Rede von
Fürst zu
Eugen
Oettingen-Wallerstein
- Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede:
(BP)
- Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (FU)
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die Fraktion der Bayernpartei begrüßt den Antrag des Ausschusses für den Lastenausgleich; denn dieser Antrag entspricht zweifellos einem wirklichen Bedürfnis und dürfte dazu angetan sein, gewisse Härten zu beseitigen. Es ist kein Zweifel, daß die Möglichkeiten einer Stundung der Soforthilfeabgabe auch heute noch — ich sehe jetzt von der Erklärung ab, die wir gerade gehört haben — einerseits durch die generellen Bestimmungen der §§ 59 und 60 der Stundungsdurchführungsverordnung zum Soforthilfegesetz — die unter anderem auch die Veräußerung entbehrlichen Hausrats zwecks Zahlung der Soforthilfeabgabe vorsieht —, andererseits aber auch durch die Bestimmungen des Erlasses des Bundesministers der Finanzen vom 2. Dezember 1949 eingeengt sind. Dabei verkenne ich nicht, daß das Bundesfinanzministerium, wie wir jetzt gerade auch wieder gehört haben, bestrebt ist, den Anregungen der Antragsteller stattzugeben und in der Praxis tunlichst Milde walten zu lassen.
Dies ist um so notwendiger, als der bewußte Erlaß vom 2. Dezember 1949 nur eine Stundung von höchstens sechs Monaten vorsieht und diese nur für die jeweils fälligen Raten in Betracht kommt. Nach diesem Erlaß sollte sogar die Veräußerung leicht absetzbarer Waren oder Fertigerzeugnisse zur Beschaffung von Mitteln für die Soforthilfeabgabe verlangt werden können, und zwar auch dann, wenn die Gewinnspanne zur Beschleunigung des Absatzes gesenkt werden muß. In diesem Zusammenhang empfiehlt der besagte Erlaß, in einzelnen Fällen der Art des Verbrauchs oder angeblichen Betriebsausgaben, die zusätzliche Lebenshaltungskosten darstellen könnten, im Rahmen besonderer Liquiditätsprüfungen nachzugehen.
Diese außerordentlich einengenden Bestimmungen in Abs. 5 dieses Erlasses des Bundesfinanzministers treffen auch auf die Gewerbetreibenden und somit auch auf das Handwerk, ferner auf die Landwirte zu. Angesichts der teilweise außerordentlich schwierigen Lage, in der sich das Handwerk befindet, und mit Rücksicht auf die teilweise katastrophale Lage, in der sich insbesondere die kleineren Landwirte — ich denke in erster Linie an die bayerischen Notstandsgebiete — befinden, ist es durchaus am Platz, daß die Frage der Stundung der Soforthilfe überprüft wird. Es kommt dabei selbstverständlich nach eingehender Prüfung
des Einzelfalles nur auf eine Stundung bis zur Inkraftsetzung des Lastenausgleichsgesetzes an, wobei die gezahlten Soforthilfebeträge selbstverständlich auf die Lastenausgleichsabgabe angerechnet werden müssen. Mit einer kurzfristigen Stundung ist weder den notleidenden Gewerbetreibenden noch den notleidenden Landwirten geholfen. Eine Berücksichtigung der Landwirtschaft scheint schon um deswillen gerechtfertigt, als der Anteil der Landwirtschaft an dem Gesamtaufkommensoll der Soforthilfeabgabe 19,8 % beträgt, während der landwirtschaftliche Anteil an dem Nettosozialprodukt des gesamten Bundesgebietes nur 11 % ausmacht.
Die in dem Entwurf des Lastenausgleichsgesetzes vorgesehenen Freibeträge werden, wenn diese Bestimmungen Gesetzeskraft erhalten, wohl manche Härte des Soforthilfegesetzes vermeiden können. Indessen wird man bei Behandlung des Lastenausgleichsgesetzes unbedingt darauf achten müssen, daß auch entsprechende Härtebestimmungen, die in dem Gesetz für die Soforthilfe gefehlt haben, eingebaut werden, damit Fällen krasser Notlage Rechnung getragen werden kann. Die mit dem Soforthilfegesetz gemachten Erfahrungen müssen zu diesem Ergebnis führen. Wir werden bei der Behandlung des Lastenausgleichsgesetzes aber auch an die kinderreichen Landwirte, an die kriegsbeschädigten Landwirte und endlich an die im Betrieb mitarbeitenden Kinder denken müssen. Wir wollen in der Zukunft Härten vermeiden, nachdem wir gesehen haben, was für Härten sich ergeben können, und wollen alles tun, um den bestehenden Härten nach Möglichkeit zu begegnen.