Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Seit Bestehen des Bundestages haben die Erörterungen um die Marktgesetze im Vordergrunde der ganzen land- und ernährungswirt-
schaftlichen Probleme gestanden. Es hat nie einen Zweifel darüber gegeben, daß es im Interesse einer leistungsfähigen Landwirtschaft ebenso wie im Interesse der Sicherstellung der Versorgung mit den Grundnahrungsmitteln notwendig ist, auf diesen Sektoren besondere Gesetze zu schaffen. Wir haben seit längerem auf dem Getreide-, Zucker-und Milch- und Fettsektor solche Gesetze verabschiedet.
Bei der Beratung über das Gesetz „Vieh und Fleisch", das uns heute beschäftigt, gelangt man nicht über eine gewisse Klippe hinweg; das ist der § 16. Es geht auch hier wie bei den anderen Nahrungsmitteln um den Grundsatz, die Einfuhr mit der einheimischen Erzeugung abzustimmen. Sowohl nach den Auskünften des Ministeriums als auch nach den Auskünften sämtlicher Zweige der Wirtschaft kann die heimische Produktion beinahe vollends den Bedarf decken. Es steht weiter fest, daß nach den Viehzählungsergebnissen vom Dezember vergangenen Jahres ein Zuwachs von 15 O/9 zu verzeichnen ist. Es besteht berechtigte Hoffnung, daß im kommenden Jahr die deutsche Landwirtschaft auf dem Vieh- und Fleischsektor den Bedarf der deutschen Bevölkerung voll und ganz sicherstellen kann.
Ich möchte in dem Zusammenhang auf den Paragraphen im Gesetz verweisen, in dem der Gesamtversorgungsplan festgelegt ist. Ich möchte meinen, daß gerade dieser Gesamtversorgungsplan jede verantwortliche Bundesregierung, aber auch uns als Bundestag verpflichtet, darauf zu achten, daß Handelsverträge nur in dem Umfange abgeschlossen und Fleischeinfuhren nur insoweit zugelassen werden, als sie auch hier im deutschen Bundesgebiet verbraucht werden können.
Dies ist eigentlich das Hauptgebiet, wo der Ernährungsausschuß Bedenken anmeldet und den Wünschen des Ausschusses für Wirtschaftspolitik nicht folgen kann. Wenn wir ein zeitlich begrenztes Embargo einführen, dann müssen wir uns darüber klar sein, daß wir einerseits dem Vertragspartner beim Abschluß der Verträge Hoffnung machen, mit Fleischeinfuhren ins deutsche Bundesgebiet rechnen zu können, daß wir aber andererseits von seiten der Landwirtschaft dann nicht nur jeweils unsere Stimme erheben, sondern daß wir den Zusammenbruch der Vieh- und Fleischwirtschaft anmelden müssen, wenn Einfuhren in Zeiten erfolgen., in denen sie hier absolut nicht zu gebrauchen sind. Diese Zeiten begrenzen sich etwa nicht auf wenige Wochen und Monate. sondern wir sind nahe daran, daß sie sich auf das ganze Jahr ausdehnen.
Ich möchte in dem Zusammenhang auf das verweisen, was durch das Zuckergesetz angestrebt wird. Wir wollen doch durch dieses Gesetz letzten Endes nicht etwa den Zucker von der deutschen Bevölkerung fernhalten, sondern wir wollen die Voraussetzungen dafür schaffen, daß die deutsche Landwirtschaft den Zuckerrübenanbau vorantreiben kann, daß sie leistungsfähig ist, daß sie in zunehmendem Maße arbeitende Schichten in ihre Kreise — sowohl bei der Erzeugung als auch bei der Verarbeitung der Zuckerrüben — eingliedert. Wenn wir den Gemüsebau betrachten — er ist wiederholt Gegenstand unserer Beratungen gewesen —, so ist festzustellen, daß dieser Sektor leider nicht in den Rahmen der Marktordnungsgesetze einbezogen ist und daß wir im vergangenen Jahr den Zusammenbruch zahlreicher kleiner Existenzen im südwest- und westdeutschen Raum vorausgesagt haben. Im Augenblick lagern — ich muß darauf hinweisen, denn das waren Erörterungen des Ernährungsausschusses — Erzeugnisse im Werte von etwa 10 Millionen DM allein im schleswig-holsteinischen Raum und sind nicht verkäuflich. Wir können auf die Dauer keine Handelspolitik treiben, bei der die einheimische Erzeugung nicht absetzbar ist, nur aus dem einfachen Grunde, weil uns unnötige Einfuhren stören.
Dann zu den Preisen. Die Stetigkeit der Preise ist das, was wir von der Landwirtschaft immer in den Mittelpunkt gestellt haben. Das sollte auch von der Verbraucherschaft voll und ganz erkannt werden. Ich möchte in dem Zusammenhang sagen: wenn man ein zeitlich begrenztes Embargo einführt, dann werden die Verbraucher erleben, daß in Zeiten des stärksten deutschen Angebots die Märkte überfüllt sind und die Preise zusammenbrechen; Sie werden aber nie erleben, daß sich diese Preiszusammenbrüche beim Verbraucher auswirken. Hier werden wir dann feststellen, daß die Spannen, angefangen vom Importeur über alle anderen Stufen, sich noch mehr erweitern. Wenn einmal einwandfrei errechnet worden ist, daß der deutsche Verbraucher für Lebensmittel annähernd das Doppelte dessen aufwenden muß, was wir für die Urerzeugung bekommen, dann, glaube ich, werden Sie uns folgen, wenn wir sagen, wir müssen hier ein Gesetz mit einem Vollembargo schaffen, um diesen ohne viel Arbeit erzielten großen Gewinnen endlich einmal entgegenzutreten.
Ich darf zum Schluß noch darauf hinweisen: Ähnlich wie in der gewerblichen Wirtschaft müssen wir auch in der Landwirtschaft verstärkt darauf halten und drängen, die Veredlungswirtschaft den deutschen Bauern zu überlassen. Wir müssen Rohstoffe, Getreide, Futtermittel und Ölsaaten einführen und diese veredeln, aber nicht etwa das Fertigfabrikat Fleisch. Hier müssen wir weitestgehenden Schutz haben, nicht nur im Interesse der Landwirtschaft, sondern genau so im Interesse der Verbraucherschaft.