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    Deutscher Bundestag — 122. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 1. März 1951 4647 122. Sitzung Bonn, Donnerstag, den 1. März 1951 Geschäftliche Mitteilungen 4648B Änderungen der Tagesordnung 4648B Erste Beratung des von den Fraktionen der CDU/CSU, FDP und DP eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Aufhebung und Ergänzung von Vorschriften auf dem Gebiete der Mineralölwirtschaft (Nr. 1969 [neu] der Drucksachen) 4648B, C Dr. Preusker (FDP), Antragsteller . . 4648C Ausschußüberweisung 4648D Beratung der Interpellation der Fraktion der SPD betr. Spätheimkehrer (Nr. 1788 der Drucksachen) 4649A Pohle (SPD), Interpellant 4649A Storch, Bundesminister für Arbeit 4651A Beratung der Interpellation der Fraktion der SPD betr. Verbesserung von Versicherungs- und Fürsorgeleistungen (Nr. 1937 der Drucksachen) in Verbindung mit der Beratung des Antrags der Fraktion der DP betr. Auskunft über Maßnahmen für die Sozial- und Rentenversicherung (Nr. 1948 der Drucksachen) sowie mit der Beratung des Antrags der Fraktion der CDU/CSU betr. Sanierung der Rentenversicherungsträger und Erhöhung der Renten in der Sozialversicherung (Nr. 1971 der Drucksachen) 4651D Frau Korspeter (SPD), Interpellantin 4651D Frau Kalinke (DP), Antragstellerin . . 4654A, 4665B, 4668A Arndgen (CDU), Antragsteller . . . . 4655B Storch, Bundesminister für Arbeit 4656D Willenberg (Z) 4658A Freidhof (SPD) 4658C Kohl (Stuttgart) (KPD) 4660B Dr. Atzenroth (FDP) 4661C Horn (CDU) 4661D Schoettle (SPD) 4663B Richter (Frankfurt) (SPD) 4664B1 Degener (CDU) 4666C Dr. Wellhausen (FDP) 4667A Dr. Ott (BHE-DG) 4667B Abstimmungen 4667C, 4668A Beratung des Mündlichen Berichts des Ausschusses nach Art. 77 des Grundgesetzes (Vermittlungsausschuß) über den Entwurf eines Gesetzes über Leistungen aus vor der Währungsreform eingegangenen Renten- und Pensionsrentenversicherungen (Nr. 1973 der Drucksachen) 4668B Dr. Klein, Senator von Berlin, Berichterstatter 4668B Hartmann, Staatssekretär im Bundesministerium der Finanzen 4669C Beschlußfassung 4669C Beratung des Mündlichen Berichts des Ausschusses für Geschäftsordnung und Immunität (3. Ausschuß) betr. Aufhebung der Immunität des Abg. Reimann (Nr. 1992 der Drucksachen) 4648B, 4669D Ritzel (SPD): als Berichterstatter 4669D als Abgeordneter 4671C Müller (Frankfurt) (KPD) 4670A Mellies (SPD) 4671A Beschlußfassung 4672B Einspruch des Deutschen Bundesrates gegen den Entwurf eines Preisgesetzes (Nr. 1950 der Drucksachen) 4672B Beschlußfassung 4672C Antrag auf Aufsetzung des Antrags der Fraktion der CDU/CSU betr. Entwurf eines Gesetzes zur weiteren Verlängerung der Geltungsdauer des Preisgesetzes (Nr. 1993 der Drucksachen) auf die Tagesordnung 4672D Dr. Schröder (Düsseldorf) (CDU) (zur Geschäftsordnung) 4672C Widerspruch gegen die Aufsetzung . . 4672D Fortsetzung der zweiten Beratung des Entwurfs eines Gesetzes über die Feststellung des Bundeshaushaltsplans für das Rechnungsjahr 1950 (Nr. 1500 der Drucksachen); Mündliche Berichte des Haushaltsausschusses (10. Ausschuß): Einzelplan XIV — Haushalt des Bundesministeriums für Wohnungsbau (Nr. 1915 der Drucksachen) 4672D Dr.-Ing. Decker (BP), Berichterstatter 4673A Dr. Leuchtgens (DP) 4673C Erler (SPD) 4675A Dr. Preusker (FDP) 4678C Albers (CDU) 4679B Wildermuth, Bundesminister für Wohnungsbau 4680B Beschlußfassung 4681B Einzelplan XVII — Haushalt des Bundesministeriums für Angelegenheiten des Bundesrates (Nr. 1918 der Drucksachen) 4681B Frühwald (FDP), Berichterstatter . . 4681C Dr. Bärsch (SPD) 4682A Bausch (CDU) 4683C Beschlußfassung 4683D Einzelplan XX — Haushalt des Bundesrechnungshofes (Nr. 1919 der Drucksachen) 4683D Dr. Wuermeling (CDU), Berichterstatter 4684A Beschlußfassung 4684B Beratung des Mündlichen Berichts des Ausschusses für Geschäftsordnung und Immunität (3. Ausschuß) betr. Aufhebung der Immunität des Abg. Strauß gemäß Schreiben des Bundesministers der Justiz vom 17. Januar 1951 (Nr. 1951 der Drucksachen) 4684C Dr. Mende (FDP), Berichterstatter . . 4684C Beschlußfassung 4684D Nächste Sitzung 4684D Die Sitzung wird um 13 Uhr 30 durch den Präsidenten Dr. Ehlers eröffnet.
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    Rede von Dr. Hermann Ehlers


