Rede von
Dr.
Joachim
Schöne
- Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede:
(SPD)
- Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die Vorlage Nr. 1969 hat im wesentlichen einmal die Beseitigung der Arbeitsgemeinschaft für Mineralöl und damit indirekt die Beseitigung des Zentralbüros und zum andern die Beseitigung der Preisbindung zum Inhalt, dann den Umbau der Bewirtschaftung und letztlich eine Änderung des bisherigen Systems der sogenannten privilegierten Verbraucher. Zu dem ersten Punkt, Beseitigung des Zentralbüros, ist, glaube ich, nicht viel zu sagen. Auch wir weinen dem Zentralbüro keine Träne nach. Wir haben nur die Hoffnung, daß die Akten des Zentralbüros noch so lange leben, bis der Untersuchungsausschuß zur Überprüfung der Verhältnisse auf dem Gebiet des Kraftstoffvertriebes zu einem endgültigen Resultat gekommen ist.
Zur Frage der Preisbindung möchte ich doch noch einige Bedenken wiederholen, die bereits von meinen Freunden im Ausschuß vorgebracht worden sind und die in der Ausschußberatung nicht ausgeräumt werden konnten. Die Treibstoffversorgung im vergangenen Jahr wurde zu drei Vierteln durch Einfuhren getätigt, zu einem Viertel aus der deutschen Erzeugung. Auch für dieses Jahr wird ein Viertel aus der deutschen Förderung kommen, und drei Viertel werden durch Einfuhren aufgebracht werden müssen. Damit wäre die Versorgung der deutschen Volkswirtschaft mit Mineralöl theoretisch sichergestellt. Es erhebt sich nur die eine Frage, ob die zur Bezahlung der Einfuhr notwendigen Gelder vorhanden sein werden. So ist für die 1,9 Millionen Tonnen Benzin allein eine
Summe von 80 Millionen Dollar erforderlich, und es erscheint meinen Freunden sehr bedenklich im Hinblick auf die gegenwärtige Zahlungsbilanzsituation, ob mit einer solchen Versorgung durch Einfuhren gerechnet werden kann. Fehlt aber der genügende Import aus diesen Gründen, dann fehlt damit eine der wichtigsten Voraussetzungen für eine Preisfreigabe; und wir haben im Ausschuß ganz deutlich vor einem zu starken Vertrauen in die Tugenden der freien Wirtschaft gewarnt.
Zum zweiten Punkt, zum Umbau der Bewirtschaftung, darf ich noch einmal wiederholen, daß eine Bewirtschaftung nur dann einen Sinn hat, wenn sie zugleich eine Preisbindung kennt. Tut sie das nicht — und das vorgesehene System kennt diese Bindung nicht —, so führt sie ganz konsequent zu zwei Tatsachen, einmal zu einer ungesunden Marktspaltung und zum andern zu einer Begünstigung der großen Mineralölfirmen. Diese Begünstigung der großen Mineralölfirmen ergibt sich insbesondere aus dem Zwang zur Mischung.
Diese Bedenken, insbesondere die in dem letzten Punkt vorgetragenen, werden noch verstärkt, wenn man sich genauer mit dem System beschäftigt, das auf dem Gebiete der Bewirtschaftung an die Stelle des alten Zentralbüros treten soll. Im Wirtschaftsausschuß des Bundesrates sagte der Vertreter des Bundeswirtschaftsministeriums:
Das Bundeswirtschaftsministerium ist zu der Überzeugung gelangt, daß Bewirtschaftungsaufgaben, wie sie für die nächste Zeit unerläßlich sind, zweckmäßigerweise nicht von einer privaten Gesellschaft erledigt werden, sondern einer staatlichen Stelle übertragen werden müssen. Ohne eine zentrale Stelle sind nicht zu lösen die Fragen des zentralen Qualitätsausgleichs, des zentralen Mengenausgleichs und drittens des Frachtausgleichs.
Diese Formulierung im Wirtschaftsausschuß des Bundesrats bedeutete im Grunde genommen einen Sieg des Bundeswirtschaftsministeriums über den Bundeswirtschaftsminister. Der Bundeswirtschaftsminister hatte sich nämlich zuvor bemüht, an die Stelle des Zentralbüros eine Bewirtschaftung in Form von Marktabreden zu setzen, und er fand sich da in vollstem Einverständnis mit den großen vier Firmen auf dem Gebiete der Mineralölwirtschaft. Wegen Bedenken, die wohl die Hohen Kommissare äußerten, mußte einmal der Bundeswirtschaftsminister dann seine Plaung revidieren, und es mußte zum andern der Antrag Drucksache Nr. 1969, der uns erst vorgelegt wurde, in Drucksache Nr. 1969 umgewandelt werden.
