Meine sehr verehrten Damen und Herren! Es handelt sich hier um einen Antrag, der auch schon die Ausschüsse des Bundesrats beschäftigt hat, um einen Antrag betreffend Steuerbefreiung in den Fällen der geschlossenen Hofübergabe. Ich habe mir erlaubt, hier mit einer ganzen Reihe von Freunden einen Abänderungsantrag einzubringen, wonach dem § 18 eine neue Ziffer 22 angefügt werden soll, und zwar des Inhalts, daß hier den Verhältnissen der geschlossenen Hofübergabe bei bäuerlichen Betrieben Rechnung getragen wird. Ich darf hier auf die Begründung des Bundesrates verweisen, wo es heißt, mit Rücksicht auf die für die Versorgung der Bundesrepublik notwendige Erzeugungssteigerung solle einer weiteren unwirtschaftlichen Zerschlagung landwirtschaftlicher Betriebseinheiten durch Erbteilung vorgebeugt werden. Das ist auch deswegen notwendig, weil der Einsatz der erheblichen öffentlichen Mittel für Flurbereinigung zwecklos wäre, wenn die wirtschaftlichen Einheiten beim Erbgang wieder auseinandergerissen würden. Es handelt sich um eine Frage, die die deutsche Landwirtschaft und darüber hinaus weite Teile auch der Bevölkerung, die sich für das Bauerntum interessiert, wiederholt stark beschäftigt hat. Ich habe mir infolgedessen erlaubt, im Anschluß an die Beratungen, die seinerzeit der Bundesrat gepflogen hat, einen Abänderungsantrag einzubringen.
Ich habe dabei auch den Wortlaut des Antrages des — Verzeihung, ich muß mich korrigieren — Agrarausschusses des Bundesrats zugrunde gelegt, und ich darf die Damen und Herren darauf hinweisen, daß der Antrag auf Berücksichtigung der Gesichtspunkte, von denen ich eben gesprochen habe, in der Vollversammlung des Bundesrats beinahe durchgegangen wäre. Aber es hat noch an der notwendigen Klärung gefehlt. Der Antrag des Agrarausschusses des Bundesrats wurde bei 7 Stimmenthaltungen mit nur 21 gegen 15 Stimmen abgelehnt. Schon daraus geht also hervor, daß weite Kreise in den Ländern ebenfalls der Auffassung sind, daß hier etwas geschehen muß. Mit Ja haben hier gestimmt — also dafür, dem Gedanken an eine Steuerbefreiung bei der geschlossenen Hofübergabe näherzutreten — die Länder Bayern, Baden, Rheinland-Pfalz, Württemberg-Hohenzollern; einige andere haben sich der Stimme enthalten, und andere Länder haben dagegen gestimmt.
Ich darf diesen Antrag erläutern, damit Sie sehen, welche Gesichtspunkte bei dem Antrag maßgebend gewesen sind. Ich selber habe mit einer Reihe von Freunden eine wesentliche Abänderung vorgeschlagen, die ich dann auch gleich erläutern werde. Zunächst ist hier stipuliert, daß dem § 18 Abs. 1 folgende neue Nummer 22 hinzugefügt werden soll. In Übereinstimmung mit dem damaligen Antrag des Agrarausschusses des Bundesrats heißt es:
a) Wenn in Ländern mit Höfe- oder Anerbenrecht auf Grund dieser Vorschriften ein landwirtschaftlicher, forstwirtschaftlicher, gärtnerischer oder Weinbaubetrieb im Wege der Erbfolge oder des Übergabevertrages (vorweggenommene Erbfolge) geschlossen auf einen wirtschaftsfähigen Erben übergeht.
b) In Ländern ohne Höfe- oder Anerbenrecht tritt im Falle des geschlossenen Übergangs eines Betriebes auf einen wirtschaftsfähigen Erben im Wege der Erbfolge, des Übergabevertrages oder einer Erbauseinandersetzung Steuerfreiheit nur ein, wenn die Abfindung der weichenden Erben und die sonstigen mit dem. Übergang verbundenen Verpflichtungen die Leistungsfähigkeit des Betriebes nicht übersteigt. Beim Erwerb auf Grund eines freiwilligen oder gerichtlichen Erbauseinandersetzungsverfahrens tritt Steuerfreiheit nur ein, wenn binnen eines Jahres nach Eintritt des Erbfalles entweder der Auseinandersetzungsvertrag notariell oder gerichtlich beurkundet oder ein Antrag auf Durchführung eines Erbauseinandersetzungsverfahrens bei dem Gericht gestellt ist.