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CDU)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)

    Meine Damen und Herren, die Beantwortung der Interpellation ist erfolgt. Wird eine Besprechung gewünscht? — Das ist nicht der Fall. Damit ist der Punkt der Tagesordnung erledigt.
    Ich rufe auf Punkt 2 der Tagesordnung:
    a) Beratung der Interpellation der Fraktion der SPD betreffend Verbesserung von Versicherungs- und Fürsorgeleistungen (Nr. 1937 der Drucksachen);
    b) Beratung des Antrags der Fraktion der Deutschen Partei betreffend Auskunft über Maßnahmen für die Sozial- und Rentenversicherung (Nr. 1948 der Drucksachen);
    c) Beratung des Antrags der Fraktion der CDU/CSU betreffend Sanierung der Rentenversicherungsträger und Erhöhung der Renten in der Sozialversicherung (Nr. 1971 der Drucksachen).
    Der Ältestenrat schlägt Ihnen für die Begründung der Interpellation und der Anträge je 10 Minuten und für die Aussprache 120 Minuten Redezeit vor. — Das Haus ist damit einverstanden.
    Wer wird die Interpellation begründen?

    (Zuruf.)

    — Das Wort hat Frau Abgeordnete Korspeter.
    Frau Korspeter (SPD), Interpellantin: Herr Präsident! Meine Herren und Damen! Die sozialdemokratische Fraktion hatte am 29. Juli vorigen Jahres den Antrag in der Drucksache Nr. 1271 eingereicht, der eine Anpassung von Leistungen der Sozialversicherung, der Arbeitslosenversicherung, der Arbeitslosenfürsorge, der Körperbeschädigten- und Hinterbliebenenfürsorge, der Soforthilfe und der öffentlichen Fürsorge an das veränderte Preisgefüge forderte. Dieser Antrag kam bedauerlicherweise erst am 13. Oktober auf die Tagesordnung, und er erlebte ein Schicksal, das von keinem der betroffenen Rentner verstanden wurde und ein


    (Frau Korspeter)

    großes Maß von Verbitterung auslöste. Obgleich alle Parteien sich während der Debatte über diesen Antrag dazu bekannten, daß angesichts der elenden Lage der Renten- und Unterstützungsempfänger Abhilfe dringend geboten sei, obgleich auch der Herr Arbeitsminister erklärte, daß die Bezüge, die wir den Rentnern geben und geben könnten, nicht ausreichend seien, wurde dieser Antrag der SPD-Fraktion gegen unsere Stimmen der Regierung lediglich als Material überwiesen. Die Mehrheit des Hauses hielt es also noch nicht einmal für notwendig, trotz aller Versicherungen, die Notlage dieser Menschen zu sehen, den Antrag dem zuständigen Ausschuß mit dem Auftrag zu überweisen, wirklich ernsthafte Überlegungen anzustellen, wie diesem Personenkreis zu helfen sei. Das war eine mehr als unverständliche Maßnahme.

