Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Es handelt sich um die gleiche Vorlage, die wir in der vergangenen Woche noch einmal dem federführenden Ausschuß in Zusammenarbeit mit dem Haushaltsausschuß zurücküberwiesen haben, um über den Antrag auf Umdruck Nr. 81 nach Möglichkeit im Ausschuß noch ein Einvernehmen zu erzielen.
Ich darf Ihnen zunächst einen kleinen Überblick über das ganze Problem geben. Der Herr Bundesfinanzminister hat bisher vom Bundestag lediglich Kreditermächtigungen erhalten, die jetzt erschöpft sind. Er braucht zur Deckung des außerordentlichen Haushaltes eine ordnungsmäßige Anleihe für den Bund.
Darüber hinaus ist Ihnen allen das Problem der Lebensmittelsubventionen bekannt. Auch die Lebensmittelsubventionen müssen durch den Bund im Kreditwege bestritten werden. Der Subventionsbedarf ist bis zum 31. März 1951 auf etwa 559 Millionen DM beziffert, von denen rund 259 Millionen DM im ordentlichen Haushalt ausgewiesen waren, während 300 Millionen DM im außerordentlichen Haushalt erscheinen und daher nun auch ihre Deckung durch das vorliegende Gesetz finden müßten.
Der Finanzminister rechnet nicht damit, daß es möglich oder auch notwendig sein wird, die vorgesehene Anleihe sofort zur allgemeinen Zeichnung freizugeben. Es liegen gewisse Unterbringungszusagen durch das Kreditsystem und durch die Bank deutscher Länder vor, so daß damit gerechnet werden kann, daß die dringendsten Bedürfnisse zum Aufbringen der für den außerordentlichen Haushalt benötigten Beträge zunächst ohne allgemeine Aufforderung zur Zeichnung befriedigt werden können.
Die Tilgung der für die Subventionen aufzubringenden Beträge ist vom Herrn Finanzminister aus höheren Steuereingängen der Jahre 1951/1952 beabsichtigt. Es handelt sich dabei also in Wahrheit um einen Vorgriff auf zu erwartende Steuereinnahmen späterer Jahre.
Die Bank deutscher Länder hat ihre Placierungszusage nur unter der Voraussetzung gegeben, daß gewisse währungspolitische Sicherungen vom Finanzminister zugesagt wurden. Sonst hätte sie die Befürchtung, daß von einer konsumtiven Verwendung dieser Anleihe unerwünschte Preisauftriebstendenzen weiterhin in das Wirtschaftsleben hineinstrahlen würden. Diese Zusicherungen sind in der Weise gegeben worden, daß in der gleichen Höhe, in der die Bank deutscher Länder zunächst die Anleihe placieren wird, Beträge der Gegenwertmittel für die ERP-Konten gesperrt werden, die damit einstweilen neutralisiert sind und an Kaufkraft nicht erscheinen, so daß von der Kaufkraft her gesehen das Gesamtvolumen der in Deutschland vorhandenen Kaufkraft den angebotenen Waren gegenüber durch die Placierung dieser Anleihe nicht vergrößert wird. Damit sind die währungspolitischen Bedenken der Bank deutscher Länder überwunden.
Nun zu den einzelnen Bestimmungen des Gesetzes selbst!
Der § 1 sieht vor, daß die früher für das Reich geltenden Vorschriften auf dem Gebiete des Schuldenrechtes nun für den Bund für anwendbar erklärt werden, und zwar immer sinngemäß anwendbar. Die Vorschrift hat vor allen Dingen die Bedeutung, daß nun die zu schaffenden Schuldbuchforderungen auch für den Börsenverkehr zugelassen werden. Das ist der wesentliche Sinn des § 1.
Der mit Abstand wichtigste Paragraph, der auch im Ausschuß nicht unerheblich verändert worden ist, ist der § 2. Er zerfällt in die beiden Absätze 1 und 2, bei denen der Abs. 1 sich mit den allgemein normalerweise im außerordentlichen Haushalt anfallenden Mitteln der verschiedensten Verwendungszwecke befaßt, hier in Höhe von 398 981 000 DM, während der Abs. 2 ausschließlich die für die Lebensmittelsubventionen benötigten 310 Millionen DM enthält.
