Rede von
Dr.
Heinrich
von
Brentano
- Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede:
(CDU/CSU)
- Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)
Meine Damen und Herren! Ich habe nicht die Absicht, mich mit den Ausführungen des Kollegen Ritzel auseinanderzusetzen. Herr Kollege Ritzel mag mir verzeihen, wenn ich sage: das war eine recht gewaltsame Ausdeutung der Geschäftsordnung.
Aber ich halte es für notwendig, gegenüber den Ausführungen der Herren Kollegen Ollenhauer und Mellies einiges zu sagen.
Zunächst konnte man aus den Ausführungen des Herrn Kollegen Ollenhauer etwa entnehmen, das
Deutscher Bundestag — 12e. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 14. März -1951 4789
Haus sei mit diesem Antrag auf Absetzung überrascht worden. Ich möchte nur zur Steuer der Wahrheit feststellen, daß ich bereits gestern nachmittag Herrn Kollegen Ollenhauer in einem persönlichen Gespräch von dem Beschluß meiner Fraktion Kenntnis gegeben habe und daß deswegen also die Tatsache, daß dieser Absetzungsantrag von uns gestellt wird, nicht unbekannt war.
Zum zweiten: Es ist aus den Ausführungen dieser beiden Redner der sozialdemokratischen Fraktion der Vorwurf herausgeklungen, daß der Ausschuß die. Arbeit verzögern wolle, und es ist der Vorwurf herausgeklungen, als sei die heutige Absetzung des Antrags von der Absicht getragen, hier eine unbillige, unangemessene Verzögerung eintreten zu lassen.
Meine Damen und Herren, ich stelle fest, daß ich einem solchen Vorwurf allerdings mit aller Entschiedenheit widersprechen muß.
Dieser Vorwurf ist für den, der die Beratungen von 15 Sitzungen des Ausschusses zu verfolgen sich die Mühe gemacht hat, unglaubwürdig.
Ich stelle weiter noch eines fest: Der Herr Kollege Ollenhauer sagte, es könne etwa in der Offentlichkeit der Eindruck entstehen, als entziehe sich das Hohe Haus der loyalen Erledigung einer Vereinbarung.
Meine Damen und Herren, zwei Dinge! Erstens einmal: Auch eine loyale Erledigung setzt eine sachliche Prüfung voraus,
und wenn wir über Lebensfragen des deutschen Volkes wie etwa das Lastenausgleichsgesetz seit einem Jahre beraten, kann man nicht sagen, daß die Regelung des Mitbestimmungsrechts bei Kohle und Eisen innerhalb vier Wochen abgeschlossen sein müsse,
wenn man obendrein noch, meine Damen und Herren, dabei feststellt, daß dieses Gesetz frühestens am 31. Dezember in Kraft treten wird, daß also ein gesetzloser Zustand gar nicht in Frage kommt.
Zum zweiten, meine Damen und Herren, haben allerdings ich und auch meine Fraktion nicht die Auffassung, daß das Hohe Haus berufen ist, Vereinbarungen loyal zu erledigen, sondern wir als Gesetzgeber haben die Verpflichtung vor uns und vor unseren Wählern, jede Vorlage mit der äußersten Sorgfalt zu prüfen und nach unserem besten Wissen und Gewissen zu entscheiden.