    (Sehr richtig! bei der SPD.)

    Man nannte damals in der Öffentlichkeit diesen Tag — es war ein Freitag — den „schwarzen Freitag des Bonner Parlaments",

    (Hört! Hört! links — Hu-Rufe in der Mitte und rechts)

    und vielleicht erinnern sich auch alle diejenigen, die an der Sozialpolitik interessiert sind, daran, daß die Behandlung dieses Antrages mit der Verabschiedung des Gesetzes über die Selbstverwaltung in der Sozialversicherung zusammenfiel.
    Unsere Befürchtungen, was mit einem Antrag geschehen würde, der der Regierung als Material überwiesen wird, haben sich vollauf bestätigt.

    (Sehr wahr! bei der SPD.)

    Wohl hat das Parlament inzwischen das Bundesversorgungsgesetz verabschiedet, und mit den Unterhaltshilfen beschäftigt sich jetzt der Lastenausgleichsausschuß. Darüber hinaus ist dem Bundesrat ein Gesetzentwurf über die Erhöhung der Arbeitslosenfürsorge- und Arbeitslosenversicherungssätze zugeleitet worden, der wirklich sehr lange hat auf sich warten lassen und über den in den Beratungen im Ausschuß noch viel zu reden sein wird. Aber von Maßnahmen der Regierung zur Erhöhung der Renten der Sozialversicherung und der Fürsorgesätze hat man bisher überhaupt noch nichts gehört, und die Bundesregierung hat durch ihr zögerndes Verhalten diese Menschen angesichts der Preisentwicklung nicht nur unter das Existenzminimum absinken lassen; nein, sie hat ihnen praktisch sogar jede Existenzmöglichkeit genommen.

    (Sehr wahr! bei der SPD.)

    Fünf Monate hat die Bundesregierung Zeit gehabt. Fünf Monate hat ihr dieser Antrag als Material vorgelegen, — für sie vielleicht eine kurze Spanne Zeit, aber für die Rentner mit ihren kärglichen Renten eine lange Zeit bitterster Sorge.

    (Zustimmung bei der SPD.)

    Hätte man nicht eigentlich von der Bundesregierung, wenn sie Wert darauf legt, daß unser soziales Gefüge in Ordnung kommt, verlangen dürfen, daß sie von sich aus früh genug die Entwicklung hätte beobachten müssen und daß sie Maßnahmen hätte ergreifen müssen, um diesem Elend zu begegnen? Statt dessen ist bislang von konkreten Vorschlägen überhaupt noch nichts bekanntgeworden, so daß sich selbst die Deutsche Partei veranlaßt gesehen hat, die Regierung zu fragen, welche Maßnahmen sie vorbereitet hat, um die Renten an das veränderte Preisgefüge anzupassen, und daß weiterhin die Fraktion der CDU/CSU einen Antrag vorgelegt hat, die Renten um 25 % zu erhöhen.

    (Abg. Frau Dr. Gröwel: Das ist doch richtig!)

    Meine Herren und Damen, es scheint nunmehr ein edler Wettstreit zwischen den Regierungsparteien ausgebrochen zu sein,

    (Abg. Arndgen: Und der Opposition!) nachdem man es vor fünf Monaten nicht für nötig befunden hat, unsern Antrag überhaupt zu beraten.


    (Lebhafter Beifall bei der SPD. — Widerspruch in der Mitte und rechts.)

    (Sehr gut! bei der SPD. — Widerspruch
    in der Mitte und rechts.)
    Aber sehen Sie, uns beunruhigt nur eines dabei: Was sagt Ihr Finanzminister dazu?