Es ist eine verschiedene Ausstattung der Anleihe vorgesehen. Der Abs. 1 behandelt die eigentliche langfristige Anleihe, wie sie auch früher als Staatsanleihepapier begeben wurde. Da ist eine Neuheit vorgesehen. Es sollen Schuldurkunden bis zu einem Nennbetrag von 100 Millionen DM mit Prämien ausgestattet werden. Es ist vielleicht gut, wenn das Prinzip der Prämienanleihe, das bei der Einbringung der Vorlage hier vom Herrn Bundesfinanzminister erläutert worden ist, an Hand eines konkreten Entwurfs einmal kurz erklärt wird.
Auf die Prämienanleihe, die in kleinen Stücken bis zu 10 DM hinunter ausgegeben wird, werden keine Zinsen gezahlt, sondern die Prämienanleihe enthält Gewinnchancen; sie kommt damit einer Ausspielung in gewissem Umfange nahe. Es ist vorgesehen, daß diese Prämienanleihe in Serien von jeweils einer Million Stücken zu 10 DM ausgegeben wird. Jede Serie würde also 10 Millionen DM erbringen. Die Zinsen, die man normalerweise für diese Anleihe zu zahlen hätte, will der Herr Finanzminister nicht etwa einsparen, sondern sie werden an die Inhaber der Prämienstücke ausgeschüttet, aber eben in der Form sehr verschieden gestalteter Gewinne, und zwar sind für jede solche Serie ein Gewinn zu 50 000 DM, ein Gewinn zu 25 000 DM, zwei Gewinne zu je 10 000 DM, 10 Gewinne zu je 1000 DM und 40 zu je 500 DM vorgesehen. Sie sehen, daß sich die Gesamtsumme der Gewinne, wenn wir sie addieren, bei der Serie auf 125 000 DM in einem Vierteljahr beläuft. Das wären aber jährlich 500 000 DM, und das ergibt also eine rechnerische Verzinsung von 5 %. Der Bundesfinanzminister erhofft sich von dieser Art der Ausstattung des Papiers, daß gerade der nur über verhältnismäßig geringe Kapitalbeträge verfügende Sparer sich im Hinblick auf die dort zu erwartende Gewinnchance diesem Papier zuwenden wird. Ich werde nachher bei den steuerlichen Vorschriften des Gesetzes noch auf einige wirtschafts- und steuerpolitische Erwägungen zurückkommen, die wir auch gegenüber der Prämienanleihe sowohl im Ausschuß für Geld und Kredit als auch im Haushaltsausschuß angestellt haben. Soviel zu diesem Absatz.
In Abs. 2 ist nur von kürzer befristeten Anleihen die Rede. Die Kredite, die dort aufgenommen werden, sollen je zur Hälfte bis zum 31. März 1952 und zum 31. März 1953 getilgt werden, und zwar wird es sich dabei im wesentlichen um ein bereits eingeführtes Papier handeln, um unverzinsliche Schatzanweisungen, die diskontiert werden. Sechsmonatsschatzanweisungen werden augenblicklich zu 6 1/4 % gehandelt. Im wesentlichen wird es also auch bei diesem Papier auf eine ähnliche Ausstattung hinauslaufen.
Zu diesem Paragraphen liegt nun der Abänderungsantrag auf Umdruck Nr. 81 vor, der dem Paragraphen eine andere Fassung geben will. Es war dieser Abänderungsantrag, der das Haus veran-
laßt hat, die ganze Vorlage noch einmal an den Ausschuß für Geld und Kredit zurückzuverweisen. Das damit angeschnittene Problem ist im Haushaltsausschuß, heute auch unter Hinzuziehung des Ausschusses für Geld und Kredit, ausführlich erörtert worden. Beide Ausschüsse haben sich nicht dazu verstehen können, von der seinerzeit von ihnen erarbeiteten Vorlage abzuweichen. Es ist meine Aufgabe, Ihnen die wesentlichen Argumente für diese Haltung vorzutragen.
