Rede von
Dr.
Bernhard
Reismann
- Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede:
(FU)
- Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (FU)
Meine sehr verehrten Damen und Herren! Wir haben uns schon wiederholt mit dem durch die Fraktion der Bayernpartei angeschnittenen Problem befaßt. Ich erinnere daran, daß wir in der 108. Sitzung des Bundestages am 15. Dezember 1950 einstimmig beschlossen haben, die Bundesregierung solle sich mit der Hohen Kommission in Verbindung setzen, um gewisse Zugeständnisse zu erreichen. Der dritte Punkt des damaligen Beschlusses lautete, die Bundesregierung solle versuchen, das Zugeständnis zu erlangen, daß
... eine laufende Überprüfung der Belegungsdichte von Wohnungen, die für die Besatzungsangehörigen beschlagnahmt worden sind, durch die zuständigen deutschen Dienststellen gestattet und eine zentrale Berichterstattung eingerichtet wird.
Ich würde mich gefreut haben, wenn die Regierung Veranlassung genommen hätte, jetzt darüber zu berichten, oder wenn der Herr Wohnungskommissar uns dazu einen Bericht vorlegen und sagen könnte, was in dieser Hinsicht geschehen ist. Ich erinnere daran; ich halte es für an der Zeit, daß darüber einmal Auskunft gegeben wird. Wir werden eine formelle Anfrage deswegen einreichen. Aber in Verbindung damit ist es natürlich erklärlich, wenn eben einer der Herren Redner sagte, ihm erscheine der Erfolg solcher Bemühungen zweifelhaft. Man hat nämlich von dem Erfolg dieser damaligen Bemühungen bis heute noch nichts gemerkt. Um so wichtiger wäre es, festzustellen, ob Bemühungen überhaupt erfolgt sind, und wenn ja, in welcher Weise.
Es ist richtig und von allen bisher schon betont worden, daß die Unterbelegung angesichts der eigenen Belegungsdichte unter der deutschen Bevölkerung geradezu ärgerniserregend auffällt, und daß dagegen etwas geschehen muß, zumal die Belegung eines ganzen Hauses von 9, 10, 11 Zimmern mit 1, 2, 3 Personen gerade oft in Städten vor sich geht, die unter dem Krieg aufs schwerste gelitten haben. In den zerstörten Städten sind dann manchmal in einem Raum zwei oder drei Familien zusammengepfercht worden, während nebenan von den Besatzungsmächten ganze Häuser für eine nur geringe Personenzahl benutzt werden. Aber 'da wir bisher nichts, keine Verbesserung haben erreichen können, so, glaube ich, genügt es nicht, wenn wir jetzt von neuem eine Resolution annehmen.
Was könnte man in dieser Hinsicht noch tun? Da bin ich der Ansicht, man muß ganz im Ernst und in aller Öffentlichkeit einmal daran erinnern, daß wir doch jetzt in den Beziehungen zu den Besatzungsmächten in ein neues Stadium getreten sind. Man muß mit aller Deutlichkeit einmal sagen: Wenn man an unseren guten Willen appelliert und uns die Gleichberechtigung immerzu auf dem Papier erklärt, dann muß auch in dieser Hinsicht einmal etwas vorangeschritten werden. Man muß diese Dinge verquicken mit der Erörterung der anderen Fragen. Deshalb bedauere ich, daß der Antrag so für sich isoliert steht. Wir müssen auch bei anderen Angelegenheiten darauf zurückkommen.
Man könnte noch eine ganze Reihe vo Städten und Orten nennen. Herr Strauß hat zahlreiche aus den verschiedensten Gegenden genannt; Herr Wirths hat soeben einige aus dem östlichen Westfalen genannt. Die westfälischen Badeorte leiden sehr
schwer darunter, zumal es hierbei für die Leute um ihre wirtschaftliche Existenz geht. Nicht nur den Wohnraum hat man ihnen genommen. In Osnabrück, Münster und in Neheim-Hüsten ist an vielen Stellen das gleiche zu beklagen. Überall fällt dabei besonders unangenehm auf, daß man, wenn die Räume leerstehen, die früheren Besitzer — Inhaber, Eigentümer oder Mieter, das ist hierbei gleich — nicht einmal zur Bewachung heranzieht Es sind mir Fälle genannt, aus dem Osnabrücksehen insbesondere, in denen das Doppelte oder Dreifache des gezahlten Mietzinses für die Bewachung ausgegeben wird. Man verweigert den früheren Mietern das Recht, diese Räume überhaupt nur zu betreten, geschweige denn zu bewachen. Das würden sie gern umsonst tun. Dafür zahlt man an andere Leute das Zwei- und Dreifache des Betrages. Das ist nebenbei eine Verschwendung unseres Geldes, gegen die wir uns zur Wehr setzen müssen.
Ich möchte die Regierung dringendst auffordern, doch dafür zu sorgen, daß nun auch nach außen sichtbar in Erscheinung tritt, daß das deutsche Volk Ärgernis an diesen Zuständen nimmt. Den Herren von der äußersten Linken, von der KPD bestreite ich allerdings das Recht, sich mit solchem Ton der Entrüstung, wie ihn eben der Herr Abgeordnete Fisch gebraucht hat, nur gegen die westlichen Besatzungsmächte zu wenden. Dann mögen sie zunächst ihre guten Beziehungen einsetzen, damit das im Osten, in der Sowjetzone besser wird, und damit sie uns hier mit dem berühmten guter? Vorbild vorangehen können.