    (Unruhe und Zurufe in der Mitte.)

    Damals, als wir unsern Antrag einbrachten, hatte er keine 280 Millionen zur Verfügung, und heute soll und muß er für die Durchführung Ihres Antrages nach den „Ruhr-Nachrichten", in denen Herr Kollege Arndgen und Herr Kollege Degener als Initiatoren dieses Antrages so freundlich abgebildet sind, eine Milliarde D-Mark zur Verfügung stellen.

    (Hört! Hört! links. — Zurufe in der Mitte und rechts.)

    Fürchten Sie nicht, daß Sie damit bei den Rentnern Hoffnungen erwecken, die zu realisieren Ihr Finanzminister nicht bereit ist,

    (Abg. Frau Dr. Gröwel: Warten Sie doch ab!)

    noch dazu, da ja bekanntgeworden ist, daß der Finanzminister wohl allerlei andere Pläne für das Haushaltsjahr 1951 vorbereitet hat, daß er aber, obwohl ihm unser Antrag als Material vorlag, gar nicht daran gedacht hat, Gelder für die Erhöhung der Renten einzusetzen!?

    (Hört! Hört! bei der SPD.)

    Fürchten Sie nicht, daß es Ihnen mit Ihrem Antrag auch wieder so geht wie bei der Abstimmung über die Subventionen zur Stützung des Brotgetreidepreises, bei dem Sie damals ja diesen unglaublichen Purzelbaum geschlagen haben?!

    (Lebhafte Zustimmung bei der SPD.)

    Sie haben uns schon sehr häufig Agitationsanträge vorgeworfen.

    (Zurufe in der Mitte und rechts.)

    Aber ich frage mich bei diesem Antrag, was man davon zu halten hat.

    (Zuruf in der Mitte: Vielleicht lehnen Sie ihn ab!)

    Ich weiß: wir haben Wahlen in Niedersachsen, und was tut man nicht alles, wenn Wahlen in Aussicht stehen!

    (Beifall bei der SPD.)

    Meine Herren und Damen, wenn wir allerdings helfen wollen, dann sollten wir schnell helfen.

    (Sehr gut! bei der SPD.)

    Schon damals, als wir unsern Antrag eingebracht haben, wäre es notwendig gewesen, schnell zu helfen, um dem Elend unter den Rentnern durch Zulagen zu den Renten zu begegnen und ihre Lebenshaltung, die unter die Hungergrenze herabgedrückt ist, zu verbessern. Seit der Behandlung unseres Antrages haben sich die Verhältnisse aber


    (Frau Korspeter)

