Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich habe die Aufgabe, den Antrag betreffend Entwurf eines Gesetzes über die Entschädigung von Verlusten der Altsparer zu begründen. Erwarten Sie bitte nicht von mir, daß ich Ihnen heute in der ersten Lesung dieses Gesetz in allen seinen Einzelheiten vortragen werde. Ich werde mich darauf beschränken, die wesentlichsten Bestimmungen und die allgemeinen Gründe vorzutragen, die uns zur Einbringung dieses Gesetzes veranlaßt haben.
Das Gesetz hat eine lange Vorgeschichte. Schon in der Regierungserklärung hatte der Bundeskanzler eine Entschädigung der Altsparer in Aussicht gestellt und sie als eine staatspolitische Notwendigkeit bezeichnet, um das Vertrauen der Altsparer in die Gesetzgebung wieder zu gewinnen. Der Bundesfinanzminister hat in einer Rede in Hamburg den Stand der Vorarbeiten zu dem Gesetzentwurf bekanntgeben. Später sind den Mit-
gliedern des Ausschusses für den Lastenausgleich die Unterlagen der Regierung — Bemerkungen zu einem Altsparergesetz — zugeleitet worden. Trotzdem ist im Lastenausgleichsgesetzentwurf, und zwar im § 325, keine Regelung der Altspareraufwertung vorgesehen worden. Es ist dort nur bestimmt, daß durch besondere Gesetze eine Altspareraufwertung noch erfolgen könne.
Dieser § 325 des Lastenausgleichgesetzentwurfs hat uns schon im Ausschuß beschäftigt und eigentlich zu einer fast einheitlichen Meinungsbildung dahin geführt, daß er in der jetzigen Fassung nicht bestehen bleiben könne, da es sich bei dieser Gesetzesbestimmung um einen Wechsel auf die Zukunft handelt, der ohne Deckung ausgestellt worden ist. Die Schadensgruppen, die im § 325 des Lastenausgleichgesetzentwurfs zitiert worden sind, sind im wesentlichen dieselben, wie sie in dem Altsparergesetzentwurf aufgeführt worden sind. Da aber Mittel für die Berücksichtigung der neuen Schadensgruppen des § 325 im Gesetzentwurf nicht vorgesehen sind, ist gar nicht zu erkennen, woher derartige Mittel kommen sollten, wenn nach Verteilung der Lastenausgleichsmasse das Lastenausgleichsgesetz einmal fertig sein sollte. Wird also den Altsparern nicht jetzt eine entprechende Entschädigung zuerkannt, so würde die Bestimmung des § 325 eine Verschiebung der Erfüllung ihrer berechtigten Ansprüche auf den Sankt-Nimmerleins-Tag bedeuten. Der Paragraph ist daher in Wirklichkeit nur eine leere Vertröstung.
Wenn ich zunächst auf die Einzelheiten des Gesetzentwurfs in großen Zügen kurz eingehen soll, so möchte ich erwähnen, daß eine Entschädigung nur für typische Sparanlagen gezahlt werden soll. Der Begriff selbst ist im Gesetz nicht näher definiert. Aber ich glaube, daß die Schwierigkeiten, die die Definition des Begriffs mit sich bringen könnte, in der Praxis nicht sehr groß sein werden; denn in der Bankpraxis werden Spareinlagen und andere Geldeinlagen sehr sorgfältig voneinander geschieden, so daß sich allzu große Schwierigkeiten aus der Begriffsbestimmung „Sparanlagen" in der Praxis nicht ergeben dürften.
Als Stichtag ist der 1. Januar 1940 aufgeführt. Als typische Sparanlagen sind nicht nur die Einlagen bei Sparkassen anzusehen — also Anlagen, die überwiegend dinglich gesichert sind —. sondern auch Anlagen in Anleihen, soweit sie den Charakter einer Sparanlage haben. Nach unserem Vorschlag soll kein Unterschied gemacht werden, ob der Schuldner der Sparanlage eine dingliche Sicherung vorgenommen hat oder nicht.
Die Entschädigung soll nur an natürliche Personen gezahlt werden, jedoch sollen Sozialfonds und Versorgungskassen wie natürliche Personen behandelt werden, da sie nur als Durchgangsstation anzusehen sind. Juristische Personen sparen nicht. Sparen heißt doch, Vorsorge treffen für zukünftige ungewisse Bedürfnisse einer natürlichen Person. Einen derartigen Vorgang bei einer juristischen Person kann man sich nicht vorstellen.
