Rede von
Dr.
Helmut
Bertram
- Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede:
(FU)
- Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (FU)
Meine Damen und Herren! Der Antrag der Drucksache Nr. 1614 ist weitgehend berechtigt, wenn man die tatsächliche Handhabung der Erhebung der Soforthilfeabgabe durch die Finanzämter berücksichtigt, nicht jedoch, wenn nur die rechtliche Lage ins Auge gefaßt würde. Der Bundesfinanzminister hat nämlich durch einen Erlaß vom 2. Dezember 1949 Bestimmungen getroffen, die dem Begehren des Antrages im wesentlichen entsprechen. Doch hat sich
in der Praxis ergeben, daß die tatsächliche Handhabung in verschiedener Hinsicht nicht den Bestimmungen des vorstehenden Erlasses entspricht.
Zunächst war sich der Ausschuß darüber einig — das muß ich am Rande berichten, obwohl es nicht Gegenstand des Antrages ist —, daß die Ablehnung von Stundungsgesuchen, die mit einer günstigeren Regelung im Rahmen des allgemeinen und endgültigen Lastenausgleiches begründet werden, notwendig ist. Der Bundesfinanzminister hat in einem Schreiben vom 8. Dezember 1950 die Länderfinanzminister entsprechend unterrichtet. Daß der Entwurf des Lastenausgleichgesetzes kein Präjudiz für Stundungsansuchen sein kann, ergibt sich bereits daraus, daß die endgültige Gestaltung dieses Entwurfs noch vollkommen ungeklärt ist. Es würde eine Gefährdung des Aufkommens der Soforthilfeabgabe bedeuten, wenn man tatsächlich derartigen Stundungsgesuchen, die mit einer angeblichen Besserstellung im endgültigen Lastenausgleich begründet sind, stattgeben würde.
Andererseits sind im Ausschuß Fälle zur Sprache gekommen, bei denen die Stundungsersuchen auf zutreffende Gründe gestützt sind, denen aber doch nicht stattgegeben worden ist. Da sind vor allem drei Kategorien bekanntgeworden. Zunächst verlangen manche Finanzämter wiederholte Anträge trotz gleichbleibender ungünstiger Verhältnisse. Nach Ziffer IV c des zitierten Erlasses vorn 2. Dezember 1949 kann die Stundung aber auch bis auf weiteres, d. h. ohne zeitliche Begrenzung ausgesprochen werden. Das Verlangen der Finanzämter, bei gleichbleibenden ungünstigen Verhältnissen, insbesondere bei landwirtschaftlichen Kleinbetrieben, die Anträge zu wiederholen, entspricht daher nicht den geltenden Bestimmungen.
Als zweite Gruppe sind Fälle behandelt worden,
in denen Unterhaltsberechtigte oder Unterhaltsverpflichtete in Durchführung des § 23 des Soforthilfegesetzes in Schwierigkeiten geraten sind. § 23 des
Soforthilfegesetzes bestimmt, daß der Abgabepflichtige im Innenverhältnis die Soforthilfeabgabe
auf Altenteilsberechtigte abwälzen kann. Hierzu
hat der Bundesfinanzminister in einem Schreiben
Stellung genommen, das ich mit Erlaubnis des Präsidenten hier einmal verlesen möchte, damit es den
zuständigen Landesfinanzministern bekannt wird: Es ist zutreffend, daß die Durchführung des § 23 des Soforthilfegesetzes zu erheblichen Härten für den Gläubiger führen kann. Sie ergeben sich insbesondere aus der zu der Vorschrift erlassenen Durchführungsbestimmung, nach der his zur Höhe des abwälzbaren Teiles der Soforthilfeabgabe dann Stundung zu gewähren ist, wenn im Falle der Abwälzung der Gläubiger (Abwälzungsverpflichtete) und im Falle der Nichtabwälzung der Abgabepflichtige selbst (Schuldner der Forderung) in eine die Existenz bedrohende Notlage geraten würde. Um Härten, die sich aus dieser Vorschrift für die Abwälzungsverpflichteten ergeben, zu vermeiden, ist in einer Besprechung mit den Referenten der Länder vereinbart worden, daß die Soforthilfeabgabe in Höhe des an sich abwälzbaren Teils schon dann gestundet werden soll, wenn der Abwälzungsverpflichtete durch die Abwälzung in eine seine Existenz bedrohende Notlage geraten würde; dabei muß sichergestellt sein, daß die Schuldner gewährte Stundung dem Gläubiger in vollem Umfange zugute kommt, er also von der Abwälzung in Höhe des gestundeten Betrages absieht.
Das bedeutet also, daß auch in denjenigen Fällen
die Soforthilfeabgabe zu stunden ist, in denen der
Übertragsgeber durch die Abwälzung in eine
Notlage geraten würde, die ihm den notwendigen
Lebensbedarf nicht mehr belassen würde.
Als dritte Gruppe von Fällen wurde diejenige Gruppe behandelt, in der ein Verpächter ein Landgut zu niedrigem Pachtzins verpachtet hat, der Pachtzins durch die Preisstopverordnung festgelegt ist und infolgedessen die laufenden Lasten aus derartigen Pachtgütern höher sind als die Einnahmen. In derartigen Fällen würde die Belastung mit der Soforthilfeabgabe zu einer Existenzgefährdung führen. Die Finanzämter verlangen in derartigen Fällen häufig die Veräußerung von Teilen des Grundbesitzes. Eine Veräußerung von Teilen des landwirtschaftlichen Grundbesitzes ist nach dem zitierten Erlaß vom 2. Dezember aber nicht zumutbar, wenn eine Verpfändung zu angemessenen Bedingungen nicht möglich ist. Das ist zur Zeit durchweg ausgeschlossen. Die Belastung mit der Soforthilfeabgabe erreicht unter Zugrundelegung der Tatsache, daß sie der Höhe nach für längere Zeit zu leisten ist, auch unter Zugrundelegung eines geringen Kapitalisierungsfaktors eine solche Höhe, daß bei Veräußerungen von Grundbesitz die Existenzgrundlage des Verpächters in Gefahr geraten könnte. Der Bundesfinanzminister hat deshalb in einem nichtveröffentlichten Schreiben an die Länderfinanzminister bestimmt, daß in derartigen Fällen eine Behandlung wie beim städtischen Grundbesitz vorzusehen ist.
Der Ausschuß glaubte, durch eine erneute authentische Interpretation des Bundesfinanzministers an die Landesfinanzminister die beobachteten Schwierigkeiten beseitigen zu können und
hat Ihnen eine dementsprechende Empfehlung unterbreitet.