    weiterhin entscheidend verschlechtert. Die Lebenshaltungskosten, besonders die Preise der Güter des starren Lebensbedarfs, auf die sich diese Personenkreise in erster Linie beschränken müssen, sind in bestürzender Weise angestiegen. Ich habe gerade am Wochenende, als ich in meinem Wahlkreis war, wieder Gelegenheit gehabt, festzustellen, daß in einer Reihe von Orten am Sonnabend Preissteigerungen bei Lebensmitteln vorgenommen wurden, zum Beispiel bei Brot und Teigwaren. Das Konsumbrot war nicht zu haben, angeblich weil das entsprechende Mehl nicht vorhanden ist. Darüber hinaus fehlte die billige Margarine, so daß dieser Personenkreis darauf angewiesen war, die teureren Lebensmittel zu kaufen.
    Um uns eine richtige Vorstellung von der Dürftigkeit der Lebenshaltung dieses Personenkreises zu machen, erscheint es noch einmal nötig, diese Rentensätze und Fürsorgesätze zu nennen; es sind gewiß erschütternde Zahlen angesichts unseres heutigen Preisniveaus. Die Durchschnittsrenten aus der Invalidenversicherung betragen 63 DM und aus der Angestelltenversicherung 90 DM, Wohlfahrtsunterstützungsempfänger haben nach den Richtsätzen mit 45 DM für den Haushaltungsvorstand, 25 DM für die Ehefrau und 20 DM für jedes Kind — plus Mietzuschläge — auszukommen. Bei diesen Sätzen ist schon seit langem keine Existenzmöglichkeit mehr gegeben. Wenn wir dann noch an die Auswirkung der Erhöhung der Kohlen- und Stahlpreise und an die Mineralölsteuer denken, weiterhin an die Steuerpläne des Herrn Finanzministers, die immer darauf hinauslaufen, die Lasten auf die Schultern der breiten Massen abzuwälzen, wenn wir weiterhin an das wirtschaftspolitische Programm der Regierung und des Niederbreisiger Kreises denken, so fragt man sich wahrhaftig mit großer Sorge: Was soll denn daraus noch werden? Auf die Rentner und Unterstützungsempfänger müssen diese Pläne in einer Weise alarmierend und beunruhigend wirken, daß sie das Gefühl haben, dieser Situation völlig hilflos gegenüberzustehen.
    Da hört man von der Heraufsetzung der Zucker-und Brotpreise, von der Korrektur der Milchpreise, von einer Erhöhung der Altbaumieten, von der Beseitigung der Subventionen, — alles Maßnahmen, die sich ganz besonders für diese Personenkreise verhängnisvoll auswirken. Man spricht in diesem Zusammenhang auch davon, einschneidende Maßnahmen zur Konsumeinschränkung vornehmen zu wollen. Ich glaube, daß man bei diesem Personenkreis nicht an eine Konsumeinschränkung denken kann, weil das nämlich den nackten Hunger bedeuten würde. Mit Worten, mit der Anerkennung ihrer Notlage, so wie es damals geschah, ist den Rentnern nicht gedient.
    Leider haben wir es schon allzuoft erlebt und bei der Behandlung unseres damaligen Antrags hat es sich wieder bestätigt, daß die Regierung mehr als zurückhaltend ist, wenn es sich um die wirtschaftlich Schwachen handelt, daß sie aber völlig bedenkenlos ist,

    (Zurufe in der Mitte: Unerhört!)

    wenn es sich um die Pflege kapitalistischer Erfordernisse handelt.

    (Lebhafter Beifall bei der SPD. — Zuruf in der Mitte: Billig!)

    Die Rentner warten darauf — und ihr Blick ist heute nach Bonn gerichtet —, daß wir alle Anstrengungen machen, um ihnen wirklich zu helfen. Es ist schmählich für uns, daß wir es nicht schaffen
    können, unseren Alten und Invaliden einen einigermaßen erträglichen Lebensabend zu ermöglichen. Wie sollen diese Menschen überhaupt in ein gutes Verhältnis zur Demokratie kommen, wenn dieser demokratische Staat es nicht fertig bringt,

    (Abg. Dr. Wuermeling: Mit Hetze gibts kein Geld! — Abg. Strauß: Von der Hetze werden sie auch nicht fett!)

    ihnen nach ihrem langen arbeitsreichen Leben
    einen wirklich sicheren Lebensabend zu bieten.
    Ihr ganzes Leben lang haben sie durch ihre Beitragszahlung ein immerwährendes Opfer gebracht.

    (Abg. Frau Dr. Gröwel: Man kann das nicht mehr mit anhören!)

    Darüber hinaus haben sie versucht, von ihren gewiß nicht hohen Löhnen und Gehältern etwas zu ersparen, um mit diesen zurückgelegten Notgroschen ihre Rente strecken zu können, eben in der Hoffnung, ihren Lebensabend ohne Not und Elend beschließen zu können.
    Sie sehen sich alle um diese Hoffnung betrogen, und es ist vielfach schon so weit gekommen, daß sie sich als eine Last gegenüber der Gemeinschaft fühlen. Es ist gewiß eine schlechte Visitenkarte für ein Volk, daß es die in Ehren alt Gewordenen der Not und dem Elend preisgibt und nicht das Letzte tut, um ihnen zu helfen. Man spricht sehr gern und sehr häufig davon, wir lebten alle in einem Boot und wir hätten alle dieses Boot gemeinsam zu schützen und zu verteidigen. Man spricht immer ganz besonders gern davon oder überhaupt nur dann davon, wenn Hinweise auf eine Notlage gemacht werden und wenn man dazu Forderungen stellt.