Sie sehen also, daß in Abschnitt b) die notwendigen Sicherungen getroffen sind, so daß kein Unfug getrieben werden kann.
Nun kommt das Wesentliche. Während der Bundesratsausschuß hier beantragt hat, daß die Länder landwirtschaftliche Betriebe mit einem Einheitswert von mehr als 100 000 DM mit dem diese Summe übersteigenden Einheitswert von der Steuerfreiheit ausnehmen können, habe ich — mit meinen Freunden -- das wesentlich eingeschränkt.
— Ich wäre dem Hohen Hause für ein paar Minuten größerer Aufmerksamkeit dankbar; denn es handelt sich hier wirklich um eine agrarpolitisch entscheidende Frage. Es liegt doch jedem daran, eine weitgehende Zerplitterung unseres Bauernbesitzes hintanzuhalten, und es muß jedem daran gelegen sein, daß die Gesetze, auch die Steuergesetze, so gehandhabt werden, daß dieser Zersplitterung nicht Vorschub geleistet wird und kein Anreiz besteht, eine solche Aufteilung bäuerlichen Besitzes vorzunehmen. Der Nachdruck liegt hier auf „bäuerlichem Besitz", und deswegen habe ich in dem Antrag jetzt folgendes stipuliert:
Die Steuerfreiheit tritt nur ein, soweit der Einheitswert des übergehenden Betriebes 30 000 DM nicht übersteigt.
Damit ist schon ein großer Teil der kleinen bäuerlichen Betriebe bis zu den mittelbäuerlichen Betrieben hinauf generell ausgenommen. Dabei ist noch erwähnenswert, daß hier kein großer Einnahmeverlust für die Finanzbehörde eintreten kann, weil die Bestimmungen über Freigrenzen, die in den §§ 17 b und 18 stipuliert sind, daneben eine Rolle spielen und ohnehin in Anwendung kommen würden. Aber es ist hier generell bestimmt, daß bei einem Einheitswert bis zu 30 000 DM die Steuerfreiheit bei geschlossenem Erbgang oder bei geschlossener Hofübergabe gewährleistet ist.
Ich darf noch etwas bemerken, weil es bei manchen Beratungen hier Mißverständnisse gegeben hat. Es handelt sich weder um eine süddeutsche noch um eine westdeutsche Frage, sondern um eine gesamtdeutsche Bauernfrage; denn im Norden haben wir die Höferollen und andere Anerbensitten gehabt, und im Süden haben wir einmal den Gutsübergabevertrag, die Übergabe bei Lebzeiten nach den Gesetzen, die dort herrschen, entweder auf den ältesten oder jüngsten Sohn oder, wie es heute leider Gottes der Fall ist, an die nächstfolgenden, Verwandten. Jetzt kommt ein wesentlicher Gesichtspunkt. Im letztgenannten Fall kommt es heute schon bei der Übergabe von Bauernhöfen oder beim Erbgang vor, daß entferntere Verwandte den Bauernhof erben, weil nahe Verwandte infolge der Kriegsauswirkungen und anderer Verhältnisse nicht da sind, und da kommt es natürlich zu außerordentlich hohen Summen durch die Erhöhung des Prozentsatzes beim Erbübergang oder bei der Hofübergabe.
— Nein, das ist nicht so. Auf die kleinen gewerblichen Betriebe oder die Hausbesitzer trifft das nicht zu.
— Da liegen die Verhältnisse ganz anders; denn dort kommt einmal die Freigrenze von 20 000 DM in Frage oder andere Gesichtspunkte spielen eine Rolle, so daß sich diese Verhältnisse mit denen eines landwirtschaftlichen Betriebes mit der kontinuierlichen Fortentwicklung in einer Betriebsgröße nicht vergleichen lassen. Beim Hausbesitz ist ja meistens eine Erbengemeinschaft vorhanden. Hier spielt die Bewertung nicht die Rolle wie beim landwirtschaftlichen Betrieb, bei dem es sich um die geschlossene Betriebsführung und um die Zusammenhaltung des bäuerlichen Betriebs handelt.
