Länder stets eindeutig zum Ausdruck gebracht worden. Die Länder der US-Zone und der französischen Zone haben bisher keinen Zweifel darüber gelassen, daß sie sich auf der Grundlage dieser gesetzlichen Bestimmungen zu Verfügungen über die in ihrem Bereich gelegenen ehemaligen reichseigenen Vermögenswerte für berechtigt halten.
Eine Änderung der bestehenden Sach- und Rechtslage kann nur durch die in Aussicht. genommene Verwaltungsvereinbarung zwischen Bund und Ländern oder durch ein Bundesgesetz nach Art. 134 des Grundgesetzes eintreten. Ihre Ansicht, daß das Gesetz Nr. 19 durch Art. 134 gegenstandslos geworden ist, teile ich in Übereinstimmung mit allen übrigen Ländern der US-Zone und französischen Zone, wie Sie wissen, nicht. Dem Bundesministerium der Finanzen ist auch bekannt, daß sich die Länder auf Grund der für sie geltenden gesetzlichen Bestimmungen auch als Eigentümer der in ' ihrem Bereich gelegenen Vermögenswerte früherer Reichsgesellschaften, die zu 100 0/o dem Reich gehörten, erachten.
Da dem Bundesministerium der Finanzen aus den mehrfachen mündlichen und schriftlichen Erörterungen die Auffassung des Landes Bayern über die derzeitigen Rechtsverhältnisse bezüglich des ehemaligen Reichsvermögens hinreichend bekannt ist, erscheint mir das in Abschrift übermittelte Schreiben an die Montan-Industrie G. m. b. H. Berlin unverständlich. Ich hätte es begrüßt, wenn das Bundesministerium vor Abgabe einer solchen Erklärung gegenüber der Montan-Industrie G. m. b. H., die Rechte an den in den Ländern der US-Zone und der französischen Zone gelegenen Vermögenswerten der früheren MontanIndustriewerke nicht besitzt, das bayerische Staatsministerium der Finanzen unterrichtet hätte.
Meine Damen und Herren! Ich glaube, dieser Briefwechsel bedarf keiner Erläuterung und zeigt jedenfalls mit der allergrößten Deutlichkeit, wie notwendig es ist, daß die Verwaltung dessen, was nach dem Grundgesetz unzweifelhaft als früheres Vermögen des Reiches dem Bund gehört, auch in die Hände des Bundes kommt.
Im übrigen möchte ich das noch einmal unterstreichen, was der Herr Bundesfinanzminister schon einmal ausgeführt hat. Was ist denn eigentlich der Inhalt dieses Gesetzes? Wird hier denn irgendwie zuungunsten der Länder verfügt? Es werden doch nur Gesetze und Verordnungen der Besatzungsmächte aufgehoben, und jedermann in Deutschland sollte sich darüber freuen, daß nunmehr der Versuch gemacht wird, nach deutschem Recht zu leben, und daß niemand, auch kein Landesminister, in die Versuchung geführt wird, sich gegenüber dem Bunde auf Gesetze der Besatzungsmächte zu berufen, die in der Zwischenzeit ergangen sind.
Das zweite ist, daß dem Bund die Verwaltung übertragen wird. Wie man bei dieser Lage auf den Gedanken kommen könnte, daß es sich hier um ein Gesetz handelt, das nach Art. 134 Abs. 4 der Zustimmung bedürfte, ist mir vollkommen unerfindlich. Aber selbst wenn das Gesetz einer Zustim-
mung bedürfte, wäre das für den Gang unserer Beratungen im Augenblick völlig gleichgültig. Wir könnten dann in Ruhe abwarten, ob der Bundesrat seine Zustimmung erteilt. Anzunehmen, daß der Bundesrat auf seinem bisherigen ablehnenden Standpunkt beharrt, würde ich als eine - nun, ich möchte sagen: Beleidigung des Bundesrates betrachten. Denn man muß davon ausgehen, daß auch im Bundesrat Männer sitzen, die einer Belehrung mit vernünftigen Gründen nicht unzugänglich sind.