    (Zuruf in der Mitte: Das Boot ist zu klein!) Wäre es nicht viel richtiger, erst einmal daran zu denken und auch dazu bereit zu sein, das Leben in diesem Boot für alle lebenswert zu machen und nicht, wie es jetzt geschieht, einen großen Teil unseres Volkes hilflos einer Situation auszusetzen, der die Betroffenen nicht begegnen können!?

    Wir haben in unserer Interpellation zwei Fragen gestellt. Wir wünschen erstens zu hören: Was gedenkt die Bundesregierung zu tun, um eine den Verhältnissen gerecht werdende Verbesserung der Leistungen auf allen in Betracht kommenden Gebieten durchzuführen? Wir wollen in der Hauptsache hören, was die Bundesregierung unternommen hat, um die Renten aus der Sozialversicherung zu erhöhen, was sie getan hat, um die Länder zu veranlassen, eine Erhöhung der Fürsorgerichtsätze vorzunehmen. Darüber hinaus möchten wir wissen, wann diese Maßnahmen in Kraft treten sollen. Meine Herren und Damen, wir wollen hoffen, daß wir heute eine positive und konkrete Stellungnahme der Regierung erhalten, weil es menschlich und auch staatspolitisch nicht mehr zu verantworten wäre, wenn die Leistungen für diese Personengruppen nicht bald ein menschenwürdiges Dasein garantieren würden.

    (Lebhafter Beifall bei der SPD. — Zurufe von den Regierungsparteien.)



Rede von Dr. Hermann Ehlers
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CDU)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)
Meine Damen und Herren! Ich schlage Ihnen vor, daß wir zunächst die Begründung der Anträge der Fraktion der Deutschen Partei und der Fraktion der CDU/CSU hören und daß dann die Beantwortung der Interpellation erfolgt.
Zur Begründung d es Antrags Drucksache Nr. 1948 hat die Abgeordnete Frau Kalinke das Wort.


  • insert_commentNächste Rede als Kontext
    Rede von Margot Kalinke


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CDU)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)

    Herr Präsident! Meine Herren und Damen! Wenn man zu einem so ernsten Thema Stellung nimmt, dann sollte man den einmütigen Willen aller Fraktionen des Hauses, dieses sehr ernsthafte sozialpolitische Problem einer Lösung entgegenzuführen, nicht mit derart polemischen und parteipolitischen Ausführungen beeinträchtigen, wie das hier geschehen ist.

    (Sehr gut! bei den Regierungsparteien. — Lebhafte Zurufe von der SPD.)

    Ich glaube, der Herr Richter wird als Vorsitzender des Sozialpolitischen Ausschusses auch nicht wollen, daß diese Frage, die ihm sicher genau so am Herzen liegt wie allen anderen sozial verantwortlich Denkenden,

    (Zuruf von der SPD: Mehr am Herzen liegt!) zum Gegenstand der Parteipolitik gemacht wird.


    (Erneute lebhafte Zustimmung bei den Regierungsparteien. — Zurufe von der SPD.)


    (Erneute Zurufe von der SPD)

    das Ihnen auch die Grenze zwischen Polemik und echter Verantwortung zeigen wird.

    (Sehr gut! bei den Regierungsparteien.)