Wovon geht die Vorlage des Ausschusses für Geld und Kredit, die in dieser Fassung vom Haushaltsausschuß vorgeschlagen worden ist, aus? Sie geht bei der Schuldaufnahme vom sogenannten Netto-Prinzip aus, d. h. wir schreiben in das Gesetz denjenigen Betrag als Kredit hinein, den der Finanzminister nachher tatsächlich für die Deckung des außerordentlichen Haushaltsplans braucht, und sagen, daß das die Begrenzung ist, die wir im Gesetz geben, daß die Bundesschuldenverwaltung die Schuldurkunden aber darüber hinaus nach den vom Bundesfinanzminister der Schuldenverwaltung vorzulegenden Verträgen ausstellen muß bis zu der Höhe, die sich nach den Anleihebedingungen am Markt für den Bundesfinanzminister ergibt. Das ist das Netto-Prinzip.
Herr Dr. Höpker-Aschoff, Herr Kollege Bausch und Herr Dr. Decker haben in ihrem Antrag, gestützt auf Art. 115 des Grundgesetzes, verlangt, daß hier als Grenze der Betrag eingesetzt wird, über den insgesamt eine Schuldverpflichtung eingegangen wird, also nicht das, was netto in die Kasse fließt, sondern das, was den Bund tatsächlich einmal belasten wird. Ich darf Ihnen zur Erläuterung Art. 115 des Grundgesetzes in Erinnerung rufen. Der Artikel hat uns sehr lange beschäftigt. Er lautet:
Im Wege des Kredites dürfen Geldmittel nur bei außerordentlichem Bedarf und in der Regel nur für Ausgaben zu werbenden Zwecken und nur auf Grund eines Bundesgesetzes beschafft werden.
Das ist klar und sehr eindeutig.
Kreditgewährungen und Sicherheitsleistungen zu Lasten des Bundes, deren Wirkung über ein Rechnungsjahr hinausgeht, dürfen nur auf Grund eines Bundesgesetzes erfolgen.
Das ist etwas ganz anderes. Das ist die Einräumung von Krediten, die der Bund an andere gibt, sowie von Bürgschaften, die der Bund zugunsten anderer übernimmt. Und nun heißt es weiter:
In dem Gesetze muß die Höhe des Kredites oder der Umfang der Verpflichtung, für die der Bund die Haftung übernimmt, bestimmt sein.
Hier ist bei der Formulierung des Grundgesetzes im Parlamentarischen Rat offenbar ein Redaktionsfehler passiert, denn sonst könnte es nicht einfach heißen „in dem Gesetze". Dem Wortlaut nach bezieht sich das völlig eindeutig auf den vorhergehenden Satz und nicht auf den ersten Satz. Gemeint hat der Parlamentarische Rat das anders, wie uns Kollege Dr. Höpker-Aschoff ausdrücklich versichert hat, und ich will ihm das auch gern glauben. Aber nach allen Regeln der Jurisprudenz wird ein Gesetz immer so ausgelegt, wie sein Text lautet, und das schönste Gesetzgebungsmaterial nützt in diesem Falle nichts. Wir können also nicht ohne weiteres annehmen, daß die Obergrenze für unsere Kreditaufnahme hier durch das Grundgesetz in dieser Weise zwingend vorgeschrieben ist. Der Ausschuß war aber der Meinung: selbst wenn der dritte Satz sich auf den ersten Satz bezieht, selbst wenn
also das Gesetz über die Aufnahme von Krediten durch den Bund die Grenze vorsehen muß, was der Parlamentarische Rat wollte und was hoffentlich auch der Bundestag so will — wir werden uns noch einmal damit befassen müssen, diesen Regiefehler in Ordnung zu bringen —, also selbst wenn es so ist, sehen die beteiligten Ausschüsse die Begrenzung auch in der Nettobegrenzung als ausreichend an. Die Bundesschuldenverwaltung hatte verfassungsrechtliche Bedenken, hat aber ausdrücklich erklärt, daß sie diese zurückstellen würde, wenn der Bundesschuldenausschuß dieser Regelung zustimme, die ja nur aktuell wird, wenn es sich nachher einmal um die Ausstellung der letzten Schuldurkunden, die über den Nettobetrag hinausgehen, handeln wird. Heute und morgen ist das Problem also nicht akut; man kann das getrost der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts überlassen, wenn es je dazu kommen sollte.