Die Sparentwicklung, die im letzten Jahre eine stark rückläufige Tendenz hatte, beweist uns, daß wir unter allen Umständen etwas dafür tun müssen, daß der Spargedanke im deutschen Volk wachgehalten wird, wenn er nicht überhaupt erst wieder geweckt werden muß. Wenn wir im Januar des vorigen Jahres bei einem Sparüberschuß von 150 Millionen DM lagen und jetzt, wenn wir die Zinsgutschriften nicht berücksichtigen, bereits bei einem Auszahlungsüberschuß sind, so sehen wir
daran, daß die Abhebungen die Einzahlungen übersteigen, so daß eine effektive Sparleistung nicht mehr zu erkennen ist. Nach der vorigen Inflation ist der Betrag der Spargutschriften nach der Aufwertung achtmal so hoch gewesen wie derjenige Betrag, der den einzelnen Sparkonten gutgeschrieben worden war. Damals haben die Sparer gesehen, daß es sich wieder lohnte zu sparen, und haben dann ein Vielfaches von dem zurückgelegt, was ihnen durch die Aufwertungsgesetzgebung zunächst zugesprochen worden war.
Es kommt hinzu, daß durch die Entsparung — die wir nicht nur auf den typischen Sparkonten sehen, sondern der Entsparungsvorgang hat ja auch die Bankkonten ergriffen — zusätzlich Geld in den Geldkreislauf strömt und zusammen mit der erhöhten Geldumlaufsgeschwindigkeit eine zusätzliche Geldmenge und damit eine zusätzliche Kaufkraft auf dem Markt erscheint, die ganz wesentlich mit daran schuld ist, daß wir die Preisauftriebstendenzen in Deutschland in diesem Maße haben, wie wir sie tatsächlich vor uns sehen. Durch die Schaffung von Vertrauen bei den Sparern wird es uns also gleichzeitig gelingen, die übertriebenen Preisauftriebstendenzen zu dämpfen und eine Umkehr bzw. eine Mäßigung dieses Hineinströmens von Geld in den Konsumkreislauf zu erreichen.
Die Berechtigung wird an eine weitere Bedingung geknüpft. Diese verlangt, daß der Sparer auch am Währungsstichtag noch Inhaber der Sparanlage gewesen sein muß. Die Rechtsnachfolge in der Zeit zwischen dem 1. Januar 1940 und dem Währungsstichtag ist unschädlich, wenn der Rechtsnachfolger mit dem Rechtsvorgänger in gerader Linie verwandt ist.
Wie sollen nun die Beträge hierfür aufgebracht werden? Dem einzelnen Altsparer ist die Entschädigung durch Einrichtung eines Guthabens bei einem in Betracht kommenden Sparinstitut zu geben. Dieses Guthaben bleibt zunächst bis auf die gleich zu erörternden Ausnahmefälle gesperrt. Zinsansprüche sollen erst vom 1. Januar 1953 an entstehen, und zwar deshalb, weil in den kommenden Jahren die Belastung des Lastenausgleichs-fonds besonders groß sein und sich ab 1953 ein gewisser Spielraum ergeben wird.
Eine besondere Ungerechtigkeit für die Altsparer bestand darin, daß die Kopfbeträge angerechnet worden sind. Diese Anrechnung der Kopfbeträge hat eine Fülle von Klein- und Kleinstkonten und damit von potentiellen Sparern zum Verschwinden gebracht. Diese Ungerechtigkeit muß beseitigt werden, selbst wenn damit außerordentlich viel Arbeit verbunden ist. Es sind rund sechs Millionen derartige Altsparkonten gestrichen worden.
Die Entschädigung ist einheitlich auf 20 % vorgesehen. Das entspricht auch dem Umstellungssatz, wie er im Umstellungsgesetz unter Hinzurechnung der Schattenquote ursprünglich vorgesehen war. Da durch das Umstellungsgesetz die Ansprüche in verschiedenem Maßstab zusammengelegt worden sind, muß der Entschädigungssatz je nach der Art der erfolgten Umstellung verschieden sein, um dann einheitlich den Plafond von 20 % zu erreichen.
Von besonderer Bedeutung sind die Bestimmungen über die Freigabe der Entschädigung; denn letzten Endes will der Sparer außer den Zinsen irgend etwas auch mit dem Sparguthaben anfangen können. Eine Freigabe soll zunächst dann erfolgen, wenn die Gutschriftsbeträge vom Sparer wiederum langfristig angelegt werden. In diesem