    Ich möchte nicht weiter auf die Ausführungen der Vorrednerin eingehen,

    (Erneute Zurufe von der SPD)

    sondern nunmehr den Antrag meiner Fraktion begründen.
    Hinsichtlich der Ziffer 1 unseres Antrags möchte ich vorausschicken: meine Fraktion hat mit Anerkennung und Freude festgestellt, daß die Regierung unter Berücksichtigung des Sozialetats und ihrer großen sozialen Verpflichtungen in dem Bundesversorgungsgesetz, in den beabsichtigten Maßnahmen zur Erhöhung der Arbeitslosenversicherungs- und -fürsorgesätze und in dem vorgelegten Entwurf zur Neuordnung der knappschaftlichen Rentenversicherung durchaus Anstrengungen gemacht hat. Daß für die große Masse der Rentenempfänger aus der Sozialversicherung in allen ihren Sparten die augenblickliche Rente nicht ausreichend ist, ist allgemein bekannt.

    (Zuruf von der SPD: Dann muß man sie erhöhen! — Weitere Zurufe.)

    Schon die im Jahre 1949 von der Verwaltung für Arbeit des Vereinigten Wirtschaftsgebiets zusammengestellten Zahlen, also die Statistiken haben gezeigt, daß die damals vor der Verabschiedung des Sozialversicherungsanpassungsgesetzes zur Auszahlung kommenden Durchschnittsrenten weitgehend entwertet waren. Ich kann mich, da Frau Korspeter auf die Frage der Durchschnittsrenten schon ausführlich eingegangen ist, auf die Feststellung beschränken, daß auch die Durchschnittsrenten in der Invaliden- und Angestelltenversicherung heute durchaus nicht ausreichend sind, um einem Rentner zu ermöglichen, bei dem derzeitigen Preisniveau ohne Beanspruchung des Wohlfahrtsamtes oder der Verwandtenhilfe auszukommen.

    (Abg. Arnholz: Na also!)

    Es ist für uns — Ihr „also" erübrigt sich vollkommen —

    (Abg. Arnholz: Wieso denn?) selbstverständlich, daß eine Anpassung der Rente an das gestiegene Preisniveau notwendig ist.


    (Erneute Zurufe von der SPD.) Wir haben uns nur zu überlegen, in welcher Form diese notwendige Anpassung erfolgen soll.


    (Zuruf des Abg. Arnholz.)

    Über 800/o aller Witwen in der sozialen Rentenversicherung erhalten nur die Mindestrente. Wir haben damals beim Sozialversicherungsanpassungsgesetz der pauschalen Erhöhung der Renten nicht zugestimmt, obwohl wir immer wieder betont haben, daß die Erhöhung der Mindestrente dringend erforderlich war; aber wir möchten, daß bei der Korrektur, bei der notwendigen Erhöhung der Renten wieder ein echtes Gefühl für die Versicherungsgerechtigkeit und für die Versicherungswahrheit Platz greift.

    (Sehr richtig! bei der FDP und bei der DP.)

    Wir wünschen deshalb, daß nicht pauschale Rentenerhöhungen stattfinden, die demjenigen einen Vorteil verschaffen, der glaubt, sich nicht anstrengen zu müssen, um für die Wechselfälle des Lebens selber vorzusorgen.

    (Erneute Zustimmung bei der FDP und DP.) Wir möchten, daß derjenige belohnt wird, der aus eigener Kraft durch Beitragsleistung sich ein möglichst hohes Maß an Sicherstellung schafft.

