Rede von
Herbert
Kriedemann
- Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede:
(SPD)
- Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich habe bei der Behandlung einschlägiger Gesetze schon Gelegenheit gehabt, darauf hinzuweisen, wie sehr der Gedanke der Marktordnung den wirtschaftspolitischen Überlegungen meiner Freunde und auch meinen eigenen wirtschaftspolitischen Überlegungen entspricht. Wir haben deshalb an all diesen Marktordnungsgesetzen und so auch an dem heute hier zur Debatte und Abstimmung stehenden Gesetz ohne jeden Vorbehalt mitgearbeitet, und ich glaube, daß wir für uns in Anspruch nehmen können, zu der Gestaltung der Gesetze nicht weniger beigetragen zu haben als alle anderen, die sich ebenfalls um eine wirkungsvolle Gesetzgebung bemüht haben.
Ich habe allerdings in diesem Zusammenhang auch wiederholt meine Bedenken zum Ausdruck bringen müssen dahingehend, ob es denn überhaupt möglich ist, das System der Marktordnung, das für die Landwirtschaft lebensnotwendig und unverzichtbar ist, durchzusetzen im Rahmen einer Wirtschaftspolitik, die sich mit ganz anderen Beiwörtern schmückt als dem der Ordnung, hier dem der Marktordnung. Wir haben leider durch den Gang der Entwicklung diese Bedenken in großem, in übergroßem Maße bestätigt gefunden, und ich glaube, das sollte heute hier ausgesprochen werden. Wir haben hier ein Gesetz zur Marktordnung in der Getreidewirtschaft verabschiedet. Es sind hier feierlich, zwar nicht von uns, aber von den Damen und Herren der Regierungsparteien, Festpreise beschlossen worden. Im Vertrauen auf die Marktordnung und auf die Festpreise hat der größere Teil der getreideerzeugenden Landwirtschaft das Getreide zu diesem Festpreis in den Verbrauch hineingebracht. Inzwischen ist aus dem Preis für Weizen z. B., der mit 320 Mark festgestellt worden war, ein Preis von 500 Mark geworden, und die Entwicklung schickt sich an, noch darüber hinauszugehen. Nichts ist wohl geeigneter, dem Gedanken der Marktordnung Abbruch zu tun und Unsicherheit in die Kreise der Wirtschaft hineinzutragen als eine solche Erscheinung, wie ich sie eben hier angedeutet habe.
Unsere Bedenken bezüglich der Möglichkeit einer Ordnung für die Landwirtschaft im Rahmen der heute betriebenen Wirtschaftspolitik sind auch nicht dadurch geringer geworden, daß wir eine ganze Menge, allerdings bisher nur andeutungsweise, gehört haben über eine Neuorientierung der Wirtschaftspolitik und im Zusammenhang damit auch über eine neue Agrarpolitik. Trotz dieser Bedenken und ohne Rücksicht auf sie, aus der Überzeugung, daß vor allem die Landwirtschaft, aber auch die ganze übrige Wirtschaft auf einen geordneten Wirtschaftsablauf, insbesondere auf einen geordneten Markt nicht verzichten kann, werden wir auch diesem Gesetz zustimmen.