Nun, die Reste dieser Auffassung finden sich aber trotzdem noch in der Drucksache Nr. 1969 . In Art. 3 heißt es nämlich nur, daß die Bundesregierung eine Neuregelung der Bewirtschaftung schaffen kann. Zweitens hat uns die Ausführung über die Organisation der Fachstelle, insbesondere die Institution eines sogenannten Mengenausschusses unter Hinzuziehung von namhaften Vertretern der Mineralölwirtschaft, doch zu den größten Bedenken genötigt. Wenn schon nach Meinung des Bundeswirtschaftsministeriums eine Aufhebung der Bewirtschaftung unverantwortbar ist, so darf ich für meine Freunde sagen, daß wir dann ein funktionierendes Bewirtschaftungssystem verlangen. Hierzu gehört wenigstens, daß in die Bewirtschaftung ein System von zumindest Höchstpreisen eingebaut wird.
Im gleichen Zusammenhang steht ein weiteres Bedenken, das sich aus Art. 3 Abs. 1 Satz 2 ergibt.
Danach genehmigt der Bundeswirtschaftsminister lediglich den Bezug durch zentrale Versorgung einzelner Verbrauchergruppen; die Landeswirtschaftsverwaltungen dagegen erhalten Globalkontingente. Die Einschaltung der Landeswirtschaftsverwaltungen steht also im Belieben des Bundeswirtschaftsministers. Unter Umständen aber — und die Möglichkeit ist offengelassen — bedient sich der Bundeswirtschaftsminister der Organisation der Mineralölwirtschaft. Wir haben hier doppelte Bedenken. Sie sind einmal herausgeboren aus dem Verhältnis der Landeswirtschaftsverwaltungen zur Bundeswirtschaftsverwaltung, und zum andern haben wir sehr starke Bedenken im Interesse einer sauberen Trennung zwischen den Funktionen der Wirtschaft und den Funktionen des Staates.
Die Frage einer Begrenzung durch Höchstpreise konnte im Ausschuß von seiten der Verwaltung keineswegs befriedigend beantwortet werden. Es wurde von seiten einiger Ausschußmitglieder darauf hingewiesen, daß die zur Verfügung stehende Einfuhrmenge zwangsläufig zu einem sinkenden Preisniveau führen müsse. Nun stehen sinkende Preise mit einem Höchstpreissystem keineswegs im Widerspruch. Es ist also gar nicht einzusehen, warum man wenigstens nicht das Höchstpreissystem beibehalten will.
Ein ganz besonderes Gebiet, das gerade bei der Preisbildung hervorgehoben werden muß, ist das der Sicherung der Benzinlieferung zum gleichen Preis in verkehrsferne Gebiete. Im Ausschuß selbst sprach der Vertreter des Landes Bayern für seine besonderen Belange, und er konnte durch die Erwiderung der Verwaltung eigentlich nicht davon überzeugt werden, daß seine Auffassung nicht richtig sei.
Besondere Bedenken gruppieren sich um den von mir bereits vorhin erwähnten Punkt, nämlich um die Neuordnung der Privilegierungen, also der Subventionen an die sogenannten privilegierten Verbraucher. Nach einer Auskunft des Vertreters des Bundesfinanzministeriums würde nach der neuen Ordnung eine Subventionierung der landwirtschaftlichen Dieselölverbraucher nicht mehr erforderlich sein, da nach dem neuen Wirtschafts- und Agrarprogramm der Bundesregierung die Landwirtschaft derart im Geld und in Gewinnen schwimmen könnte und würde, daß sie eben nicht mehr irgendwelche Subventionen auf dem Gebiete des Mineralöls brauche.
Für die Binnenschiffahrt und Küstenfischerei hat man die nichtbindende Zusage gegeben, daß man vielleicht doch im Laufe der Zeit gewisse Subventionsmethoden finden würde.
Nun haben sich, meine Damen und Herren, in letzter Minute noch neue Bedenken eingeschlichen, die in der Frage der Zollpolitik begründet sind. Die Zollverhandlungen sind bei dieser Frage des Mineralöls besonders schwierig und dürften auch weiterhin noch auf erhebliche Schwierigkeiten stoßen.
Kurzum, die Bedenken meiner Freunde sind durch die Sitzung des Ausschusses nicht ausgeräumt, im Gegenteil durch die letzte Sitzung noch verstärkt worden. Ich darf Sie namens meiner Freunde bitten, unserem Antrag zuzustimmen, nämlich die Drucksache Nr. 1969 an den Ausschuß für Wirtschaftspolitik zurückzuverweisen unter Hinzuziehung insbesondere des Ausschusses für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten und
unter Hinzuziehung des Ausschusses für Verkehrswesen.