Aus praktischen Gründen, aus Gründen der Placierung der Anleihe, haben die Ausschüsse die Meinung vertreten, wir sollten es beim Netto-Prinzip belassen, weil der Bundesfinanzminister kein Prophet sein kann. ,Schreiben wir nach dem Bruttoprinzip nämlich zu dem Betrag, den der Finanzminister braucht, gleich noch den Betrag, den er an Disagio usw. aufwenden muß, um nachher das andere in seiner Kasse zu haben, dann weiß die Bank von vornherein, wie der Gesetzgeber die Marktsituation einschätzt, und dann wird keine Bank auch nur einen Pfennig weniger verlangen, als wir darin als Marge vorsehen. Nehmen wir aber umgekehrt einen niedrigeren Betrag, als die Marktlage es erfordert — kein Mensch kann heute wissen, wie die Marktsituation in einem halben Jahr sein wird —, dann besteht die Gehr, daß uns der Finanzminister alle 14 Tage Hier mit einer neuen Vorlage überraschen muß, weil das Geld sonst nicht für die Deckung des auerordentlichen Haushalts ausreicht. Aus diesem Grunde haben wir gesagt: Um nicht einer sehr unerwünschten Spekulation auf verschlechterte Anleihebedingungen das Feld zu öffnen, wollen wir es beim Nettoprinzip belassen.
§ 4 hat lediglich eine formelle Bedeutung; ich will ihn nicht ausdrücklich erläutern.
Sehr wesentlich sind die Änderungen, die wir beim § 5 gegenüber der Regierungsvorlage vorgehommen haben. Die Ausschüsse waren der Mein ng, daß alle hier zusätzlich vorgesehenen Steuervorteile für die Anleihe entfallen sollen. Sie werden sich davon überzeugen, daß sie weggestrichen worden sind. Die Steuervorteile, die der Bundesfinanzminister einräumen wollte, hätten de facto zu einer Effektivverzinsung in einer beiden Ausschüssen höchst unerwünscht erscheinenden Höhe geführt, die selbst zu den heutigen Schwarzkapitalmarktzinsen in keinem angemessenen Verhältnis stünde. Aus dem Grunde sind die Steuervorteile gestrichen worden. Der Finanzminister hat zugesagt, daß er vor der Ausgabe der Anleihe die dann tatsächlich einzuräumenden Zins- und Tilgungsbedingungen mit dem Ausschuß für Geld und Kredit absprechen wird. Das bezieht sich auch auf die Kleinstücke.
Es ist auch die Frage erörtert worden, ob man nicht wenigstens die Kleinstücke mit dem Spielanreiz mit besonderen Vorteilen ausstatten sollte. Das ist aber nicht notwendig; denn der dort erzielte Gewinn ist, wenn ihn ein Privatmann macht — und der kleine Sparer ist ein Privatmann —, ohnehin nicht der Einkommensteuer unterworfen;
er ist steuerfrei. Wenn ein Unternehmen Anleihe zeichnet, dann soll es nicht spielen, etwa im Toto oder im vorliegenden Fall bei der Anleihe des Finanzministers, sondern dann soll es die ordentlichen Anleihestücke zeichnen, die an den Kapitalmarkt herankommen. Der Sinn der Kleinstücke ist es ja gerade, an diejenigen Sparerschichten heranzukommen, die bei der. bisherigen Anleihestückelung auf dem normalen Wege der Kapitalmarktfinanzierung nicht zu erfassen sind. Es soll eine zusätzliche Quelle erschlossen werden, und die kapitalbildende Sparerschicht, die normalerweise Anleihen zeichnet, soll nicht auch noch auf den Weg der Kleinstücke abgedrängt werden. Daher sind dafür auch keine besonderen Steuervorteile gewährt. Selbstverständlich sind die rein technischen kleinen Steuern, also Börsenumsatzsteuer und Lotteriesteuer, die hier unter Umständen zu einer unnötigen Doppelbesteuerung geführt hätten, davon ausgenommen; diesen beiden Steuern ist die Anleihe nicht unterworfen.
Damit habe ich Ihnen, soweit es die Zeit gestattete, die Problematik des Gesetzes erläutert. Der Ausschußbeschluß seht dahin, Sie zu bitten, es bei der Ausschußvorlage zu belassen. Der Ausschuß hat sich nicht entschließen können, sich die Forderungen des Antrags auf Umdruck Nr. 81 zu eigen zu machen.