Rede von
Heinz
Renner
- Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede:
(KPD)
- Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (KPD)
Meine Damen und Herren! Wir sind nicht in der Lage, den Vorschlag des zuständigen Ausschusses, der darauf hinausläuft, der Bundesregierung den Auftrag zu geben, erneut Verhandlungen mit der Alliierten Hohen Kommission zu diesem Gegenstand aufzunehmen, als richtig und ausreichend anzuerkennen.
Es geht keineswegs nur um das Problem der Aufwertung der Abfindungen. Es geht meines Erachtens darum, deutsche Organe nach deutschen Gesetzen, etwa nach den Bestimmungen der Unfallversicherungsgesetzgebung, bei der Festsetzung des Grades der Erwerbsbeschränkung einzuschalten, die durch den von einem Angehörigen der Besatzungsmacht verursachten Körperschaden hervorgerufen worden ist. Es geht aber auch darum, dafür zu sorgen, daß deutsche Organe in die Lage kommen, festzustellen und darüber zu entscheiden, ob hier ein Schaden vorliegt, der durch .das Verschulden eines Mitgliedes der Besatzungsmacht entstanden ist. Darauf kommt es doch entscheidend an. Bis heute hat der Geschädigte keine Möglichkeit der Einwirkung auf den Bescheid, der ihm durch die Besatzungsmacht erteilt wird. In sehr vielen Fällen wird die gewährte Rente in ihrer Höhe dem Schaden nicht entfernt gerecht. Sehr oft ist es auch so, daß die Besatzungsmacht eine Entschädigung ablehnt, weil sie bestreitet, daß eines ihrer Mitglieder für den einem Deutschen zugefügten Körperschaden verantwortlich ist.
Wir sind eigentlich ein wenig erstaunt darüber, daß der Ausschuß eine derart weitgehende Bescheidenheit an den Tag legt. Wir stellen also den Antrag, diesen Bericht zu ergänzen und der Regierung den Auftrag zu geben, der Besatzungsmacht, der Hohen Kommission auf dem Petersberg bekanntzugeben: der Bundestag ist der Auffassung, daß nicht nur ab sofort die Feststellung und die Entschädigung der Schäden, die durch Angehörige der Besatzungsmacht verursacht werden, durch deutsche Organe zu erfolgen hat, sondern daß wir uns auch das Recht vorbehalten, alle bisher getroffenen Entschädigungsbescheide, sowohl was die Höhe des Rentensatzes wie auch was die Ursache des entstandenen Schadens angeht, durch deutsche Organe einer Nachprüfung zu unterziehen.
Daß die Besatzungsmächte kein besonderes Interesse daran haben, den geschädigten Deutschen die ihnen auf Grund des erlittenen Schadens zukommende Rente zu bewilligen, ist eigentlich selbstverständlich. Denn die Kosten, die dabei entstehen, gehen doch über Besatzungslasten, und die Besatzungsmacht hat kein Interesse daran, offen erkennen zu lassen, in wie zahllosen Fällen durch Mitglieder der Besatzungsmacht Deutschen Personenschäden zugefügt werden. Es handelt sich dabei nicht nur um Unfälle; es handelt sich dabei auch um die Schäden, die entstehen, wenn Deutsche von Angehörigen der Besatzungsmächte überfallen, mißhandelt und getötet werden. All diese Komplexe spielen doch da hinein. Deshalb sollten wir und sollten vor allem auch Sie im Zuge Ihrer angeblichen Bestrebungen der Rückeroberung der Staatssouveränität der Besatzungsmacht ganz eindeutig klar machen: das ist eine Frage, die wir durch deutsche Organe sowohl rückwirkend wie auch in der Zukunft geregelt wissen wollen.