In meinem Antrag heißt es weiter:
Übersteigt der Einheitswert diesen Betrag, so ist bis zu einem Einheitswert bis zu 90 000 DM O nur der überwiegende Betrag steuerpflichtig, soweit sich nicht eine Befreiung aus §§ 17 b und 18 ergibt.
Das heißt mit anderen Worten: hier wird auch für die größeren mittelbäuerlichen Betriebe eine Begrenzung eingeführt, so daß hier nur eine teilweise Steuerermäßigung Platz greift und keine volle Befreiung von der Erbschaftsteuer gewährt wird. Es erfolgt aber immerhin eine solche Angleichung, daß auch für diese Betriebe der Anreiz besteht, den Betrieb nicht zwischen den Erben aufzuteilen. — Weiter:
Die Steuerfreiheit ermäßigt sich über einen Einheitswert von 90 000 DM hinaus für weitere angefangene 10 000 DM um je 5 000 DM, so daß die Steuerfreiheit bei einem Einheitswert von 140 000 DM wieder entfällt.
Dabei ist zu berücksichtigen, daß hier naturgemäß die Befreiung, die in den §§ 17 b und 18 vorgesehen ist, mit eingeschlossen ist. Sie ersehen daraus: der Antrag ist so aufgebaut, daß er wirklich nur den agrarpolitischen Erfordernissen und den Erfordernissen der Volksernährung Rechnung trägt, damit hier nicht im Wege des Erbgangs oder der Gutsübergabe geschlossene leistungsfähige Bauernbetriebe auseinandergerissen werden. Durch den Antrag soll eine Grundlage für die Erhaltung eines bodenständigen Bauerntums geschaffen werden.
Des weiteren sind noch Sicherungen eingebaut. Die Steuerfreiheit entfällt wieder, wenn dieses Ziel der geschlossenen Erhaltung des Bauernbetriebs in der bäuerlichen Familie nicht erreicht wird. Das ist insbesondere in der Ziffer e) niedergelegt.
Meine sehr verehrten Damen und Herren! Sie können zu dieser Frage eingestellt sein, wie Sie
wollen, aber eines steht fest: es handelt sich hier für uns um eine Frage von entscheidender Bedeutung auf agrarpolitischem Gebiet. Diese Frage hat schon immer eine Rolle gespielt. Ich will hier nicht auf die Gesetze anspielen, die im Dritten Reich bestanden haben, aber die Sache hat schon vorher eine Rolle gespielt. Man muß dafür .sorgen, daß keine allzu weitgehende Zerplitterung unserer Bauernanwesen eintritt, damit noch leistungsfähige Wirtschaften vorhanden sind, die auch in der Lage sind, Nahrungsmittelüberschüsse an die verbrauchende Bevölkerung, d. h. an die Stadtbevölkerung zu liefern; denn darauf kommt es letzten Endes an. Dieser Schutz der guten großen, kleinen und mittelbäuerlichen Betriebe sollte unter allen Umständen auch bei der Erbschaftssteuer gewährleistet sein, besonders nachdem jetzt die Gefahr besteht, daß auf entferntere Verwandte zurück- gegriffen werden muß und für entferntere Verwandte außerordentlich hohe Steuersätze in Frage kommen.
Ich wäre dem Hause dankbar, wenn aus all diesen Gründen, die ich eben geschildert habe — aus allgemein volkswirtschaftlichen Gründen und aus Gründen der Erhaltung eines gesunden Bauerntums —, den Gedanken des von mir und mehreren meiner Freunde gestellten Antrags Rechnung getragen würde. Dabei erwähne ich, daß die Reihe der Unterschriften, die jetzt unter dem Antrag stehen, bei weitem nicht vollständig ist; denn ich habe heute früh nur die Unterschriften zusammengesammelt, die ich gerade bekommen konnte. Der Antrag wird von weiten Teilen dieses Hohen Hauses getragen. Ich bitte Sie also, diesem Antrag zuzustimmen. Er ist meines Erachtens so zahm und ist agrarpolitisch so vernünftig gestaltet, daß schon etwas dazugehören würde, achtlos an ihm vorüberzugehen.