    Ich kann in wenigen Worten sagen, daß die Indexzahlen, 'die heute verbreitet sind, in keiner Weise für die Rentner angewandt werden können und daß die Kaufkraft der Sozialrenten um mehr als die Hälfte geringer geworden ist. Für die Vertriebenen und Ausgebombten ist es, soweit sie Rentner sind, unmöglich, jemals wieder in den Besitz einer Wohnung oder der nötigsten Bekleidungsstücke zu kommen. Die Wohlfahrtssätze und die Soforthilfesätze liegen teilweise über den Durchschnittsrenten.
    Hier möchte ich nun auch ein sehr ernstes Wort zur künftigen Gestaltung der Sozialpolitik sagen. Meiner Fraktion schwebt vor, daß derjenige, der aus eigener Kraft, der nach dem Prinzip der gegenseitigen Hilfe, nach dem Prinzip der Versicherung Beitragsleistungen aufbringt, anders gestellt wird als der, der von der Versorgung des Staates geschützt wird. Wir haben die Lösung des Problems nach dem Sozialversicherungsanpassungsgesetz als nicht ausreichend empfunden und freuen uns, daß die von uns damals vertretene Auffassung heute Allgemeinerkenntnis ist. Die Länderhaushalte, die sehr wesentlich mit Fürsorgeausgaben belastet sind, werden durch die Erhöhung der Renten erheblich entlastet.
    Ich komme zum zweiten Punkt unseres Antrags. Meine Freunde und ich sind der Auffassung, daß die Vermögensverluste der deutschen Sozialversicherung, die insgesamt 12 Milliarden, in der Rentenversicherung allein 9 Milliarden — und wenn man den Währungsverfall von 1923 berücksichtigt, sogar 15 Milliarden, in der Rentenversicherung 12 Milliarden — betragen, von Staats wegen ersetzt oder zumindest teilweise in Ordnung gebracht werden müssen. Die Währungsgesetzgebung, die den Rentenversicherungsträgern eine Umstellung 1 zu 1 vorgeschrieben hat, hat versäumt, den Sozialversicherungsträgern eine entsprechende Vorrangstellung in der Behandlung ihrer Vermögensreserven zu geben. Der Staat ist ohnehin zur Zahlung von Zuschüssen verpflichtet. Die Verpflichtung zu dieser Garantie ergibt sich aus der Reichsversicherungsordnung und dem Angestelltenversicherungsgesetz. Wir sind der Auffassung, daß auch die wesentlichen Mehrkosten, die der Rentenversicherung durch die Austreibung so


    (Frau Kalinke)

    vieler Menschen und durch Kriegsfolgelasten entstanden sind, nicht auf die Schultern der Sozialversicherten allein gelegt werden können, indem man erhöhte Beiträge von ihnen verlangt.
    Schließlich darf ich noch sagen: Wir hoffen, daß der Herr Arbeitsminister uns ausführlich zu der Frage der endlichen Übernahme des Vermögens der Sozialversicherungsträger auf die Bundesregierung antworten wird. Wir glauben, daß die Zurückgabe dieses Vermögens an die Bundesregierung maßgeblich dazu beitragen wird, die Angestelltenversicherung sicherzustellen.

    (Abg. Richter [Frankfurt]: Und was ist mit der Selbstverwaltung?)

    — Und was die Selbstverwaltung angeht, Herr Kollege Richter, so werden die Vertreter in der Selbstverwaltung dafür Sorge tragen, daß nicht die Wünsche Ihrer Freunde in Berlin erfüllt werden, die noch in diesen Tagen an den Oberstleutnant Sleeman, den Stabschef der alliierten Kommandantur, geschrieben haben. Wenn Sie gestatten, Herr Präsident, dann verlese ich zwei Sätze:
    Der Magistrat Berlin vertritt die Auffassung,
    daß diese Treuhandverwaltung vom Land
    Berlin übernommen werden muß. Er vertritt
    weiter die Auffassung, daß grundsätzliche
    Entscheidungen über die Verwendung der in
    Treuhandvermögen vorhandenen Werte ihm — dem Magistrat —
    obliegen.
    Ich bin mit Ihnen einig, Herr Kollege Richter, daß diese grundsätzlichen Entscheidungen nur den Versicherten in ihrer Selbstverwaltung obliegen.

    (Abg. Richter [Frankfurt] : Und nicht der Bundesregierung!)

    Die Deutsche Partei hat den Antrag heute aus dem Bewußtsein der sozialen Verantwortung gestellt;

    (Oho!-Rufe bei der SPD)

    und wenn Frau Korspeter diese soziale Verantwortung bezweifelt, so bedarf das keiner Erklärung bei den Menschen, die das wahre Gesicht politischer Parteien und ihrer Vertreter zu beurteilen in der Lage sind.

    (Lebhafter Beifall in der Mitte und rechts. — Zuruf von der SPD: Diese Phrasen! — Unruhe.)